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Ausgabe:

1982

Spalte:

386-390

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Antón, Angel

Titel/Untertitel:

La iglesia de Cristo 1982

Rezensent:

Nagel, Walter

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 5

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Zu den wichtigsten Erkenntnissen, die das Buch auf einem noch
kaum begangenen Wege und darum überraschend neu einbringt, gehört
daher die reformatorische Einsicht, daß menschliche Freiheit
aus dem „Sein im anderen" - extra nos - ihr Leben und ihre Kraft gewinnt
, daß ihre Weltnähe in dieser „Weltferne" ihren tiefsten Grund
hat (205). Also kein neuer Entwurf einer Anthropologie - wohl aber
ein eindrucksvoller Beweis dafür, was die alte Christologie leisten
kann, wenn man sie auf dieser Höhe ihre Sache ausreden läßt.

Bern Christian Link

Pfeffer, Wilhelm: Christus-Omega. Neutestamentlich-exegetische
Untersuchungen zur Christologie und Anthropologie von Pierre
Teilhard de Chardin. Teil I: Darstellung der Christologie und
Anthropologie; Teil II: Die exegetische Diskussion der Christologie
und Anthropologie. Frankfurt a. M.-Bern-Las Vegas: Peter
Lang 1979. 307, 475 S. 8- = Europäische Hochschulschriften
Reihe XXIII, Bd. 117/I.II. Kart. sfr48,-u. 69,-.

Wer gehofft hatte, daß die katholische Kirche ihren Widerstand
gegen die Lehren Teilhards de Chardin seit dem Zweiten Vatikanischen
Konzil aufgegeben hätte, wurde enttäuscht: Noch 1981
lehnte der Vatikan eine Revision seiner Verurteilung Teilhards und
eine Zurücknahme des Monitums des Heiligen Offiziums von 1962,
das ihm „schwere Irrtümer" vorwarf, ab. Doch ungeachtet dieser
nach wie vor kritischen und distanzierten Haltung der Amtskirche
setzt sich Teilhards Denken in der Theologie immer mehr durch.
Zwar erscheinen nicht mehr so viele Monographien über ihn wie in
den sechziger Jahren, aber seine Gedanken durchdringen mehr und
mehr die theologische Sachdiskussion. Doch wenn dann hin und
wieder auch.umfangreiche Dissertationen über Teilhard erscheinen
wie etwa diejenigen von W. Klein 1975 (vgl. ThLZ 103, 1978 Sp.
884-886) und Th. Broch 1977 (vgl. ZRGG 2/1981), so spiegeln sie
eine durchweg positive Haltung der katholischen theologischen
Forschung zu Teilhard und sind selber fruchtbare Beiträge zu einem
immer besseren Verständnis seines Denkens.

Bei der Freiburger Dissertation von Wilhelm Pfeffer imponiert zunächst
ganz äußerlich schon der Umfang: 782 eng bedruckte Seiten in
zwei Bänden, darin 2707 Anmerkungen, die allein schon 194 Seiten
ausfüllen. Aber auch inhaltlich zeugt dieses Werk von bewundernswertem
Fleiß und unermüdlicher Arbeitskraft: Das Literaturverzeichnis
gibt nicht nur 175 Einzelschriften Teilhards als verarbeitet
an, neben allen größeren Schriften, Tagebüchern und Briefsammlungen
, auch nicht nur die umfangreiche Teilhard-Sekundär-
literatur, sondern vor allem noch etwa 250 Bände der neutestament-
lich-exegetischen Literatur.

Das ist nun das Besondere dieses Werkes: Neben der systematischen
Gesamtdarstellung von Teilhards Denken im 1. Band - sie
uberschreitet die im Titel genannten Aspekte der Christologie und
Anthropologie, die den Schwerpunkt markieren - bietet der 2. Band
exegetische Untersuchungen derjenigen paulinischen und deutero-
Paulinischen Texte, auf die Teilhard sich - direkt oder indirekt - beruft
bzw. die für die Beurteilung seiner Christologie und Anthropologie
wichtig sind. Die Gedanken vom „Leib" und „Leib Christi", die
weiteren ekklesiologischen Texte im Eph und Kol, die Pleroma-
Vorstellung und vor allem natürlich der Christushymnus Kol 1 - dem
allein 88 Textseiten und 474 Anmerkungen gewidmet sind - werden
untersucht. Im Anschluß an die Aufarbeitung der exegetischen Diskussion
- in der er die evangelische Literatur ebenso berücksichtigt
wie die katholische - gibt Pfeffer dann jeweils ein sehr ausgewogenes
und differenziertes Urteil ab über die Frage, ob Teilhard den biblischen
Texten gerecht wird und ob seine Auffassung vom universalen,
kosmischen Christus mit der (deutero)paulinischen Christologie und
Ekklcsiologie vereinbar ist.

