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Ausgabe:

1982

Spalte:

108-109

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bösen, Willibald

Titel/Untertitel:

Jesusmahl, eucharistisches Mahl, Endzeitmahl 1982

Rezensent:

Ernst, Josef

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 2

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ihnen aufgewiesenen Problemstellungen für angemessen halten. Die
gewählten Themen mögen eine erste Pauschalorientierung geben.
Für das Judentum der antiken Zeit behandelt J. Neusner, Story as
History in Ancient Judaism (S. 3-30), D. Goodblatt versucht The
Rehabilitation of Talmudie History (S. 31 —45), T. Zahavy geht es
um A New Approach to Early Jewish Prayer (S. 45-62). Die beiden
Beiträge zum jüdischen Mittelalter gelten der Philosophie, besonders
Maimonides. A. Ravitzky, Some Remarks on the Study of Jewish
Philosophy in the Middle Ages (S. 63-80), bringt dabei die Außenansicht
, D. Blumenthal, On Studying Philosophie Mysticism
(S. 81-94), den Innenaspekt zur Sprache. Von den Studien zur neueren
Geschichte ist die eine mehr stofflich, die andere eher methodologisch
ausgerichtet: H. Levine, The History of Judaism in Poland in
1750-1815 and the Sources of Anti-Modernizalion (S. 95-116), und
A. Eisen, The Uses of Social Theory in the Study of Modern Judaism
(S. 1 17-132).

Fast ein Jahrhundert lang hatte die „Wissenschaft des Judentums"
im mitteleuropäischen Raum9, von der nichtjüdischen Welt zu wenig
und zu spät beachtet, einen hervorragenden Beitrag zur historischphilologischen
Erforschung der Quellen jüdischer Geschichte, zur
theologischen Selbstreflexion des Judentums und zur religiösen Kultur
überhaupt geleistet. Man kann der durch diese Reihe glanzvoll
repräsentierten History öf Judaism (gleichsam der transatlantischen
Erbin der „Wissenschaft des Judentums") nur wünschen, daß ihr die
ihrer Bedeutung gemäße Aufmerksamkeit über die Grenzen der Konfessionen
und Kontinente hinweg zuteil wird.

Halle (Saale) Wolfgang Wiefel

1 Gemeint sind A History of the Mishnaic Law of Purities, 1-22, Leiden
1974-1978 (vgl. Rez. St. Schreiner ThLZ 102, 1977 Sp. 355-358 u. 107, 1982
Sp.32-36) und A History of the Mishnaic Law of Holy Things, 1-6, Leiden
1978-1980; ferner A History of the Mishnaic Law of Women, 1-5, Leiden
1980 (vgl. ThLZ 106, 1981 Sp. 186).

3 Ein Gleiches gilt auch für die übrigen Teile des ersten Seder der Mischna,
Zeraim.

' Dazu die grundlegenden Ausführungen J. Neusners, ZThK 76, 1979,
292-309, über die pharisäische „Ontologie" vgl. bes. S. 307f.

4 Studia Post-Biblica 6, Leiden 1962, vgl. Rez. G.Delling, ThLZ 81, 1964
Sp. 750f; 2nd Ed., Leiden 1970, vgl. Rez. ThLZ 93, 1972 Sp. 436.

5 2vol., SÜLA3^t, Leiden 1974, vgl. Rez. L.Wächter, ThLZ 103, 1978
Sp. 869-874.

6 Nur ganz kurz weist der Vf. selbst unter Bezugnahme auf Morton Smith
S. 248 auf diesen wichtigen Gesichtspunkt hin.

7 A History ofJews in Babylonia, 1-5, Leiden 1965-1970.

8 Erschienen unter dem Titel Samuel's Commentary on the Mishnah. Its
Nature, Forms, and Content l.SULA 15, Leiden 1975, wo jedoch das Material
zum Traktat Berakot, das dem vorliegenden Band vorbehalten war, ausgeklammert
blieb.

* Ihr wichtigstes Organ, die Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft
des Judentums erschien von 1856 bis 1938 in Berlin.

Larsson, Göran: Der Toseftatraktat Jom hak-Kippurim. Text,
Übersetzung, Kommentar. I.Teil, Kap. 1 u. 2. Lund: Studentlit-
teratur 1980. XX, 233 S„ 18 S. hebr. Text 8".

