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Ausgabe:

1982

Spalte:

621-622

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Titel/Untertitel:

Johannes Paul, Der Wert der Arbeit und der Weg zur Gerechtigkeit 1982

Rezensent:

Wiebering, Joachim

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 8

622

Schließlich beschäftigt sich ein weiterer Komplex des Taschenbuches
mit den Begriffen „Reich Gottes" und „Freiheit", die in der
christlichen Tradition eine fundamentale Rolle gespielt haben. Beide
sind nach Meinung des Vf. allerdings kaum geeignet, um unmittelbar
für die Deduktion ethischer Forderungen benutzt zu werden. Vor
allem in Kritik an Hans-Joachim Kraus widerspricht der Vf. der Tendenz
, die Praxis der Freiheit zum Ausweis des Reiches Gottes zu
machen. Für die Sozialethik ist das Reich Gottes „allenfalls ein kritisches
Symbol"; positiv erinnert es in erster Linie an die „Universalität
des Anrufes Gottes", der sich nicht nur an eine einzelne Kirche richtet
(85f). Auch der christliche Freiheitsgedanke wird vom neuzeitlichen
Verständnis der Freiheit als Emanzipation deutlich abgesetzt, weil im
Christentum Freiheit als Geschenk und Widerfahrnis und gerade
nicht als menschliche Aktivität zur Erreichung bestimmter Ziele
begriffen wird. Der christliche Glaube „beläßt dagegen auch die Freiheit
des Menschen in einer Dimension des Unverfügbaren, die damit
einem menschlichen Emanzipationsbemühen überlegene Sinngebung
offenhält" (99). So lernt der Leser in diesem Taschenbuch
einen Autor kennen, der die Theologie vor allem dazu anhält, sich in
der Kunst des Unterscheidens zu üben und den christlichen Glauben
weder mit einem ideologischen Programm zu identifizieren noch ihn
von seinem gesellschaftlichen Kontext zu trennen.

Leipzig Joachim Wiebering

Der Wert der Arbeit und der Weg zur Gerechtigkeit. Enzyklika:
Über die menschliche Arbeit Papst Johannes Pauls II. Mit einem
Kommentar von O. von Nell-Breuning. Freiburg-Basel-Wien:
Herderl981. 127 S. 8*. Kart. DM 7,80.

Neunzig Jahre nach der ersten Enzyklika eines Papstes zu sozio-
ökonomischen Fragen („Rerum novarum" von Papst Leo XIII.)
wendet sich der jetzige Papst in seiner dritten Enzyklika („Laborem
exercens" vom 14. September 1981) dem gleichen Themenkreis zu.
Als Schlüssel zur gesamten sozialen Frage wird die menschliche
Arbeit angesehen, und dazu die These vertreten, daß der Mensch Subjekt
der Arbeit bleiben muß. „So wahr es auch ist, daß der Mensch zur
Arbeit bestimmt und berufen ist, so ist doch in erster Linie die Arbeit
für den Menschen da und nicht der Mensch für die Arbeit" (28). Im
Konflikt zwischen Arbeit und Kapital wird der Vorrang der Arbeit
und damit der Menschen vor den Dingen betont. Ausführlich werden
die Rechte des arbeitenden Menschen im Zusammenhang der Menschenrechte
behandelt, vor allem die Forderung nach Vollbeschäftigung
, nach gerechter Entlohnung und nach dem Zusammenschluß
der Arbeitnehmer in Gewerkschaften. Eigene Abschnitte thematisieren
die Notwendigkeit würdiger Arbeitsbedingungen auf dem Lande,
für den Kreis der Behinderten und für Gastarbeiter in anderen Ländern
. Am Schluß steht ein Kapitel über die „Spiritualität der Arbeit",
die ihren Charakter als Teilhabe am Schöpfungswerk des Vaters und
das „Evangelium der Arbeit" bei Jesus und Paulus betrifft.

Im Kommentar von Oswald von Nell-Breuning wird einerseits auf
die Mißverständlichkeit der deutschen Übersetzung des lateinischen
Textes der Enzyklika hingewiesen, zum anderen der Frage nachgegangen
, wie weit in dieser Enzyklika neue Aussagen enthalten sind,
die über die bisherige Soziallehre der katholischen Kirche hinausgehen
. Sie erscheint dem Vf. des Kommentars insofern als „Angeloder
Wendepunkt", weil sich darin die katholische Kirche „das
Thema und damit das Gesetz des Handelns nicht mehr von
außen .. . vorschreiben läßt, vielmehr ihr Thema und ihr Vorgehen in
freier Selbstbestimmung und nach eigenem Ermessen selbst bestimmt
" (11 I). Ob das bei einem ethischen Thema wirklich ein Vorzug
und nicht eher ein Rückschritt hinter die Diskussion auch in der
katholischen Moraltheologie ist, kann hier offenbleiben. Bei der Lektüre
der Enzyklika hat man nämlich diesen Eindruck nicht, daß die
Enzyklika von aktuellen Themen, die an die Kirche herangetragen
werden, absehen und „überzeitlich und überörtlich" (so im Kommentar
S. 114) sein will. Gerade die konkreten Passagen über die Rechte

des arbeitenden Menschen greifen Fragen auf, die sich in der
gegenwärtigen Situation stellen, während die mehr grundsätzlichen
Abschnitte über „Die Arbeit und der Mensch" blaß bleiben.

