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1982

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 7

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nung einen „Beitrag zur Sachproblematik" zu leisten vermag. Auch
die einleitenden Bemerkungen zur Verständigung über das Thema
und zur Problematik des SäkularisierungsbegrifTs (11 ff) geben in dieser
Hinsicht keine Aufschlüsse, es findet sich lediglich eine Bemerkung
zum propädeutischen Zweck der Untersuchung mit dem vagen
Hinweis auf „die Klärung von Voraussetzungen, Implikationen und
Zusammenhängen" (13). Die Arbeit versteht sich als ein Parallclun-
ternehmen zu der materialreichen Studie von H. Zabel (Verweltlichung
/Säkularisierung. Zur Geschichte einer Interpretationskategorie
, 1968), unterscheidet sich von ihr aber lediglich durch den
schlichten Tatbestand, „einzelne Komplexe wieder aufzugreifen und
z. T. auch etwas anders zu akzentuieren" (17; vgl. auch 412, Anm. 1).

Auch der Aufbau der Arbeit läßt keine klare Konzeption erkennen.
Der [. Teil (11-59: Säkularisierung als Begriff und als Problem) enthält
neben wenig ertragreichen einleitenden Erwägungen (1 1 ff.) und
methodischen Überlegungen (56ff) einen knappen Abriß zur Säkularisierungsproblematik
in der Religionssoziologie (19ff), in der Theologie
bei Gogarten (32(1) und J. B. Metz (39ff) und skizziert Säkularisierung
als geistesgeschichtliche Interpretationskategorie im Werk
M. Webers (48ff) und G. Jellineks (52ff). Der II. Teil (61-122) ist der
Problemstellung bei H. Blumenberg gewidmet, um in der Auseinandersetzung
mit dieser kritischen Destruktion des Säkularisierungsbegriffs
einige Grundfragen zu verdeutlichen. Der III. Teil (123-171)
blendet zu E. Troeltsch zurück, der IV. (173-198) behandelt die Diskussion
des Problems nach Troeltsch am Beispiel so unterschiedlicher
Autoren wie E. Hirsch, W. Eiert, K. Barth, F. Gogarten und P. Wust.
Die folgenden 3 Kapitel wählen aus der Vielfalt der Verwendungsmöglichkeiten
des Säkularisierungsbegriffs einige aufschlußreiche
Untersuchungskomplexe aus, „denen auch sonst weithin besondere
Bedeutung zuerkannt wird" (57). Der V.Teil (199-277) erörtert
K. Löwiths Säkularisierungsthese, der VI. (279-299) den bekannten
Satz von C. Schmitt: „Alle prägnanten Begriffe der modernen Staatslehre
sind säkularisierte theologische Begriffe", der VII. (301-349)
schließlich die Funktion der Säkularisierungskatcgoric in der Literaturwissenschaft
. Den Abschluß bildet ein VIII. Teil über die „Ambivalenz
als Stärke und Schwäche. Abschließende Bemerkungen zum
Ort der Intcrpretationskategoric Säkularisierung" (351-362), der den
Mangel an Bestimmtheit und Eindeutigkeit des Säkularisierungsbegriffs
als dessen Stärke und Schwäche diagnostiziert.

Läßt sich diesem Überblick auch keine innere Logik der Darstellung
entnehmen - eine Eigentümlichkeit, die der Vf. der Besonderheit
des Gegenstandes anlastet (56) -, so vermittelt er doch einen Eindruck
von der Fülle der verhandelten Themen und Materialien. Freilich bedingt
diese Fülle in Verbindung mit dem Ausfall einer systematischen
Fragestellung, daß die Probleme lediglich andiskutiert, aber nicht in
die Tiefe verfolgt werden. Mehrfach macht der Vf. die Einschränkung,
daß er „nur mehr summarisch einige wichtige Punkte" angebe (43),
daß „es nicht um die detaillierte kritische Beschäftigung" (mit Blumenberg
) gehe (56), daß das Problem der Geschichte bei Troeltsch
„hier nicht im einzelnen, nicht einmal in den großen Zügen dargestellt
werden" könne (127) etc. (vgl. auch 75, 268, 314 u. ö.); oft begnügt er
sich mit paraphrasicrenden Anmerkungen zu Zitaten, in denen der
Begriff auftaucht. Unverständlich bleibt überdies, daß der Hauptvertreter
der theologischen Säkularisierungsthese, Fr. Gogarten, nur im
einleitenden I. Teil zur Sprache kommt und keiner eingehenden Darstellung
und kritischen Auseinandersetzung gewürdigt wird.

