Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1982

Spalte:

395-398

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Bieritz, Karl-Heinrich

Titel/Untertitel:

Gunstone, John, Commentary on the new lectionary 1982

Rezensent:

Althausen, Johannes

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

395

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 5

396

matisch reflektierten Darlegung seines theologischen und spirituellen
Gehalts - hilfreich nicht nur für den Prediger und Liturgen, der einen
Gottesdienst vorbereitet, sondern auch für den Gottesdienstbesucher,
der hier bemerkenswerte Hilfen für das Verständnis der Lesungen
erhält. Dem Kommentarteil ist eine ebenso lesbare wie lesenswerte
Einführung in die Geschichte und den Sinn des Kirchenjahres - verbunden
mit Erläuterungen zum neuen Lektionar - vorangestellt.
Gründliche historische Kenntnisse verbinden sich hier auf eine gute
Weise mit dem pastoralen und spirituellen Engagement des Verfassers
. Man kann nur bedauern, daß es im Blick auf unsere Gottesdienst
- und Leseordnungen kaum Vergleichbares gibt.

Leipzig Karl-Heinrich Bieritz

Ökumenik: Missionswissenschaft

Bürkle, Horst: ''Missionstheologie. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz:
Kohlhammer 1979. 212 S. gr. 8' = Theologische Wissenschaft.
Sammelwerk für Studium und Beruf, 18. Kart. DM 28,-.

Der dem Tillichschen Grundansatz theologischen Denkens verpflichtete
Münchener Missionswissenschaftler definiert Mission als
„den die Grenzen der bisherigen Christentumsgeschichte überschreitenden
Prozeß, der dem universalen Wesen der christlichen Sache
allein entspricht" (9). Seine „Missionstheologie" steht in der Reihe
entsprechender Entwürfe, von denen hier besonders Gensichen,
Glaube für die Welt (vgl. ThLZ97, 1972 Sp. 7900 und Rosenkranz,
Die christliche Mission (vgl. ThLZ 104, 1979 Sp. 394ff) erwähnt
seien. Wo der eine Mission als Dimension des Evangeliums und
gleichzeitig als seine Intention in Wechselwirkung und Entsprechung
behandelt und der andere diese Dialektik in historischer Darstellung
zu erfassen sucht, wird die Mission von Bürkle als die Verwirklichung
des Reiches Gottes in der Geschichte beschrieben, wo „das Ganze im
Teil und das Endgültige im Vorläufigen wieder ansichtig wird" (9).

Der sich aus dieser Beschreibung von Mission ergebende Aufbau
des Buches versucht, die klassische Disposition einer Missionslehre,
wie sie seit Warneck üblich ist, nachzuzeichnen, ohne auf die eigenen
Erfordernisse zu verzichten. Nach der Exposition wird im Kapitel A
(Spannungsfelder: Mission in der gegenwärtigen Situation) die historische
und theologische Einordnung des eigenen Standpunktes in die
Fachdiskussion vorgenommen. Kapitel B (Ursprung als Auftrag:
Geschichtliche Modelle der Mission) bringt die Begründung der
Mission. Kapitel C (Das Bedingte und das Universale: Mission als
Grenzüberschreitung) entfaltet das Wesen der Mission. Daraus ergibt
sich in Kapitel D (Geschichtliche Verwirklichung: Theologische
Themen missionarischen Handelns) die Darstellung des Missionsvollzugs
und in Kapitel E (Bilanz des theologischen Ertrages der
Mission) ein Versuch einer Anwendung.

Was das Werk so sympathisch macht, ist nicht nur der dichte, se.hr
zum Nachdenken anregende Stil des Buches, sondern vor allem der
Versuch, Mission dialogisch zu fassen. In der Diskussion der letzten
60er Jahre nach Uppsala hätte man das weithin als Verrat an der
Mission verstanden. Aber Bürkle führt für jeden klar aus, daß
Mission von ihrer Entstehung her bis zu den letzten zeichenhaften,
vielleicht wortlosen Bemühungen um den anderen Menschen im
Auftrag begründet und nur dann bei ihrer Sache bleibt, wenn sie die
Grenzen immer weiter überschreitet, um dem Reiche Gottes allein
zur Wirksamkeit zu helfen. Darüberhinaus hat er den Dialog aber
auch zum Gestaltungsprinzip seines Buches gemacht, soweit das in
einem Buche geht. Er hat gehalten, was er im Vorwort verspricht:
„Dem Ziel einer neuen Verständigung über den grundlegenden
missionarischen Charakter von Kirche und Theologie entspricht der
Dialog. Er stellt keine beliebige .Methode' dar, sondern gehört selber
zu den Erfahrungswerten einer sich sachgemäß verstehenden Mission
. Er bleibt unabgeschlossen, weil er Beteiligung und Beitrag des
anderen immer noch und -wieder zur Voraussetzung hat" (10).

