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Ausgabe:

1982

Spalte:

378

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Bolyki, János

Titel/Untertitel:

A természettudományok kérdései a XX. század teológiatörténetében 1982

Rezensent:

Tröger, Karl-Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 5

378

gebnis, „das die Untersuchung des GeschichtsbegrifFs der Schleier-
macherschen Wissenskonstruktion erbracht" habe, auf und läßt sich
für den zweiten Teil der Untersuchung „daher von der Frage leiten,
ob die Geschichtsthematik im Kontext des Schleiermacherschen
Theologiebegriffs nicht gerade deshalb eine sie von der Wissenskonstruktion
unterscheidende Fassung gewinnt, weil dieser die Bedingungen
ihrer Transformation allererst bereitstellt". Er meint, daß
dann die „Doppelentfaltung der Geschichtsthematik" nicht „eine
Inkonsequenz im Denken Schleiermachers,... vielmehr das Resultat
eines Wissensbegriffs" wäre, „der hinsichtlich seiner eigenen Voraussetzungen
nicht vollständig zur Durchführung zu bringen ist und
gerade deshalb im Kontext theologischen Wissens zum Thema
werden läßt, was er der Möglichkeit nach auch in sich selbst enthält,
ohne es doch durch sich selbst für den Aufbau seiner selbst in Anspruch
nehmen zu können" (64).

Inhaltlich untersucht Grab in sieben Schritten die „Geschichtsthematik
in der Entfaltung des Theologiebegriffs" bei Schleiermacher
, die „geschichtliche Selbstauslegung des christlichen Bewußtseins
", die „Funktion der Christologie in der dogmatischen Rekonstruktion
christlich-frommen Selbstbewußtseins", das „christolo-
gische Geschichtsprinzip in seiner Folgegeschichte" und die „Christentumsgeschichte
" - alles nach Schleiermacher - sowie schließlich
den „christologischen Geschichtsbegriff'. Hier knüpft der III. Teil
„Die systematische Funktionalität des Geschichtsbegriffs" (156-176)
an. Durch H.-J. Birkner angeregt, aber die Lösung dann viel
grundsätzlicher m. E. in einer Art Überhöhung der „Aufklärung"
suchend, kommen dann die „Doppelentfaltung des Geschichtsbegriffs
" und der „Verweisungszusammenhang von Kulturtheorie und
Christentumsgeschichte", um folgerichtig von daher die geschichts-
philosophische Theorie, die mit dem Stichwort „Geschichte als Vermittlung
" gekennzeichnet wird, anzuschließen. Der „Schluß"
(177-179) faßt das Ergebnis „noch einmal in vier Punkten zusammen
"; S. 180ff geben die Anmerkungen (oft nur Stellennachweise),
S. 212ff das Literaturverzeichnis.

Im Unterschied von anderen Arbeiten zum Geschichtsbegriff
Schleiermachers liegt hier eine uneingeschränkt positive Rezeption
vor, etwa deutlich im Unterschied zu F. Jacobs (auch als Buch erschienenen
) Jenaer Dissertation. Übrigens ist sie genannt, aber
nirgends in Auseinandersetzung behandelt. Daß die dreibändige Aus-
wahlausgabc des Rez. (T. N. Tice, Schleiermacher Bibliography,
Princeton 1966, Nr. 186 und 1649) nicht benutzt und die einschlägigen
Gesichtspunkte der Texteinführungen zum Konstruktionsprinzip
der Wissenstheorie, zur Kulturtheorie, und zur Geschichtsthematik
unerwähnt bleiben, ist unerheblich, aber daß in
dieser Sache ein Schleiermacherkenner vom Range Rudolf Hermanns
(vgl. RGG3 5, 1422-1435 und ThLZ87, 1962 Sp. 791-794)
überhaupt unerwähnt bleibt, ist bedauerlich. Freilich hat Gräb sich
auf die philosophische Ethik besonders gestützt und seinen religions-
und geschichtsphilosophischen Beitrag, der sicher viel diskutiert und
wahrscheinlich mit den etwas einseitigen und wohl Schleiermacher
zu optimistisch einordnenden Thesen gegenwärtig von sich reden
machen wird, ganz aus Schleiermacher gewonnen. Jedoch fehlt die
-.Christliche Sitte", die in ihrer Neuedition (H. Peiter) für die Querverbindung
zur philosophischen Ethik bemerkenswert ist (worauf
u. a. bereits R. Hermann Bezug nahm). Das Übergehen so wichtiger
Arbeiten zur speziellen Problematik wie R. Odebrecht (Der Geist der
Sokratik im Werk Schleiermachers), A. Sannwald (Der Begriff der
„Dialektik" ...), M. Schmidt (Grundlinien von Schleiermachers Geschichtsanschauung
: Habilschrift Leipzig 1942) muß man bei einer
Dissertation eigentlich doch problematisch finden. Schon Stephan-
Schmidts „Geschichte der Theologie" (2. Aufl. S. 92ff) informiert
dazu kritischer über das Grundverständnis der Geschichte und die
Methode Schleiermachers (Schmidt in Stephan 2. Aufl. S. 96-109)
als es Gräb bei der vielleicht zu glatten Anerkennung von Wirkungen
und Werteinflüssen der christologisch gedeuteten Christentums-
Seschichtc auf die Humanität tut. Seine Erfassung von „Schleiermachers
christologischer Verlaufstheorie der Geschichte" (178.119ff)
öffnet ihm allerdings auch den Weg für korrigierende Schlußfolgerungen
im Sinne fundamentaltheologischer und prinzipieller
Wertung Schleiermachers und damit auch für eine zukünftig zu
wünschende „vermittelnde" Theologie, die kaum ohne Aufnahme
Schleiermachers zu haben sein wird.