Dieser größere zweite, exegetische Teil des Werkes ist das, was es
zu einem außerordentlich wichtigen Beitrag zur Teilhard-Forschung

macht. Denn so etwas gab es bisher unter all den hunderten von
Teilhard-Büchern noch nicht, war aber dringend notwendig. Beim
Vergleich der beiden Teile merkt man auch, daß die Stärke des Vf. in
der Exegese liegt und daß es primär eine neutestamentliche Dissertation
bei Anton Vögtle war, der mit seinem Buch „Das NT und die
Zukunft des Kosmos" schon einen für die Teilhard-Diskussion
wichtigen exegetischen Beitrag geliefert hatte. Der Korreferent Helmut
Riedlinger ist einer der wenigen Teilhard-Freunde und -Forscher
unter den deutschen katholischen Universitätstheologen.

Der systematische erste Teil ist nach einigen Spezialuntersuchungen
der letzten Jahre unter mehr begrenzten Aspekten der
erste Gesamtüberblick über die zentralen Gedanken Teilhards seit
Alfred Gläßers Dissertation „Konvergenz" von 1970. Mit sehr vielen
Zitaten werden Teilhards Gedanken möglichst objektiv dargestellt
und wiedergegeben, wobei der Vf. auf Interpretationen ebenso verzichtet
wie auf die Diskussion der Sekundärliteratur (die erst im exegetischen
II. Teil herangezogen wird) und sich der Polemik ebenso
enthält wie der Apologetik. Das ist ein Vorteil für denjenigen, der
diese Arbeit als systematisch aufbereitete Materialsammlung, als
Fundgrube für Zitate benutzt. Dagegen eignet sich das Buch weniger
als eine in Teilhards Gedankenwelt einführende Lektüre, obwohl es
vom Inhalt her dafür geeignet wäre. Aber es wirkt zu seminar-
arbeitshaft, steif, etwas hölzern und bieder, mit vierstelliger Dezimaleinteilung
etwas über-systematisch. Kurz: eine lohnende Lektüre,
durch die man sich jedoch mühsam hindurcharbeiten muß.

Mehr in seinem Element scheint der Vf. im exegetischen Teil zu
sein, der die Teilhard-Forschung wirklich bereichert. Wenn jeweils
anschließend an die Textauslegung Teilhards Denken darauf bezogen
und damit verglichen wird, unter Berücksichtigung auch der Sekundärliteratur
, wird auch die Teilhard-Darstellung lebendiger und
aktueller als im ersten Teil. Peffers Antworten fallen sehr differenziert
aus: teils bestätigen die Texte Teilhard, teils stehen sie im
Widerspruch zu seinen Auffassungen. Doch auch wo Teilhard sich
nach Pfeffers Meinung nicht auf die Schrift stützen kann, läßt er
weithin seine berechtigten Intentionen gelten.

Allerdings müßte noch deutlicher werden, daß die paulinischen
und deuteropaulinischen Briefe, die ja schon in sich kein einheitliches
und systematisches Bild geben und deren Auslegung noch dazu recht
vielfältig und widersprüchlich ist, keineswegs ein eindeutig praktikabler
Maßstab zur Beurteilung eines großen naturtheologischen und
-philosophischen Entwurfs sind. Wie sehr das Urteil auch von der
Einzelauslegung abhängt, zeigt etwa die Exegese von Kol 1,18 a, wo
derjenige, der sich wie Pfeffer auf die sekundäre, paulinisch-
ekklesiologische Interpretation beschränkt, keine Brücke zu Teilhards
universalem Christus findet, während der ursprüngliche Text
des urchristlichen Hymnus eine überraschende biblische Begründung
und Bestätigung der kosmischen Christologie Teilhards erlauben
würde. Doch die Darlegung aller Aspekte der exegetischen Diskussion
erlaubt dem Leser auch eigene, abweichende Folgerungen für die
biblische Begründung von Teilhards kosmischer Christologie und für
deren Vereinbarkeit mit der paulinischen Tradition.

Aachen Sigurd Martin Daecke

Anton, Angel, S. I.: La Iglesia de Cristo. El Israel de la Vieja y de la
Nueva Alianza. Madrid: Biblioteca de Autores Cristianos 1977.
XXIII, 819 S. gr. 8' = Biblioteca de Autores Cristianos Declarada
de interes nacional, 15. Ptas 1 000,-.

Mit dem Titel „Die Kirche Christi - Das Israel des Alten und des
Neuen Bundes" legt der Vf. mit kirchlicher Genehmigung eine überaus
umfangreiche, bis ins Detail ausgefeilte und teilweise faszinierende
Zusammenstellung seiner Vorlesungen an der Päpstlichen Universität
Gregoriana zu Rom über die Ekklesiologie (= Die Lehre von
der Kirche) seinen Hörern und seiner Kirche vor. Er führt damit
seine in den Kommentaren zu den Constitutionen, Declarationen