Worum es dem Verfasser angesichts der kirchlichen Realitäten also
geht, faßt er auf S. 28-32 zusammen. Die folgenden Kernsätze dieses
Abschnitts zeigen die Grundstrukturen des gesamten Aufrisses an:

(1) „Was für die Verkündigung im Bereich der Sprache ganz selbstverständlich
ist, nämlich der korrespondierende Zusammenhang von
göttlicher Wirklichkeit und sprachlich-symbolischer Anzeige, das
muß im umfassenden Sinne für die Ausrichtung der Sendung der
Kirche schlechthin gelten." (280

(2) „Wo die Kirche ihre Mission im ursprünglichen Sinne des
Wortes wahrnimmt, wird sie alles versuchen, um den Empfänger der
Botschaft selber zu Wort kommen zu lassen." (29)

(3) „Die Funktion des Missionars ist die Initiation, die Einleitung
des Prozesses, der der noch verborgenen Christuswirklichkeit ihre
Leibhaftigkeit und damit ihre Gestalt werden läßt." (31)

(4) „Darum ist Mission im sachgemäßen Verständnis des Wortes
das Geschehen, in dem sich die Christuswirklichkeit über das uns
Gewordene und Bekannte hinaus geschichtlich wirksam erweist."
(32)

Jeder dieser Kernsätze steht sozusagen für eines der Hauptkapitel.
Das sieht dann z. B. so aus: Das dritte Zitat gehört zum Kapitel
„Geschichtliche Verwirklichung" (82-145). Die dort behandelten
„Theologischen Themen missionarischen Handelns" heißen „Mission
als Kommunikation", „Mission im Kontext" und „Missions-
bezogene Dienste". So abstrakt diese Überschriften wirken mögen
- eben diese Abstraktion macht es dem Vf. möglich, Mission wirklich
als allgemeines Phänomen zu schildern und seine Betrachtung nicht
zu beschränken auf das, was man traditionellerweise Mission nennt.
Dabei geht er durchaus von den Erfahrungshorizonten der dritten
Welt aus. So auch im Abschnitt über Mission als Kommunikation.
Zunächst gilt es festzustellen, daß die Mission in der Regel auf ein
kollektives Gemeinschaftsverständnis stößt, das aus dem „Gründungszusammenhang
" der betreffenden Menschen zu erklären ist. Im
Vollzug der Sendung der Kirche wird jedoch vom Menschen zuerst
im Singular zu reden sein. Die Kommunikation wird nicht ohne
Grenzüberschreitung geschehen können. Das Bedingte öffnet sich
zum Universalen - so oder so. In der missionarischen Vermittlung ist
dementsprechend nicht nur von sprachlichen Vorgängen die Rede.
Der Missionar ist selbst Teil des Kommunikationsvorganges. Aber
indem er nicht Gegenstand der Sendung ist, sondern Vermittler,
bedarf es des Wortes und dessen integrierter Funktion, um für die
Offenbarung wirksam sein zu können. (Vgl. hier den Hinweis auf
Tillichs Definition von Offenbarung und Wort S. 87.) Also gilt es,
Sprache als missionarisches Geschehen zu untersuchen. „In ihr geht
es um eine Grenzüberschreitung in Richtung auf den anderen hin, die
ihn nicht zu sich herüberholt, sondern ihm dort begegnet, wo er ,zu
Hause' ist." (91) Will Sprache dies leisten, müssen die menschlichen
Horizonte der Sprache selbst im missionarischen Geschehen gesehen
werden. So geht Bürkle der missionarischen Aufgabe nach, Zugang
zum Mythos zu finden und die Rolle des Unbewußten zu untersuchen
. Wenn sich die Christuserfahrung der Menschen in diesen
Tiefen der Persönlichkeit vollzieht, findet sie einen eigenen Ausdruck
, der die volle Teilnahme an der Geschichte Gottes mit den
Menschen beschreibt. An dieser Stelle wird die Mission ein dialogisches
Geschehen zwischen Missionar und Empfänger der Botschaft.
Natürlich wird man nur dann auf dem richtigen Wege sein, wenn 'die
vermittelnden Symbole der Empfänger „deutbar bleiben auf Grund
der Symbolinhalte, die mit den biblischen Zeugnissen ein für allemal
gesetzt sind. Die unmittelbare Christuserfahrung, auch wenn sie nicht
artikulierbar werden sollte, kann nur die Begegnung mit dem gekreuzigten
und auferstandenen Jesus von Nazareth sein." (95) In einem
neuen Ansatz geht Vf. dann auf die „Teilhabe am Neuen Sein" ein
und behandelt Bekehrung, Taufe und personale Teilhabe, auf die die
missionarische Vermittlung schließlich abzielt. Da diese aber eben
wieder nur in den Zusammenhängen des Lebens möglich sind, in
denen der Mensch sich vorfindet, werden der missionsbezogenen
Theologie überall neue Aufgaben gestellt. „Vom afrikanischen und