Inhaltlich ist zur Enzyklika wohl zu sagen, daß sie sich stark an
Aussagen der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes" des II. Vatikanischen
Konzils anlehnt (vor allem in der theologischen Begründung
im letzten Kapitel). Der Standpunkt der katholischen Soziallehre zwischen
dem „strengen Kapitalismus" bzw. Liberalismus und dem
„Kollektivismus" wird beibehalten, was sich etwa in dem Abschnitt
über die Eigentumsfrage zeigt. Das marxistische Programm wird
ohne Verurteilung genannt, aber Impulse daraus kaum aufgegriffen.
Immerhin ist bemerkenswert, wie sehr das Prinzip des gleichen Lohns
auch Tür Frauen und für ausländische Arbeitnehmer unterstrichen
wird und welches Gewicht der Solidarität der arbeitenden Menschen
zukommt. Die Öffnung zu den Fragen der Welt unter Wahrung der
traditionellen Mittelstellung der katholischen Soziallehre läßt sich
auch an dieser Enzyklika beobachten.

Leipzig Joachim Wiebering

Ahlert, Ulrich: Ratlosigkeit im Umgang mit der Kernenergie (DtPfrBl 82,
1982 S. 10-12).

Autonomie (Hauptthema ThQ 161, 1981, Heft 1): Auer, Alfons: Zur Rezeption
der Autonomie-Vorstellung durch die katholisch-theologische Ethik
(S. 2-13) - Stoeckle, Bernhard: Glaube und Vernunft. Überlegungen zum
Selbstverständnis christlicher Ethik (S. 13-19) - Schwartländer, Johannes: Sittliche
Autonomie als Idee der endlichen Freiheit (S. 20-33)-Kustermann, Abraham
Peter: Biblische Motive als Argumente im Autonomie-Denken der Aufklärung
(S. 33-42)- Dautzenberg, Gerhard: Neutestamentliche Ethik und autonome
Moral (S. 43-55) - Oeing-Hanhoff, Ludger: Ist das kirchliche Lehramt für
den Bereich des Sittlichen zuständig? (S. 56-66).

Baumotte, Manfred: Konkurrenz und Leistung. Geheime Grundwerte in
unserer Gesellschaft (Pth 70,1981 S. 324-338).

Bayer, Oswald: Die Ehe zwischen Evangelium und Gesetz (ZEE25, 1981
S. 164-179).

Becker, Jürgen: Feindesliebe - Nächstenliebe - Bruderliebe (ZEE 25, 1981
S. 5-17).

Biesenbach, Hans: Zur Logik der moralischen Argumentation. Die Theorie
Richard M. Hares(Theol. Promotion, Tübingen 1981).

Bleickert, Günter: Keine Alternative zur Brüderlichkeit (GuL 54, 1981
S. 115-121).

Böhmer, Wolfgang: Ethische Probleme der modernen Geburtsmedizin (Dia-
konie7,1981 S. 155-159).

Bornkamm, Karin: Gelebter Glaube - geglaubtes Leben. Christliche Frömmigkeit
im Verständnis Martin Luthers (Luther 52,1981 S. 60-72).

Eibach, Ulrich: Humangenetik, vorgeburtliche Diagnostik und Ethik (Diako-
nie7,1981 S. 160-172).

Erber, Margareta: Für mehr Eigenverantwortung. Wie Katholiken heute
über Empfängnisregelungdenken(LM 20,1981 S. 498-500).

Fischer, Martin: Zum Weg der Denkschriften. Thetische Sätze (Pth 70, 1981
S. 207-210).

Fjodorow, Wladimir: Mitverantwortung in der Gesellschaft unter theologischem
Aspekt (SOrth 1981 Heft 8 S. 22-31).

Frey, Christofer: Zum Thema der Vernunft in der evangelischen Ethik
(ZEE 25,1981 S. 197-216).

Gremmels, Christian: Sozialethik (DtPfrBl 82,1982S. 12-16).

-: Krise der Arbeit. Literatur zum Thema „Arbeitslosigkeit" (Pth 70, 1981
S. 339-349).

Grenholm, Carl-Henric: Kriterien für die sozialen und politischen Handlungen
der Kirche (ZEE 24,1980 S. 303-320).

Grote, Heiner: Ehe und Familie - Zentralthema der achtziger Jahre?
(MDKI 32, 1981 S. 9-13).

GrQndel, Johannes: Zur Problematik der operativen Sterilisation in katholischen
Krankenhäusern (StZ 106,1981 S. 671-677).

Günther, Hartmut: Die Zehn Gebote in der Heiligen Schrift und im Leben der
Christen heute (LuthThK 5,1981 S. 56-65).

Navarrete,Urbano: Soziales Handeln der Kirche (ÖR 30,1981 S. 260-274).

Neinbach, Ulrich: Eine Grenze zwischen den Partnern. Das vorbehaltlose
Vertrauen in Ehen ohne Trauschein (LM 20,1981 S. 333-335).

Nilsson, Kjell-Ove: Hat die Kirche eine gesellschaftliche Verantwortung?
(ZEE 24,1980 S. 258-275).