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Ausgabe:

1982

Spalte:

688

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Guilelmus de Petriburgo, Livre des guerres du seigneur et deux homélies 1982

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 9

688

Christologie (S. 150-278), die Offenbarung (biblischer Hermeneutik
) (S. 279-349) und schließlich auf das Alte Testament
(S. 350-441) - das alles freilich nicht in den vereinfachenden Stichworten
des Rez., sondern viel kompakter, viel komplizierter und
mit viel Latein. Auf ein resümierendes Kapitel (Rückblick und
Ergebnis, S. 442-450) folgt ein interpretierendes Verzeichnis der
Zeichentermini, das einen wahren Schatz an Belegstellen enthält,
und diverse Register, von denen allein das Stellenregister 14 dop-
pelspaltige Seiten enthält.

Die Grundposition der Zeichentheorie Augustins kann ich nicht
besser wiedergeben, als mit einem Satz aus der lesenwerten Besprechung
des eingangs genannten ersten Bandes, die Hansjakob
Becker in der Theologischen Revue 67, 1971 Sp. 185-186, gab: „Der
mundus sensibilis als Abbild des mundus intelligibilis besitzt als vesti-
gium und Signum so viel von seinem geistigen Ursprung, daß er den
Betrachter auf eine transzendente Welt hinzuweisen imstande ist"
(a.a.O., Sp. 185). Wie die einzelnen signa auf den transzendenten
Ursprung hinweisen, die allerletzt; res, der alle Erscheinungen und
signa zugrundeliegen und die nicht mehr über sich hinaus auf eine
weitere res verweist - also nicht selbst signum sein kann, das macht
den Inhalt des Buches aus. Das Feld der Auseinandersetzung mit dem
Manichäismus war die Ontologie, denn wenn die dualistische Onto-
logie der Manichäer zusammenbrach, so war er seines theoretischen
Ansatzes beraubt, und in der Tat war bei dem monistisch-neuplatonischen
Ansatz Augustins ein summum malum als letzte Ursache
des Bösen ausgeschlossen. Allerdings war die Argumentation Augustins
nur innerhalb des genannten Denkansatzes schlüssig, und wer,
wie die Manichäer, diese Position nicht teilte, konnte sich diese Argumentation
nicht zu eigen machen.

Der Rez., der der Augustinusforschung fernsteht, kann der profunden
Quellen- und Literaturkenntnis des Vf. in allen Fragen, die
Augustin betreffen, nur Respekt zollen. Wenn das Buch dennoch
einen zwiespältigen Eindruck hinterläßt - ein Eindruck, der den Abschluß
der Rezension immer wieder hinausschob -, so ist dies die
Quellen- und Problemkenntnis des. Vf. in Fragen des Manichäismus,
die in verblüffendem Gegensatz zu seiner Belesenheit in den Augustiniana
steht.

Für diese Feststellung bin ich den Beweis schuldig, und der liegt leider otTen
zutage. In dem ganzen, so umfangreichen Stellenregister findet sich keine einzige
manichäische Originalstelle, im Literaturverzeichnis keine einzige mani-
chäische Originalquelle (A. Adams, „Texte zum Manichäismus" ist dafür kein
hinreichender Ersatz). Wie der Vf. mit manichäischen Quellen umgeht, lehren
die beiden einzigen Zitate (S. 69 Anm. 26 und S. 70), die ohne exakten Stellenbeleg
nach G. Widengren und im zweiten Falle sogar in Rückübersetzung aus
dem Französischen nach Puech angeführt werden. Die Vita Manis S. 69 genügt
nicht den bescheidensten Ansprüchen. Die völlige Unkenntnis des Kölner
Mani-Kodex wirkt sich hier am krassesten aus. Ich möchte dem Vf. keinesfalls
das Fehlen der Literatur, die gleichzeitig mit und nach dem Erscheinen seines
Buches publiziert wurde, anlasten, jedoch wurde der Vorbericht von Henrichs
/Koenen zum Kölner Mani-Kodex bereits 1970 in der Zeitschrift für
Papyrologie und Epigraphik, Bd. 5, S. 97-216 veröffentlicht. Der wissenschaftsgeschichtliche
Stellenwert dieses Vorberichtes war bereits damals evident.
Diese Lücke wirkt um so erstaunlicher, als der Vf. sich (und den Leser) bezüglich
des Manichäismus nicht an Augustin allein (was hinsichtlich des Themas
durchaus legitim wäre) orientieren will, sondern ausdrücklich am Stande der
Forschung (S. 68). Ohne daß ich über Einzelfragen rechten will, sollte ich hinzufugen
, daß der Mangel an Quellen- und Literaturkenntnis sein Gegenbild in der
Methode und schließlich auch in den Ergebnissen hat. Der Vf. versäumt es fast
durchweg, die manichäische Position herauszuarbeiten und mit der augusti-
nischen zu vergleichen, und wenn er es tut, ist es unvollständig, schief oder
falsch. Der Satz S. 152 „Als Anhängern der Gnosis war den Manichäern eine
Trennung der Zeit von der Ewigkeit so gut wie irrelevant" spricht für sich - als
ob nicht bei den Manichäern die Kategorie der Zeit erst mit der Vermischung
von Licht und Finsternis wirksam wurde und die „Ruhe" im ewigen, unver-
mischten Licht nicht Ziel der manichäischen Frömmigkeit und Heilserwartung
sei. Das für die manichäische Denkstruktur und Argumentation charakteristische
System von archetypischen Figuren und Vorgängen, das interessante
Parallelen zu Augustin aufweist, nimmt der Vf. überhaupt nicht ins Blickfeld,
obwohl es für die manichäische Konzeption der Heilsgeschichte und Heilsgewißheit
grundlegend ist. Das gleiche gilt für die Gruß- und Verehrungsriten
der Manichäer (nach Kephalai, cp. IX, p. 37-42 ed. Polotsky/Böhlig), die mittels
einer speziellen Zeichentheorie (einschließlich des Begriffs!) veranschaulicht
werden.

