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Ausgabe:

1982

Spalte:

21

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Paret, Rudi

Titel/Untertitel:

Schriften zum Islam 1982

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 1

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stellten ,Jugendreligionen' entstammen sechs asiatischen und zwei
nordamerikanischen Kontexten; ihre uns bekannte Wirkung und
Verbreitung in vorwiegend hochindustrialisierten Gesellschaften der
westlich-nördlichen Regionen läßt auf psychische und soziale Bedürfnissituationen
schließen, die mittels christlicher Selbstkritik
allein nicht zureichend durchschaut, geschweige denn gebessert sind.
Eben für diese Probleme leistet das Buch mit seinen - übrigens recht
ungleichmäßig gearbeiteten - Teilstücken „Ursachen und Begünstigungen
der Jugendreligionen" (64-76), „Die Jugendreligionen als
Krisengewinnler" (770, „Enttäuschung an der Kirche" (329-337)
und „Alternativszene und Jugendreligionen" (366-374) allenfalls
einen ersten Einstieg. Ein solches Stück gar, das unter der Überschrift
„Die wirkliche Gefahr" (375-380) den Jugendreligionen „eine
Mischung aus Gnosis und Faschismus" (375) attestiert, beides aber
nur höchst oberflächlich entfaltet, wird auch durch die abschließenden
Bemerkungen über „Wachsende religiöse Vielfalt" (381-383) als
Ergebnis wissenschaftlich verläßlicher und menschlich förderlicher
Analyse kaum glaubwürdiger.

Diese beiden kritischen Überlegungen sollen dazu beitragen, die
mit dem wichtigen Buch „Jugendreligionen" bereitgestellten Materialien
und Problembereiche in weitere theologische und religionswissenschaftliche
Forschung aufzunehmen. Der Vf. richtet mit seinem
Werk - rechtverstanden! - auch seinerseits eine kritische Anfrage
, an die Theologie, wann nämlich sie ihre gerade am Beispiel der
.Jugendrcligionen' schmerzhaft fühlbare, aber nicht mehr länger verantwortbare
Abstinenz von Problem und Wirklichkeit der Religionen
durch Beteiligung an der Forschung aufgeben will. Auf diese Weise ist
der oft kritisierte Titelbegriff des Buches samt dem von ihm abgedeckten
Inhalt Signal, Mahnung und Einladung zugleich - ein Vorzug
, den nicht jedes theologische Buch besitzt.

Bcrl in (Wesl) Peter C. Bloth

Paret, Rudi: Schriften zum Islam. Volksroman-Frauenfrage-Bilder-
vcrbot. Hrsg. v. J. van Ess. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz: Kohlhammer
1981. 276 S., 1 Porträt gr. 8'. Kart. DM 69,-.

Dem emeritierten Tübinger Arabisten Rudi Paret, weit über den
Kreis der Fachleute hinaus bekannt durch seine Koran-Übersetzung
nebst Kommentar und Konkordanz sowie durch seine Biographie
Muhammeds, ist dieser Band aus Anlaß seines 80. Geburtstages am
3. April 1981 gewidmet. Aus der großen Fülle der Publikationen des
Jubilars (Schriftenverzeichnis S. 9-16) hat Josef van Ess Arbeiten zu
den drei im Titel genannten Themenkreisen zusammengestellt, die
R. Paret neben der Koranforschung im engeren Sinne besonders beschäftigen
. Unter den jeweils im Originalsatz wiedergegebenen Veröffentlichungen
befinden sich auch drei kleine Monographien (Der
Ritterroman von ,Umar an-Nu'man, 1927; Die Geschichte des Islams
im Spiegel der arabischen Volksliteratur, 1927; Zur Frauenfrage
in der arabisch-islamischen Welt, 1934), die längst vergriffen und selten
geworden sind. Für den Theologen von besonderem Interesse ist
die Zusammenstellung von fünf neueren Arbeiten zum islamischen
Bilderverbot (213-271).

K.-H.B.

Altes Testament

Schmidt, Werner H.: Einführung in das Alte Testament. Berlin - New

York: de Gruyter 1979. X, 370 S. 8" = de Gruyter Uhrbuch. Kart.'
DM 48,-.

