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Ausgabe:

1982

Spalte:

69-71

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Predigten 1982

Rezensent:

Schröer, Henning

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 1

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Huber, Wolfgang: Partei nehmen für Gerechtigkeit. Was folgt aus der
Öffentlichkeit der Kirche? (LM 19, 1980 S. 475-479).

Hultsch, Eric: In einen Erfolgszwang gepreßt? Wenn die Ehe mit Gott
geschlossen wird (LM 19, 1980 S. 548-550).

Kattmann, Ulrich: Wenn Leben patentiert wird. Gefahren der Fusion
von Genforschung und Industrie (LM 20, 1981 S. 154-156).

Keller, Albert [Hrsg.]: Was sollen wir tun? Die Gebote Gottes. Frankfurt
/M.: Knecht 1981.285 S. 8 Kart. DM 29,80.

Klütz, Annemarie: Der verantwortliche Umgang mit Menschen
(Diakonie 6, 1980 S. 341-345).

Knoll, Joachim H.: Die Generationen und die Generationenprobleme
in der gegenwärtigen Gesellschaft (Univ. 36, 1981
S. 17-26).

Krusche, Günter: Direitos Humanos - A Unidade entre Direitos
Humanos Sociais e Individuais (Estudos Teolögicos 20, 1980
S. 5-18).

Lehr, Ursula: Alterwerden in unserer Zeit. Neuere Forschungsergebnisse
und praktische Konsequenzen (Diakonie 6, 1980
S. 110-119).

Luban-Plozza, Boris: Die soziodynamischen Probleme der Familie
und die Psychotherapie (Univ. 35, 1980 S. 965-970).

Portmann, Adolf: Die heutige Lebensforschung und ihre neuen Auffassungen
als Aufgabe unserer Tage (Univ. 35, 1980 S. 785-792).

Schall, James V.: Revelation, Reason and Politics (Gr. 62, 1981
S. 349-366).

Seibert, Horst: Rechtfertigungsbedürfnisse im Alter. Die Fragen alter
Menschen und ein Vorschlag zu ihrer theologischen Einordnung
(Diakonie 6,1980 S. 120-126).

Smolik, Josef: Die Komplementarität der spirituellen Werte und der
gesellschaftlichen Verantwortung nach dem Dogma von Chalce-
don (CV 23, 1980 S. 229-236).

Thilo, Hans-Joachim: Mutter Kirche als Rivalin. Konflikte im Pfarrerleben
psychologisch gedeutet (LM 19, 1980 S. 641-643).

Vetter, Helmuth: Der Schmerz und die Würde der Person. Frankfurt
/M.: Knecht 1980. 152 S. 8". Kart. DM 26,80.

Weizsäcker, Carl Friedrich von: Können wir für den Frieden in der
heutigen Welt planen? (Univ. 35, 1980 S. 1009-1016).

Praktische Theologie: Homiletik

Predigen und Hören. Ergebnisse einer Gottesdienstbefragung. 1: Predigten
, Analysen und Grundauswertung. Von K.-F. Daiber u.a.
München: Kaiser 1980. 204 S. 8". Kart. DM 26,-.

Dies ist der erste Band einer auf drei Bände angelegten Darstellung
des Verlaufs, der Ergebnisse und der Auswertung der Hauptunler-
suchung einer Feldstudie, die in Gemeinden der Evangelisch-lutherischen
Landeskirche Hannovers durchgeführt wurde. Die Basis des
Projekts war eine Befragungsaktion von Predigthörern in 94 Gemeinden
im Frühherbst 1976. Die Hörerbefragungen im Anschluß an den
Gottesdienst bezogen sich auf Predigten mit 1 Mose 4,1-16a und
2Kor 1.3-7 als Text. Für die Mose-Predigten kamen Fragebogen von
3817 Predigthörern, für die Korinther-Predigt von 2870 Hörern aus
94 Gemeinden zurück, ein ohne Frage günstiger Rücklauf (43% bzw.
37% der Gottesdienstbesucher). Die Gemeinden waren im Interesse
repräsentativer Ergebnisse durch Zufallsstichprobe ermittelt, 223 Gemeindepfarrer
waren zur Teilnahme eingeladen worden, bei 94
konnte das Projekt durchgeführt werden. Neben der Hörerbefragung
wurden die entsprechenden Predigtmanuskripte von jeweils drei Experten
durch Spontaneinschätzung und Inhaltsanalyse untersucht.

Die Untersuchung versteht sich als Beitrag zur empirischen Predigthörerforschung
. In dem vorliegenden Band werden die Einschätzungen
des Hörers in den derzeitigen homiletisch maßgeblichen Arbeiten
kurz referiert und dabei besonders die mit den „Predigtstudien
" (1968) neu eingeleitete Bemühung um den Hörer herausgestellt
. Die einzige größere Content-Analyse von Predigten in der Bundesrepublik
(auf Lerles Arbeiten geht der Band nicht ein) war die
1973 durchgeführte Untersuchung von 160 Predigten bei Amtshandlungen
durch eine Stuttgarter Arbeitsgruppe. Methodisch sind ohne
Zweifel damalige Fehler bei dem neuen Unternehmen vermieden
worden, vor allem wurde mit Recht statt einer Laboruntersuchung
diesmal eine Feldforschung durchgeführt.

