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Ausgabe:

1982

Spalte:

805-806

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

Traditionen der Befreiung 1982

Rezensent:

Langer, Jens

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Seite 1

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805

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 11

806

Berlin Werner Sundermann

(Akten des 24 Internationalen Orientalisten-Kongresses München Männern ist und ebensolche Antworten erfordert. Die Beiträge stam-
1957 Wiesbaden 1959, S. 305), bediente sich noch der nestoriani- mendennauch von Vertreternbe.derGruppen,
sehen Schrift. Auch von anderer Seite scheint die arabische Schrift Zwei der Aufsätze gelten aktuellen Problemen der kirchlichen
nicht vor der zweiten Hälfte des 9. Jh. zur Aufzeichnung des Neuper- Praxis (die die Probe für alle unsere so gutwillige Theorie ist): „Bibelsischen
verwendet worden zu sein (W. B. Henning, Handbuch der arbeit mit Frauen" hat Eva Loos ihre Praxisreflexion überschrieben
Orientalistik, 1. Abt.,4. Bd.,4. Abschn., Leiden-Köln 1958,S. 87). (134-144). „Bibelarbeit mit Frauen hat (. . .) für mich das Ziel, daß

. „„ . Handschrift von 828 die Frauen mit Hilfe der Bibel den Käfig wahrnehmen, in den man ihre

Entsprechend wäre dann auch von der Hanüscnnn von . .. Ä_ , , _..

. . , „ Ai„KQKPtC7„prwarteneewesen Xavier, Gaben und Fähigkeiten eingesperrt hat, ihn offnen und das Fliegen

Verwendung eines syrischen Alphabets zu erwarten gewesen, ao , .

. , ■>• u„.„. „,;.«(,,, ir. it« antiouitv" wagen. Dies muß im Räume der Kirche anfangen , resümiert sie
der meinte, "its letter and composition bear witness to its aniiquuy

(S. 9), hätte es aber gewiß vermerkt, wenn ihm eine Quelle in anderer (143).

als arabischer Schrift vorgelegen hätte. Renate Winds „Plädoyer Für einen neuen Amtsbegriff (145-160)

Zuverlässigere Hinweise auf die Entstehungszeit des Werkes ließen wird manchen Leser wegen seiner satirischen Form verärgern, aber

sieh durch eine Analyse der Sprache und Orthographie seiner das Thema „Amt hat gelegentlich auc^Tatbestände -einschießich

erhaltenen Abschriften gewinnen. Diese Arbeit konnte der Verfasser, emes Lobgedich.s des badischen Landesbischofs auf die Pfarrfrau

. . . , . , 6 , . ., . . «, • 7je] ist cs vielmehr, seiner Vorstellung (Melodie: „Nun danket all und bringet Ehr
der se bst kein Iranist ist, nicht leisten. >>ein z.iei isi cs nciunnu,

Spezialisten der Erforschung des Neuen Testaments und Orientalisten - geschaffen, die es erschweren, ke.ne Satire zu schreiben Wohl wol-

zum Studium der auf jeden Fall alten persischen Versionen und ihrer lende Leser werden den Beitrag auch ,n diesem Band akzeptieren, den

Quellen zu ermuntern. Seine Untersuchung stellt die beschriebenen gattungsmäßig entschieden andere literarische Formen bestimmen.

Handschriften in den Rahmen der katholischen Missionsgeschichte in Die anderen Aufsätze gelten erhellenden historischen Fragestellun-

Indien und Iran um die Wende zum 17. Jh. Sie zeugt von bewunde- gen. Hermann Schulz untersucht die Stellung der Frau in Stammes-

rungswürdigem Kenntnisreichtum und sicherem, umsichtigem Urteil gesellschaften (11-36). Am Beispiel Deboras erwägt Jürgen Kegler

in historischen Fragen Ein knapper Überblick über spätere Bemü- die politische Funktion einer Frau in einer patriarchalischen Gesell-

hungen um eine Übersetzung der neu- und alttestamentlichen Schrif- schaft (37-59). Den Einfluß androzentrischer Vorstellungen auf das

ten ins Persische beschließt das gehaltvolle Werk. Neue Testament und auf die Interpretation des Urchristentums überprüft
Elisabeth Schüssler Fiorenza (60-90). Der „brisante Uberhang
an Aktualität" ließ die Herausgeber der Festschrift von Schnakkenburg
-Schülern für ihren Lehrer nach ihren eigenen Worten davon
absehen, diesen Beitrag aufzunehmen. Das leitende Interesse der Ver-

. fasserin gilt den emanzipatorischen Impulsen und den feministischen

Schottroff. Willy, u. Wolfgang Ste«eniann [Hrsg.]: r™>Uon™ d" Grundlagen der urchristlichen Gemeinde, und zwar nicht nur histo-

Befreitin,?. Sozialgcschichtliche Bibelauslegungcn. 1: Methodische ^runu 8 „

Zugänge - Frauen in der Bibel. München: Kaiser: Gelnhausen- nsch, sondern im Interesse der kirchlichen Gegenwart.

