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Ausgabe:

1982

Spalte:

457-459

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Dähnert, Ulrich

Titel/Untertitel:

Historische Orgeln in Sachsen 1982

Rezensent:

Albrecht, Christoph

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 6

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„Der soziale und politische Aufbruch der Kirchen" (330fT) wird
vielen Lesern besonders wichtig sein. Nur ein Zitat: „Zusammen mit
westlicher Bildung waren die christlichen Missionen einflußreich
daran beteiligt, die indische Gesellschaft zu diesem Nationalismus zu
erwecken und den Charakter des nationalen Aufbruchs selbst nach
den Grundsätzen eines humanistischen Sozialismus zu formen"
(331).

„Das Geld, woher und wohin" (3430 wird gerade bei der Abhängigkeit
von westlichen Hilfen als Thema Nr. 1 gelten. Da ist viel
zu lernen, verlangt doch z. B. die TELC 4 % des Einkommens ihrer
Glieder als Kirchenbeitrag, außer allen Kollekten (346). Aber es
bleibt „die Frage, ob die indische Kirche je in der Lage sein wird, die
ererbten Institutionen aus eigenen Mitteln weiterzuführen" (348,
349).

Für das Schulwesen, das jede Kirche aufzuweisen hat, „kam der
nachhaltigste Anstoß von Seiten der christlichen Missionen" (350).
Und das gilt auch für das Gebiet der ärztlichen Arbeit: welche Fülle
von Erstgründungen von Krankenhäusern etc.! Aber eben so etwas
sollte man wissen, auch die Gemeinden!

Der letzte Beitrag ist gewidmet der indischen christlichen Kunst,
die nach Umfang und Leistungshöhe Beachtliches geleistet hat.
Schon der Sadhu Sundar Singh meinte, er wolle „das Wasser des
Lebens in einem indischen Becher bringen" (369)...

„Bibel und christliche Literatur" heißt der letzte Beitrag: wieder
viel Stoff und Erwähnung von Erstleistungen! „Die erste indische
Sprache, in die die Bibel übersetzt wurde, war Tamil" (378) und
„Tamilische Druckschriften des 16. Jahrhunderts waren die ersten
gedruckten Bücher überhaupt, die jenseits von Westeuropa erschienen
" (382).

Näheres über die Verfasser ist S. 387f zu lesen. Ein Literaturverzeichnis
bringt natürlich nur eine Auswahl, bei der manche
Namen zu vermissen sind. Ein Abkürzungsverzeichnis von immerhin
drei vollen Seiten und ein Personenregister, ein geographisches
Register und ein glänzend gearbeitetes Sachregister (403-427) schließen
das Werk ab. Zuletzt die 16 Tafeln indische Scenen und Persönlichkeiten
- vermutlich gilt das Interesse der Beschauer vor allem
Tafel 1: Briefmarken zur Kirchengeschichte Indiens (8 Stück).

Es ist mehr als eine nette Gepflogenheit, das besprochene Buch zu
empfehlen: es geht alle Theologen an und ist auch für sog. Laien
lesbar und Gewinn bringend.

Halle (Saale) Arno Lehmann

Christliche Kunst und Literatur

Dähnert, Ulrich: Historische Orgeln in Sachsen. Ein Orgelinventar.
Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Musik 1980. 320 S., 71 Abb.
auf Taf. z. T. färb. 4". Lw. M 68,-.

Wer die Veröffentlichungen Dähnerts über die Orgeln Gottfried
Silbermanns in Mitteldeutschland (Leipzig 1953) oder über den
Silbermannschüler Zacharias Hildebrandt (Leipzig 1962) kennt und
mit ähnlichen Vorstellungen an die jetzt vorgelegte Publikation
herangeht, wird vielleicht enttäuscht sein: Es handelt sich nicht um
e'n „Lesebuch" für Freunde der Orgel, sondern um eine lexikalische
Dokumentation, - allerdings um eine solche allerersten Ranges. Nur
Banz selten kommt es heute noch vor, daß ein einzelner Forscher ein
so umfangreiches Gebiet durchforstet. Diese Leistung allein verdient
höchste Anerkennung! Für jeden Fachmann - sei er Orgelbauer oder
Organist - bedeutet dieses „Orgelinventar" (so der Untertitel des
Bandes) eine unerschöpfliche Fundgrube.

Die historischen Orgeln Sachsens werden etwa in den Grenzen des
Königreiches Sachsen vor dem Wiener Kongreß (1815) erfaßt, d. h.
etwa von Torgau bis Adorf in nord-südlicher, von Plauen/Markranstädt
bis Zittau/Görlitz in west-östlicher Richtung. Der zeitliche