Der vorliegende Band informiert über die Methode der Hauptuntersuchung
(über die zwei Voruntersuchungen berichten die schon
erschienenen Studien: Karl Fritz Daiber, Leiden als Thema der Predigt
, ThExh 198, München 1978 und Karl-Fritz Daiber/Hans Werner
Dannowski/Wolfgang Lukatis/Ludolf Ulrich, Gemeinden erleben
ihre Gottesdienste, Gütersloh 1978) und stellt einen Teil der Predigten
mit den jeweiligen Befragungsergebnissen vor. Außerdem wird
der zeitgeschichtliche Hintergrund dokumentiert.

Band II soll die Gesamtergebnisse und das Theologiegerüst der
Feldstudie darstellen, während in Band III eine Umsetzung der Ergebnisse
in Strategie und Modell beabsichtigt ist.

Jede Erhebung hat notwendig bestimmte Forschungsinteressen. Soweit
aus Band I erkennbar, geht es den Autoren darum, „daß es in der
Predigt nicht nur um ein lehrhaftes, abstraktes, den Kopf ansprechendes
sondern auch um exemplarisches, metaphorisches, emotives Reden
geht" (19). Deshalb ist das Kategoriensystem der Befragung an
den Erkenntnissen der Forschungsrichtung rhetorischer Kommunikation
ausgerichtet. Insbesondere Sprechakttheorie und Soziolingui-
stik stehen hier Pate. Erst nach Band II wird man hier zu angemessenen
Beurteilungen kommen können.

Der Band bietet Informationen über das Predigtverständnis des
Hörers im allgemeinen (280: die Notwendigkeit eines Lebensbezugs
dominiert vor den kontroverser beurteilten Relationen zum Text und
zu politischer Auseinandersetzung wie Auseinandersetzung überhaupt
. Die Kategorien der Experteneinschätzung sind aufschlußreich
: Umgang mit dem Text/Verständlichkeit/Gattung und Grundorientierung
(Lernfeldklima) / Geltung der Tradition / Predigtverständnis
- ein anregendes Raster auch für Predigtbesprechungen im
homiletischen Seminar. Das bemerkenswerteste übergreifende Ergebnis
scheint mir zu sein, daß die nach Meinung der Experten durchschnittliche
Predigt von den Hörern eher als gute Predigt wahrgenommen
wird. „Stark abweichend von den Einschätzungen der Prediger
selbst und denen der Predigthörer ist die der Experten" (43). Als
Experten fungierten je ein Mitglied der Projektgruppe und zwei
jüngere Pastoren mit eigener Predigterfahrung. Der Befund gibt für
das Verhältnis von Theorie und Praxis sehr zu denken.

Von den Predigten mit IMose 4,1-16 als Text sind 11 mit ihrer
Einschätzung wiedergegeben, dabei handelt es sich um besser beurteilte
Predigten. Die Analyse meint, zwei Predigttypen herausarbeiten
zu können, einmal Predigten, in denen sich der Pfarrer als Person
stark selbst einbringt und Alltagserfahrungen als Fragen des Glaubens
bedenkt und zum anderen solche, in denen der vollmächtige Zuspruch
des ausgelegten Bibel Wortes das Hauptanliegen bildet (105).
Natürlich gibt es Mischformen. Die Auswertung bezieht nicht einfach
Partei, obwohl den Autoren wohl der erstgenannte Predigttypus
sympathischer ist, sondern formuliert eine ganze Anzahl kritischer
Fragen, die an den jeweiligen Predigttypus zu richten sind. Wie die
Hörerreaktionen sich dazu verhalten, wird Band II darstellen.

Auch von den Predigten mit 2Kor 1,3-7 als Text werden 11 Beispiele
mit deren Einschätzung gebracht. Auch hier meinen die Autoren
, beide Predigttypen wahrnehmen zu können, die Untersuchung
aber wendet sich anderen Fragen zu. Vielleicht zeigt aber das mit dem
Text überall gewählte Thema Leid und Tröstung hier schon die Relativität
jener Idealtypik auf. Die Untersuchung stellt aufschlußreiche
Beobachtungen zu dem offensichtlich gemeinsamen Wunsch der Prediger
, Partner der Hörer zu werden, an, konstatiert personale Verengung
struktureller Probleme und erörtert die Möglichkeit intersubjektiver
„So ist es"-Feststellungen bei Credo-Inhalten. Damit wird
deutlich, daß das Problem der Erfahrungs- und Lebensnähe der Predigt
, damit aber die Frage der Subjektivität die Schlüsselfrage zumindest
heutiger Theorie, vielleicht auch Hörer-Praxis-das wird Band II
lehren - bildet, so daß neu durchdacht werden muß, was es heißt.