Berlin-Stein: Burckhardthaus-Laetare 1980. 166S. u. 162 S. 8 Lujse Schottroff stellt „Frauen in der Nachfolge Jesu in neutesta-

Kart. je DM 19,-. mentlicher Zeit" dar (91-133). Dabei arbeitet sie heraus, wieviel die

Jesusbewegung den Frauen verdankt und wieviel realistische Hoff-

Vielleicht setzt sich H. Gollwitzer mit seinem Vorschlag durch, die nung in diesen Armen der Antike aus der Reich-Gottes-Botschaft

Weiterführung des historisch-kritischen Ansatzes in der Exegese als bewirkt wurde.

sozialgesihichtlkhe Exegese zu bezeichnen („Historischer Matena- sozialgeschichthche Fragestellung ist Für die Bibelauslegung

lismus und Theologie" I 13-59). Dieser Terminus wirkt vermittelnd notwendig und erhellend. Das zeigt dieser Band, und das zeigen Er-

Für eine Theologie und Kirchlichkeit, die von Konfrontationen des gebnjsse sozialgeschichtlicher Forschung auch in der Theologie hier-

19. Jahrhunderts geprägt ist. Denn das klingt weniger herausfordernd, zu|ande ohne daß dabei immer direkte Querverbindungen zu den

als „materialistische" Auslegung wie in WSCF-Publikationen oder protag0nisten dieses Ansatzes im Spiel sein müssen.'
..nichtidealistischc-Bibcllektüre, welchen Begriff ich gern verwende .

Übrigens hat der waldensische Neutestamen.ler Sergio Rostagno den Güstrow Jens Langer
zuerst genannten Terminus mündlich als eine seiner Meinung nach
wenig sachdienliche Provokation bezeichnet. Wie dem auch sei. an

der Sache wird in beiden Bänden nichts verwässert (und Gollwitzer i Vg| elwa s ROStagno, Essays on the New Testament. A "Materialist" Ap-

will es letztendlich bei der ursprünglichen Bezeichnung belassen). proach. published by World Student Christian Federation. Geneva (1976). -

i *t~Am r.«.n 4 7 und die Siehe auch die diesem Ansatz verbundene Zeitschrift „Texte und Kontexte".

Frank Crüsemann. Autonomie und Sunde. Gen£7JBÖ« ^^Stu„all^Alddor-Ver^encheint

•Jahwistische" Urgeschichte (60-77), setzt sien mit , ^ ^ ß ^ ^ ^ Evangeljschcn Studentengemeinde in der BRD und

tischen theologischen Autonomie-Kritik auseinander, die sie Berlin-West herausgegebene Sammelbändchen „Neue Exegese", Stuttgart.

Bibel beruft.' Seine Untersuchung macht schließlich klar. „ ie A|ektor. Verlag 1978, zuvor die von der Geschäftsstelle der ESGn in der DDR

menschliche Autonomie wird hier keineswegs grundsätzlich abgewer- erarbcjtete vervielfältigte Materialsammlung ..Nichtidealistische Bibellektüre",

tet oder als Sünde bezeichnet, sondern als unausweichlich menschlich |978. - Weitere Literatur s. in der Arbeit des Rcz. Ansätze gegenwärtiger

angesehen und in ihrer problematischen Ambivalenz erfaßt." (72). Theoiogie. Versuch einer Typologie (III) in: STANDPUNKT 6, 1978. 305.

Der Leser Fühlt sich an Tillichs Koinzidenz von Schöpfung und Fall Anm. 57.

erinnert4 nun freilich im Vergleich dazu nicht allein intuitiv empfun- > DjeSe undialcktische Position findet sich auch in dem im allgemeinen

den, sondern umfassend begründet. Das sachliche Anliegen wird hier begrüßenswerten ..Bericht der Theolog.schen Komm,ssion über ihre Arbeit zur

.. „ " , . . .. et „m U^iw-hen Modell demon- Beobachtung der Theologischen Gesamtenlwicklung im Bereich des Bundes"

Tur m.ch von Crüsemann beispielhaft am klassischen MO ^ Evange|lschen Kirchen ,n der DDR) (Mitteilungsblatt des BEK vom

Slr'Crt' Wolfgang lO Sep. l98lfNr. l/2],S.2-5).

Willy Schottroff untersucht Psalm 23 (78-11-). 0 ga 4 p. Tillich. Systematische Theologie Bd. I.Stuttgart. Evangelisches Verlags-

Stcgemann Mk 10,13-16 (parr) sozialgeschichtlich (114- ). wer)(')956 290-295;s. zu neueren Aspekten auch K. Lüthi, Emanzipatorische

Georges Casalis denkt über das „Evangelium der Armen nac Theologie als Alternative zu atheistischen Lebensentwürfen, in: A. K. Wuche-

(145-161) reru- a lHrsg l. Weltphänomen Atheismus, Wien: Herder Verlag 1979.

»and 2 geht den Traditionen der Befreiung anhand der Frauenfrage | Vgl. etwa Winfried Thiel Die soziale Entwicklung Israels in vorstaatlicher

nach, die selbstverständlich eine gemeinsame Frage von Frauen und Ze.t. Berhn: Evangelische i- 1980.