Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1982

Spalte:

900-901

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Woschitz, Karl Matthäus

Titel/Untertitel:

Elpis 1982

Rezensent:

Delling, Gerhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

899

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 12

900

gefuhrt: andere harmonistische Varianten sind mir nicht bekannt
geworden" (S. VI). Der Anspruch, der hier mit dem Wort,lückenlos'
signalisiert wird, scheint durch den Nachsatz relativiert. Faktisch ist es
so, daß Greeven „alle Papyri" (S. XVII), die Majuskeln, eine vergleichsweise
kleine Auswahl von Minuskeln (vgl. S. VI „etwa 80" und
die Liste S. XVII) und von den Lektionaren das, „was mir bekannt
geworden ist", im Apparat berücksichtigt. Diese 1952 bei der Übernahme
der Aufgabe der Neubearbeitung „getroffene Auswahl spiegelt
den damaligen, genauer: meinen persönlichen Wissensstand wider
und konnte während der laufenden Arbeiten nur noch unwesentlich
korrigiert werden" (S. VI). Das Variantenmaterial ist also, auch im
Blick auf den Harmonisierungstrend, begrenzt und durch ein
bestimmtes Auswahlkriterium gefiltert. Der Benutzer wird, manche
interessante Variante vergeblich suchen, z. B. .Jesus Barrabas' zu
Mt 27,16f. Er soll sie „ohne Mühe dem Apparat eines beliebigen NT
Graece" entnehmen, das Greeven „in der Hand jeden Benutzers der
Synopse" voraussetzt (S. VI). Solche Voraussetzung darf sicher
gemacht werden. Gleichwohl, wenn die hier sichtbar werdenden
,Grenzen' die Bedeutung des Huck-Greeven für die weitergehende
textkritische Erforschung der synoptischen Evangelien wohl kaum
schmälern, - sie tangieren doch erheblich seine Eignung als Arbeitsbuch
für den akademischen Unterricht. Wer diese Synopse zugrundelegt
, muß von den Studenten verlangen, daß sie sich mit verschiedenen
Ausgaben einschließlich unterschiedlicher und nicht eben
unkomplizierter Abkürzungssysteme vertraut machen.

Dem textkritischen folgt ein zweiter Apparat. Hier „wird der Stoff
der apokryphen Evangelien und ähnliches breiter (seil, als bei Huck-
Lietzmann) dargeboten, soweit es noch Verwandtschaft mit synoptischem
Traditionsgut erkennen läßt". Besondere Erwähnung und
Beachtung verdient die Wiedergabe etwa eines Drittels des Textbestandes
des Thomas-Evangeliums - soweit nicht durch POxy, 1,654
und 655 erhalten - in griechischer Übersetzung durch den Herausgeber
. Das ist hilfreich und dem synoptischen Vergleich förderlich; vgl.
u. a. S. 202 zu Mk 12,1 ff und Parallelen Th-Ev Logion 65. Über alle
im zweiten Apparat abgedruckten Texte informiert ein Verzeichnis
S. 285f.

c) Der Huck-Greeven will und soll ein Arbeitsbuch sein. Von einem
Arbeitsbuch darf man Handlichkeit, übersichtliche Klarheit in der
Darbietung des Textes und Erschwinglichkeit (auch für den Studenten
!) verlangen. Das waren die großen und mit Recht gerühmten Vorzüge
der 9. Auflage; ihrer Nachfolgerin sind sie abhanden gekommen.
Die so verdienstvolle Darbietung eines fundierten Apparates hat
Raum gekostet. „Zur Raumersparnis" wird textkritischer Apparat
jetzt nicht mehr wiederholt (das ist vertretbar), vergleichbare Überlieferung
jeweils nur an einer Stelle vollzählig aufgeführt (sog. .Vollvergleich
'; Ausnahme: Ahnentafel Jesu; Bergpredigt / Feldrede; auch das
mag angehen, es bringt aber einen erheblichen Aufwand an Nachschlagen
mit sich), seltener als wünschenswert ein Text in Stichen gedruckt
(ein Rückschritt gegenüber anderen Ausgaben), vor allem:
„Zur Raumersparnis wurden die früheren regelmäßigen Kolumnen
durch Ausweitung und Verengung häufig zu gewundenen Schläuchen,
was einem Zeitungsleser von heute aber kaum Schwierigkeiten bereiten
dürfte" (S. VI). Eben dieses letztgenannte Mittel zur Einsparung
von Papier fuhrt immer wieder zu geradezu grotesken Schriftbildern,
besonders im Bereich der Passionsgeschichte wegen des .Einzugs' der
hier zahlreichen Johannes-Parallelen. (Zeitungen mit einem .Layout'
wie z. B. auf den Seiten 21.69.72.74f. 102 f. 105.107.126 f. 130.135.139.
142f.197.220f.231.237.243.257.265f.270f. sind mir noch nicht
begegnet!) Der so erreichte Gewinn steht m. E. in keinem Verhältnis
zu dem eindeutigen Verlust an Klarheit und Praktikabilität. Es wäre
außerordentlich bedauerlich, wenn solcher .Mangel' der äußeren Gestalt
(der doch wohl dem Verlag und nicht dem Bearbeiter .anzulasten'
ist?) den Erfolg des Huck-Greeven als Buch in der Hand der Studenten
hinderte. Ich wünschte, die nächste Auflage würde hier Abhilfe
schaffen (und auch wieder in preiswerter broschierter Ausgabe erhältlich
sein!), damit H.Greevens Werk den ihm gebührenden Dank

erfährt - dadurch, daß es in Studium, Lehre und Forschung zur Wirkung
kommt.

