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Ausgabe:

1982

Spalte:

103-105

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Fischer, Thomas

Titel/Untertitel:

Seleukiden und Makkabäer 1982

Rezensent:

Schunck, Klaus-Dietrich

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 2

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Judenchristentums der Zeit (Rolle des Kreuzeszeichens 2,23, Nähe
des Endes 2,34.41, usw.). - 2Esr 15f wollen den Christen in Verfolgungszeiten
(3. Jh. n. Chr.) Mut machen zum Ausharren (S. 304 f)-

Nach einer zusammenhängenden Behandlung der Einleitungsfragen
zu apc Esr (S. 100-110) interpretiert K. (S. 111-282) diese
ebenfalls von der Fassung der NEB aus. Fragen der Textgestalt
werden zumal im Blick auf alte Übersetzungen im Vergleich mit der
lateinischen erörtert; so wird des öfteren deren Fassung von der syrischen
her korrigiert. K. zeigt erläuternd sowohl Verbindungslinien
zum Alten Testament (z. B. in der Bildersprache) wie stilistische, literarische
und sachliche Parallelen in jüdischen, besonders apokalyptischen
Texten auf. Bei Verweisen auf außerbiblische Schriften werden
diese bei ihrem ersten Vorkommen kurz charakterisiert. Überhaupt
weiß K. apc Esr auch dem Verständnis des sog. general reader zu erschließen
, formal und inhaltlich. So werden in den drei Dialogen
(3,1-9,25) die theologischen Spannungen sichtbar gemacht und in der
Gedankenwelt des Judentums des l. Jh. n. Chr. begründet, die diese
Dialoge bestimmen. Das Gesetz ist Israel zur Sicherung des Heils gegeben
(S. 178.217.280); es ist erfüllbar, betont der engelische Gesprächspartner
. Angesichts des allgemeinen Ungehorsams beruft sich
„Esra", der sich unter die Sünder einreiht, auf die vergebende Gnade
Gottes (S. 1940- Für die Zukunftsvisionen (9,26-13,58) macht
K. u. a. Verbindungslinien zur Zeitgeschichte (Römerherrschaft)
deutlich (S. 250-252 usw.). Mit, der Interpretation zumal der apc Esr,
nicht zuletzt der theologischen Probleme, die in ihr erörtert werden,
erhält auch der Fachmann reiche Belehrung und Anregung.

Halle (Saale) Gerhard Delling

' S. 6. Hier wäre nach C. die Verwendung einer aramäischen Erzählung
möglich (S. 23).

Judaica

Fischer, Thomas: Seleukiden und Makkabäer. Beiträge zur
Seleukidengeschichte und zu den politischen Ereignissen in Judäa
während der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v.Chr. Bochum: Studienverlag
Brockmeyer (in Komm.) 1980. XIII, 252 S. gr. 8". Kart.
DM 38,-.

Der Vf., vom Fach her Althistoriker, ist auch für Theologen kein
Unbekannter mehr: Nach seiner Münchener Diss.phil. „Untersuchungen
zum Partherkrieg Antiochos' VII. im Rahmen der Seleukidengeschichte
" (Tübingen 1970) veröffentlichte er bereits in der
ZAW einen Beitrag1 und in der ZDPV zwei Studien2 zu Fragen, die
die Beziehungen der Juden des 2.-1. Jh. v. Chr. zu den beherrschenden
Großmächten jener Zeit betreffen. In Fortsetzung dieser Forschungsrichtung
verfolgt diese größere, dem Münchener Lehrer Hermann
Bengtson gewidmete Arbeit nun das Ziel, die enge Verflechtung
der herkömmlich als innerjüdischer Glaubenskonflikt und Bürgerzwist
verstandenen makkabäischen Bewegung mit dem machtpolitischen
Niedergang der Diadochenreiche, speziell dem Zerfall der
Macht der Seleukiden, sowie dem Aufstieg Roms zur führenden
Großmacht aufzuzeigen. Damit soll diese historisch angelegte Arbeit
unter Überwindung der von den einzelnen Fachwissenschaften markierten
Grenzen zugleich eine universalhistorische Betrachtung, die
jedoch auch den religiösen wie den sozialökonomischen Aspekt
keineswegs vernachlässigt, fördern.

Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert: Behandelt der 1. Teil die
Ereignisse und Probleme „Von der seleukidischen Eroberung Südsyriens
und Palästinas bis zum Beginn des Makkabäeraufstandes (200
bis um 166 v.Chr.)", so kommen im 2. Teil „Der Makkabäerauf-
stand und die Seleukidenherrschaft (um 166-157 v. Chr.)" zur Darstellung
, während der 3. Teil dann „Chronologisches und Historio-
graphisches zur Makkabäerzeit" darbietet. Ein kurzer Abschnitt „Ergebnis
und Ausblick" schließt die eigentliche Darstellung ab, an die

jedoch noch umfangreiche Anhänge angefügt sind: Die Seleukiden-
liste von Antiochos III. bis DemetriosL, ein Verzeichnis der für
Judäa in der 1. Hälfte des 2. Jh. v. Chr. zuständigen seleukidischen
Beamten3 und jüdischen Hohenpriester, eine Zeittafel und ausführliche
Register sowie 12 Kartenskizzen zu den einzelnen militärischen
Unternehmungen und ein Stammbaum der seleukidischen Könige.

