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Ausgabe:

1982

Spalte:

495-498

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Strange, John

Titel/Untertitel:

Caphtor - Keftiu 1982

Rezensent:

Strobel, August

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 7

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Mies, Joachim: Die Welt ist Gottes Schöpfung. Freiburg-Basel-Wien:
Herder 1981. 127 S. kl. 8- = Worauf es ankommt. Herderbücherei 889. DM
6,90.

Kümmel, Werner Georg: Hans von Soden als Theologe (ThR 46, 1981
S. 199-205).

Langer, Jens: Männer und Frauen im Namen Jesu Christi gemeinsam auf
dem Wege (Standpunkt 10, 1982 S. 40-43).

Niemöller, Wilhelm: Martin Niemöller (Standpunkt 10,1982 S. 7-11).

Pissarek-Hudelist, Herlinde: Feministische Theologie - Eine Herausforderung
? (Schluß) (ZKTh 103,1981 S. 400-425).

Roensch, Manfred: Arno Lehmann, ein lutherischer Missions- und Kirchenmann
(Missionsblatt 73, 1981 S. 113-114).

Smend, Rudolf: Wellhausen in Greifswald (ZThK 78,1981 S. 141-176).

Stierli, Josef: Pierre Teilhard de Chardin. Ein Leben aus dem Geist des Ignatius
von Loyola (GuL54; 1981 S. 162-178).

Wirsching, Johannes: Christliche Außenseiter. Vom Wesen der Häresie
(DtPfrB182,1982 S. 3-5).

Alter Orient

Strange, John: Caphtor/Keftiu. A new investigation. Leiden: Brill
1980. 228 S. gr. 8* = Acta Theologica Danica, XIV. Pp. hfl 54.-. «

Diese theologische Dissertation wurde im August 1978 der Theologischen
Fakultät in Kopenhagen vorgelegt. Sie geht, wie der Autor im
Vorwort bekundet, auf einen Grabungsaufenthalt in Asdod (Juli
1963) zurück. Seitdem hat der Vf. durch zahlreiche herausragende
Fachleute vielfache Förderung erfahren und so ein erstaunliches Werk
geschaffen, das das gesamte wissenschaftliche Material zur Keftiu/-
Caphtor-Frage enthält. Eingehende Register erschließen die Darstellung
. Allein die Lit.-liste umfaßt ca. 650 Arbeiten, so daß die wissenschaftliche
Leistung des Vf. gewiß außer Frage steht.

Nach einer kürzeren Einleitung, die Einblick gibt in die vor allem
schon durch J. Vercoutter (L'Egypte et le Monde Egeen prehel-
lenique, 1956) bis zu einem gewissen Grad umfassend verhandelte
Problematik (S. 11-15), folgt in Kap. II die eingehende Darbietung
von 58 Texten (S. 16-112) aus dem gesamten Raum des Vorderen
Orients (Ägypten, Ugarit, Assyrien, Israel usw.), wobei der Zeitraum
von ca. 2300 v. Chr. bis 300 n. Chr. erfaßt wird.

Die Texte sind nach folgenden Gesichtspunkten gegliedert: A. Geographische
Listen (Nr. 1-15; S. 16-^14), B. Texte in Verbindung mit bildhaften
Darstellungen (Nr. 16-20; S. 44-70), C. Historische Berichte (Nr. 21-28;
S. 71-83), D. Mythologische Erzählungen (Nr. 29-32; S. 83-90); E. Dokumentarische
Texte (Nr. 33—45; S. 90-102) und F. Zweifelhafte Texte (Nr. 46-58;
S. 102-108). Als vorläufiges Ergebnis schält sich heraus, daß Caphtor/Keftiu
zwar schon von 2300 bis 1100 v. Chr. bekannt war, aber wohl doch erst in der
Mittelbronzezeit in Asien und Ägypten in besonderer Weise eine Rolle spielte
(S. 109).

