Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1982

Spalte:

627-628

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Das Amt im oekumenischen Kontext 1982

Rezensent:

Kühn, Ulrich

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

627

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 8

628

Gedankens der „versöhnten Verschiedenheit" - noch weiter nachdenken
müssen. Welche Bedeutung für katholisches, traditionell einseitig
an der Autorität des Lehramtes orientiertes Denken der Vorgang
gesamtkirchlicher Rezeption bekommen kann, zeigt - illustriert
an geschichtlichen Beispielen - eindrucksvoll der Beitrag des Spaniers
M. Garijo (S. 97 ff)- M- Seils, Naumburg, weist hin auf die Verlegenheiten
, vor denen evangelische Kirchenleitungen, zu denen ex officio
Nichttheologen gehören und die unter ständigem Zeitdruck zu entscheiden
haben, angesichts auf sie zukommender Konsehsustexte stehen
, zumal die Kompetenz evangelischer Kirchenleitung zu
Lehrentscheidungen auch grundsätzlich theologisch ungeklärt ist
(S. 11 Oft).

Daß der der Rezeption vorausgehende Konsensus mehr und anderes
ist als eine bloße sprachliche Übereinkunft der Beteiligten, daß
solche Übereinkunft vielmehr in vorverbalen Beziehungen gegründet
sein muß, die allererst Verstehen eröffnen (Stobbe: S. 500, ja daß
Konsensus als kirchlicher Konsensus primär geistgewirkte „Einstimmung
in das Werk Gottes" zu sein hat (G. Sauter: S. 57) und daß
darin das Wahrheitskriterium jeder in sich selbst durchaus irrtumsfähigen
Übereinkunft von Menschen liegt, gehört zu den wichtigen
Einsichten, die der vorliegende Band vermittelt. Dazu gehört auch die
Erkenntnis, daß Konsensus seinerseits auf Rezeption (von Überlieferung
) beruht (Sauter: S. 54). Ob man den Bemühungen von Faith and
Order um einen Konsensus zu Taufe, Eucharistie und Amt mit dem
Vorwurf, hier finde lediglich sozial bedingte „Übereinstimmungspraxis
" statt (S. 62), wirklich gerecht wird, bliebe allerdings zu fragen.
Im übrigen fallt auf, daß der Konsensusbegriff orthodoxen Denkens,
wonach es wirklichen Konsensus erst am Ziel der völligen Einheit der
Kirchen im Leben und Glauben geben kann, nicht im Gesichtskreis
des Nachdenkens der Konsultation gewesen ist. Das Vorwort der
überarbeiteten Faith and Order-Texte zu Taufe, Eucharistie und Amt
wird von daher zwischen erreichten Konvergenzen und zukünftig zu
erhoffendem vollem Konsensus unterscheiden.

Mit Recht weist das abschließende Resümee von H.-G Stobbe auf
die große Bedeutung der z. T. vorzüglichen Überblicke und Berichte
von H. Meyer (zu den bilateralen und multilateralen Dialogen und
Konsensustexten der letzten Jahre), von J. Brosseder (zum luth.-kath.
Herrenmahl-Dokument), von M. Spindler (über die Untersuchung
der Gemeinsamen Arbeitsgruppe von ÖRK und Einheitssekretariat
zum Thema „Gemeinsames Zeugnis als ökumenische Realität"), von
E. Lessing (zur Arbeit des Deutschen Ökumen. Studienausschusses
über „Verbindliches Lehren") sowie von A. Birmele (über das Studienprojekt
„Ökumene am Ort" des Strasbourger ökumenischen
Instituts) hin, die hier nur noch genannt werden können und die mit
den Problemreferaten zusammen den vorliegenden Band zu einem
gewichtigen Zeugnis gegenwärtiger ökumenischer Besinnung machen.

Leipzig JJlrich Kühn

Baur, Jörg [Hrsg.]: Das Amt im Ökumenischen Kontext. Eine
Studienarbeit des ökumenischen Ausschusses der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands. Stuttgart: Calwer
1980.182 S. 8". Kart. DM28,-.

Dieser Band enthält Referate, die im Zusammenhang der Erörterung
der Fragen des Amtes der Kirche in deT ökumenischen Diskussion
in den Jahren 1973-1977 im ökumenischen Studienausschuß
der VELKD und des Nationalkomitees des LWB in der BRD gehalten
worden sind. G. Kretschmar handelt über Probleme des orthodoxen
Amtsverständnisses, P.-W. Scheele (jetzt Bischof von Würzburg
) und J. Finkenzeller informieren über den Stand der Diskussion
in der römisch-katholischen Theologie, G. Gaßmann legt das
anglikanische Amtsverständnis dar. Jörg Baurs Referat über das
kirchliche Amt im Protestantismus rückt die Amtsfrage in das Licht
geschichtlicher Ausprägungen des evangelischen Amtsverständnisses
bes. im 17. und 18. Jahrhundert (Th. Thumm, U. Pierius, J. A. Quen-

