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Ausgabe:

1982

Spalte:

796-800

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Dünnhaupt, Gerhard

Titel/Untertitel:

Bibliographisches Handbuch der Barockliteratur 1982

Rezensent:

Pältz, Eberhard

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795

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 11

796

Allgemeines, Festschriften

Luther, Henning: Hochschuldidaktik der Theologie. Historische und
systematische Vorklärungen. Hamburg: Arbeitsgemeinschaft für
Hochschuldidaktik 1980. VI, 195 S. 8' = Hochschuldidaktische
Materialien, 77. Kart. DM 22-.

Der Vf. greift mit diesem Buch, das Teil seiner Dissertation1 ist, in
die aktuelle Diskussion über die Strukturen und Ziele des Theologiestudiums
ein. Er stellt sich die Aufgabe, auf einem weiten geschichtlichen
Hintergrund die Alternative zu überwinden, das Theologiestudium
entweder pragmatisch als berufsbezogene Ausbildung zu verstehen
oder als von der Praxis isolierte Beschäftigung mit der Theologie
als Fachwissenschaft. Beide Wege haben je eine besondere
Didaktik, so daß die Überwindung dieser Wege ebenfalls auf der Basis
einer neuen Didaktik erfolgen muß. Diese sollte das Ziel haben, das
Theologiestudium als eine dialektische Theorie-Praxis-Beziehung
aufzubauen (S. 133). Das auch würde dem eigentlichen Wesen des
Universitätsstudiums, wie es in der Idee der Universität begründet
gewesen ist und nachmals auf dem Boden des neuhumanistischen Bildungsideals
neu konzipiert worden ist, allererst gerecht.

Das Buch spiegelt in manchem, nicht zuletzt wegen des verwendeten
soziologischen und wissenschaftstheoretischen Vokabulars, die
Probleme des Theologiestudiums im Rahmen der Bildungsreformdebatte
in der BRD wider und ist in seinen Fragestellungen insofern
nicht ohne weiteres auf die Situation des Hochschulstudiums in der
DDR übertragbar. Indes hat die aufgebotene theologische Tradition
für Luthers Antwort eine solche Schwerkraft, daß vieles der Substanz
nach die Theologie als solche betrifft und jeder verantwortlichen
Selbstverständigung über das Studium wichtige Impulse verleiht.
Manches wird dabei auch bewußt, was durchaus, zumal unter dem
Einfluß der nicht vergessenen Gedanken Schleiermachers und im
Ernstnehmen der sich aufdrängenden Anforderungen an die künftige
Wissenschaftsentwicklung, in Ansätzen wenigstens schon vorhanden
ist.

Das intendierte hochschuldidaktische Programm läßt sich kurz in
dem Satz zusammenfassen: Es geht um ein Lernen durch Wissenschaft
und um Einübung kritisch-kreativen Denkens (S. 119). Das
schließt das Beteiligtsein der Lehrenden und Studierenden als kritisch
Fragende und Hinterfragende, sowohl was die Wissenschaft (Theorie)
als auch die Praxis betrifft, konstitutiv ein (S. 55f).

Die leitenden Gesichtspunkte des ersten, sehr instruktiv informierenden
, historischen Teils der Studie ist die Frage, welche Relevanz
die Praxis des Lebens im umfassenden, d. h. auch und gerade im gesellschaftlichen
Sinn für die Didaktik der Theologie in der Geschichte
hatte. Als einsamer Höhepunkt bisheriger Reflexion hierüber sieht
Luther Schleiermachers Konzeption an. Er stellt sie in den Kontext
der neuhumanistisch-idealistischen Debatte über die Funktion der
Universität. Die Richtung der damals erfolgten Selbstverständigung,
die der Vf. auch an Fichte, Sendling und W. v. Humboldt vorrührt, ist
gewesen, kritisch-sittliche Impulse für die Praxis des Lebens durch die
Bildung des wissenschaftlichen Bewußtseins freizusetzen (S. 75). Das
geschieht, wenn die Prinzipien wissenschaftlich-philosophischer Vernunft
für Inhalt und Vollzug des Studiums Anwendung finden (S. 82).
Schleiermacher kommt das Verdienst zu. durch sein Verständnis der
Theologie, vor allem durch die Verankerung des Theologiestudiums
in der philosophischen Theologie, dieser Heimatrecht in der neuen
Universitätskonzeption erworben zu haben (S. 85). Jedoch die im
19. Jahrhundert fortschreitende Aufsplitterung ins Fachwissenschaftliche
hat auch zur Verselbständigung der theologischen Disziplinen
geführt - zu Lasten nicht nur der Einheit der Theologie, sondern auch
des kritischen Praxisbezuges, so daß jene eingangs erwähnte Alternative
seither ziemlich unfruchtbar die Verständigung über die Didaktik
der Theologie bestimmt hat (S. 99).

