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Ausgabe:

1982

Spalte:

429-431

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Turner, Nigel

Titel/Untertitel:

Christian words 1982

Rezensent:

Delling, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 6

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jüdischen Zeugnisses durch christlich theologisches Denken. In diesem
Sinn versuchen McAfee Brown und J. B. Metz einen Beitrag zu
leisten. McAfee Brown geht dazu von einer Analyse der Werke
E. Wiesels aus, die sich mit der existentiellen jüdischen Bewältigung
des Holocaust-Erlebnisses befassen. Er will nicht eine alles erklärende
„Theorie" aufstellen, sondern die Botschaft herausarbeiten. „Ich
hoffe, daß die Flammen von Auschwitz kraftvoll genug sind, um auch
sonst dunkle Nischen unseres Gewissens und unseres moralischen
Bewußtseins auszuleuchten" (115). Daraus ergibt sich auch die von
J. B. Metz gezogene Konsequenz, daß der christliche Dialog mit den
Juden nicht von Geschwätzigkeit, sondern von Mäßigung geprägt sein
müsse. „Opfern bietet man keinen Dialog an" (126). Es ist vielmehr
„erste Christenpflicht zuzuhören" (126). Die Frucht dieses Hörens
liegt für ihn darin, daß es gilt, keine Theologie mehr zu treiben, „die
so angelegt ist, daß sie von Auschwitz unberührt bleibt" (138). Damit
wird genau das Anliegen der jüdischen Zeugnisse getroffen.

Zweifellos kann das kleine Bändchen auch nicht annähernd alle
Dimensionen dieses Themas ausloten, aber es vermag jene Nachdenklichkeit
zu begründen, der sich niemand, wohin er politisch oder
religiös auch gehören mag, entziehen sollte.

Wien Ferdinand Dexinger

Peck, Alan J.: The Priestly Gift in Mishnah: A Study of Tractate Te-
rumot. Chico, CA: Scholars Press 1981. XXIII, 380 S. 8" = Brown
Judaic Studies, 20. Kart. $ 16.50.

Terumoth, der sechste Traktat des Seders Zera'im der Mischna, erörtert
Fragen der Priesterhebe und ihrer Behandlung (Num 18, 4-13)
sowie des von den Leviten dafür bereitzustellenden Zehntels ihres
Zehnten (Num 18,25f). AlanJ. Peck legt eine neue englische Übersetzung
des im einzelnen oft schwierigen Textes mit ausführlichem
Kommentar vor. Einbezogen in die Interpretation wird die ebenfalls
vollständig in neuer Übersetzung gebotene Tosephta zu Terumoth.
Dem Vf. geht es um eine historische Interpretation des Textes, die
wesentlich mehr zu seinem Verständnis beiträgt als die traditionelle
jüdische Auslegung, die logisch orientiert ist. Besonderes Gewicht
legt P. auf die Herausarbeitung kleiner Sinnabschnitte, die auf Grund
formaler syntaktischer Strukturen abgegrenzt werden. Der Kommentar
macht überhaupt mit den Diskussionsmethoden und der Denkweise
der Verfasser der Mischna und ihrer Ausleger bekannt, so daß
der Band auch für den nicht unmittelbar mit der Mischna-Forschung
Befaßten als einführende Lektüre nützlich ist.

K.-H. B.

Neues Testament

Turner, Nigel: Christian Words. Edinburgh: T. & T. Clark, xvii,
513 S. 8*.Lw.£l3.-.

N. Turner, Autor der Bände III und IV1 von A Grammar of New
Testament Greek, Edinburgh 1963 und 19762, befaßt sich auch in
Christian Words (CW) insbesondere mit der Sprache des Neuen Testaments
, diesmal aber speziell mit dem Gehalt der Wörter (dabei bezieht
er weithin die Apostolischen Väter ein, mitunter ferner patri-
stische Texte). Von anderen Wörterbüchern zum Neuen Testament
(oder zur Bibel insgesamt), die jedenfalls auch an einen weiteren Kreis
von Lesern ohne philologische Spezialkenntnisse denken3, unterscheidet
sich CW vor allem durch die Betonung des Christian. Bei
Christian words denkt T. an Ausdrücke, die die ersten Gläubigen de-
vised Cor themselves (ix). T. ist4 zumal daran interessiert, das spezifisch
Christliche der Wörter von weltlicher Redeweise abzuheben5,
bzw. die biblische von der paganen (von daher ergibt sich häufig die
Gliederung Secular Greek - Biblical Greek* - Christian Greek o. ä.).