Trotz der angedeuteten Mängel gelingen dann aber doch auch gute
Beobachtungen und profilierte Charakterisierungen. So treten die -
auch konfessionellen - Unterschiede zwischen dem Säkularisierungsverständnis
Gogartens und J. B. Metz'scharf heraus (39 ff, bes. 42), die
„Kritik der Säkularisierungstheologie" (42ff) enthält einige Gesichtspunkte
, die eine weitere Diskussion lohnen. Noch am intensivsten ist
der Dialog des Vf. mit dem Gegenmodell einer „Legitimität der Neuzeit
" von H. Blumenberg; Ruhs kritische Anfragen an dessen Methode
und Durchführung sind überzeugend (75ff, vgl. auch 81, 93, 118,
' 22), insbesondere kann dem zusammenfassenden Satz der Kritik zugestimmt
werden: „Die Präzisierung der Kategorie (seil. Säkularisierung
) liefert (bei Blumenberg) den Merkmalskatalog, der sich dann
gegen sie wenden läßt" (75).

Insgesamt aber hinterläßt das Buch einen enttäuschenden Eindruck
. Es hat den Charakter einer materialsammelnden Vorarbeit zur
unterschiedlichen Verwendung des Säkularisierungsbegriffs, reproduziert
allerdings auch hier auf weiten Strecken bereits bekannte und
auch ausgewertete Tatbestände. Aber eine über diese propädeutische
Stufe hinausreichende eigene und weiterführende Fragestellung zum
nach wie vor interessanten Problem der Säkularisierung wird nicht
sichtbar.

Hamburg Hermann Fischer

Aland, Kurt: Spener - Schütz - Labadie? Notwendige Bemerkungen zu den
Voraussetzungen und der Entstehung des deutschen lutherischen Pietismus
(ZThK78,1981 S. 206-234).

Backus, Irena: Influence of some Patristic Notions of substantia and essentia
on the Trinitarian Theology of Brenz and Bucer (1528) (ThZ 37, 1981
S. 65-70).

Benad, M.: Toleranz und Ökonomie. Eine theologische Untersuchung zur
protestantischen Obrigkeitsethik im Zeitalter des Pietismus (Theol. Promotion,
Frankfurt/M. 1980/81).

Blaufuß. Dietrich: Ein bisher unbeachteter Spener-Druck (Wolfenbütteler
Barocknachrichten 8,1981 S. 289-292).

Christ, Franz: Das Problem des Anthropomorphismus bei Schleiermacher
(Theol. Promotion, Tübingen 1981).

Federlin, W.-L.: Vom Nutzen des geistlichen Amtes. Ein Beitrag zur Interpretation
und Rezeption J. ü. Herders (Theol. Promotion, Frankfurt/M.
1980/81).

Fleming, John V.: The leonographie of the Blessing for Brother Leo (FS 63,
1981 S. 203-220).

Garcia Bazän, Francisco: Tres decadas de estudios plotinianos (Sapientia 35,
1980 S. 281-300).

Gnädinger, Louise: Feuertränen. Caterina von Sienas Tränen-Lehre und
Tränen-Erfahrung(GuL 54, 1981 S. 85-98).

Hamm. Berndt: Frömmigkeitstheologie am Anfang des 16. Jahrhunderts.
Studien zu Johannes von Paltz und seinem Umkreis (Theol. Habil.schrift,
Tübingen 1981).

Hasler. Ucli: Beherrschte Natur. Die Anpassung der Theologie an die bürgerliche
Naturauffassung im 19. Jh. (Schleiermacher, Ritsehl, Herrmann)
(Theol. Promotion, Basel 1981).

HoiTmann, Gottfried: Luther und die Konkordienformel zur Prädestination
(LuthThK5,1981 S. 25-56).

Karlberg, Mark W.: Reformed Interpretation ofthe Mosaic Covenant (WThJ
43, 1980 S. 1-57).

Kröger. Wolfgang: Geschichtsvergegenwärtigung als Utopievergegenwärti-
gung. Lessing und seine Initiierung des Fragmentenstreits (JK 42, 1981
S. 194-196).

Philosophie, Religionsphilosophie

Stobbe, Heinz Günther: Hermeneutik - ein ökumenisches Problem.

Eine Kritik der katholischen Gadamer-Rezeption. Köln: Benziger;
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1981. XII, 278 S.
gr. 8' = Ökumenische Theologie, 8. DM 48,-.

Seit Karl Barth die liberale Theologie in seinem „Römerbrief" mit
provozierender Schärfe daran erinnert hat, daß es neben dem „Rätsel
der Urkunde" auch noch das „Rätsel der Sache", neben der historisch
-kritischen Frage nach der Gestalt des Textes auch noch die Frage
nach dessen „heute" verbindlicher Aussage, gibt, ist das „hermeneu-
tische.Problem" zu einer Art cantus firmus nahezu aller Bemühungen
protestantischer Theologie geworden. Mit einer auffälligen Phasenverschiebung
von fast einem halben Jahrhundert hat dieses Problem
auch die katholische Theologie erreicht, deren Exegese im Schutz des
kirchlichen Lehramts und eines unbestritten gültigen Traditionsprinzips
bis dahin von jeder kritischen und selbstkritischen Rückfrage