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Ausgabe:

1982

Spalte:

800-802

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Klauser, Theodor

Titel/Untertitel:

Franz Joseph Dölger, 1879 - 1940 1982

Rezensent:

Delling, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 11

800

Auch dieses opus magnum, das ein Höchstmaß an Information birgt und als
Lebenswerk eines Forschers eine bewundernswürdige Leistung darstellt, der
hoher Respekt und uneingeschränkter Dank gebührt, sollte nicht mit einem
perfektionistischen Maßstab gemessen werden. Doch möchte eine Besprechung
der Weiterarbeit dienen: Manche Ausfuhrungen in den einführenden biographischen
Kurzviten sind zu allgemein, um als gültig anerkannt zu werden; so
z. B. in der biographischen Einleitung zu J. Betke (S. 292) die summarische
Kennzeichnung von Breckling, Gifftheil und Hoburg als „rastlose Geister",
oder die Sätze zu Paul Gerhardts Haltung im „Berliner Kirchenstreit" (S. 659).
Auch über die Auswahlkriterien für die Sekundärliteratur ließe sich rechten.
Wenn das grundlegende und bis heute wichtigste Werk der Pau-Gerhardt-
Forschung, die Biographie und Werkdeutung von Hermann Petrich (Paul Gerhardt
. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geistes. Auf Grund neuer Forschungen
und Funde, Gütersloh 1914) fehlt, werden Grenzen erkennbar. Der
Benutzer wird natürlich aufgrund von angeführten späteren Titeln, die Verzeichnisse
der Sekundärliteratur enthalten, auch Petrich ermitteln können; und
selbstverständlich ist von Bibliographien eine Wertung der forschungsgeschichtlichen
Bedeutung der Sekundärliteratur nicht zu fordern; doch bleiben
Disproportionen bestehen, die in einer Neuauflage zu korrigieren wären. (Im
Literaturverzeichnis des demnächst in TRE erscheinenden Beitrags des Rez.
über Paulus Gerhardt werden zusätzlich zu den unter L verzeichneten Titeln
u. a. auch Arbeiten von W. Dreß, J. U. Fechner, G. Krause, M. Lackner, R. A.
Schroeder, W. Trillhaas, W. Zellerangeluhrt.)

Unter den weiterführenden Verzeichnissen der Sekundärliteratur (LV) verdienten
auch genannt zu werden; Konrad Ameln in; Paul Gerhardt 1607-1676,
hrsg. von H. Hoffmann, Berlin 1978, 113-1 18; BBKL; die Bände und Sonderbände
des Handbuchs zum evangelischen Kirchengesangbuch; außerdem die
laufenden Bibliographien in JLH und JGP.

Auch zu Jacob Böhme fehlen unter Lgrundlegende Titel; s. die Literaturauswahl
im Beitrag des Rez. in TRE Bd. VI, 748-754.

Für die zu Christian Hoburg unter L verzeichneten Titel von Martin Schmidt
wäre jetzt auch zu verweisen auf den ungekürzten bzw. erweiterten Abdruck in
Ders.: Wiedergeburt und neuer Mensch. Gesammelte Studien zur Geschichte
des Pietismus. Witten 1969, 51-90 bzw. 91-111. Erwähnung verdienen auch:
Martin Kruse: Der mystische Spiritualist Christian Hoburg (1607-1675) als
lutherischer Pfarrer in Bornum bei Königslutter (JGNKG 69, 1971, 103-125)
und Ders.: Speners Kritik am landesherrlichen Kirchenregiment und ihre Vorgeschichte
. Witten 1971,141-173(ebd. 82-117: J. V. Andreae).

Zu Quirin Kuhlmann fehlt die Arbeit von Martin Lackner (dazu den Bericht
des Rez. in DLZ82,1961,115-1 18); der Titel von W. Niggist zu berichtigen in:
Heimliche Weisheit.

