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Ausgabe:

1982

Spalte:

362-363

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Maurer, Justus

Titel/Untertitel:

Prediger im Bauernkrieg 1982

Rezensent:

Bräuer, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 5

362

ist Lutz daher für die gewohnte Meisterschaft dieser Edition zu Dank
verpflichtet.

Die komplexe Struktur der Korrespondenz und die weiteren
Schicksale Poles und Morones dürfte die schwierige Quellenlage mit
verursacht haben. Neben „offiziellen" Nuntiaturakten des Staatssekretariats
und im Vatikan verstreuten Nachlaßteilen der beiden
Protagonisten muß Lutz sich wesentlich auch auf anonyme Sammlungen
zweiter oder dritter Hand stützen. Eine Gruppe dieser Kopien
ist mit-hoher Wahrscheinlichkeit auf das in einem (nicht bekannten)
Register der Inquisition konservierte Werk eines Spitzels dieser Behörde
zurückzuführen.

Mit diesem Band ist die Erste Abteilung der Nuntiaturberichte aus
Deutschland, deren Erscheinen 1892 begann, endlich abgeschlossen.
In den seit längerer Zeit vorliegenden Bänden 16 und 17 hat
H. Goetz die parallelen Nuntiaturen und Legationen beim römischen
König Ferdinand L untersucht'. Außerdem wurden der Reihe zwei
von G. Müller bearbeitete Ergänzungsbände für die Jahre 1530-32
vorgeschaltet2, die Serie begann ursprünglich erst 1533. Zusammen
mit der 1967 vollendeten, vom Österreichischen Historischen Institut
/Kulturinstitut in Rom bearbeiteten Zweiten Abteilung in acht
Bänden sind nunmehr die deutschen Nuntiaturberichte von 1530 bis
zum Tod Pius' V. 1572 vollständig ediert. Für die Zeit Gregors XIII.
(1572-85) besitzen wir in den bisherigen fünf Bänden der Dritten
Abteilung Bearbeitungen der verschiedenen „Gegenreformations-
nuntiaturen" dieses Papstes. Die diplomatische Korrespondenz
dieses Zeitraums im engeren Sinn wird derzeit von H. Goetz zur Edition
vorbereitet. Für die Zeit Sixtus' V. (1585-90) wurde die Nuntiatur
am Kaiserhof bereits 1905-19 in drei Bänden durch die
Görres-Gesellschaft herausgegeben. Neuerdings hat sich das Römische
Institut dieser Gesellschaft auf die einst von ihr begonnene Edition
der Kölner Nuntiatur-konzentriert und diese Reihe mit neuer
Zählung bis 1593 fortgeführt (Nachdruck der alten Bände mit neuer
Zählung I, II 1, dann zwei neue Bände von B. Roberg II 2, II 3).
Wegen der ungünstigen Quellenlage wurde der Nuntius Garzadoro
(1593-1606) einstweilen übersprungen und die Reihe mit ersten Bänden
der Nuntiaturen Amalteo (1606-10)3 und Albergati (1610—21 )*
fortgesetzt. Montoro (1621-24) ist sogar schon vollständig ediert5,
während von Carafa (1624-34) ein erster Band erschienen ist6. Der
Anschlußband zu Carafa steht vor dem Abschluß, die Schließung der
Lücken bei Amalteo 1607-10 und bei Albergati 1614-21 ist zu erwarten
. Von österreichischer Seite wurde mit der Bearbeitung der
1580-1622 beim innerösterreichischen Zweig der Habsburger existierenden
Grazer Nuntiatur begonnen7. Für den Kaiserhof im 17. Jh.
existieren aber nur Fragmente: drei Bände einer vom Deutschen Historischen
Institut in Rom herausgegebenen Vierten Abteilung
(1895-1913) und fünf Bände des seinerzeitigen Tschechoslowakischen
Instituts (1932-46).

Augsburg Wolfgang Reinhard

Nuntiatur des üirolamo Martinengo (1550-1554), bearb. von H. Goetz.
Tübingen 1965 - Nuntiatur Delfinos, Legation Morones, Sendung Lippomalos
(1554-1556), bearb. v. H. Goetz. Tübingen 1970.

I. Ergänzungsband 1530-1531: Legation LorenzoCampeggios 1530-1531
und Nuntiatur Girolamo Aleandros 1531, bearb. v. G. Müller. Tübingen 1963.
2-Ergänzungsband 1532: Legation Lorenzo Campeggios 1532 und Nuntiatur
Girolamo Aleandros 1532, bearb. v. G. Müller. Tübingen 1969.

Nuntiaturberichte aus Deutschland. Die Kölner Nuntiatur. Herausgegeben
durch die Görres-Gesellschaft. Band IV/1: Nuntius Audio Amalteo 1606
September- 1607 September, bearb. v. K. Wittstadt. Paderborn 1975.

Band V/1, 1-2: Nuntius Antonio Albcrgati 1610 Mai - 1614 Mai, bearb.
v W. Reinhard. Paderborn 1972.

Band VI, 1-2: Nuntius Pietro Francesco Montoro 1621 Juli - 1624 Oktober
, bearb. v. K Jaitner. Paderborn 1977.