Der Vf. hat die Möglichkeit manichäischer Ein- und Nachwirkung
auf Augustin nicht ernsthaft in Betracht gezogen und sich daher die
Perspektive letztlich selbst verbaut. Soweit das Buch Augustin für sich
und seine philosophisch-theologische Entwicklung betrifft, so werden
es Berufenere zu würdigen haben; zur Förderung des großen Themas
Christentum und Manichäismus trägt es nur in bescheidenem Maße
bei, da die andere Seite, Quellen und Probleme des Manichäismus, so
gut wie leer geblieben ist.

Halle (Saale) Peter Nagel

Guillaume de Bourges: Livre des guerres du seigneur et deux home-
lies. Introduction, texte critique, traduction et notes par G. Dahan.
Paris: Cerf 1981. 342 S. 8* = Sources Chretiennes, 288. Kart.
ffr260.-.

Verfasser der Schriften ist ein „Guillelmus Christi diaconus, olim
judeus", der durch die Bemühungen des Erzbischofs Wilhelm von
Bourges vom Judentum zum Christentum konvertierte. Der Erz-
bischof wurde 1218 heiliggesprochen, danach hat der bekehrte Jude
Wilhelm seine Schriften abgefaßt. G. Dahan nimmt als Abfassungszeit
die Jahre 1233 bis 1235 an. Hintergrund für diese Schriften ist
eine alte jüdische Tradition in Bourges, die schon Venantius For-
tunatus im 6. Jahrhundert bezeugt und die im 12. und 13. Jh sogar
Päpste auf den Plan rief (9). Der Liber bellorum Domini lag bisher in
Teildrucken vor, die beiden Homilien waren bisher ungedruckt (61).
Das ausführlichste Werk des Bandes ist der Liber bellorum Domini
(66-263). Er setzt mit der Trinitätslehre ein und bietet vor allem ein
Leben Jesu; mit Kapitel 11 (Judas) beginnt die Passionsgeschichte (bis
Kapitel 21). Nach Ausführungen über die Auferstehung, Himmelfahrt
und Geistausgießung folgen solche über die Apostel, das Neue
Testament und die vier Evangelien. Das letzte (30.) Kapitel ist überschrieben
„Von der Blindheit der Juden". Wilhelm bietet gerade
30 Kapitel, weil Jesus für 30 Silberlinge verraten wurde. Die Homilia
in Mattheum erörtert die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenlande
; der Text Mt 2,1-11 wird Vers für Vers ausgelegt. Ebenso
verfährt Wilhelm bei der Homilia in Johannem mit der Geschichte
von der Ehebrecherin vor Jesus (Joh 8,1-11). Beide Texte sollen die
Überlegenheit des Christentums über das Judentum aufweisen. Dem
lateinischen Text ist eine französische Übersetzung parallel beigegeben
. Umfangreiche Indices (321-42) beschließen den Band, der sich
der bekannten Quellenreihe würdig einreiht.

GH.

Philosophie, Religionsphilosophie

Brummer, Vincent: Theology and Philosophical Inquiry. An Introduction
. London: MacMillan Press 1981. X, 310 S. 8 Kart.
£5.95.

Das Buch des Utrechter Religionsphilosophen Vincent Brümmer
(B.) ist die überarbeitete Fassung seiner 1975 unter dem Titel
„Wijsgerige Begripsanalyse" in niederländischer Sprache erschienenen
Einführung in die Philosophie für Theologiestudenten. B. verfolgt
mit seinem Werk das Ziel, Studenten ohne vorherige philosophische
Kenntnisse in die Methoden und Hauptanwendungsgebiete
philosophischer Begriffsanalyse einzuführen, um methodische Kompetenz
zur Bearbeitung begrifflicher Probleme vor allem in der
Systematischen Theologie zu vermitteln. Dieser Aufgabenstellung
gemäß ist das Buch als systematische Einführung in die Philosophie