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Ausgabe:

1982

Spalte:

691

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Caspar, Bernhard

Titel/Untertitel:

Phänomenologie des Idols 1982

Rezensent:

Petzoldt, Martin

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Seite 1

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691

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 9

692

tischen Theologie keineswegs zu einem flachen theologischen Reduktionismus
führen muß (vgl. die Auseinandersetzung mit P. van Buren,
261 ff, und R. B. Braithwaite 265 ff), andererseits wird aber auch klar,
wo eine „Einführung" ihre Grenze ziehen muß und die in ihr gegebenen
Anstöße religionsphilosophisch und systematisch-theologisch
ausgearbeitet werden müssen.

Der didaktische Anspruch, den sich diese Einführung stellt, ist
überall glänzend eingelöst. Das philosophische Bemühen des Autors
um Präzision und Durchsichtigkeit seiner Argumentationen kommt
dem pädagogischen Ziel zugute. Eine „Study Checklist" am Ende des
Buches ermöglicht dem Leser eine wirksame Lernkontrolle und regt
zum eigenen philosophischen Denken an. Zu bedauern ist allerdings,
daß (neben den Peanuts-Cartoons) auch die umfangreichen Literaturhinweise
der niederländischen Ausgabe nicht in die englische Neubearbeitung
übernommen wurden. Gegen B.s philosophische Konzeption
ließen sich eine Reihe von Sachfragen ins Feld führen, z. B. im
Blick auf seine Grundorientierung an der Handlungsrelation des Menschen
zur Welt und ihre systematischen Konsequenzen und möglichen
Restriktionen. Da B. dem Leser aber die Werkzeuge an die
Hand gibt, auch die Position des Autors kritisch zu analysieren und
mögliche Alternativen in Erwägung zu ziehen, fällt das nicht ins
Gewicht. Das Buch ist ein wichtiges Hilfsmittel für jeden, der an
einem konstruktiven Dialog zwischen Analytischer Philosophie und
Systematischer Theologie interessiert ist.

Marburg Christoph Schwöbel

Caspar, Bernhard [Hrsg.]: Phänomenologie des Idols. München:
Alber 1981. 286 S. 8° = Alber-Broschur Philosophie. Kart.
DM 39,-.

Weltlichwerden der Welt, einerseits der Vorgang der Säkularisierung
als Kennzeichen des 20. Jahrhunderts, andererseits das aufkommende
Bewußtsein davon, „daß die Welt sich in der Tat nun als
eine Welt vorfindet: als der Planet Erde, der dem Menschen in die
Hand gegeben ist" (9), dieses Weltlichwerden der Welt ist Gegenstand
philosophisch-theologischen Nachdenkens in diesem Band. Die Phänomene
des Idolischen sollen so zur Sprache kommen, daß sie „in
ihrer Phänomenalität gerade vernehmbar werden". In der dadurch
aufgedeckten Differenz, „die in dem in der Verantwortung sichtbar
werdenden unendlichen Hunger nach dem unbedingt Sinnvollen aufbricht
", kann allein „das Nennen Gottes zur Sprache kommen" (12).
Die Beiträge sind von Mitgliedern einer internationalen Arbeitsgruppe
verfaßt, die darüber zur reflektieren sich zur Aufgabe gemacht
hat, „in welcher Weise in der gegenwärtigen Situation des Denkens
ein Zugang zu Religion gewonnen werden könne" (10):

Reiter, Josef: Phänomenologie des Idols - descensio ad inferiora?
Von der „Kritik des Idols" zur „Phänomenologie des Idols", 17-48.
Caspar, Bernhard: Zu Rilkes „Fünf Gesängen". Eine Vorbesinnung
auf das Phänomen des Idolischen, 49-63. Halder, Alois: Bild und
Wort. Zur Frage des religiösen Sprechens als Geschichte, 65-105.
Marion, Jean-Luc: Idol und Bild, 107-132. Ulrich, Ferdinand:
Sprache der Begierde und Zeitgestalten des Idols, 133-269. Personen-
und Sachregister schließen den Band auf.

M. P.

Systematische Theologie: Ethik

Rendtorff, Trutz: Ethik. Grundelemente, Methodologie und Konkretionen
einer ethischen Theologie, Bd. 2. Stuttgart - Berlin - Köln -
Mainz: Kohlhammer 1981. 190 S. gr. 8' = Theologische Wissenschaft
, 13,2. Kart. DM28,-.