Zu Martin Rinckarl wäre zu ergänzen: Helmut Liebsch: Die Reformationsdichtung
Martin Rinckarts, in: 450 Jahre Reformation, hrsg. von L. Stern u.
M.Steinmetz, Berlin 1967, 286-300; Max Steinmetz: Das Müntzerbild von
M. Luther bis F. Engels, Berlin 197l,260ff.

Jena Eberhard Pältz

1 Ein Vorwort des Verlegers, eine Einführung, die durch eine eigene Intro-
duetion in engl. Sprache ergänzt wird, leiten das Werk ein. Auf die großen Einbußen
an Drucken im Laufe der Jahrhunderte weist der Vf. in der Einführung,
u. a. S. Xllf. hin. Daher wird gerade der Leser dieser Zeitschrift mit Aufmerksamkeit
zur Kenntnis nehmen: „Niemand weiß im Grunde, welche Kostbarkeiten
noch in Schlössern, Gelehrtenklausen oder Pfarrhäusern schlummern ..."
(S. XI, Hervorhebung vom Rez.) In Anbetrachides lebhaften Interesses der Forschung
an den Werken des 17. Jh. wäre die bibliographische Erfassung und kirchengeschichtlich
-kulturgeschichtliche Erforschung der Pfarrbibliotheken eine
vordringliche Aufgabe.

2 Eine in interdisziplinärer Zusammenarbeit zu lösende Aufgabe wäre die
Erarbeitung einer Bibliographie Johann Arndts, ein Projekt, aufdas D. Blaufuß,
Spener-Arbeiten, 21980, S. XXf (mit Bezugnahme auf weitere Literatur) und
erneut J. Wallmann (Pietismus und Neuzeit Bd. 6, Göttingen 1981, S. 170 hingewiesen
haben. Nicht nur die frömmigkeitsgeschichtliche Bedeutung Arndts,
sondern auch dessen Einfluß auf die Dichtung des Barock fordern die gemeinsamen
Bemühungen von Literaturwissenschaft und Kirchcngeschichte.

' Dazu bemerkt Dünnhaupt in der Einleitung S. XVIII: „Gewiß ist es längst
nicht mehr unbekannt, daß sich viele deutsche Dichter damals auch auf naturwissenschaftlichem
Gebiet betätigten. Dennoch mag der Benutzer hier und da
eine kleine Überraschung erleben, denn selbst bei bekannteren Namen ist man
sich nicht immer bewußt, auf welch mannigfaltigen Gebieten ihre Träger bewandert
waren."

4 Die Einschränkung betrifft die Verluste: „So hat sich die Liste jener

Bücher, von denen überhaupt kein Exemplar mehr nachweisbar ist, von
Jahrhundert zu Jahrhundert verlängert . . . Jede größere Akkumulation von
Drucken des siebzehnten Jahrhunderts enthält mit Sicherheit eine Anzahl absoluter
Unika. Der Verlust einer ganzen derartigen Sammlung bedeutet mithin
jedesmal den Totalverlust einiger Titel, die sonst in keiner anderen Bibliothek
nachweisbar sind. So überraschtes im Grunde niemanden, daß heute von kaum
einem Autor dieses Zeitraums noch sämtliche zeitgenössischen Drucke überliefert
sind." (S. XIII).

5 Der Dank an die beteiligten Bibliotheken für die Bereitstellung von Autopsieexemplaren
, an Fachkollcgen für Auskünfte und Unterstützung bei der Erarbeitung
der einzelnen Personalbibliographien wird jeweils namentlich zum
Ausdruck gebracht. Auch den Zentralkatalogen der Bibliotheken, bes. dem
Institut für Leihverkehr und Zentralkataloge der Deutschen Staatsbibliothek
Berlin/DDR, ist der Vf. fürdie Beteiligung an seinen Arbeiten verpflichtet.

