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Ausgabe:

1982

Spalte:

715-716

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Wirth, Günter

Titel/Untertitel:

"Die Zeichen der Zeit" 1982

Rezensent:

Satlow, Bernt

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Seite 1

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715

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 10

716

" Weitere Nachweise bei R. Murray, Symbols ol'Church and Kingdom. A
Study in earlysyriac tradition, Cambridge 1975,142ff, 312ff.

" H. Schmid. Die Dogtnatik der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gütersloh
1893, IV: De scriptura sacra, 18IT. Dazu K. Barth. Kirchliche Dogmatik
l/l, Zürich 1932, §4: Das Wort Gottes in seiner dreifachen Gestalt, 89ff.

Allgemeines, Festschriften

Wirth, Günter: „Die Zeichen der Zeit" 1947 bis 1979. Vorläufiger
Versuch der Wertung und Würdigung in der Sicht eines Publizisten.
Berlin: Evang. Verlagsanstalt 1981. 76 S.gr.8°. M 3,60.

Fast zur gleichen Zeit, da die „Evangelische Monatsschrift für Mitarbeiter
der Kirche" in der DDR „Die Zeichen der Zeit" (ZdZ) aus
technischen Gründen erstmalig in veränderter Aufmachung erschien
- sie wird mit Beginn des Jahres 1982 in neuer Gestalt und neuem Gewand
herausgegeben -, legte der durch zahlreiche Veröffentlichungen
und seine editorische Tätigkeit bekannte, engagierte Publizist seine
Studie vor. Sie stellt eine Übersicht und Analyse von mehr als drei
Jahrzehnten dieser Zeitschrift dar. Daran wird der Weg der evangelischen
Kirche in der DDR ablesbar, der durch die Begriffe „Stand-
ortfindung" und „Lernprozeß" charakterisiert wird. In Aufnahme
einer Formulierung von Focko Lüpsen im „Evangelischen Kirchenlexikon
", der die Presse als Trägerin der öffentlichen Meinung, als
Motor und Spiegel, versteht, untersucht der Vf., wie sich einerseits in
den ZdZ die Entwicklung des kirchlichen Lebens in der DDR widerspiegelt
und wie andrerseits Anstöße zu seiner Gestaltung unter den
Bedingungen einer neu entstehenden Gesellschaftsordnung gegeben
wurden.

Schon die Vielfalt der Mitarbeiter der Zeitschrift bedingt es, daß
sich kein einheitliches Bild ergibt und der sich vollziehende Prozeß
durchaus nicht geradlinig sein konnte. Retardierende und vorwärtsweisende
Tendenzen zeichnen sich ab, wobei der Vf. nie ein Hehl
daraus macht, von einem für die gesellschaftliche Neuordnung aufgeschlossenen
Standpunkt aus die Dinge zu beurteilen. Er markiert in
dem Entwicklungsprozeß bestimmte Stationen und teilt ihn in einzelne
Etappen ein, was sich in den Kapitelüberschriften niederschlägt:
Anlänge und Ansätze - Die Doppelaufgabe (1946 bis 1950) - Ausbrechen
auf neue Wege (1950 bis 1955)- Neuorientierung nicht ohne
Widersprüche (1956 bis 1961) - In die Welt hinein (Die sechziger
Jahre) - Profilierung der Zeugnis- und Dienstgemeinschaft (1970 bis
1978)- In der Schule Gottes (1978/79). Ausrichtung auf die Gemeinde
und Ausrichtung auf die Welt, in der Gemeinde lebt und deren Teil
sie ist-das blieb das Programm der ZdZ in allem spannungsgeladenen
Ringen um Grundsatzprobleme und Einzelentscheidungen. Besonders
deutlich wird die herausragende Rolle von Gerhard Brennecke,
des ersten Chefredakteurs der ZdZ (bis 1969), der immer wieder, gerade
auch an den Brennpunkten der Entwicklung, klärende und wegweisende
Worte fand. Daneben begegnen eine Fülle von Namen und
rufen Erinnerungen wach an einst hitzig geführte Auseinandersetzungen
über Themen, die z .T. noch heute zur Diskussion stehen
und keineswegs als erledigt angesehen werden können. Das bezieht
sich sowohl auf innerkirchlich-theologische Fragestellungen wie auf
solche mit Öffentlichkeitsrelevanz, wobei beides mitunter nicht zu
trennen ist.

Man wird die packend geschriebene Studie in einem Zuge lesen und
durch sie angeregt werden, in früheren Jahrgängen diesen oder jenen
Aufsatz noch einmal nachzuschlagen, weil ihm über den aktuellen
Anlaß hinaus Bedeutung zukommt, so etwa den Leitartikel von
Bischof Werner Kruschc „Zwanzig Jahre evangelische Kirche im
sozialistischen Staat" im Oktoberheft 1969. Natürlich konnten bei
dem großen Umfang des Stoffs nur typische Beispiele ausgewählt werden
. So wird es nicht ausbleiben, daß mancher Leser ihm Wichtiges
vermißt, wie z .B. ein Eingehen auf das Doppelheft 2/3 des Jahrgangs

1978, das seine Aufgabe in einer Aufarbeitung der so belasteten
deutsch-polnischen Kirchengeschichte im Sinne der Verständigung
sah und zum Abbau von Vorurteilen beitrug.

