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Ausgabe:

1982

Spalte:

902-903

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Wengst, Klaus

Titel/Untertitel:

Bedrängte Gemeinde und verherrlichter Christus 1982

Rezensent:

Schottroff, Luise

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 12

902

uio -mv für Wenest. Klaus: Bedrängte Gemeinde und verherrlichter Christus. Der

Für „Q" unterstreicht W. die Gegenwart der Basileia (362-378) Pur ^ ^ *hannCÄVangeliums a,s Sch,üsse, zu se]n£r

die Synoptiker allgemein macht er das Nebeneinander von acnorrunu Intcrpretation. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag des Erzie-

Noch-Nicht sichtbar. W. vermag aufzuzeigen, wie vielfach auch Wor- nungsvereins 1981. 142 S. 8" = Biblisch-Theologische Studien, 5.

te, Gleichnisse, Erzählungen ohne eschatologisches Vokabular escha- ^ QM , g _
tologisch bezogen sind. Förderliche Auskünfte werden u. a. zum

Stichwort Parusieverzögerunggegeben. Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine historische Ortsbestimmung für
Die restlichen Schriften werden ebenfalls jeweils gesondert behan- das j0hannesevangelium zu finden, „um so möglicherweise die Alterdelt
(636-758)10. - Insgesamt urteilt W.: Die Hoffnung erwächst im native zwischen den Deutungen Bultmanns und Käsemanns aufbre-
Neuen Testament „aus dem Glauben an die Heilstat Gottes in Chri- chen zu können" (S. 32). Der historische Ort des Johannesevange-
stus" (762)" Christliche Hoffnung ist „die interpretative Elongatur jjumswird dann folgendermaßen bestimmt: Das Johannesevangelium
des in Jesus Christus erschlossenen Heiles" (768; vgl. 450 zu sei geographisch den „südlichsten Teilen des Königreichs von Agrip-
1 Thess 4). Die Verkündigung der Hoffnung ist nach W. nicht anthro- pa rj « dem nördlichen Ostjordanland, zuzuweisen (S. 80); für die
pologisch (wie in den paganen Texten), sondern christologisch zeitliche Ansetzung sei der Tod Agrippas II. terminus ante quem
bestimmt (s- 94'> die Zeit zwischen 80 und 90 n- Cnr der wahrscheinliche Zeit-
Es ist nicht möglich, die Präsenz und Präzision des Phänomens raum (S 96). Dje johanneische Gemeinde „bestand aus über das Land
Hoffnung in einer Begriffsdefinition einzufangen" (335). Dagegen bie- verstreuten Minderheitsgruppen. In ihr bildeten Juden eine Mehrtet
W. insgesamt „eine Analyse der Sprache der Hoffnung"; zu ihr wa- heir (S. 97). Die jüdische Orthodoxie versuchte in dieser Zeit, u. a.
ren semiotische syntaktische, semantische, pragmatische, herme- diese Gemeinde als Ketzer zu brandmarken, was ihr im Gebiet Agrip-
neutische und soziolinguistische Schritte notwendig" (759). Das pas bes0nders wirksam möglich war, da nur hier Juden wichtige
geschieht in einer Stoff- und kenntnisreichen Untersuchung, in weit- Positi0nen im Militär und in der Verwaltung einnahmen (S. 84, 87,
hin wirkungsvoller Schreibweise. 97). Die johanneischen Christen erleiden den Synagogenausschluß
Manchmal ist W freilich nicht leicht zu lesen, sein Stil mitunter ein mjt ^„en sozialen Folgen der Isolierung (S. 580, die sie als ohnehin
wenig überladen (auch mit nicht immer klärenden Fremdwörtern^ relativ arme Leute (S. 85) trifft, als Katastrophe, die zur Abfallbewe-
oder eigenwillig (auch durch außergewöhnliche Wortbildungen) . gung von der Gemeinde führt. In dieser Situation soll das Evangelium
Eine wesentliche Straffung (mit entsprechenden Kürzungen'4) hätte sejne ^er und Hörer zum .Bleiben' veranlassen und ihnen klar-
wohl das Buch, „das dem User einen weiten Weg zumutet" (VII), machen, was sie an Jesus haben" (S. 97).

übersichtlicher und die Erkenntnisse durchsichtiger werden lassen. Diese Ortsbestimmung des Johannesevangehums basiert auf folgen-
Leider fehlt (neben dem Abkürzungsverzeichnis) eine Bibliographie der BegrUn(jung: Die Pharisäer, bzw. die „Juden" erscheinen an meh-
der häufiger angeführten Literatur; die Titel werden oft mit vollen reren Stdlen des Evangeliums in „behördlicher Machtstellung-
Angaben wiederholt, u. U. auf derselben Seite (394 A. 117.120) oder (& 43f 48ff).