VII/1: Nuntius Pier Luigi Carafa 1624 Juni - 1627 August, bearb. v.
J Wijnhoven. Paderborn 1980.

' Publikationen des österreichischen Kulturinstituts in Rom. II. Abteilung:
Quellen. II. Reihe: Nuntiaturberichte. Sonderreihe: Grazer Nuntiatur.
I.Band: Nuntiatur des Germanico Malaspina. Sendung des Antonio Pos-
sevino 1580-1582, bearb. v. Johann Rainer. Wien 1973.

Maurer, Justus: Prediger im Bauernkrieg. Stuttgart: Calwer 1979.
XVI, 663 S. gr. 8' = Calwer Theoloeische Monographien, Reihe B,
5. Kart. DM68,-.

Maurer (= M.) möchte d:. " »-heit der jüngsten rechtlich .:
ökonomisch akzentuierten BaueniKricgsL. ojhung mit seiner Arbeit
(einer Dissertation bei M. Brecht) über die lokale Schriftauslegung ergänzen
. In einem systematischen Teil (1-324) befaßt er sich zunächst
mit den Hauptmerkmalen der Reformation, d. h. der reformatorischen
Verkündigung als dem Hauptanliegen (kein namhafter reformatorischer
Prediger verstand die Reformation von Anfang an als
Aufruhrauftrag), dem Stellenwert anderer Motive in der reformatorischen
Verkündigung (wenige Prediger mit eigenständigen nationalen
und ökonomischen Interessen) und der sozialen Stellung der
Reformatoren (die intellektuellen Prediger als Einfallstor der Reformation
). Danach widmet er sich der kirchlichen Verkündigung und
ihren Folgen: Stellenwert des Wortes Gottes, freie Pfarrerwahl,
Laienaufwertung, Ablehnung der römischen Kirche (Priesterstand,
Messe, Dogmen und Bräuche), Bewußtsein der Zeitenwende (23-60).
M. kommt zu dem Ergebnis, daß die reformatorische Verkündigung
zu den genannten Problemkreisen bereits den Bauernkrieg mit vorbereitete
(23.59). Gleiches gilt auch von den weltlichen Forderungen
der Reformatoren, Reform der Besitzverhältnisse, Zehntfrage, Kritik
am Kapitalismus (Wucher, Zins, Monopole), an den Rechtsverhältnissen
(Leibeigenschaft, Rechtsprechung, Verfassung, Kriegsdienst
) und an der Erziehung (Arbeit, Schulen). Doch nicht sie waren
der Hauptbeitrag der Reformatoren zum Bauernkrieg. Dieser bestand
vielmehr „in den epochemachenden Angriffen der Reformatoren auf
die Kirche" (94). Der Aufruhrfrage vor dem Bauernkrieg wendet sich
M. anschließend zu (95-123). Nicht nur die als radikal bekannten
Prediger drohten als Folge der Repression gegen das Evangelium mit
dem Aufruhr, sondern auch z. B. Jakob Otter oder, am unbedenklichsten
, Zwingli (99). Die altgläubige Seite argumentierte ihrerseits
mit dem Aufruhrvorwurf als Folge der reformatorischen Verkündigung
. In der Obrigkeitsfrage, vor die sich die Reformatoren vor
allem dadurch gestellt sahen (124-160), gab es zwar eine gemeinsame
biblische Basis (Obrigkeitsgehorsam, Vorrang des Gottesgehorsams),
im einzelnen aber große Unterschiede zwischen Luthers und Zwingiis
Obrigkeitslehre, und eine Fülle von Differenzierungen innerhalb der
beiden Haupttypen. Im Kapitel „Bauernkrieg und Reformation"
(161-197) bemüht sich M. um den Nachweis, „daß die Reformation
nicht nur auf manchen Sachgebieten die Ursache, sondern zu einem
guten Teil der Inhalt des Bauernkriegs gewesen ist" (161). Mit den
letzten beiden Kapiteln des 1. Teils, „Das Verhalten der reformatorisch
gesinnten Geistlichen Süddeutschlands im Bauernkrieg"
(198-246) und „Die beteiligten Geistlichen in der Katastrophe des
Bauernkriegs" (247-275) kommt M. zum Kern seiner Arbeit. Vom
Verhältnis von Evangelium und Gewaltanwendung her gesehen,
spaltet sich die Reformation am Bauernkrieg in eine konservative
Seite (Stellungnahmen zu den 12 Artikeln von Brenz, Rhegius u. a.)
und in vielgestaltige Mitarbeit im Bauernkrieg durch Predigten,
durch Führen, Raten und Schreiben sowie durch Kämpfen und Plündern
. Das Schicksal der reformatorischen Geistlichen in Süddeutschland
nach der Niederlage der Bauern hing nicht nur vom Ausmaß
der Aufruhrbeteiligung ab, sondern auch von der Macht der altgläubigen
Gegner und dem Einfluß eventueller Fürsprecher. Der
Bogen spannte sich von Absetzung und Ausweisung über Flucht bis
zur Hinrichtung. Im Verhalten der reformatorischen Geistlichen zur
Obrigkeit nach der Niederlage dominieren der Nachweis der eigenen
Obrigkeitstreue, das Streben nach Zusammenarbeit von Kirche und