Die bei der Rezension des ersten Teilbandes (ThLZ 106, 1981
Sp. 917ff) geäußerte Spannung auf den zweiten Band ist vom Vf.

schnell und positiv gelöst worden. Die Behandlung der „Konkretionen
einer ethischen Theologie", die für diesen Band aufgespart
geblieben war, überzeugt sogar mehr als die Darstellung von Grundelementen
und Methodologie, weil das dort vorgestellte Schema nun
plastischer wird und seine orientierende und gliedernde Kraft erweist.
Von daher ist es fast zu bedauern, daß der Entwurf auf zwei Teilbände
verteilt worden ist, so daß der flüchtige Leser, der etwa nur einen der
beiden zur Hand hat, die Verzahnung von Grundlegung und Konkretion
übersehen könnte. Gerade die systematische Konsequenz, mit
der die Aufteilung des Stoffes und das argumentierende Vorgehen aus
der Grundlegung entwickelt werden, ist eine Stärke dieses Lehrbuchs.

Die ethische Lebenswirklichkeit wird von drei Grundelementen
bestimmt: dem Gegebensein des Lebens, dem Geben des Lebens und
der Reflexivität des Lebens. Sie lassen sich jeweils in drei Hinsichten
entfalten: als Begründung elementarer Verbindlichkeiten, die der einzelne
vorfindet; als Verantwortung zur Erneuerung und Weitergabe
der Tradition, die dem einzelnen aufgetragen ist; als Rechtfertigung
gegenüber der Forderung nach Rechenschaft über das Handeln. Aus
diesen Vorgaben ergibt sich die Disposition der Konkretionen, die in
neun Durchgängen erfolgt. Das hat zur Folge, daß auch die einzelnen
Lebensbereiche, die traditionell in der Ethik behandelt werden, nicht
nacheinander in einem geschlossenen Komplex auftauchen, wobei die
Unterpunkte von den ganz unterschiedlichen Fragestellungen in den
einzelnen Bereichen bestimmt werden. Vielmehr werden diese Probleme
in die ethische Argumentation des genannten Schemas integriert
, so daß die zunächst etwas formal wirkenden Aspekte der
Grundlegung neunmal innerhalb der verschiedenen sozialen Felder
konkretisiert werden. Als solche Lebensbereiche hat der Vf. fünf ausgewählt
, die in gleicher Reihenfolge bei jedem der neun Abschnitte
erscheinen: Ehe und Familie, das politische Leben, Arbeit und Wirtschaft
, Kultur und Bildung, Religion und Leben in der Kirche. Dadurch
hat der Leser verschiedene Möglichkeiten, die Lektüre des
Buches aufzugliedern: er kann sich an die Entfaltung eines bestimmten
Aspektes der ethischen Lebenswirklichkeit quer durch die Lebensbereiche
hindurch halten, er kann jedoch auch einen Lebensbereich
quer durch die verschiedenen Abschnitte verfolgen -und sich so einen
Überblick in traditioneller Weise verschaffen.

Damit hat der Vf. eindrucksvoll die Schwierigkeit bewältigt, die
Vielzahl der ethischen Situationen in einen sinnvollen Zusammenhang
zu bringen. Der Nachfrage, ob wirklich alle ethisch relevanten
Situationen auf diese Weise erfaßt worden seien, begegnet er mit dem
Satz: „Die Konkretionen verfolgen keine materiale Vollständigkeit,
sondern sind Exempel ethischer Argumentation" (12). Es ist beachtlich
, welche Fülle aktueller Probleme im Felde ethischer Urteilsbildung
in diesem relativ schmalen Buch angesprochen wird, auch
wenn für den einen oder anderen Leser wahrscheinlich Wünsche
offenbleiben. Doch welches Lehrbuch der Ethik vermöchte an dieser
Stelle allen Ansprüchen gerecht zu werden?

Wenn man versuchen will, einen kurzen Eindruck von der Gedankenführung
des Vf. zu geben, kann das exemplarisch etwa am dritten
Abschnitt des ersten Kapitels geschehen. Hier geht es um „Rechenschaft
über die Ziele", die das gebotene und jeweils neu zu verantwortende
Handeln verfolgt. Für die Ehe heißt das, sich nicht von allgemeinen
Glückserwartungen abhängig zu machen; „die eheliche
Treue ist. auch im Konflikt mit solchen Erwartungen, ein Maß für die
Freiheit der Ehe von gesellschaftlicher Bevormundung" (56). Auch
sonst steht der Vf. Experimenten mit der Form der Ehe („Ehe ohne
Trauschein") kritisch gegenüber, weil Ehe ihren Zweck in sich selber
trägt und nicht Instrument der eigenen Sclbstvcrwirklichung werden
darf. Die Rechenschaft des Politischen orientiert sich an der Unterscheidung
von salus publica und salus christiana, denn Politik kann
nicht „Vollstrecker letztgültiger Heilslehren" sein wollen (60). Auf
diese Weise soll die Intention der reformatorischen Zwei-Rciche-
Lehre aufgenommen werden, die auch unter den Bedingungen der
Demokratie davor bewahrt, „eine wahre und letztgültige Selbstverwirklichung
des Menschen nur und allein über die politische Gestal-