Hamburg Tim Schramm

1 Vgl. dazu H. Greeven, The Gospel Synopsis from 1776 to the present day,
in: J.J.Griesbach, Synoptic and texteritical studies 1776 - 1976, ed. by
B. Orchard und Th. R. W. Longstaff, Cambridge 1978, S. 22-49.

2 Im 1. Kapitel des Markusevangeliums z.B. in den Versen 2.4.6.14.15.
18.21.27.28.32.37.42.

3 Der Rezensent J. Jeremias hat das s. Zt. im Blick auf die Bedürfnisse des
akademischen Unterrichts begrüßt, die Kürzung aber doch als „zu radikal" kritisiert
. Vgl. Deutsche Literaturzeitung 58,1937,559-563.

Woschitz, Karl Matthäus: Elpis - Hoffnung. Geschichte, Philosophie,
Exegese, Theologie eines Schlüsselbegriffs. Wien - Freiburg - Basel :
Herder 1979. XVI, 773 S. gr. 8'. Lw. ÖS 680.-.

Die Grazer Habilitationsschrift (1978) stellt' nach Aufbau und
Durchführung eine biblisch-theologische, insbesondere neutesta-
mentliche Abhandlung dar. 426 Seiten sind dem „Themenkreis 3:
Hoffnung und Hoffen im Neuen Testament" gewidmet. In „Themenkreis
2: Hoffnung in der Literatur des Alten Testaments und des Spätjudentums
"2 (219-331) werden die verschiedenen Quellen des Pen-
tateuch und die übrigen Schriften je gesondert behandelt. Tatsächlich
führt Hauptteil 2 in seinen theologischen Aussagen auf das Neue
Testament zu, im Unterschied zu „Themenkreis 1: Die Vorstellung
von der Hoffnung in der Literatur der griechisch-römischen Antike"
(63-218), der, methodisch entsprechend, vor allem die einzelnen
Schriftsteller in Gruppen vom Epos bis zum Hellenismus (einschließlich
Plutarch)3 befragt. Dem vorhin Gesagten gemäß setzt Hauptteil 2
mit einer Gegenüberstellung von griechischem und alttestamcnt-
lichem Verständnis der Hoffnung im Umriß ein (219-221).

In Hauptteil 1 belegt W. vielfältig die Mehrwertigkeit von elpis in
der griechischen Literatur, u. a. meinen (auch fälschlich), szs. mit
etwas rechnen (während elp- „im NT immer in bonam partem verwendet
" wird [339]), fürchten. Dabei ist auch der große Bereich der
negativen Erwartungen berücksichtigt, insbesondere der Hoffnungslosigkeit
in der Zeit nach dem Tod (z.B. auf Inschriften). Das Zeitverständnis
spielt zumal im Blick auf das Verhältnis Vergangenheit/Zukunft
eine Rolle. Besonders zur älteren griechischen Literatur wird
weitgreifend berichtet, bei den Dramatikern Werk um Werk. Durch
eine Aussonderung für das Thema weniger wichtiger Autoren bzw.
Schriften hätte wohl die Überschau z. T. durchsichtiger werden können
. Eine Fülle von Stoff wird gehäuft (etwa in einer Liste4 zu spes mit
Attributen [190-197]'), wie hernach auch in Hauptteil 2 (etwa zum
Psalter [286-297]).

Jeder Hauptteil beginnt mit einer „Wortanalyse" (66-75. 221-230.
339-360). Für die zum Alten Testament geht W. mit Grund nicht nur
vom Wortfeld Hoffnung aus, sondern von mehreren Wortbereichen;
eine besondere Rolle spielt das hoffende Vertrauen (bätah). Insgesamt
ist der einbezogene Wortbestand breit gefächert, etwa in Zukunft,
Warten, Harren (auf Jahwe), Zuversicht, Verheißung (zumal an Abraham
), Bund, Treue (Gottes), Heil, Segen, Erneuerung. So erscheint
„Hoffnung" im Zusammenhang mit vielfältigen Aspekten alttesta-
mentlicher Theologie überhaupt. Deutlich ist die Zukunftserwartung
verbunden mit dem schon gewährten Heil.

Fügt W. die Aussagen des Alten Testaments zum Thema mitunter
in einen weiträumigen Zusammenhang, so geschieht das noch eingehender
für das Neue6. Gern setzt W. (zumal für das Corpus Pauli-
num ) die speziellen Texte in die Abfolge der einzelnen Schrift ein",
oder er bespricht den Rahmentext der besonderen Stelle z. T. ziemlich
ausführlich mit; mehrfach stellt er auch größere Linien der betr.
Schrift im Zusammenhang dar* bzw. bestimmt überhaupt den „Interpretationshorizont
" (497-501). Der Abschnitt zur sogenannten
Logienquelle (361-381) bietet weithin eine Darstellung der Botschaft
von „Q" überhaupt.