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Ausgabe:

1982

Spalte:

767-771

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Beer, Theobald

Titel/Untertitel:

Der fröhliche Wechsel und Streit 1982

Rezensent:

Beintker, Horst

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 10

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mäßigkeiten. - Das Buch von G. sollte anregen, Vergleiche zwischen
Tolstoi und anderen Nonkonformisten des 19. Jahrhunderts wie
Dostojewski, Chomjakow, Kirejewski u. a. herauszuarbeiten, die,
wenn auch in komplizierter und oft widersprüchlicher Weise, wesentliche
Beiträge für eine ökumenische Ekklesiologie geliefert haben (vgl.
Art. „Chomjakow" in TRE VIII, Lfg. 1 /2,2-4).

Halle (Saale) Konrad Onasch

Arendt, Dieter: „Tag schwärzer als die Nacht". Das Motiv des Karfreitags
in der Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart (EvErz 33,1981 S. 38-53).

Biser, Eugen: Dichtung zwischen Dämonie und Weisheit. Ein Orientierungsversuch
zu den Hauptwerken Dostojewskijs (StZ 106,1981 S. 813-824).

Cardenal, Ernesto [Hrsg.]: Musik, die zum Himmel steigt. Aus dem Span. v.
A. Schwarzer de Ruiz. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn
(Lizenzausgabe des Jugenddienst Verlages, Wuppertal) 1981. 110 S. kl. 8' =
GTB Siebenstern 1036. DM 6,80.

Dauenhauer, Erich: Gott und Glaube in Bestsellern (StZ 106, 1981
S. 841-850).

Dorfmüller, Joachim: Cantus-firmus-Toccata zwischen Tradition und
Avantgarde. Ein Beitrag zur Orgelmusik nach 1960 (MuK51, 1981
S. 287-296).

-: Heinrich Reimann - Zeitgenosse und Vorbild Max Regers (MuKi 51, 1981
S. 128-132).

Ebbeke, Klaus: Max Regerais Bearbeiter Bachscher Werke (MuKi 51, 1981
S. 287-296).

Hintzenstern, Michael von: Johann Gottlob Töpfer - Organist, Komponist
undOrgelbautheoretiker(MuKi 51,1981 S. 132-141).

Kaunzinger, Günther: Notizen zum Orgelspiel in den USA (MuKi 51, 1981
S. 231-233).

I-ang, Justin: Erlösung als inhaltliches und formendes Thema der christlichen
Kunst (FS 63,1981 S. 134-145).

Ossipow, A. I.: F.M.Dostojewski und das Christentum (SOrth 1981
S. 39-47).

Rombold, Günter: Christusbild im 20. Jahrhundert (KuKi 1981 S. 103-104).

Rufe. Religiöse Lyrik der Gegenwart 2. Hrsg. v. E. Domay, J. Jourdan, u.
H. Nitschke. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1981. 80 S. kl.
8'. DM 9,80.

Sauser, Ekkart: Das Bild von der Auferweckung des Lazarus in der frühchristlichen
und in der östlichen Kunst (TThZ 90,1981 S. 276-288).

Schuhmacher, Gerhard: Wer ist Max Reger?(MuKi 51,1981 S. 113-120).

Schuhmacher, Horst: Entwicklungsphasen moderner deutscher Lyrik seit
1945 (Univ. 36,1981 S. 927-934).

Seim, Jürgen: Ingeborg Bachmann - Der gute Gott von Manhatten (PTh 70,
1981 S. 504-509).

Zimmermann. Heinz Werner: Ernst Pepping und die Deutsche Evangelische
Kirchenmusik des XX. Jahrhunderts (MuKi 51,1981 S. 174-177).

Systematische Theologie: Allgemeines

Beer, Theobald: Der fröhliche Wechsel und Streit. Grundzüge der
Theologie Martin Luthers, Einsiedeln: Johannes Verlag 1980.
563 S. 8* = Sammlung Horizonte, N. F. 19.

Eine „Theologie Luthers" mit „kirchlicher Druckerlaubnis" eines
für den Autor zuständigen römisch-katholischen Aufsichtsorgans
liegt bisher nicht vor. Beer macht in dieser Richtung jedoch einen
Anfang, wenn er in seinem Buch die Grundzüge der Theologie Luthers
behandeln will.1 Das Buch bezieht sich mit Einleitung, 6 Kapiteln
und Schluß bei der Suche „nach einem möglichen Herzstück
seiner Theologie .. ., in dem sich alle wichtigen Begriffe wie in einem
Brennspiegel treffen" (S. 15) auf sechs „Aspekte(n) des fröhlichen
Wechsels" (S. 33). Den fröhlichen „Wechsel und Streit" schildere
Luther in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen"
(1520) als „das beängstigende und beglückende Geschehen der Vereinigung
mit Christus", welche derGlaube gibt (S. 15). „Vom Bild des
fröhlichen Wechsels aus" sei „der Zugang zur lutherischen Theologie

