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Ausgabe:

1982

Spalte:

597-599

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Altes Testament, Frühjudentum

Titel/Untertitel:

Gnosis 1982

Rezensent:

Krause, Martin

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 8

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sein. Ist es aber eine Volksklage, dann erwartet man, daß er aus dem
Kontext der Volksklagen erklärt und gefragt wird, welche Funktion
Volksklagen in Prophetenbüchern haben (denn dies ist nicht die einzige
; vgl. das zu Jes 12 Gesagte).

6) Bei Dtjes ist die Abgrenzung der Einheiten besonders schwierig.
Das hat einen erheblichen Einfluß auf die Erklärung. Ein Beispiel:
Der Vf. erkennt nicht an, daß 40,1-11 eine Einheit ist, ein Prolog zur
Verkündigung des Dtjes. Er versteht 40,6-8 als selbständige Einheit
und deutet „das Wort unseres Gottes" als' „Wille Gottes", also als
Gebot („was Gott gebietet"). Versteht man 40,1-11 als Einheit, kann
mit dem Gotteswort nur die Verheißung gemeint sein, die darin gründet
, daß Israel vergeben ist, 40,1-2. Merkwürdig ist dabei, daß der Vf.
richtig sieht, daß die beiden Texte über das Wort Gottes hier am
Anfang und dann am Schluß (55,10-11) etwas wie einen Rahmen um
die Verkündigung Dtjes' bilden. In 50,10-11 aber ist eindeutig die
Verheißung gemeint. Einen Rahmen können die beiden Worte nur
bilden, weil die Verkündigung des Dtjes ganz von der Verheißung
bestimmt ist.

7) 52,13-53,12: Hier vertritt der Vf. eine sehr eigenartige Deutung.
Im Knecht sieht er den Propheten Dtjes (was viele Ausleger annehmen
), der das Sühnopfer seines Lebens für sich selbst dargebracht hat
(dagegen spricht 53,12: „für die vielen"). „Der Tod des Propheten war
ein Opfer- und Sühnetod ... zugunsten des Propheten selbst" (155),
während sein schuldloses Leiden „stellvertretend für andere" geschah.
Dadurch, daß der Vf. dem Leiden des Knechts und seinem Tod eine
verschiedene Deutung gibt, also das Leben vom Sterben des Knechtes
trennt, kann er eine Beziehung zu Christus verneinen.

8) Band 7 hat „Prophetenerzählungen" zum Gegenstand. Eine solche
Zusammenfassung aller Texte, die von Propheten und ihren Worten
berichten von den Königsbüchern an bis zu Jona, ist eine für die
Prophetenforschung wertvolle und höchst beachtliche Leistung. Auch
hier sind alle Texte philologisch durchgearbeitet. Es werden Texte,
die von Propheten handeln oder auch nur Prophetensprüche enthalten
in Sam, Kön und Chron, insbesondere die Elia-/Elisa-Über-
lieferungen, die Berichte im Jesaja- und Jeremiabuch (hier der gesamte
Komplex des Barukberichtes) und das Buch Jona behandelt.
Die Texte werden aneinander gereiht und einzeln erklärt, eine vergleichende
, in Gruppen gliedernde Zusammenschau wird nicht gegeben.

9) Der 6. Band geht über den Kanon des AT hinaus in dem Teil
„Prophetische Gestalten im frühen Judentum" 120-133. Er bietet
eine sehr wertvolle und instruktive Zusammenstellung von nachkanonischen
Texten, die von „prophetischen Gestalten" und ihren Aussprüchen
handeln, besonders aus Josephus. Josephus versteht darunter
„solche, die sich anheischig machen, das Zukünftige vorauszuwissen
"; von Judas sagt er: „er hatte noch in keinem Falle bei seinen
Vorhersagen etwas verfehlt" (121). Es wäre gut gewesen, in der Erklärung
darauf hinzuweisen, daß Prophetie und Vorhersagen nicht dasselbe
ist. Die Eigenart der Propheten des 8. und 7. Jh. besteht darin,
daß sie in ihren Worten Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umgreifen
. Das Wirken dieser Propheten als Vorhersagen zu bezeichnen,
wäre kaum zutreffend.

St. Leon-Rot Claus Westermann

Tröger, Karl-Wolfgang [Hrsg.]: Altes Testament - Frühjudentum -
Gnosis. Neue Studien zu „Gnosis und Bibel". Berlin: Evang. Verlagsanstalt
; zugleich Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd
Mohn 1980.364 S.gr.8

In Anbetracht des beschränkten mir eingeräumten Raumes und der
Zielsetzung dieser Zeitschrift erscheint es mir am ratsamsten, zunächst
die Titel der siebzehn in dieser Sammelschrift vereinigten
Beiträge zu nennen und daran einige Vorschläge für eine eventuelle
Neuauflage anzuschließen.

