Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1982

Spalte:

473

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Friedrich, Gerhard

Titel/Untertitel:

Sexualität und Ehe 1982

Rezensent:

Merk, Otto

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

473

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 6

474

befreienden - Buße, von der hier mit keinem Wort die Rede ist. Auch
scheint mir, daß der prinzipielle Verzicht auf eine Zwei-Regimenter-
Lehre mit ihrem Wissen um die Eigenständigkeit, wenn auch nicht
Eigengesetzlichkeit des innerweltlichen Bereichs keine gute Wegweisung
für Christen der Gegenwart ist, zumal uns die zeitgeschichtliche
Situation heute besonders daran erinnert, daß der
Glaube an Gottes Zuspruch und Anspruch durch sein Wort immer
nur die Sache einer Minderheit sein kann.

Rostock Gert Wendelborn

Friedrich, Gerhard: Sexualität und Ehe. Rückfragen an das Neue
Testament. Stuttgart:-Katholisches Bibelwerk 1977. 157 S. 8° =
Biblisches Forum 11. Kart. DM 16,-.

Von einer Skizze der gegenwärtigen Problematik aus, die den
Rahmen der weiteren Ausführungen abgibt (S. 7-21), fragt G. Friedrich
nach der Auffassung von Sexualität und Ehe in der ntl. Botschaft,
die er auf dem Hintergrund der Anschauungen in der jüdischen und
griechisch/hellenistischen Welt erhebt. Die „Rückfragen" an das
Neue Testament aber dienen zugleich kritischer Beleuchtung gegenwärtiger
Anschauungen und Praxis (ohne diese umfassend in ihren
ethischen Konsequenzen zu analysieren).

In gut lesbarer und neuralgische Punkte nicht verschweigender
Darstellung, die auf gelehrten Apparat verzichtet und so dem gebildeten
Laien eine erste Orientierung in einem ethischen Schwerpunktfeld
erleichtert, werden „Nichtehelicher Geschlechtsverkehr"
(S. 22^5), „Homosexualität" (S. 46-57), „Ehelosigkeit" (S. 58-72),
„Ehe" (S. 73-107), „Ehebruch" (S. 108-120), „Ehescheidung"
(S. 121-148) behandelt. Ein ausführliches Literaturverzeichnis ist
angefügt (S. 149-157). G. Friedrich macht deutlich, daß Rückfragen
an das Neue Testament im anstehenden Problembereich nicht
normierender Gesetzlichkeit Vorschub leisten, sondern Hilfe in veränderter
Situation bieten können, daß die Unausgeglichenheit verschiedener
Anschauungen in den ntl. Schriften keinen Freibrief
darstellt (vgl. z. B. S. 119.147), sondern auch die nicht „eindeutige
Antwort" der Schrift in je eigener Lage zur prüfenden Orientierung
am Willen Gottes anhält und einlädt. „Das Neue Testament will uns
nicht zum Gehorsam gegen den Buchstaben zwingen, sondern es
veranlaßt uns, auf die Stimme Gottes zu hören" (S. 1470- Eigenverantwortung
in der Gegenwart läßt es nicht zu, das Neue Testament
zeitenüberspringend zum Auskunftsbuch zu degradieren (vgl.
z.B. S. 39ff.70.77.98), und manche anstehende Problematik hat
Lösungsmöglichkeiten eher durch medizinische Forschung, durch
Seelsorge und Psychotherapie zu finden (S. 550 als durch möglichen
oder nicht möglichen Rückgriff auf ein Schriftwort.

Nahezu alle notwendigen Belege werden herangezogen, besonders
die einschlägigen Abschnitte aus dem 1. Korintherbrief. Unbestritten
■st dabei, daß der weitgespannte Bereich von Ehe und Sexualität im
ntl. Zeugnis nicht isoliert steht, er ist eingeortet in die theologische
Argumentation (und ihre Entfaltungen) und gewinnt von daher
anthropologisch Gewicht (vgl. z. B. 33.42.63f.85fT). Ob 1 Thess 4,6-8
das Thema Ehe/Ehebruch belegt, ist weiterhin eher zu verneinen (vgl.

Friedrich, Gott im Bruder? Eine methodenkritische Untersuchung
von Redaktion, Überlieferung und Traditionen in Mt 25,31-46,
CThM, Reihe A Bd. 7, 1977, S. 2290- - „Existentialismus als negativen
Vorläufer des Sexualismus an(zu)sehen" (S. 9), scheint mir im
Blick auf Martin Heidegger u. a. als nicht präzise Verkürzung.

