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Ausgabe:

1982

Spalte:

741-744

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Lüdemann, Gerd

Titel/Untertitel:

Paulus, der Heidenapostel 1982

Rezensent:

Hübner, Hans

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 10

742

Taufe nach Joh 4,1 f unterschied sich von der nachösterlichen, sakramentalen
Taufe durch den fehlenden Geistempfang (unter Auflegung
der Hände; 2981). Die frühchristliche Gemeinde, Matthäus oder ein
anderer, fügte dem Wort des Auferstandenen Mt 28,19a Jesu Wort aus
dem Anfang seines Wirkens zu, das den Jüngern Vollmacht gab, die
Taufe im Namen Jesu Christi (als des Messias) zu vollziehen (3050-
Die Rechtmäßigkeit dieser Verbindung verbürgt die Kirche ,auf
Grund der Legitimität und Reinheit der apostolischen Überlieferung'
(310). Überhaupt ist die Liturgie der Alten Kirche Quelle und Richtschnur
der Lehre über die Sakramente (3150 wie schlechthin Fundament
der Theologie (329). Wie die vorcvangelische Gestalt von Mt 28,
19b aus der Überlieferung der Kirche empfangen wurde, der Kirche,
die, geführt vom Heiligen Geist, Maßstab der Kanonizität ist, so auch
die überarbeitete Gestalt des Textes. Die (stufenweise)12 Entwicklung
des Logions berührt überhaupt nicht die Kanonizität von V. 19b
(341 f.361 f)- Dabei ist deutlich zu unterscheiden zwischen Kanonizität
" und philologischer Authentizität von V. 19b(342).

Der Metropolit von Gardikion behandelt die aufgeworfenen texthistorischen
Fragen mit allem Nachdruck im Zusammenhang der
maßgebenden theologischen Aussagen seiner Kirche, insbesondere im
Bereich der Lehre von der Schrift und der Kirche. Er beantwortet sie
weithin in erheblicher Breite (unter mancherlei Wiederholungen) und
mit mannigfachem gelehrtem Aufwand, so unter vielfältiger Bezugnahme
auf die wissenschaftliche Literatur der Neuzeit, z. T. in Auseinandersetzung
mit ihr. Das Bemühen, theologische Vorgaben und
traditionskritische Einsichten aufeinander abzustimmen, wird nicht
zuletzt das Interesse der Neutestamentier in anderen kirchlichen Bereichen
beanspruchen dürfen.

Halle (Saale Gerhard Delling

Num 20.17, übertragen Philo gig 64 usw.; C'lem AI ström 7.73,5 usw.
2 Diese Stellen waren nach Z. bereits verbunden, bevor die Bergpredigt feste
Gestalt annahm. Sic wurden schon vor I C'lem aus mehreren Quellen zusammengefügt
(1161). Die Möglichkeit. daU Mischzitate bzw. entsprechende Anspielungen
auf Texte des NT erst auf den kirchlichen Schriftsteller zurückgehen
, hat Z. allgemein 35f erörtert, im Rahmen der Behandlung der kritischen
Gesichtspunkte für die Beurteilung der Zitate (27-40).

Z. sieht für C'lem Rom bedeutsame Verbindungslinien zur palästinischen
Mutterkirche (63).

Allen voran ging eine Zusammenstellung des Wirkens des Herrn in Galiläa
(ebd.).

' Z. B. der Text des Vaterunsers (93 AI).

Englische Übersetzung des Schlusses: 370-391, Bibliographie 392-440.
Stellenregister 441-460. Der Schluß (346-369) ergänzt z.T. und setzt bestimmte
Akzente.

Einem nach Z. ganz zufälligen Beispiel aus den Zitaten bei Euseb(l42).
* Daß es sich insgesamt um eine solche handelt, sagt Z. seinerseits, .eine einfache
Arbeitshypothesc' (147) usw.

Für NT und lateinischen Bereich der Kirche vgl. Franz Courth. Die Taufe
.auf den Namen Jesu C hristi" in den Zeugnissen der Dogmengeschichte bis zur
Hochscholastik, ThGL 69, 1979, 121-147.

Z. verweist dafür z. B. auf das Nebeneinander von Did 7,1-3; 9,5 (261 f). In
Wirklichkeit liegt jedoch nur 7,1-3 eine Anweisung für den Taufvollzug vor.

Bestimmendes Merkmal dieser Zeit ist die Christologie. nicht die Trinitäts-
lehrc (ebd.). Zum Ganzen vgl. 349-352.

12 Abschließend geformt wurde Mt 28,19 Ende des I.Jh. oder in den
ersten Jahrzehnten des 2. (337.358).

Z. will mit seiner Hypothese die Möglichkeit keineswegs ausschließen, daß
der Kyrios die Weisung für eine triadische Taufe gegeben hat. aul der Ebene der
göttlichen Ökonomie (236).

I üdimann, Gerd. Paulus, der Heidenapostel. I: Studien zur Chronologie
. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1980. 301 S. gr. 8* =
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen
Testaments, 123. Lw. DM 66,-.