Der Band ist in vier Abschnitte von ungleicher Länge untergliedert: nach
Vorwort, Inhaltsverzeichnis (S. 7-10) und der Einfuhrung von K.-W. Tröger,

Zum gegenwärtigen Stand der Gnosis- und Nag-Hammadi-Forschung
(S. 11-33) behandeln sieben Beiträge den Bereich .Alles Testament und Gnosis':
R. Haardt, Schöpfer und Schöpfung in der Gnosis (S. 37-48), P. Nagel, Die
Auslegung der Paradieserzählung in der Gnosis (S. 49-70), H.-F. Weiß, Das
Gesetz in der Gnosis (S. 71-88), H.-G. Bethge, Die Ambivalenz alttestament-
licher Geschichtstraditionen in der Gnosis (S. 89-109), H.-M. Schenke. Die
jüdische Melchisedek-Gestalt als Thema der Gnosis (S. 111-136), W. Beltz,
Elia redivivus(S. 137-141), A. Szabö, Die Engelvorstellung vom Alten Testament
bis zur Gnosis (S. 143-152), fünf .Frühjudentum und Gnosis': K.-W.
Tröger, Gnosis und Judentum (S. 155-168), W. Ullmann, Apokalyptik
und Magie im gnostischen Mythos (S. 169-194), Ch. Elsas, Das Judentum als
philosophische Religion bei Philo von Alexandrien (S. 195-220), K. Rudolph
. Sophia und Gnosis (S. 221-237), J. Maier, Jüdische Faktoren bei der
Entstehung der Gnosis? (S. 239-258), drei die Beziehungen .Altes Testament -
Neues Testament - Gnosis': G. Strecker, Judenchristentum und Gnosis
(S. 261-282), K. M. Fischer, Adam und Christus (S. 283-298), W. Schenk,
Textverarbeitung im Frühjudentum, Frühkirchc und Gnosis (S. 299-313) und
zwei sind unter den Titel .Der weite Horizont: Vorderer Orient und Gnosis'
gestellt: J.-E. Menard, Beziehungen des Philippus- und des Thomas-
Evangeliums zur syrischen Welt (S. 317-325) und C. Colpe, Irans Anteil an
Entstehung und Ausgang des antiken Synkretismus (S. 327-343). Ein nicht vollständiges
Register (S. 345-364) schließt den Band ab.

Im Gegensatz zu den Sammelschriften über die Gnosis seit dem
Messina-Kolloquium von 1966 (Stockholm 1973, Straßburg 1974,
Oxford 1975, Kairo 1976, Yale und Quebec 1978, Oxford 1979) sind
die Beiträge dieses Bandes nicht auf einem Kolloquium vorgetragen
worden. Der Band ist thematisch ausgerichtet und als Fortsetzung des
1973 erschienenen Bandes ,Gnosis und Neues Testament' gedacht
(vgl. dazu die Rezension von R. McL. Wilson in: ThLZ 99, 1974
Sp. 829-833). Während zehn Wissenschaftler bereits an diesem ersten
Band mitgearbeitet haben, sind die Herren H.-G. Bethge, C. Colpe,
Ch. Elsas, J. Maier, J.-E. Menard, G. Strecker und A. Szabö neu
hinzugekommen. Bei dieser inhaltlichen Ausrichtung des Bandes,
dem auch die Aufsätze der ersten drei Kapitel entsprechen, fragt man
sich, warum das letzte Kapitel, das inhaltlich nicht zum Thema des
Buches paßt, in die Sammelschrift aufgenommen wurde. Dafür scheinen
keine sachlichen, sondern persönliche Gründe ausschlaggebend
gewesen zu sein. Der Beitrag von J.-E. Menard bringt außerdem
nichts Neues, denn er hat ihn schon mehrfach an anderen Stellen vorgetragen
, wovon er zwei (S. 317 A, 1) selbst zitiert. Auch der Beitrag
von C. Colpe wäre entbehrlich. Er bietet nur einen Überblick, der auch
dadurch ein einseitiges Bild entstehen läßt, weil auf Beiträge anderer
Kulturen zur Entstehung des Synkretismus verzichtet wird, vor allem
Ägyptens. Hier wären vor allem die Arbeiten von S. Morenz und des
Göttinger Sonderforschungsbereiches Synkretismusforschung zu nennen
statt des S. 328 A. 3 genannten Beitrages.

Der Band bringt nicht nur neue Beiträge gegenüber dem von 1973;
eine Reihe von Autoren setzt sich auch kritisch mit den Ausführungen
des früheren Bandes auseinander und korrigiert dortige Angaben. So
verbessert z. B. K.-W. Tröger (S. 15-18) die alte Liste der Nag Ham-
madi Schriften und ihre Siglen auf Grund zwischenzeitlich erschienener
neuer Arbeiten. Und vor allem W. Schenk äußert sich nicht nur
kritisch zu Arbeiten anderer (z. B. W. Beltz S. 300f und O. Betz
S. 301 ff), sondern nimmt ausdrücklich Stellung gegen die im 1. Band
S. 36-39 formulierte Beurteilung der alttestamentlichen Zitate in der
.Exegese über die Seele'. Besonders wichtig ist der Aufsatz von J.
Maier, in dem er S. 254 zu dem Schluß kommt, daß die Belege für
antignostische Polemik bei den Rabbinern bzw. Anklänge an gnosti-
sche Vorstellungen „nicht in das 1. Jh. n. Chr. zurückreichen", es sich
vielmehr um Diskussionen des 2.-4. Jh. handelt. Er beurteilt auch
mehrfach die Arbeiten der anderen Gnosisforscher, die keine Juda-
isten sind, sich aber zur jüdischen Komponente bei der Entstehung
der Gnosis oder in der Gnosis geäußert haben. Es wäre reizvoll gewesen
, ihm die Beiträge der anderen Mitarbeiter an diesem Sammelwerk
zugänglich zu machen, um seine Meinung zu erfahren, zumal er sich
auch kritisch zu den älteren Arbeiten einiger von ihnen äußert. Zu
dem Beitrag von W. Ullmann vgl. man die vom 12.-17. August 1979
in Uppsala gehaltenen Referate: Apocalypticism in the Mediterra-