Es ist eine immer noch nicht abgeschlossene Aufgabe, die Denkmäler
des rabbinischen Judentums einer breiteren Öffentlichkeit in
nach modernen Grundsätzen erarbeiteten Ausgaben zugänglich zu
machen. Die vorliegende Dissertation von G. Larsson unternimmt es,
den ersten Teil des Tosefta-Traktates Jom hak-Kippurim („Versöhnungstag
", vgl. Lev 16) zu erschließen. Vf. erläutert das Ziel
seiner Arbeit so: „Dabei richtet sie sich in erster Linie an diejenigen,
denen der Zugang zum rabbinischen Schrifttum nicht ohne weiteres
möglich ist. Sie möchte den Weg zum Verständnis der jüdischen
Geisteswelt öffnen und Verbindungen zwischen rabbinischer Literatur
und Altem bzw. Neuem Testament aufzeigen" (S. V). In einer
Einleitung gibt Vf. Rechenschaft über seine Arbeitsziele und Methoden
. Es folgt die Übersetzung, der ein ausführlicher, sorgfältig gearbeiteter
Kommentar in Form von Anmerkungen zum Text beigegeben
ist. Vier Exkurse erörtern Spezialfragen: Die Parhedrin-
Kammer; Die rituelle Tauglichkeit der Hohenpriester in der rö-
misch-herodianischen Zeit; zur Interpretation von I 7; Die Bestimmung
des Zeitpunktes für das Schlachten des täglichen Morgenopfers
; El 'azar b. Harsom - Hoherpriester und / oder Schriftgelehrter.
Der hebräische Teil gibt eine Textedition basierend auf der Erfurter
Handschrift. Der Arbeit ist eine gekürzte, dennoch sehr reiche Bibliographie
beigegeben. Ein vierfaches Register (Rabbinen, andere
Namen, Fremdwörter, Stellen) hilft, den Text zu erschließen und erleichtert
den Einstieg in die Materie.

Wir haben hier eine überaus sorgfaltige, mit Umsicht und großer
Sachkenntnis durchgeführte Arbeit vor uns, die bei der Kommentierung
auf jede Einzelheit achtet. Man kann sich gelegentlich fragen, ob
des Guten nicht zuviel getan wurde, aber Vf. denkt sich vor allem
Leser, denen das rabbinische Schrifttum nicht ohne weiteres zugänglich
ist (s. o.); so erörtert er oft auch elementare Sachverhalte. Andere
wichtige Momente sind ihm die Redaktion und Struktur des Textes
und sein Verhältnis zur Mischna usw., Anwendung der Schrift, Struktur
der Argumentation, Diskussion der Realien.

Es ist klar, daß für den am Neuen Testament Interessierten vor
allem die Beziehungen zum Hebräerbrief wichtig sind. Der hier vorgelegte
Kommentar zu Tosefta Jom hak-Kippurim führt nur bis zur
Vorbereitung des Gottesdienstes am Versöhnungstag in II 2. Man hat
hier also noch keine Beschreibung und Erklärung des eigentlichen
gottesdienstlichen Geschehens vor sich, wie es am Versöhnungstag -
aufgrund von TJom hak-Kippurim - vollzogen wurde. So ist sehr zu
hoffen, daß es dem Vf. sehr bald möglich sein wird, auch die restlichen
Kapitel (III—V) des Traktates zu bearbeiten und zu publizieren,
und daß er es in der gleichen sorgfaltigen und umsichtigen Weise wird
tun können, von der er hier ein speeimen vorgelegt hat. - Das vorliegende
Werk kann jedem empfohlen werden, der sich mit rabbinischen
Texten befaßt - er wird reiche Belehrung und Orientierung
daraus schöpfen können.

Steffisburg/Bern Hans Bietenhard

Neues Testament

Bösen, Willibald: Jesusmahl, Eucharistisches Mahl, Endzeitmahl.

Ein Beitrag zur Theologie des Lukas. Stuttgart: Kath. Bibelwerk
1980. 144 S. 8' = Stuttgarter Bibelstudien, 97.

Die Studie über das lukanische Verständnis der Mahlfeier Jesu
zeigt ein wichtiges, in der Forschung nur unzulänglich behandeltes
theologisches Motiv des 3. Evangeliums auf. Der Titel skizziert die
thematische Linienführung: Das alltägliche Jesusmahl, das im
Abendmahl einen Abschluß gefunden hat, öffnet den Blick auf das
Endzeitmahl, die eucharistischen Mahlfeiern der Gemeinde umgreifen
symbolisch Vergangenes und Zukünftiges. „Auf engem Raum
eine Vielzahl von Perspektiven und Ausblicken, jeweils nur kurz thematisiert
, aber wert, weiter hinterfragt zu werden" (10).

Die traditions- und redaktionsgeschichtliche Analyse der lukani-
schen Abendmahlsüberlieferung 22,14.15-20 nimmt nahezu die
Hälfte des gesamten Umfangs der Studie ein. Das sog. Paschamahl
22,14-18 wird als eine von Markus übernommene, mit neuen Elementen
ausgestattete lukanische Komposition verstanden. In der
theologischen Perspektive ist der Paschagedanke nicht viel mehr als
lediglich ein Randmotiv, der Todesabschied und der Ausblick auf die
eschatologische Zukunft sind tonangebend.

Der Bericht vom eucharistischen Mahl (22,19-20) ist nach dem
Verständnis des Autors eine literarische Kombination aus markini-
schen und paulinischen Traditionselementen. Die lukanische Redak-