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Ausgabe:

1982

Spalte:

764-765

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Thon, Nikolaus

Titel/Untertitel:

Ikone und Liturgie 1982

Rezensent:

Onasch, Konrad

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 10

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Urteil, auf deutlichere Nuancierung. „Zweifellos schrieb sich das
Konzil eine oberste Gesetzgebungsfunktion zu; diese grenzten aber
die meisten Konzilsteilnehmer an der päpstlichen Legislative und an
der freien Ausübung päpstlicher Exekutivgewalt ab. Anhänger und
Kritiker dieses Standpunktes griffen in der Diskussion vor allem auf
die kanonistischen Traditionen und Arbeitsweisen zurück. Dabei
wurde deutlich, daß gerade die Konziliaristen den Status ecclesiae
primitivae als Leitbild vor Augen hatten. Mit der Rückkehr zum
Alten Recht und den dort verankerten föderativen Strukturen wollten
sie Verwaltung und Verfassung der Kirche erneuern. Daß bei diesem
Rückgriff erstmals die historische Methode mit Erfolg eingesetzt
wurde, muß besonders bemerkt werden" (67).

Um solche durch Schisma und Hussitismus aktuell gewordenen
Fragen der kirchlichen Struktur drehte sich auch in Basel die ganze
Kontroverse. Das wird auch an der Disposition der Krämerschen
Untersuchungen deutlich. Die einleitenden beiden ersten Kapitel -
„der Disput um die Kirchenverfassung bei dem ersten Basler Reformversuch
" und dann „die Systematisierung der Ekklesiologie in der
Kontroverse mit dem hussitischen Kirchenbegriff' beweisen es so gut
wie - nach den mehr historisch-biographisch gerichteten Kapiteln des
Mittelteils - das die eigentliche Quintessenz bietende Schlußkapitel
.. . Krämer versucht darin die „Verfassungsprinzipien der Glau-
benssozietät in systematischem Überblick" aufgrund des sich aus dem
Basler Konzil ergebenden historischen Materials zu erhellen. Für
Krämer sind es deren drei: die Repräsentation (aufbauend auf dem
Glauben und der Wahl aller), der umfassende Konsens im Konzil und
dann die weltweite Rezeption der Konzilsdckrete durch die Ortskirchen
, freilich nicht als Kriterium für deren Wahrheit, sondern als
Gradmesser für deren Wirksamkeit.

Basel Alfred Stoccklin

Krieg, Gustav A.: Der mystische Kreis. Wesen und Werden der Theologie
Pierre Poirets. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1978.
230 S. gr. 8° = Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, 17. Lw.
DM 50,-.

Pierre Poiret zählt zu den interessantesten Gestalten in dem keineswegs
kleinen Lager radikaler Pietisten des ausgehenden 16. und
frühen 17. Jahrhundert. Sein Weg von Descartes zur Mystik, vom
reformierten Prediger zum Spiritualisten, den er literarisch auf einem
beachtlichen intellektuellen Niveau zu vertreten und zu verteidigen
wußte, hat immer wieder einzelne Forscher angezogen. Die vorliegende
Untersuchung nun hat sich zum Ziel gesetzt, „die Gestalt
Poirets in ihrer Einheit" vorzuführen (12).

Das geschieht in drei Schritten: Ein erster Teil umreißt den biographischen
Hintergrund und die Situationen, in denen Poirets Schriften
entstanden (14 - 49); im zweiten Teil wird die Grundstruktur
seines Denkens aufgrund seiner Hauptschriften, den zwei Auflagen
der Cogitationes Rationales (1677 und 1685) sowie der Economie
divine (1687), entfaltet (50 - 153); der dritte Teil schließlich erläutert
dieses Denken unter dem Gesichtspunkt des „mystischen Kreises",
d. h. des Ausgangs des Menschen von Gott, seines stufenweisen
Abfalls von ihm sowie der Ermöglichung der stufenweisen Rückkehr
zu Gott durety eine zunehmende Abwendung von allem „Außen",
von der „Welt" (154-220).

Überzeugend gelungen ist auf diese Weise die Herausarbeitung der
inneren Einheit im Denken Poirets. Indem er die Methode und Philosophie
des Descartes von Anfang an im Sinn der Interpretation des
eigenen religiösen Erlebens nutzte - und zwar dergestalt, daß er von
einer essentiellen Identität Gottes und der menschlichen Seele aus
dachte - konnte von Anfag an und bald in rasch zunehmendem Maße
mystisches Gedankengut in Poirets Überlegungen eindringen und
deren Struktur bestimmen. Gott und die Seele: um dieses Thema kreisten
dann, in theoretischer und praktischer Ausformung, in ganzer
Ausschließlichkeit und Monotonie alle Äußerungen Poirets.