Was die ägyptischen Zeugnisse betrifft, so zeigt sich erstmals in der
18. Dynastie ein überdurchschnittliches Interesse an dem Land. Während
der 19. Dynastie war es in besonderer Weise angesehen und in
der 20. Dynastie sind noch eingehende Kontakte evident, die dann
aber in der Folge abnehmen. Zwei Texte (Nr. 21 und 22) nennen
Keftiu in Verbindung mit Byblos, wobei eine gewisse Verbindung mit
den „Inseln in der Mitte des Meeres" vorliegen dürfte. Trotz des späteren
Verschwindens von „Keftiu" aus den ägyptischen Quellen muß
die bleibende Bedeutung des Landes für den asiatischen Raum angenommen
werden, wobei auch die Verbindung mit den Philistern am
Ausgang der Bronzezeit keine Frage ist (Nr. 23 und 28).

Die Texte aus Asien scheinen Caphtor im Westen , jenseits des Mittelmeeres
" zu lokalisieren (Nr. 8; auch Nr. 33 und 45), die aus Ägypten
plazieren es westlich von Asien und vor allem im Norden und
nach Westen hin, anscheinend „nicht in Palästina-Syrien" (Nr. I und
16) (S. 110). Zwei Texte (Nr. 21 und 22) nennen es in Verbindung mit
Byblos, ein anderer (Nr. 20) in Verbindung mit Libyen.

Insgesamt hält der Vf. die zahlreichen Texte für wenig ergiebig, ob-
schon sich zur Zeit Amenophis' III. eine Kontrolle der Mykener über
Keftiu abzeichnen könnte (S. 111). Jedenfalls waren die Handelsbeziehungen
des Landes weit ausgedehnt und vielseitig (Ägypten,
Ugarit, Mari, Mesopotamien und „Tinay"). Vor allem die ausgeführten
Metallwaren machten das Land berühmt und stellten seine Bedeutung
in der Bronzezeit sicher.

Mit Kap. III (S. 133-146) bemüht sich der Vf. um eine Auswertung
des überaus vielschichtigen urkundlichen Materials hin auf
"Attempts of Identification". Wieder besticht die Fülle der verarbeiteten
Standpunkte und das Bemühen um eine äußerste Exaktheit. Es
muß aber betont werden, daß sich ein gewisses Unvermögen abzeichnet
, den Weizen von der Spreu zu sondern. Obschon um Sachlichkeit
und Kritik gleicherweise bemüht, entwickelt der Vf. im Blick auf
einige relativ eindeutige Urkunden eine merkwürdige Blindheit. Sie
verführt ihn dazu, Keftiu/Caphtor mit Cypern gleichzusetzen (S. 184)
und ebenso in Kap. IV (S. 147-184) in unvermeidlicher Konsequenz
Cypern/Alasija (so überwiegend die bisherige Forschung) mit einem
unbekannten Stadtstaat an der Küste Nordsyriens. Dieser Vorschlag
schält sich am Ende der Untersuchung in aller Vorsicht heraus, was
betont werden muß, um dem Vf. gerecht zu werden, er läßt aber
gerade so keinen Zweifel darüber, daß sich der Vf. am Ende auf eine
ganz unsichere Hypothese einläßt, die unschwer erschüttert werden
kann. Das Ergebnis steht ohne Zweifel in einem gewissen Widerspruch
zu den Überlegungen in Kap. III (S. 113ff), wobei man den
Eindruck gewinnt, daß das Unterscheidungsvermögen des Vf. je länger
je mehr im Blick auf die Fülle des Materials und seiner Interpretationsmöglichkeiten
verunsichert wurde. Daher sei abschließend auf
einige Textinterpretationen des Vf. hingewiesen, die zeigen, wie eindeutig
letztendlich die seit J. Vercoutter überzeugend hergestellte
Basis, nach der Keftiu/Caphtor mit Kreta gleichzusetzen ist, verfehlt
wurde. Dabei möchte ich mit Nachdruck feststellen, daß dieses Buch
gewiß eine großartige Leistung darstellt, daß ich die darin letztlich
vertretene Lösung des Problems aber in keiner Weise teilen kann.