stedt, J. B. Carpzov, Ph. J. Spener, V. E. Löscher, J. A. Trinus, J. J.
Spalding, J. G. Herder, J. W. v. Goethe) und macht an diesem weithin
unbekannten Material in bemerkenswerter Weise deutlich, wie sich
das hier dokumentierte Amtsverständnis von der Reformation entfernt
hat. J. Roloff bietet eine Zusammenschau neutestamentlich-
exegetischer Ergebnisse zur Amtsfrage (u. a. mit kritischem Seitenblick
zu E. Käsemanns Thesen, S. 1490 und rückt von daher ungelöste
Probleme der ökumenischen Dialogergebnisse (Acra-Doku-
ment, Erklärung der Gruppe von Dombes, Memorandum der ökumenischen
Universitätsinstitute) in den Blick. Den Abschluß dieser hilfreichen
Dokumentation bildet der Abdruck der bereits in der ökumenischen
Rundschau 1978 veröffentlichten Stellungnahme des
Ökumenischen Studienausschusses „Das Amt im ökumenischen
Kontext", in dem die Fragen an den erreichten ökumenischen Gesprächsstand
zusammenfassend formuliert werden.

U.K.

McDonnell, Kilian [Ed.]: Presence, Power, Preise. Documents on
the Charismatic Renewal. I: Continental, National, and Regional
Documents. Numbers 1 to 37, 1960-1974. LXIX, 621 S. II:
Continental, National, and Regional Documents, Numbers 38 to
80, 1975-1979. X, 568 S. III: International Documents. Numbers
1 to 11, 1973-1980. IX, 425 S. gr. 8 Collegeville, Minn.: The
Liturgical Press 1980. Lw. $ 95.-.

Der Herausgeber leitet das Institut für ökumenische und kulturelle
Forschung an der St. John's Universität in Collegeville, Minnesota,
war an vielen ökumenischen Dialogen und Konsultationen beteiligt
und hat mehrere Veröffentlichungen über die charismatische Bewegung
und ihr Verhältnis zu den Kirchen vorgelegt.

Das Werk enthält 80 Stellungnahmen verschiedenster kirchlicher
Gremien auf nationaler, regionaler, kontinentaler und weltweiter
Ebene zur charismatischen Bewegung seit 1960. Als Anhang ist dem
3. Bd. die Dokumentation des Dialogs der Römisch-katholischen
Kirche mit Pfingstkirchen beigefügt. Bis auf Asien sind alle
Kontinente vertreten, doch überwiegen die Stimmen aus dem englischsprachigen
Raum. 25 Äußerungen stammen aus der Römischkatholischen
Kirche, die anderen aus diversen protestantischen
Denominationen, während Voten aus den orthodoxen Kirchen
fehlen. Aus dem deutschen Sprachraum kommen 6 Dokumente,
darunter die teilweise abgedruckte Untersuchung der Studienabteilung
beim Bund der Evang. Kirchen in der DDR über „Die
charismatische Bewegung in der Deutschen Demokratischen Republik
", auf die der Hrsg. wiederholt Bezug nimmt. In Bd. I S. XVf
nennt er ferner einige Dokumente, die aus verschiedenen Gründen
nicht aufgenommen werden konnten.

Die Einführung des Hrsg. (Bd. I S. XIX - LXIX) weist auf die
wichtigsten in den Dokumenten erörterten Probleme hin und gibt
damit einen instruktiven Einblick in die Beziehungen zwischen den
Kirchen und den in ihnen wirksamen charismatischen Gruppen
sowie in die Sachfragen, die sich daraus ergeben. Dazu gehören: die
Erfahrungen der Geisteswirkungen und ihre theologische Interpretation
; die Stellung zur wissenschaftlichen Theologie; die „Taufe
im bzw. mit dem Hl. Geist"; die Zungenrede; die Prophetie; das
Verhältnis von Charisma und Institution; soziale Aktion und Evangelisation
; ökumenische Offenheit und verpflichtende Gemeinschaft.
Bei aller Zurückhaltung, die der Hrsg. sich auferlegt, wird doch
deutlich, daß das Werk dazu beitragen will, die positiven Jmpulse der
charismatischen Bewegung in den Kirchen wirksam werden zu lassen
und das theologische Gespräch mit ihr zu fördern. Es ist deshalb nicht
nur für Ökumeniker, sondern auch für praktische Theologen von
hohem Wert. Der Informationswert des Werkes wird durch die jedem
Text vorangestellten Einführungen sowie durch gut aufgeschlüsselte
Indizes erhöht. Dank verdient auch die vorzügliche graphische Gestaltung
.

_ E.W.