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Ausgabe:

1982

Spalte:

722-724

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Gray, John

Titel/Untertitel:

The biblical doctrine of the reign of God 1982

Rezensent:

Pokorný, Petr

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 10

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Der 3. Hauptteil des Buches, den Schriftsystemen und Sprachen in
der Welt der Bibel geltend, holt danach wieder weit aus. Neben der
gesonderten Erklärung des Hebräischen und Aramäischen (J. Hoftij-
zer) sowie Griechischen (G. Mussies) als den biblischen Sprachen
bietet der allein 60 S. zählende Abschnitt über die Schriftsysteme und
außcrbiblischcn Sprachen (J. C. de Moor) eine umfassende Entwicklungsgeschichte
der altorientalischen Schriftsysteme überhaupt.
Dabei wird auf das Sumerische, Alt-Akkadische, Eblaitische, Amori-
tische, Akkadische, Elamitische und Persische ebenso eingegangen
wie auf das Ägyptische und Koptische, die anatolischen Sprachen, das
Hurrischc und Urartäische, auf das Ugaritische, Phönizische und Pu-
nische, das Hebräische samt dem Moabitischen und Ammonitischen,
das Aramäische und auch auf das Arabische und Äthiopische.

Ebenso ist auch der 4. Teil des Werkes, in dem nacheinander der
Text des AT (E. Tov) und der Text des NT (J. Smit Sibinga) behandelt
werden, breit angelegt. Sowohl der hebr. textus reeeptus als auch die
Schriftrollen aus der Wüste Juda vom Toten Meer, der samaritani-
sche Pcntateuch und die verschiedenen Versionen zum AT werden
ausführlich erläutert, ehe die Textgeschichte, Textüberlieferung und
textkritische Arbeit am AT erklärt werden. Analog dazu erfahren
danach auch die Textausgaben und Handschriften des NT sowie die
Textkritik am NT eine eingehende Erklärung.

Den umfangreichsten Teil des vorliegenden Bandes bildet jedoch
der die Geschichte des alten Nahen Ostens beinhaltende 5. Hauptteil.
In gestraffter, übersichtlich gegliederter Form wird hierauf knapp 200
S. zunächst von K. R. Veenhof das Problem der altorientalischcn
Chronologie entwickelt und ein Überblick über die Geschichte vom
3. Jt. v. Chr. bis aufdie Zeit Alexanders d. Gr. geboten, während M. A.
Beek danach die Ereignisse von Alexander d. Gr. bis zum Beginn des
2. Jh. n. Chr. darstellt. Beiden Autoren ist es dabei ausgezeichnet gelungen
, auf der Grundlage einer Vielzahl von modernen Einzeluntersuchungen
einen zuverlässig informierenden, dem neuesten Forschungsstand
entsprechenden Überblick nicht nur über die politische
Geschichte, sondern auch damit eng verbunden religions-, kultur-und
geistesgcschichtlichen Gegebenheiten zu vermitteln. So finden auch
das Apiru- und Sösu-Problem sowie das Verhältnis zwischen Apiru
und 'ibrim eine ausführliche Behandlung, mit dem Ergebnis, daß
sprachgeschichtlich und soziologisch gewiß ein Zusammenhang
zwischen Apiru und ibrim besteht, dies aber noch nicht bedeutet, daß
exakte Identifikationen möglich sind (S. 363). Ebenso wird auch
genauer aufdie komplizierten Fragen nach Herkunft und Bedeutung
der Seevölkerbewegung und der Philister eingegangen, wobei darauf
verwiesen wird, daß die Philister - und ebenso die Tjeker - mit ihren
Palästinensischen Wohnsitzen auf vormalige ägyptische Stützpunkte
konzentriert sind und sich als palästinensisches Bevölkerungselemcnt
somit wohl aus ehemaligen ägyptischen Militärkolonisten, die sich in
Verbindung mit Neuankömmlingen selbständig gemacht haben, erklären
(S. 379).

Von nicht geringer Bedeutung für den Wert des Buches dürfte
schließlich die Aufnahme des von K. Roubos t verfaßten letzten
Haupttcils über die biblischen Ordnungen in den Zusammenhang
dieser die Welt der Bibel beschriebenen Darstellung sein. Nacheinander
werden hier die Einrichtungen des Alltagslebens und des gottesdienstlichen
Lebens behandelt. Dabei erläutert der I. Abschnitt
sowohl die Fragen des Familienlebens als auch die Einrichtungen und
Gesetze des Volkes, während im 2. Abschnitt alle kultbezogencn Ordnungen
von der Beschncidung über Los und Orakel, Priester und
Leviten, die Lade, das Zelt und den Tempel in Jerusalem bis hin zum
Kalender, den Festen sowie den besonderen Tagen und Jahren erklärt
werden. In diesem Zusammenhang vermißt man lediglich ein spezielles
Eingehen auch aufdie Heiligtümer und ihre Bedeutung, zumal aut
den Unterschied zwischen den alten kanaanäischen Heiligtümern und
den israelitischen Heiligtümern sowie auf den Unterschied zwischen
den sog. Höhenheiligtümern und dem Zentralheiligtum bzw. den
Gren/.heiligtümern.