bald darauf, gelegentlich sogar in derselben Anm. (419 A. 194 L. Djese behördliche Machtstellung hätten die Pharisäer nur unter
1 f.3f). Stöße von Literatur werden angeboten, nicht selten ohne Weg- agnppa q_ haben können; denn zur Zeit Jesu sei solche Machtstelweisung
auch dort, wo zu einem speziellen Satz ein ganzes Buch [ung njcnt vorste|lbar (s. 430 und nach dem Jahre 70 n. Chr. hätten
genannt wird. Zu begrüßen wäre m. E. sodann ein Register der wichti- Ju(Jen unter der HerrSchaft Agrippas II. „wichtige Positionen in Heer
geren biblischen Stichwörter, zumal W. des öfteren sich über die Ge- Verwa|tung" innegehabt (S. 87). So seien die für eine Lokalisic-
schichte des Gebrauchs oder die Verbreitung neutestamenthcher ^ des johannesevangeliums wichtigen Punkte (Die Gemeinde beVokabeln
ausläßt", steht mehrheitlich aus Judenchristen, die griechisch sprechen und

Gerhard Delling behördlichen Maßnahmen der Synagoge ausgesetzt sind) „nur in

Halle (Saale) einem cinzigen, relativ eng umgrenzten Gebiet erfüllt" (S. 80).

„ Die Konsequenz dieser Ortsbestimmung für die Interpretation des

' „In der Form eines v.elblüt.g gewundenen Straußes" > ^ J(|_J2J. Johannesevangeliums sei die „Abweisung" der Interpretation Bult-

Sir, Sap 306-313; 2Makk 313-315. I Hcn . Käsemanns (S. 9811). Einer bedrängten Gemeinde die

S£K!JÄ-Ä5STIESÄ ZZSL. Tnfragestellung" (Bu.tmann, zu predigen, se, sinnlos ,S. 980. Aber

bar wurde hier H Schlier ThWNT 5.876.36fTm.ßdeutet. auch von naivem Doketismus (Käsemann) könne keine Rede sein,

' Bzw. dann von Cicero bis Seneca. denn das Johannesevangelium wie seine jüdischen Gegner rechnen als

• FürWp-s. 70-75. ri selbstverständlich damit, daß Jesus ein wirklicher Mensch war
1 Sichtlich nach Robert Stephanus, Thesaurus linguae Latinae 4, Lon on ^ ^ ^ ^ fragt der Menschheit und Niedrigkeit Jesu habe Bult-

i1735,s.v.ip«. Gehalt der Wort- mann gegen Käsemann Recht (S. 118). Die johanneische Christologie

* Die Vorschau zu diesem gilt Verwendungsweisen un e a ^ Kampfansage an Erniedrigung und Leiden, weil in der Person Jesu
wy*^nMi^**mA»M9nmmOS*-*n. ^ ntlltr Gott und Erniedrigung zusammengedacht sei (S. 120). Die Einschrän-

Dmw^^^*M*»?*>^ u Zu„Q" kung der Liebe auf die Bruderliebe sei für die bedrängte Gemeinde

^STS^A^Tr^eSch bedeutsamen Abschnitte eine Frage des Überlebens als Geme.nde <S. 124). Damit sei nicht der

durch Skizzen zu den Zwischenstücken. Haß gegen Menschen außerhalb der Gemeinde geme.nt (in Konse-

' Einen „Durchblick durch den Epheserbnef (603)gibt quenz von Joh 3,16).

10 2Petrsteht „am Limes der epistolarischen VerkündigungHN *1 Es js, zu begrüßen, daß mit dieser Arbeit eine sozialgeschichtliche

" Der Band endet mit Rückblick (759-767) und Ausblickt (deo Diskussion des Johannesevangeliums in Angriff genommen wird. In

" Ein paar Vorzugswörter: epigrammatisch ' "at^l"'reI| rür den Inhalt. der Tat dürfte durch eine Ortsbestimmung des Evangeliums die spezi-

Kramm. situativ, travestieren. „Hermeneutik" steht es Eigenart der johanneischen Christologie und Theologie ver-

«>«E»bnisd«rDeutung. if.^ ständlicher werden. Einen entscheidenden Ansatzpunkt Tür eine Orts-

m ^■■■'■■■■'"nfc»P«^^y^>r°"Tr t|^.q«Am- bestirnmung bietet die Rolle der Phansäer und „Juden". Dann

Die dem Korpus vorgesetzten Anscnnmc *ui " in_Ai* .,„A ..... .. . . ._ . . _

*-hl) von den Kirchenvätern bis zur Philosophie der O^^^T^T möchte ich Wengst voll zustimmen. Auch dann, daß es methodisch

die Übersicht zur systematischen Theologie und Exegese seit 1900 (46-« l *P mjÜm ist, für eine solche Frage vom vorliegenden Text als Einheit

len im folgenden kaum eine Rolle. (mit geringen Ausnahmen) auszugehen (S. 28), und daß eine sozialge-

" Auch grammatische Erläuterungen gibt er übrigens mehrtac schichtliche Frage hier einem theologischen Antijudaismus den

Boden entzieht (S. 600 Den zentralen Ergebnissen dieses Buches