Wenn der nun auch schon langjährige Chefredakteur Heinz Blauert
in seinem Kommentar in Heft 1 /1982 anläßlich der als Chance begriffenen
Umstellung auf das neue Format davon sprach, der Herausgeberkreis
sei ohnedies dabei gewesen, sich Rechenschaft über seine
Arbeit abzulegen, dann wird nicht nur er. sondern die ganze Leserschaft
der ZdZ die kritische und aufhellende Studie von G. Wirth mit
Gewinn heranziehen, als Rückschau auf den bisherigen Weg und als
Ansporn, an der Profilierung des theologischen Denkens und der
kirchlichen Praxis in der Freiheit und Bindung des Glaubens beharrlich
weiterzuarbeiten.

Fischbach b. Dresden Bernt Satlow

Kaegi, Werner: Jacob Burckhardl. Eine Biographie. VI: Weltgeschichte
- Mittelalter - Kunstgeschichte - Die letzten Jahre
1886-1897. Basel-Stuttgart: Schwabe 1977. XXI. 898 S„ 29 Taf.
gr.8°. Lw.sfr96.-.

Der Dank für diesen VI. Band der Burckhardt-Biographie' kann
sich nur in der Ehrerbietung gegenüber dem Lebenswerk eines Vollendeten
äußern. Am 15. Juni 1979 ist Werner Kaegi in Basel gestorben
." Der am 26. Februar 1901 als Plärrerssohn in Oelwil am See
geborene, seit 1935 als Ordinarius für mittlere und neuere Geschichte
in Basel tätige Gelehrte zählt zu den bedeutenden Universalhisto-
rikern der Epoche. Der Geistigkeit seines großen Basier Amtsvorgängers
tief verbunden, war ihm die Vergegenwärtigung von dessen
Vermächtnis zu einer Lebensaufgabe geworden.

Dieser VI. Band, dem die Totenmaske Burckhardts (B.s) als Frontispiz
beigegeben ist. stellt insofern einen Schlußband der Biographic
dar, als die Lebensgeschichte B.s mit dem neunten Kapitel über die
späten Jahre (1888-1897) abgeschlossen wird, wobei äußeres Geschehen
und innere Geschichte wiederum mit souveräner historiogra-
phisch-biographischer Kunst einander zugeordnet sind: „Die Nachfolge
im Amt", „Der 70. Geburtstag", „Neuaullagen (sc. der Werke)
und Ehrungen", „Letzte Horizonte" und schließlich „Ars bene mo-
riendi" sind die einzelnen Teile des Schlußkapilels überschrieben.

Die nach dem ursprünglichen Plan für diesen Band, der jetzt ausschließlich
den „Weltgeschichtlichen Betrachtungen", der Kulturgeschichte
des Mittelalters und der Kunstgeschichte vom Altertum bis
zum Barock gewidmet ist, vorgesehene „Griechische Kulturgeschichte
", die erst nach dem Tode B.s erschien, mußte für einen VII.
Band vorbehalten bleiben, da, wie der Vf. im Vorwort ausführt, „er
bei näherem Zusehen mit Staunen (bemerkte), daß die Manuskripte
zur Kunstgeschichte viel umfangreicher, viel interessanter und gehaltvoller
seien, als er ursprünglich gedacht hatte", so daß sich „vor dem
Biographen eine Aufgabe (eröffnete), die er nicht umgehen durfte",
zumal „die Vorlesungen zur Kunstgeschichte von niemandem im
vollen Zusammenhang je studiert, geschweige denn in Fragmenten
oder gar als Ganzes publiziert worden sind" (S.XX).

B., der seinen Zeitgenossen als der Verlässer des „Cicerone" und der
„Kultur der Renaissance in Italien" galt, ist dem 20.Jh. durch seine
1905 erschienenen „Weltgeschichtlichen Betrachtungen" bedeutsam
geworden. Diesem posthum durch J. Oeri,-der an einigen Stellen B. s
Text „gemildert" hat -, publizierten Werk liegen die Vorarbeiten zu
einer einstündigen Vorlesung „Über das Studium der Geschichte" zugrunde
, die B. dreimal 1868/69, 1870/71 und 1872/73 - zuletzt vor
nur22 Zuhörern-hielt.

Das diesem epochemachenden Werk B.s gewidmete erste Kapitel
untersucht die Entstehungsgeschichte und die in den vorliegenden
Manuskripten nachweisbaren Stufen der Bearbeitung. Diesem Erkundungsgang
des Vf. sind eine Fülle von tiefschürfenden Maximen und