Der zweite Teil befaßt sich mit systematischen Erwägungen und

konkretisiert die Antwort auf die Frage, was die Theologie leisten soll
und wie dementsprechend das Studium gestaltet werden muß. Es muß
zuerst selbst als Praxis begriffen werden, genauer: als ein gemeinsam
vollzogener und reflektierter Gestaltungsprozeß (S. 113 ff). Der gesamte
Studienprozeß bedarf eines neuen Fundaments, bestehend aus
den Prinzipien Rationalität, Selbständigkeit und Kommunikation.
Auf diesem Fundament aufbauend ergeben sich gleichsam drei Eckpfeiler
(„Dimensionen") des Studiums: es ist ein Qualifikationsprozeß
, ein wissenschaftlich-kritischer Lernprozeß und ein selbstreflexiver
Bildungsprozeß (S. 134). Ein solcher Studienprozeß wäre
dann „als ein ausdifferenzierter Sonderfall des lebenslangen Lernens"
zu verstehen, „in dem in systematischer Gestalt und in institutionalisierter
Ordnung die die Lebensgeschichte des Einzelnen begleitende
Lernfähigkeit und Lernbereitschaft eingeübt und exemplarisch realisiert
wird (S. 116)."

Wer wollte dieser Aufgabe und der dafür erforderlichen didaktischen
Konzeption, wie sie in Luthers Buch entfaltet wird, seine Zustimmung
verweigern und nicht wenigstens in kleinen Schritten versuchen
, diese Theorie kritisch und selbstkritisch auf die eigene Praxis
zu beziehen?

Greifswald Bernd Hildebrandt

' Wissenschaft als kommunikativer Bildungsprozeß - Zur Reform des Theologiestudiums
im Rahmen einer diskursiven Hochschuldidaktik, Mainz 1976.

Dünnhaupt, Gerhard: Bibliographisches Handbuch der Barockliteratur
. Hundert Personalbibliographien deutscher Autoren des siebzehnten
Jahrhunderts. Erster Teil: A-G. Zweiter Teil: H-P. Dritter
Teil: R-Z. Stuttgart: Hiersemann 1980-81. S. I-XLIV, 1-744;
745-1492; 1493-2166. 4' = Hiersemanns Bibliographische Handbücher
, Bd. 2 /1—III. Lw. je DM 590,-.

Mit dem als Band 2 der Reihe „Hiersemanns Bibliographische
Handbücher" erschienenen, das literarische Werk von einhundert
deutschen Autoren des 17. Jh. erschließenden Bibliographischen
Handbuch der Barockliteratur liegt ein Standardwerk der Barockforschung
vor, das nicht nur dem Literaturwissenschaftler, sondern
auch dem Kirchr.nhistoriker und Hymnologen unentbehrlich sein
wird. Der über (.inen längeren Zeitraum andauernde Umgang mit
diesem - wegen des großen Umfangs auf drei Teilbände angelegten -
Nachschlagewerk dürfte im Detail den bei einer intensiven ersten Prüfung
des Gesamtwerks erkennbaren hohen Rang des Unternehmens
bestätigen, dem eine imponierende Forschungsleistung zugrundeliegt,
für die dem Vf. der Dank auch aller um die Bewahrung der Schätze der
deutschen Barockliteratur bemühten Bücherfreunde sicher ist.'

Dieses, von dem Ordinarius für deutsche Barocklitcratur in Ann
Arbor/Michigan vorgelegte Handbuch, das - bei dem Fehlen einer
Gesamtübersicht über das Schrifttum des 17. Jh. - einen Markstein
auf dem Wege zu einem Gesamtkatalog aller Drucke des 17. Jh. 2
bedeutet, kann als ein in Typographie und Gestaltung mustergültiges,
innerhalb der Gattung der Personalbibliographien Maßstäbe setzendes
Werk angesprochen werden. (Die Erfahrungen des in der Herausgabe
bibliographischer Standardwerke führenden Verlegers sind
natürlich auch dem vorliegenden Werk zugute gekommen.)

Der Verfasser, der vor der Übernahme seiner Lehrtätigkeit im
Druck- und Verlagswesen tätig gewesen ist. hat die auf ausgedehnten
Bibliotheksreisen in zehn Ländern während eines Zeitraums von
einem Jahrzehnt gesammelten Titelnachwcise zu dem nun vorliegenden
nützlichen bibliographischen Arbeitsinstrument gestaltet, das
- über den Charakter des Nachschlagewerks hinaus - auch der interdisziplinären
Erforschung und Zusammenschau des dem Werk der
Barockautoren zugrundeliegenden geistigen und gesellschaftlichen
.Gcsamtlebens' dienlich sein dürfte. Der Rez. möchte wünschen, daß
dieses Werk, das „das zeitgenössische Gesamtoeuvre ausgewählter
Dichter und Gelehrter ohne Rücksicht auf Sprache und Sachgebiet"