Das Buch läßt durchweg eine sehr gute Vertrautheit mit den diffizilen
literarischen, chronologischen und historischen Problemen des
1 Makk und 2Makk erkennen und zieht die einschlägige Literatur
aller zuständigen Fachgebiete in breiter Form heran. Dabei wird nun
freilich nicht die gesamte Makkabäerzeit behandelt; die Untersuchung
bricht vielmehr, nachdem sie schon bei dem unter Antiochos
III. vollzogenen Übergang Palästinas aus dem Besitz der Ptole-
mäer in den der Seleukiden eingesetzt hat, bereits mit Demetrios I.
noch vor dem Auftreten von Alexander Balas als Gegenkönig ab.
Diese Begrenzung entspricht etwa dem Endpunkt der Darstellung des
2Makk und damit der Vergleichsmöglichkeit zum IMakk; sie ist
nach Auffassung des Vf. indes genauer darin begründet, daß jetzt,
nach einem dritten Feldzug des Bakchides gegen Jonathan, „der Mak-
kabäeraufstand mit einer Niederlage" geendet habe (S. 131). Dementsprechend
hält er es dann auch für historisch falsch, die Zeit der politischen
Selbständigkeit Judas, d. h. den Beginn der Hasmonäerherr-
schaft, bereits unter Judas anzusetzen.

Wird damit aber nicht ein zweifellos eingetretener Rückschlag
überbewertet? Immerhin kann sich Jonathan zu dieser Zeit doch ungehindert
in Michmas niederlassen und von dort aus Leitungsfunktionen
gegenüber allen Juden wahrnehmen (vgl. IMakk9,73).
Und sollte man bei dieser Begrenzung die Untersuchung dann nicht
etwas bescheidener nur „Voraussetzungen, Entstehung und Verlauf
des Makkabäeraufstands" nennen?

Der Vf. ist sich dessen bewußt, daß seine Behauptungen auf Widerspruch
treffen müssen (S. XI). Worin bestehen diese hauptsächlich?
Von der richtigen Erkenntnis ausgehend, daß die Chronologie die
Grundlage für das historische Verständnis des Makkabäeraufstands
darstellt, rekonstruiert er eine neue Abfolge der Ereignisse. Danach
habe Antiochos IV. im Frühjahr 165 v. Chr. vor seinem Zug in den
Osten seinen Sohn Antiochos V. zum Mitregenten ernannt; nachdem
anschließende Kriegszüge des Nikanor, Gorgias und Lysias gegen die
Juden fehlgeschlagen waren und Antiochos IV. im Spätsommer
164 v.Chr. gestorben war, sei es Ende 164 v.Chr. zur Neueinweihung
des Jerusalemer Tempels gekommen. Zwischen Ende
164/Anfang 163 v.Chr. und Herbst 162 v.Chr. seien dann die
Kriegszüge des Judas gegen die Nachbarn, der Feldzug des Antiochos
V. gegen Judas mit Friedensschluß sowie der Tod Antiochos
' V. aufeinandergefolgt. Gegen diese Rekonstruktion der Ereignisfolge
erheben sich allerdings zwei gravierende Bedenken: l.Sie
setzt die Korrektur von vier Datierungen des IMakk, darunter des
Todes von Antiochos IV., voraus. 2. Diese Änderungen wiederum
sind abhängig von der bis heute keineswegs bewiesenen Annahme,
daß für beide Makkabäerbücher „sich jetzt die einheitliche Rechnung
der Seleukidenära nach der (jüdisch-) babylonischen Weise" (d. h. ab
Frühjahr 311 v. Chr.) feststellen läßt (S. 193).

Auch weitere Einzelergebnisse der Arbeit erscheinen nicht immer
hinreichend abgesichert. So wird das Buch Daniel, das, asidäischen
Charakter tragend als älteste und noch zeitgenössische Sicht der Makkabäerzeit
bezeichnet wird, im Jahre 160 v. Chr. oder 159 v. Chr. angesetzt
; der .Menschensohn' wird als heroisch verklärter weltlicher
Fürst Israels verstanden. Daß Mattathias im Kampf gegen seleukidi-
sche Truppen tödlich verwundet wurde, muß eine bloße Vermutung
bleiben, - ebenso wie die Annähme, daß es zwischen Alkimos und
Jonathan in der Gestalt des ,Lehrers der Gerechtigkeit' noch einen
weiteren Hohenpriester gegeben habe. Vor allem aber reichen angebliche
chronologische Widersprüche zwischen dem IMakk und
2Makk wohl doch nicht aus, um die alte These von einer Mitregentschaft
des erst etwa 10-jährigen Antiochos V. mit seinem Vater Antiochos
IV. neu zu beleben.