6 Der Vf. bemerkt in seiner Einführung S. XIX: „Die spielerische Natur
mancher Barockautoren, die sich hinter kuriosen Kryptonymcn, Anagrammen,
Pseudonymen und Initialfolgen zu verstecken liebten, macht das Wicderauffin-
den verschollener Schriften nicht leichter. Eben deshalb gehören derartige Entdeckungen
zu den schönsten Momenten in der Arbeit des Bibliographen, und,
wie nicht anders zu erwarten, kann auch das vorliegende Handbuch wieder mit
einer nicht unbeträchtlichen Zahl erstmals aufgelöster Pseudonyme aufwarten
." Berücksichtigt werden auch Varianten der Eigennamen, neben den bekannten
Pseudonymen (so Elias Praetorius für Christian Hoburg) auch weithin
unbekannte.

7 Auch die Erforschung der Kultur- und Sozialgcschichte des Pfarrerstandes
wird dieser Bibliographie nicht entraten können.

* In der zur Einführung nützlichen Übersicht über die „Hauptwerke der
deutschen Literatur" (hrsg. von M. Kluge und R. Radler, München '1974,
S. 75-100) werden für das Zeitalter des Barock 26 Werke von 18 Autoren angeführt
.

* Zu Anna Ovena Hoyers (1584-1655) wäre jetzt zu notieren: Cornelia
Nickus Moore: „Mein Kind, nimm diß in acht." Anna Hoyers' Gespräch eines
Kindes mit seiner Mutter von dem Wege zur wahren Gottseligkeit als Beispiel
der Erbauungsliteratur für die Jugend im 17. Jahrhundert, in: Pietismus und
Neuzeit (JGP) Bd. 6, Göttingen 1981,164-185, eine wertvolle Bereicherung der
bisherigen Forschung.

10 Die jahrhundertelang als verschollen geltende Erstausgabe von Jacob
Böhmes „Der Weg zu Christo", 1624 (ohne Druckjahr, die im Titel angegebene
Jahreszahl 1622 bezieht sich auf die Abfassung des Manuskripts), die 1972 in
Pennsylvanien wiederentdeckt wurde, wird mit dem Standort der Harvard Uni-
versity Libraries, Cambridge/Mass. nachgewiesen.

Klauser, Theodor: Franz Joseph Dölgcr 1879-1940. Sein Leben und
sein Forschungsprogramm „Antike und Christentum". Münster
/W.: AschendorfT 1980. VI, 161 S„ 6 Taf. 4" = Jahrbuch für
Antike und Christentum, Ergänzungsbd. 7. Kart. DM 58,-; Lw.
DM 66,-.

In K.s Buch kommen beide Gesichtspunkte des Untertitels zur Geltung
. Auch an die Erkundung von Einzelheiten der Vita D.s hat K.
vielfältige Mühe gewandt. Wir hören von D.s mainfränkischer Familie
(30, seiner Schülerzeit (4-6). beiläufig von pastoraler Tätigkeit
(13.22). Mit Wärme berichtet K. vom Leben im Campo Santo Teutonia
) in Rom (340-dort konnte D. durch einen Freiplatz zwischen der
Würzburger und der Münsteraner Zeit 1908-1912 in Bibliotheken
und Museen den Grund legen für seine Lebensarbeit. Wir werden mit
D.s Arbeitszimmer in Münster und seiner auch als Schreibkraft hoch-
bewährten Hausherrin bekannt gemacht (500 und durch sein Haus
(mit Garten) in Bonn geführt (86-89). Übrigens grüßte einen dort der
Wandspruch: „Genug sind mir wenige, genug ist mir einer, genug ist
mir auch keiner"1: D. war keine gesellige Natur, wie K. mehrfach sagt;
D., „der in extremer Einseitigkeit nur seinen eigenen gelehrten Problemen
nachsann", keinerlei Neigung zur Natur oder zu neuerer
Dichtung und Musik bekundete. . .(89).

So stellt uns K. vor allem den Forscher und sein Werk vor Augen.
Mit D.s wissenschaftlichen Grundauffassungcn hingen unmittelbar
die Schwierigkeiten zusammen, die ihm als „Modernisten" während
seines Wirkens in Würzburg von den „Konservativen" (29) der Fakultät
bereitet wurden (28-32). Von seiner Lehrtätigkeit erfahren wir aus