Zu den traditionellen Pflichtvorlesungen am Beginn des Theologiestudiums
gehört die „Einleitung in das Alte Testament". Es gibt ein
breites Angebot an Lehrbüchern hierzu, die im wesentlichen literaturwissenschaftlich
orientiert sind. Sie setzen jedoch so viel an Kenntnissen
und an Verständnis bei den Studenten voraus - eine breite Praxis
in der Exegese, eine gute Einübung in die Wissenschaftsmethode,
einen Einblick in die Religionsgeschichte Israels und in die Alt-
testamentliche Theologie -, daß eine auf diesen Büchern aufbauende
„Einleitung in das Alte Testament" vom Schwierigkeitsgrad her
gesehen eher an das Ende des Studiums der Theologie als an den Anfang
gehörte. Was der Student beim Beginn seiner wissenschaftlichen
Beschäftigung mit der Bibel braucht, ist nicht eine literaturwissenschaftliche
Erfassung bis in die feinsten Verästelungen hinein, sondern
eine Einführung in die Hauptprobleme. Von dort aus ließe sich
dann im Verlaufe des Studiums - in Seminaren und in exegetischen
Vorlesungen - weiter fragen, bis in das Detail des jeweils behandelten
Buches hinein. Hierbei können die zur Verfügung stehenden „Einleitungen
", am wirksamsten die recht ausführlichen von O. Eißfeldt
oder G. Fohrer, gute Dienste leisten.

Es ist also zu erwägen, ob nicht an die Stelle der bisher üblichen
„Einleitung" eine „Einführung" treten sollte, damit der Bruch zwischen
einer nicht in die Tiefe gehenden, sich im wesentlichen auf die
Inhalterfassung beschränkenden „Bibelkunde" und einer mit allen
Registern der neueren Wissenschaftsmethoden spielenden, die Studenten
überfordernden „Einleitung" vermieden werden kann. An
Büchern, die eine solche Mittelstellung bzw. Mittlerstellung zwischen
einer „Bibelkunde" und einer „Einleitung" einnehmen und so in die
Probleme für den Studenten verständlich hineinführen, mangelt es
bisher. So kann Schmidts Buch eine Lücke füllen. Es tritt an die Stelle
der seit langem vergriffenen „Einführung in das Alte Testament" von
J. Meinhold, deren dritte Auflage 1932 erschienen war.

Während Meinholds „Einführung" an der Geschichte Israels entlangging
und den einzelnen Büchern, Quellenschriften oder Texten je
ihren Platz darin gab, folgt Schmidt in seiner Gliederung weitgehend
der alttestamentlichen Literatur, d. h. er behandelt Geschichtsbücher,
Propheten und poetische Bücher je für sich. Das ist sachgemäßer, da
Urteile über die Enstehungszeit von Texten immer nur in Kleinarbeit
gefällt werden können und im Meinungsstreit der Forschung erheblichen
Schwankungen ausgesetzt sind. Manche Texte werden sich
wohl nie mit einiger Sicherheit in eine bestimmte Periode der Geschichte
Israels einordnen lassen.

Das geschichtliche Moment hat Sch. gleichwohl in seine Darstellung
eingebracht. Dem Ganzen ist in Abschnitt I (S. 2-38) ein „Überblick
über das Alte Testament und seine Geschichte" vorausgeschickt
, welcher einen kurzen Abriß über die „Epochen der Geschichte
Israels" (§ 2) enthält, der durch einen Einblick in soziale Gegebenheiten
(§ 3 Elemente der Sozialgeschichte) ergänzt wird, in dem
so wichtige Faktoren wie die sozialen Gegensätze zur Zeit der großen
Propheten behandelt werden. So haben die Erörterungen über die
Abfassungszeit, die sich jeweils bei der Behandlung der einzelnen Bücher
finden, und die redaktionsgeschichtlichen Beobachtungen, auf
Grund derer eine historische Tiefenschichtung mancher Texte vorgenommen
wird, einen festen Bezugspunkt.

Auch das theologische Moment kommt bei Sch. nicht zu kurz.
Nicht nur bei den Propheten geht die Darstellung auf die religiöse
Aussage ein, sondern auch bei den „Geschichtswerken", wo nach den
Einleitungsfragen immer etwas über die theologischen Intentionen
gebracht wird, vom Jahwisten bis zum chronistischen Geschichtswerk
. So wird durch diese Einführung Grundwissen vermittelt, das
bei aller Knappheit der Darstellung über bloße Einleitungsfragen
hinausgeht. Von bibelkundlichen Hinweisen (etwa in den Inhaltsangaben
der einzelnen Schriftkomplexe) bis zum Aufzeigen theologischer
Grundlinien wird in verständlicher Form Notwendiges
geboten.

Der Hauptteil des Buches, Abschnitt II - IV, entspricht in seinem
Aufriß im wesentlichen den „Einleitungen": Traditionen und Quellenschriften
des Pentateuch (§4 Der Pentateuch; § 5 Ausgewählte Erzählformen
; §6 Das jahwistische Geschichtswerk; §7 Das elohisti-
sche Geschichtswerk; §8 Die Priesterschrift; §9 Alttestamentliches