Text 1 (18. Dyn.) lokalisiert Keftiu und „Isy" (Asien, Assuwa?) eindeutig im
„Westen", und zwar im Sinne einer in etwa gemeinsamen geographischen Lage.
Keftiu muß in der Tat eine eigene Bedeutung neben den „Inseln des Meeres" (in
der Ägäis)gehabt haben. Text 2 (unter Amenophis III.) nennt zunächst vermutlich
fünf Ortsnamen in der Randzone des ägyptischen Einflußbereiches, sodann
aber mit Keftiu vermutlich fünf Länder im äußersten Bereich des politischen
Horizontes der Ägypter (sc. u. a. Keftiu, Babylonien, Mitanni und Hatti). Text 3
(Amenophis III.), vor allem von K. A. Kitchen, H. C. Astour und W. Helck des
näheren ausgewertet, wird gegen jede natürliche Logik interpretiert, zumal die
Vorderseite der Säulenbasis den Huldigungszug u. a. der kretischen Städte, insgesamt
zwölf, eindeutig dem Repräsentanten für Keftiu zuordnet. Indem dessen
Blick sich dem Huldigungszug zuwendet, muß es als absolut fernliegend
bezeichnet werden, die Zählung mit dem hintersten der Reihe (von links her!)
beginnen zu wollen. Der Vf. entwertet auf diese Weise eines der aussagefähigsten
Dokumente. Auf die Reaktion von K. A. Kitchen darf man gespannt sein.
In Text 4 (Ramses II.) findet sich Keftiu zwischen Hatti und „Isy", was eine
nicht unlogische Zusammenstellung ist, denkt man im Sinne der Ägypter von
der Erreichbarkeit der genannten Länder her. Text 5 (Ramses II.) bekundet in
der Tat nicht mehr als die Lage Keftius im Norden. Text 6 (Ramses II.) verbindet
in dieser Reihenfolge Sinai mit der Lieferung von Türkisen, „Isy" und
Alasija gleicherweise mit der Lieferung von Silber und Kupfer, Hatti mit der
Lieferung von Lapislazuli und Babylonien („Sangar") mit der Lieferung von Silber
, sodann Keftiu mit der Lieferung eines nicht eindeutigen Minerals. Nach
weiteren zwei Ländern, deren Namen nicht überliefert sind, folgen die „Inseln
in der Mitte des Meeres", so daß zumindest auch die Lage im Norden vermutet
werden darf. Die Deutung des erwähnten Stoffes '3t shrt auf ein Mineral bestätigt
Text 7. Der Text 8 (Sargon I.) bezeichnet Anaku und Kaptara ausdrücklich als
„Länder jenseits (!) des Oberen Meeres", womit nicht Cypern gemeint sein
kann. Die Texte 9 und 10(=Gen 10,14 und I Chr 1,110, die die Abkunft der
Philister von Kaphtor besagen, werden ebenso wie die atl. Texte 23 -25 (Arnos
9,7; Jer 47,4 und Dtn 2,23) auf fast hartnäckige Weise disqualifiziert, obschon
hier ausdrücklich in Text 24 von der „Insel Kaphtor" die Rede ist und keineswegs
nur von einem Küstenland. Ferner läßt sich nun einmal nicht bestreiten,
daß Hes25,l6 „Philisterund Kreter" engstens zusammen genannt sind und daß
eben in Zeph 2,5 Kreter und Philister ebenfalls nebeneinander erscheinen (ferner
lSam 30,14; 2 Sam 6,18; 15.18). Auf Handelsbeziehungen weist Text 11
(200 v. Chr.), wobei der erwähnte A/n-Stein ebenfalls Exporte von Keftiu nach
Ägypten anspricht, die schon in der Bronzezeit das Bild bestimmten. Der Rückschluß
auf Kreta ist wahrscheinlicher, weil hier wirklich eine hochentwickelte