Die Frage nach der Chronologie der vita Pauli hat die neutesta-
mentlichc Forschung, auch und gerade die der letzten Jahrzehnte.

immer wieder von neuem beschäftigt. Gerd Lüdemann legt nun in
seiner Göttinger Habilitationsschrift einen Versuch vor, in dem er in
beachtlicher Weise den Status quaestionis sichtet und analysiert und
aus einer intensiven Debatte mit der Literatur heraus einen eigenen
Entwurf bietet. Doch ist das Ziel L.s weiter gesteckt. Denn das Buch
über die Chronologie soll nur der 1. Teil einer dreibändigen Paulusdarstellung
sein. Band 2 soll eine Geschichte und Theologie der Paulusgegner
in den ersten beiden Jahrhunderten enthalten. Band 3 die
Rekonstruktion der Entwicklung des theologischen Denkens Pauli
von seiner Bekehrung an.

Referieren wir zunächst seine Rekonstruktion. Nach Abschn. 1
„Eine kritische Bilanz der Chronologie des Paulus" dürfte Abschn. 2
„Rekonstruktion einer Chronologie des Paulus allein aufgrund der
Briefzeugnisse" wohl der wichtigste Teil seiner Darlegungen sein. L.
übernimmt i. g. g. die formgeschichtliche Analyse des Gal von
H. D. Betz', wonach dieser Brief als „apologetic letter" zu klassifizieren
ist. Danach ist Gal 1,6-9 der 1. Teil des Exordiums, das Princi-
pium; 1,10 sein 2. Teil, die Insinuatio; 1,1 1 f die Überleitung zwischen
Exordium und Narratio; 1,13-2,14 schließlich die Narratio. L. will
nun diese formgeschichtliche Klassifizierung dafür in Anspruch nehmen
.daßdas2,l 1 ffberichtete factum Antiochenum vordem Apostelkonvent
stattfand: .....nach Quintilian ist es (sc. in der Narratio)

möglich, eine Begebenheit aus der chronologischen Reihenfolge
herauszunehmen . . ., um sie später, nachdem alles übrige im ordo naturalis
erzählt worden ist..., als causa nachzutragen" (S. 78). Durch
eine neue Interpretation des Apostelkonvents soll diese Möglichkeit
als tatsächliche historische Abfolge erwiesen werden. Es sei „undenkbar
", daß auf dem Konvent das fundamentale Problem der gemischten
Gemeinden übergangen wurde. Deshalb sei man aus „inneren
Gründen" gezwungen, ein dem Aposteldekret ähnliches Dokument
als Gesetzesauflage für gemischte Gemeinden für den Konvent vorauszusetzen
. Wenn Paulus erkläre, ihm sei nichts Zusätzliches auferlegt
worden, so meine dies, daß jedoch dem Barnabas für die gemischte
Gemeinde in Antiochien das Dekret auferlegt worden sei (S. 980.

Aisäußere Kriterien für die Erstellung der Chronologie-aufinnere
Kriterien verzichtet er bewußt - dienen L. Aussagen in den paulini-
schen Briefen über die Kollekte (Abschn. 2,2ff) und die eschatolo-
gischen Aussagen in I Thess4,13ff und 1 Korl5.5lf (Abschn. 5).
Abschn. 3 bringt „Die Einpassung der Traditionen der Apg in den
allein aufgrund der pln. Briefe gewonnenen Rahmen". Wichtig für L.s
Argumentation ist sein Bemühen um den Nachweis der Datierung des
Judenedikts von Claudius in das Jahr 41. Zu dieser Zeit fand der
Gründungsaufenthalt in Korinth statt (Paulus trifft das gerade aus
Rom ausgewiesene Ehepaar Priscilla und Aquila). Ein durch die Gal-
lio-Notiz nahegelegter Aufenthalt Pauli in Korinth um 51/52 passe
aber ausgezeichnet auf den Zwischenbesuch oder auf den letzten Aufenthalt
.

Das Ergebnis ist schließlich (nur das Wichtigste sei referiert): Bereits
41 Judenedikt des Claudius und I Thess (also Paulus schon in Korinth
); vor oder nach dieser Mission in Griechenland Gründung der
galatischen Gemeinden; 47 (50) Apostelkonvent; Sommer 48 (51)
Paulus in Galatien; Herbst 48 (51)- Frühjahr 50 (53) in Ephesus; um
Ostern 49 (52) 1 Kor; Sommer 50 (53) 2 Kor 1-9. 2 Kor 10-13, Gal;
51 /52 Gallio Prokonsul von Achaja: Winter 51/52 (54/55) Paulus in
Korinth: Rom; Frühjahr 52 (55) Reise nach Jerusalem zwecks Überbringung
der Kollekte.

L. ist in vielen Punkten zuzustimmen; weithin geht er von richtigen
Voraussetzungen aus. So betrachtet er die Briefe des Paulus als Primärquellen
Tür die Rekonstruktion einer Chronologie des Apostels
(S. 460- Richtig wird für eine solche Chronologie Gal 1,6-2,14 als
„tragender Pfeiler" exegesiert. Erfreulich ist, daß L. den Gal-
Kommcntar von H. D. Betz, in dem dieser Brief nach den Kategorien
antiker Rhetorik gegliedert und von daher interpretiert wird, Tür seine
Darlegungen fruchtbar machen will. Richtig gesehen ist m. E. auch,
daß die Gegner des Paulus in Galatien als palästinische Judenchristen
anzusehen sind (S. 59 u. ö.). Zu begrüßen ist ferner, daß L. nach so