Der vorliegende Band ist als Ganzes zugleich ein schönes Zeugnis
für die Nützlichkeit und den Erfolg der Zusammenarbeit von Wissenschaftlern
verschiedener Fachrichtungen, wenn es um die Ausarbeitung
eines umfassenden wissenschaftlichen Standardwerkes geht.
Möge die beiden noch ausstehenden Bände dieses „Bijbels Hand-
boek" dieselbe gelungene Verbindung von Vermittlung moderner
Forschungsergebnisse mit allgemein verständlicher, das wesentliche
übersichtlich zusammenfassender Darstellungsweise auszeichnen wie
den vorliegenden Band.

Rostock Klaus-Dietrich Schunck

1 M.Noth, Die Welt des Alten Testaments, Berlin L940,41962.

! R. de Vaux, Les Institutions de l'Ancien Testament. Paris 1958/60;
deutsch: Das Alte Testament und seine Lebensordnungen. Freiburg/Br.
1961/62,!1964.

H. J. Franken and C. A. Franken-Battershill, A Primer ol'üld Testament
Archaeology, Leiden 1963.

Gray, John: The Biblical Doctrine of the Reign of God. Edinburgh:
Clark 1979. XII.401 S. 8". Kldr.£ 10.95.

John Gray ist Biblist im besten Sinne dieses Wortes. Als Orientalist
und Alttestamentler bekannt geworden (besonders durch sein Buch
„The Legacy of Canaan", 1957, 1965), hat er auch Übersicht über die
Hauptprobleme der neutestamentlichen Forschung gewonnen. In seinem
neuen Buch versucht er darzulegen, daß das Thema der Herrschaft
Gottes für die ganze christliche Bibel in allen ihren Schichten
bezeichnend ist, daß es sich da also um ein biblisch-theologisches
Thema parexcellence handelt.

Nach einer kurzen Forschungsübersicht (Kap. 1) fängt G. im Kap. 2
mit den Königspsalmcn an, die H. Gunkel als Thronbcsteigungspsal-
men bezeichnet hat (Ps 47; 93; 96-99). Gott wird dort als der König
besungen, der die Macht ergreift (vgl. Jes52,7). G. hält diesen Text mit
S. Mowinckel, mit der Uppsala-Schule und der Myth-Ritual-King-
ship- Schule für Liturgien des herbstlichen Neujahrsfestes (vgl. Sach
14,16-29), das seine Wurzel schon in der kanaanäischen Religion hat
Ps 29). Die Königsherrschaft Jahwes wird in diesen Psalmen auch als
seine Bundestreue zu Wort gebracht. Dem Motiv der Herrschaft Gottes
in den Psalmen ist auch das 3. Kap. (S. 39-116) gewidmet, in dem
die Klagelieder des leidenden Volkes (Ps 74 u. 77), Psalm 110, die
Klagelieder des leidenden Gerechten (Ps 6; 22 ; 118 u. a.) und die Psalmen
85 und 126 besprochen werden, die die eschatologische Umkehr
der Schicksale (siib s 'büt) verkünden. Das Leid und die Bedrohung
werden in diesen Psalmen durch Hinweise aufdie Vollmacht Gottes
in einen Rahmen gesetzt, der zu ihrem Ertragen hilft.

Im 4. Kap. werden die Anspielungen auf das Neujahrsfest bei den
vorexilischen Propheten gesucht und untersucht: Jes 7,10-17; 9,1-6;
37,33-35 (im Zusammenhang mit der Hoffnung des Volkes Gottes)
und Arnos 9,7f; Jer 9,1 f; 10,12-16 (u. a. im Zusammenhang mit dem
Gericht über das Volk und mit der Überwindung der nationalen
Grenzen der Heilsverkündigung). Aus den nachexilischen Propheten
werden im 5. Kap.(Deut.)Jes40,17-26;42,l0f;43,lf. 18-21;44,1 -6;
5l,9f (Trito) Jes 61,lf. 19f als Beispiel besprochen. Im Zusammenhang
mit Jes 45,21-24 vgl. Jes 2,2-4 und Mi 4,1-3 wird das Thema der
sog. zentripetalen Mission behandelt und im Zusammenhang mit den
Ebcd-Liedern (bes. Jes 52,13 - 53,12) die Beziehung der Gestalt des
Ebed Jahwe zu dem Thema der Königsherrschaft Gottes. Der gerettete
Rest des Volkes Gottes, den der Ebed repräsentiert, wird zu dem
reitenden Rest, zum Instrument des eschatologischen Heils.

Der Eschatologie der Propheten ist das 6. Kap. gewidmet. G. deutet
die Erwartung des Tages des Herrn als eine der damaligen Auffassung
gegenüber kritische eschatologische Projektion der Epiphanic Gottes
anläßlich des Neujahrsfestes - vgl. Jes 24-27 - die jesajanische Apokalypse
, die G. fürnachexilisch hält.

Für den Neutestamentier ist besonders interessant das 7. Kap. über