Jena Horst Beintker

Bolyki, Jänos: A termeszettudomänyok kerdesei a XX. szäzad
teolögiatörteneteben (Fragen der Naturwissenschaften in der Theologiegeschichte
des 20. Jahrhunderts). Budapest: Studienabteilung
der Synode der Ungarischen Reformierten Kirche 1979. 313 S. 4* =
Theologiai Tanulmänyok [Theol. Studien], NF, 12. Kart. Ft 67.-.

Diese als Titel der Reihe „Theologische Studien" im Selbstverlag
der Ungarischen Reformierten Kirche edierte (vervielfältigte) theologische
Dissertation enthält drei Teile. Teil I (1-34) ist eine Einführung
in „Die neuen Ergebnisse der Naturwissenschaften und die
theologischen Reflexionen". In Teil II geht es um „Verschiedene
Modelle und Annäherungsweisen für die Verbindung von Naturwissenschaften
und Theologie" (35-239). In den 8 Kapiteln dieses
Hauptteiles der Untersuchung stellt Vf. seine „Modelle" im einzelnen
vor: l.Die geschichtliche Annäherung; 2. Subordination
unter eine Autorität: a) Die Autorität der Bibel nach fundamentalistischem
Verständnis (Bettex, Wilder-Smith); b) Die Naturwissenschaft
unter der Autorität der „frommen Weltanschauung"
(R. Otto); c) Die Autorität der gläubigen Vernunft (O. Spülbeck,
Teilhard de Chardin); 3. Absolute Trennung? (K. Barth);

4. Interpretation und Entmythologisierung. Unter dieser Überschrift
werden die „existentialistische Interpretation" R. Bultmanns, „die
nicht-religiöse Interpretation der Bibel" D. Bonhoeffers und „Das
Modell Gesetz und Evangelium" bei F. Gogarten besprochen;

5. „Gesetzmäßigkeiten oder Kontingenz" (W. Pannenberg); 6. „Die
Frage der Grenzen" mit 4 Abschnitten über Vorstellungen bei
K. Barth und A. Titius, P. Tillich, B. Bavink sowie K. Heim. Das
7. Kapitel ist zahlreichen ungarischen reformierten Theologen gewidmet
unter den Gesichtspunkten einer apologetischen, geschichtlichen
, biblischen, philosophischen, dogmatischen und ethischen
„Annäherung". Kapitel 8 schließlich enthält die vom Vf. selbst
„empfohlene Lösung": „Das komplementär-christologische
Modell". Danach sind Naturwissenschaft und Theologie weder vermischt
, noch voneinander getrennt. Beide Bereiche sind in der Person
Jesu Christi verbunden (232f unter Verweis auf Mt 16,16). In Teil III
werden die „soziologischen, dogmatischen und ethischen Konsequenzen
" gezogen (240-258). Insbesondere die Ausführungen dieses
Teils der in Ungarn stark beachteten Arbeit laden zur Diskussion mit
dem Autor ein - sowohl hinsichtlich seiner Konzeption als auch
vieler Details, namentlich der Charakteristik von Theologen und
Naturwissenschaftlern. Es bleibt zu hoffen, daß Bolyki die wesentlichen
Gedanken seiner interessanten und lesenswerten Untersuchung
auch dem deutschsprachigen Leser zugänglich macht.

Berlin Karl-Wolfgang Tröger

Luther und die Bekenntnisschriften. Erlangen: Martin-Luther-Verlag
1981. 144 S. 8' = Veröffentlichungen der Luther-Akademie
Ratzeburg, 2. Kart. DM 12,-.

Daß das theologische Nachdenken um die Confessio Augustana,
die Formula concordiae und den Abschluß des Bekenntniswerkes
1580 nicht mit den abgegoltenen Jubiläen aufhört, zeigt die Dringlichkeit
der durch die Bekenntnisschriften angesprochenen Themen.
Es ist deshalb keinesfalls bedauerlich, wenn diese Studien jetzt erst
erscheinen, wie der Verfasser des Vorwortes, J. Heubach, meint ent
schuldigend bemerken zu müssen. Unter der Themenstellung „Lu-