Vorliegende Schrift kann als gute erste Einführung auch für Gesprächskreise
und von Schülern in höheren Klassen (Oberstufe/
Kollegstufe) benutzt werden.

Praktische Theologie: Allgemeines

Krankemölle, Hubert [Hrsg.]: Kirche von unten. Alternative Gemeinden
. Modelle - Erfahrungen - Reflexionen. München: Kaiser;
Mainz: Matthias-Grünewald Verlag 1981. 318 S. 8' = Gesellschaft
und Theologie. Praxis der Kirche, 37. Kart DM 32,-.

Das aus einer Ringvorlesung in Paderborn entstandene Buch vereinigt
Erfahrungsberichte aus „Basisgemeinden" mit theologischen
Überlegungen, die eine starke persönliche Beteiligung widerspiegeln.
Soziologisch und theologisch ergeben sich sehr unterschiedliche
Bilder der „Kirche von unten" in Lateinamerika, Afrika und Europa.
Übereinstimmung besteht in dem Bemühen um die Einheit von
Gottesdienst und Weltdienst und damit von Glauben und Erfahrung
in einer partnerschaftlichen Gemeinde. Der kirchenkritische Zug tritt
am wenigsten in den Berichten aus Lateinamerika hervor, weil dort
die Hierarchie am stärksten mit den Basisgemeinden verbunden ist.
Besonders scharfe Kirchenkritik erfolgt in dem einzigen evangelischen
Beitrag (M. Schibilsky: Evang. Kirche im Ruhrgebiet). Da
die Basisgemeinden 'oder -gruppen sich den Menschenrechten verpflichtet
wissen, die in der Kirche selber z. T. noch ungenügend
verwirklicht sind, behandelt eine Autorin (H. Lüning) den Kampf
amerikanischer Klosterfrauen um die Gleichberechtigung der Frauen
in der Kirche.

Den Praxisberichten sind mehrere Beiträge zugeordnet, in denen
über Notwendigkeit und Chancen einer „Kirche von unten" in der
BRD nachgedacht wird. Dazu gehören neben der soziologischen
Analyse auch neutestamentliche und ekklesiologische Ausführungen.
G. Baudler und J. Thiele erörtern das Thema in gemeindepädagogischer
Sicht. N. Greinacher faßt das praktisch-theologische Interesse
an den „Basisgemeinden" zusammen: Es geht um die Verwirklichung
lebendiger Gemeinden als „Voraussetzung für das Überleben
von Kirche".

Das Buch macht einerseits deutlich, wie problematisch es ist, so
verschiedene Gruppen wie die Basisgemeinden in Brasilien und die
alternativen Gemeinden in Europa unter einen Begriff zu subsumieren
, andererseits aber, wie notwendig es ist, evangeliumsgemäße
Lebensformen der Gemeinde zu finden und zu erleben, die in
großkirchlichen Strukturen weithin verdeckt sind.

Halle (Saale) Eberhard Winkler

Wicking, Horst, und Günther Wied [Hrsg.]: Vom Ende der Zukunft.

Die eschatologische Dimension evangelischer Theologie in Predigten
, Seelsorge, Unterricht und Gemeindeseminaren. Göttingen:
Klotz im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht 1981. 166 S. 8' = Dienst
am Wort, 40. Kart. DM 19,80.

Im 1. Teil skizzieren die Herausgeber neuere eschatologische
Richtungen und formulieren eigene „Leitlinien zur eschatologischen
Dimension evangelischen Glaubens", bei denen die Theologische
Erklärung von Barmen Orientierungshilfe leistet. Die philosophische
Besinnung von H. Horn (40-64) setzt sich besonders mit dem
Todesverständnis von Heidegger und Jaspers auseinander. Der
3. Teil enthält 11 Predigten ohne Angaben zur Situation, als Beispiele
für ein biblisch begründetes Zeugnis von den „letzten Dingen". Erika
Boecker schildert im 4. Teil sehr persönlich, wie sie „Begegnung mit
Sterbenden" erlebt. Eindrücklich zeigt sie, wie eine volle Zuwendung
zum Sterbenden mit der gemeinsamen Hinwendung zu Gott im
Gebet verbunden werden kann. Teil 5 bietet Unterrichtsentwürfe
zum Thema „Tod und Leben" fürdie4./5. sowie 7./8. Klasse an. Das
Buch schließt mit zwei Vorschlägen für Gemeindeseminare. Herausgeber
und Mitarbeiter des Bandes gehen davon aus, daß Hoffnung
ein Aspekt des Glaubens ist, „der seine Gewißheit an dem lebendigen
Herrn hat und mit ihm Erfahrungen macht".

Erlangen

Otto Merk

E.W.