So klar und durchsichtig diese systematische Grundstruktur vorgeführt
wird, so unscharf bleibt leider alles, was die Bedeutung und teilweise
sogar die Faszination dieser Persönlichkeit zu Lebzeiten ausgemacht
hat. Einige eher aphoristisch anmutende „abschließende
Erwägungen" (221-223) vermögen dieses Defizit in keiner Weise auszugleichen
. Die Arbeit ist nicht nur rein geistesgeschichtlich konzipiert
, sondern sie beschränkt sich auch nahezu ausschließlich auf die
Auslegung der entsprechenden Texte Poirets. Dadurch aber wird,
gegenläufigen Bemühungen zum Trotz, diese Gestalt isoliert und teilweise
völlig aus ihrem historischen Kontext herausgelöst. Um nur
zwei Beispiele zu nennen: Die bekannten breiten Wirkungen von Descartes
auf die reformierte Theologie, etwa in den Niederlanden, oder
der mächtige Einfluß der Mystik nicht nur auf die Frömmigkeit, sondern
auch auf die Theologie der Zeit spielen hier überhaupt keine
Rolle. Die entsprechende Literatur wurde nirgends herangezogen.
Damit aber wurde auch die Chance vertan, die Eigenart von Poirets
Position über jene so eindrücklich erarbeitete Grundstruktur seines
Denkens hinaus differenzierter und zugleich profilierter in den Griff
zu bekommen. Hier liegt die Grenze dieser Untersuchung.

Gießen Martin Greschat

Bläzquez. J. M.: Prisciliano, introduetor del ascetismoen Hispania. Las fuen-
tes. Estudio de la investigaeiön moderna (I Concilio Caesaraugustano. Zaragoza
: Instituciön „Fernandoel Catölico" 1980. S. 65-121).

Hödl. Ludwig: Thomas von Sutton. Zu neuen Forschungsergebnissen
(MThZ33,1982 S. 54-58).

Iscrloh. Erwin: 450 Jahre Confessio Augustana. Eine Bilanz (Cath 35, 1981
S. 1-16).

Rees. Margaret A. [Ed.]: Teresa de Jesus and her World. Papers of a Conference
held at Trinity and All Saints' College on October 24th and 25th 1981 in
preparation for commemoration of the quatercentenary of the death of Saint
Teresa of Avila (1515-1582). Leeds: Trinity and All Saints' College 1981.
103 S.8£ 1.50.

Schmitt. Wolfgang O.. Pindar und Zwingli. Bemerkungen zur Pindar - Rezeption
im frühen 16. Jahrhundert (Aischylos und Pindar. hrsg. von Ernst
Günther Schmidt. Berlin: Akademie Verlag 1981. S. 303-322).

Schwager, Raymund: Der wunderbare Tausch. Zur „physischen" Erlösungslehre
Gregors von Nyssa (ZKTh 104,1982 S. 1-24).

Christliche Kunst und Literatur

Thon. Nikolaus: Ikone und Liturgie. Trier: Paulinus Verlag 1979.
294 S. 8' = Sophia. Quellen östlicher Theologie, 19. DM 39,80.

Vf. hat sein Buch in folgende Kapitel eingeteilt: „Ikone und Liturgie
- Mysterium fascinosum", „Die Ikonentheologic und ihre Entwicklung
". „Die künstlerische Realisation der Ikonentheologie". „Die
Ikonenmalerei in ihrem Verhältnis zur abendländischen Kunstauffassung
". „Die kultische Bezogenheit der orthodoxen Ikone". Im Textanhang
finden sich: A. „Die dogmatische Definition des VII. Ökumenischen
Konzils von Nikaia (787)", B. „Die Weihegcbetc bei der
Ikonensegnung", C. „Das Bildprogramm der byzantinischen Kirchenausmalung
(nach dem Handbuch des Dionysios)". Ein umfangreicher
Anmerkungsteil schließt das Werk ab. Thon baut seine, in der
Überschrift des 1. Kap. formulierte Anschauung von der Ikone auf
einer den Leser beinahe erdrückenden Fülle von Quellen- und Sekundärliteratur
auf, die er in den Anmerkungen ausbreitet. Sie reicht von
den patristischen Quellen der Bilderverehrung bis zur Rechtsproblc-
matik des vom Vf. mit Recht kritisierten zeitgenössischen Innenhandels
. Man hat den Eindruck, daß der Zitationen oft zu viel getan
wurden. Es braucht nicht jeder Aufsatz in irgendeinem orthodoxen
Informationsblatt zitiert zu werden. Die Beherrschung der Quellen
und der Fachliteratur durch den Vf. wird dadurch z. T., vor allem für