Rahmen umspannt rund fünf Jahrhunderte (1300-1800). Über die
älteste erfaßte Orgel (Görlitz 1298) ist weiter nichts bekannt, als daß
sie 1358 durch einen Blitzschlag zerstört wurde. Je näher man dem
18. Jahrhundert kommt, in dem auch der sächsische Orgelbau
unbestreitbar seinen Höhepunkt erreichte, desto reichlicher fließen
die Informationen: Von jeder Orgel werden die bekannt gewordenen
Archivalien und literarischen Zeugnisse zusammengetragen. Über die
Baugeschichte wird das Wichtigste referiert. Es folgt eine Beschreibung
des Instruments (Standort, Prospektgestalt, Ladensysteme
und technische Sonderheiten), ein Abdruck der Disposition (wo
möglich mit Angabe des Materials und der Pfeifenformen, des
Winddrucks und der Zusammensetzung der gemischten Stimmen).
Bei Instrumenten von besonderer Bedeutung werden Mensurangaben
hinzugefügt. Danach wird die Geschichte des Instruments (Reparaturen
, Veränderungen) skizziert und abschließend über den heutigen
Zustand des Instruments berichtet (ungünstigstenfalls: „Kein
historischer Bestand", günstigstenfalls: „Erhaltungszustand sehr
gut"). Über 300 Orgeln aus der Zeit bis etwa 1820 werden in dieser
Weise vorgestellt.

Ein kurzer Überblick über die sächsische Orgelgeschichte, Hinweise
auf die Tätigkeit sächsischer Orgelbauer außerhalb ihres
Landes sowie einige sehr beherzigenswerte „Grundsätzliche Bemerkungen
über Restaurierung historischer Orgeln" werden in einem
einleitenden Kapitel vorangestellt.

Mehr als 70 Fotos (meist Orgelprospekte, aber auch Spielschränke
und Orgelinneres) geben dem Band in optischer Hinsicht eine seinem
Gehalt entsprechende äußere Gestalt. Dadurch wird er auch für den
weniger an den geschichtlichen oder technischen Einzelheiten interessierten
Orgelfreund zu einem begehrten Objekt. Leider ist ein Teil
der Farbfotos (zahlenmäßig in der Minderzahl) grünstichig.

Hubert Henkel, der das Manuskript für den Druck vorbereitet hat,
schreibt in den „Hinweisen für den Benutzer", daß die Angaben des
Bandes „für Restaurierungen oder für spezielle wissenschaftliche
Arbeiten ... nochmals eingehend im Original geprüft werden"
müssen (S. 11). Bei der unvorstellbar großen Zahl von detaillierten
Angaben sind Fehler und Irrtümer nicht auszuschließen. An der
Crostauer Silbermannorgel (die der Rezensent besonders gut kennt)
sei exemplarisch gezeigt, daß bei einer zweiten Auflage doch die Notwendigkeit
besteht, eine größere Zahl von Korrekturen anzubringen.
Organisten und Pfarrer sollten den Autor bzw. das Institut für Denkmalpflege
in Dresden, in dessen Auftrag U. Dähnert die Vorarbeiten
für den Band leistete, auf etwaige Unstimmigkeiten hinweisen!

Aus der Crostauer Orgel wurden nach der Ortschronik im Jahre 1795 bei
zwei Einbrüchen 13 Prinzipal- und 14 Quintadena-Pfeifen gestohlen, also
nicht 38 (Dähnert S. 59). Erst 1808 wird von 38 Pfeifen gesprochen, die ersetzt
werden mußten. - Die Überfuhrung der Orgel in die neue Crostauer Kirche
erfolgte 1870 (nicht 1869). - Die Traktur wurde 1933 nicht ausgetucht (S. 60).
Dies geschah für die Pedaltraktur 1970; die Manualtraktur blieb bis heute
unangetastet. - die Mechanisierung der Töne C und D (seit 1933 pneumatisch)
erfolgte 1964 (nicht 1963); damals wurden aber lediglich die beiden Pedaltasten
mechanisch angeschlossen. Der Crostauer Kantor und Orgelbauer
Chr. Schwarzenberg (dem der Rezensent für briefliche Auskünfte dankt) hat
erst. 1971 die Töne C und D des Hauptwerks auf mechanische Traktur umgestellt
(fehlt bei Dähnert). - Nachzutragen wäre: Die 1933 von der Bautzener
Orgelbaufirma Eule ergänzte Quinte 1 1/3' (1914 durch eine Äoline 8' ersetzt)
war nicht nach Silbermannschen Mensuren gebaut worden. Chr. Schwarzenberg
stellte fest, daß Silbermann in Forchheim, Großhartmannsdorf und
Reinhardtsgrimma für dieses Register die gleichen Mensuren verwendet hatte;
im Jahre 1975 baute er für Crostau nach dem Vorbild dieser drei Orgeln die
Quinte nach. - 1978 erfolgte eine Überholung des Werkes, wobei alle Holzpfeifen
gegen Holzwurm imprägniert wurden.

Fritz Oehme hatte in den Jahren 1889 bis 1897 sein dreibändiges
„Handbuch über ältere, neuere und neueste Orgelwerke im Königreich
Sachsen" im Selbstverlag (Dresden) publiziert. Oehme war
weder als Orgelbauer noch als -spieler Fachmann. Als Orgelliebhaber
reiste er durch die Lande und schrieb von den Spieltischen die Orgeldispositionen
ab, so wie sie sich ihm zu seiner Zeit darboten. Er