. . . besonders günstig . . ., weil mit ihm alle wichtigen theologischen
Fragen verbunden sind". Damit sprenge Luther „die aristotelische
Philosophie, die an allem Mißverständnis schuld ist. Der wunderbare
Wechsel ist der höchste und mächtigste Artikel des Glaubens und die
mächtigste Waffe gegen die Werkgerechtigkeit. Durch den Wechsel
löst Luther pastorale Fragen. Mit Hilfe des Wechsels deutet er die
augustinische Unterscheidung sacramentum-exemplum. Aus dem
Wechsel ergibt sich unmittelbar die erste Gerechtigkeit, aus der die
zweite fließt, so daß damit die doppelte Gerechtigkeit gegeben ist.
Sünde, Gnade, Gerechtigkeit erhalten durch den Wechsel ihren Platz.
Die Christologie erfährt durch den Wechsel eine wichtige Differenzierung
: Christus ist nicht, wie die Scholastiker sagen, Objekt und
Ursache der Gerechtigkeit. Mit dem Wechsel unserer Sünden auf
Christus ist der ockhamistische Begriff des reatus hinfällig, weil dieser
nur eine Wort-, keine Sachübertragung bezeichnet. Die Sachübertragung
führt zum Kampf in Christus. Dieser im Bild vom geköderten
Leviathan dargestellte Kampf", auf den sich bei Beer das symbolhafte
Argumentieren schließlich konzentriert (vgl. auch die bildliche Darstellung
aufS. 345), „wird verbunden mit dem Bild von der Wechselgemeinschaft
von Braut und Bräutigam. Auch Gottes Doppeloffenbarung
hängt mit dem Wechsel zusammen: Es gibt einen Gott, der
kein Commercium mit uns hat, und einen Gott, der im Commercium
mit uns steht. Der Wechsel macht ersichtlich, was Gewissen bedeutet
und an welchen Ort das Tun gehört. Die richtige Unterscheidung von
fides sola und Glaube, von Glaube und Wort, von Glaube und Werk
hängt mit dem fröhlichen Wechsel zusammen. Durch den fröhlichen
Wechsel läßt sich auch", so schließt Beer diesen Überblick in der für
seine konfessionelle Verpflichtung bezeichnenden Bemerkung, „das
Verhältnis von fides sola und fides caritate formata bestimmen"
(S.31).2

Diesen Absatz, der die Einleitung zusammenfaßt, auf Äußerungen
Luthers zum Vorgang des Wechsels zwischen 1509 und 1545 Bezug
nimmt und das ganze Buch programmiert, stellen wir so ausführlich
voran, um die bedenkliche Verkennung und Umdeutung Luthers
trotz immens fleißiger Quellenerarbeitung und -Zitierung1 unseren
Lesern zu eigener Urteilsbildung etwas näher kenntlich zu machen.
Beer beruft sich im Vorwort auf verschiedene wissenschaftliche Hilfen
mit „entscheidenden Hinweisen", von denen allerdings keiner der
katholischen Theologen, von denen er sie herleitet, mit Untersuchungen
zu Luther ausgewiesen ist. Daß „an entscheidenden Punkten",
wie bei der Zusammenfassung der Einleitung beispielsweise, eine
Fehlinterpretation nur noch krasser auffallt, zeigt der Vergleich mit
der entsprechenden Fassung der zitierten Partie in der ersten Auflage.4
Während Beer in der Einleitung der 1. Auflage etwas unbeholfen mit
Luthers Wendungen, die bekanntlich auch - aber nur sprachlich -
zunächst noch von der Brautmystik hergenommen sind, dem von ihm
akzeptierten Deutungsbild für das Verhältnis zu Christus nachgeht
(sie jedenfalls zitierend anführt), profiliert er in der gleichsam logistischen
Überarbeitung der uns vorliegenden 2. Auflage manches um.
Die formelhaft schematisierende Ausprägung ist jedenfalls nicht
gerade Klärung und bei aller sprachlichen Glätte irreführend.

Wohin Beer nun mit Luther gelangt, der „seltsam unbiblische und
antibiblische Denk- und Sprachmittel" aus dem im Anhang 2 mitabgedruckten
Pseudo-Hermes „Liber XXIV philosophorum" (S. 531 —
538=BGPhThMA 25 S. 207-214 1913, :l927) „zur Deutung der Hl.
Schrift verwendet" habe, und welche Ketzerei außer dieser Verächtlichmachung
des Reformators bei der Schriftauslegung ihm angelastet
werden soll, hören wir alsbald. Natürlich wird für Beer „diese innige
Verflechtung der Begriffe im fröhlichen Wechsel" für die „Methode
der Darstellung" schwierig, zumal er eine „systematische Darstellung
" anstrebt, „die bei Luther trotz einer sachlichen, inhaltlichen
Folgerichtigkeit" fehle (S. 31f)s Zutreffend wählt Beer nicht den an
sich vermuteten „psychologischen Anstoß, sich von der Scholastik zu
trennen", sondern den „theologischen Grund" (S. 32); vorangestellt
wird die Gnade, obwohl richtiger der Ausgang Luthers beim Bußverständnis
lag (95 Thesen!).