So wird i. a. am oder gegen Anfang des Artikels festgestellt, daß es
sich um eine christliche Prägung handelt, sei es, daß das Wort überhaupt
christlicherseits (mehrfach von Paulus) gebildet worden ist7, sei
es, daß es einen neuen Wert erhielt8. Während wichtige Wörter des
Neues Testaments keinen eigenen Artikel haben - z. B. God, Father,
Son, Son of Man9, Body, Death (bzw. apothneskö), Ligth, Hand,
Heart, Scripture, Good10, eleos (etc.), dei, zelos (etc.)", werden nicht
wenige im Neuen Testament nur einmal belegte Wörter vorgeführt12,
und das hängt wohl damit zusammen, daß T.s Aufmerksamkeit in besonderer
Weise schwerverständlichen oder sonst ausgesuchten Wörtern
und Stellen des Neuen Testaments gilt13. Solchen gewährt er
auch proportional größeren Raum .

Mehrfach werden dazu textkritische Probleme erörtert". Dafür
und für Auslegungsfragen werden etwa altkirchliche Übersetzungen
und Deutungen herangezogen16. Die griechischen und im Zusammenhang
damit stehende hebräische Stichwörter werden im Text ggf.
transkribiert angeführt (die Artikel sind nach den englischen Stichwörtern
geordnet). Für den der alten Sprachen Kundigen werden mitunter
Erläuterungen gegeben, die nur diesem zugänglich sind (gelegentlich
mit Fachausdrücken wie Piel usw.)17.

Zur Bedeutungsgeschichte wird mannigfaches Material aus paganen
Texten von Homer bis zu späteren Papyri verwertet, zum jüdischen
Bereich z. B. aus 1.2Hen, 4Esr, test XII, test Abr (s. etwa Para-
dise), aus Philon, Josephus usw. T. legt an sich Wert darauf, daß die
zeitliche Abfolge der außerneutestamentlichen und der neutesta-
mentlichen Belege beachtet wird (xi)18. - Zu philologischen und vor
allem zu theologischen Fragen wird vielfältig, zustimmend oder in
Auseinandersetzung, Literatur angeführt"; auch die ältere (etwa um
1900) spielt eine bemerkenswerte Rolle. - Religionsgeschichtliches
Material wird mehrfach als Hintergrund gegeben.

Auch wenn nicht alle bedeutsameren Wörter des Neuen Testaments
vorgestellt werden20, ergibt sich doch ein bestimmter Überblick
über grundlegende Glaubensaussagen des frühen Christentums21. Genannt
seien dazu etwa die Stichwörter Soul (417-425), Flesh, Sin,
Justification, Faith (nach T. in Rom häufig im aktiven Sinn der
Treue [155fJ), Hope, Love (etc.), Grace, Spirit, Resurrection. Mehrfach
kommt T. auf die alte Frage, die sich mit den Stichwörtern Cal-
ling (61-63), Election (127-134, zu verschiedenen griechischen Vokabeln
), Grace (191-195), Predestination (3450 verbinden kann.
Einerseits wird dazu Gottes souveränes Handeln betont (z. B.
132.107; Gott hat volle Macht über unseren Willen, 194), andererseits
dafür auf Gottes Vorauswissen22 Bezug genommen (130.193)
oder das Abhängigsein der Gnade Gottes von der Antwort des Menschen
behauptet (63, vgl. 12923) oder die Notwendigkeit der co-ope-
ration auf der Seite des menschlichen Willens (133). Paulus verbindet
beides in einem starken Paradoxon (346). Die Hineinnahme in das
Heil vollzieht sich, wie mehrfach herausgestellt wird, in Stufen: justification
, sanctification, glorification (395.107, vgl. 399.397f.85.129),
verteilt auf Vergangenheit, Gegenwatt, Zukunft (vom Briefschreiber
im Blick auf die Adressaten gesehen; 391 f).

Halle (Saale) Gerhard Delling

' L II.: J. H. Moulton, 1919-1929.
2 Dazus.G. D. Kilpatrick, ThLZ 104, 1979 Sp. 109-111.
' Vgl. z. B. ThLZ 103, 1978 Sp. 27f bzw. 105, 1980 Sp. 839f; ebd. Sp. 28f;
s. auch G. Friedrich, 98, 1973 Sp. 819f.

4 In bewußtem Gegensatz zu Adolf Deißmann, vgl. 92.314.408.

5 ,Gott scheint die gängige Sprache der Zeit nicht gebraucht zu haben, ohne
sie zu revolutionieren' (xi).

6 Neben der LXX werden auch Aquila usw. herangezogen.

7 Bei manchen Wörtern jedenfalls kann es doch wohl einigermaßen zufällig
sein, daß für sie kein .weltlicher' Beleg erhalten ist; für eine Reihe von Vokabeln
des Neuen Testaments liegen ja nur vereinzelte vorchristliche Belege vor.
Vgl. T. selbst zu den mafa/o-Bildungen 502.

1 Die neue Bedeutung von agon in Christian Greek is quite unique, meint
T.(81).

' High Priest fehlt ebenso wie Priest.