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Ausgabe:

1982

Spalte:

13-17

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Traditio, Krisis

Titel/Untertitel:

Renovatio aus theologischer Sicht 1982

Rezensent:

Pältz, Eberhard

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 1

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wahren, ja es wieder neu zu entdecken haben, wenn anders sie nicht
nur eine Form gesellschaftlichen Zusammenseins, sondern Kirche,
Kirche Jesu Christi, bleiben und werden will" (307).

Man legt diesen inhaltreichen Band aus der Hand mit Dankbarkeit
und in der Hoffnung, daß viele Gedanken von Walter Dress weiterwirken
möchten.

Rostock Gert Haendler

[Zeller, Winfried:] Traditio - Krisis - Renovatio aus theologischer
Sicht. Festschrift Winfried Zeller zum 65. Geburtstag, hrsg. v. B.
Jaspert u. R. Mohr. Marburg: Elwert 1976. XVII, 676 S. gr. 8". Lw.
DM 70,-.

Diese, dem Marburger Kirchenhistoriker gewidmete, von Herausgebern
und Verlag sorgfaltig betreute1 und ansprechend gestaltete
Festschrift2 zeichnet sich durch ihre thematische Profilierung wie den
geistigen Reichtum und die hohe Qualität der Beiträge besonders aus.
Der Jubilar, dessen Lebenswerk in Lehre und Forschung in enger
Verbindung mit dem für Jahre gleichzeitig versehenen Amt des Gemeindepfarrers
entstanden ist, hat, wie die unter dem für das Werk
bezeichnenden Titel „Theologie und Frömmigkeit"3 erschienenen
Gesammelten Aufsätze erweisen und der mit dieser Festschrift bekundete
Dank erneut bestätigt, durch seine perspektivenreichen
Spezialuntersuchungen zur Geschichte der Frömmigkeit4 die kirchengeschichtliche
Arbeit wesentlich und tiefwirkend gefördert5. Von
der Erschließung des Werkes Valentin Weigels ausgehend, hat W.
Zeller mit Gelehrsamkeit und Hingabe dem Problem Traditio -
Krisis - Renovatio besondere Aufmerksamkeit gewidmet.6

Da aus Raumgründen eine eingehende Würdigung, die allen Beiträgen
gerecht zu werden sich bemüht, nicht möglich ist, sei versucht,
zumindest den Radius der behandelten Themenbereiche zu markieren
. Es muß jedoch betont werden, daß die Hervorhebung des einen
oder anderen Beitrages in dieser Rezension nicht das Mißverständnis
nahelegen möchte, als würden die weiteren gewichtigen Forschungsbeiträge
nicht gebührend beachtet: Allen Mitarbeitern gebührt
gleichermaßen Dank für Belehrung, Klärung und geistige Bereicherung
.

Beeindruckend ist die ökumenische Weite, sowohl in Hinsicht auf
die Themen der Beiträge wie die regionale und kirchliche Herkunft
der Verfasser; das Autoren Verzeichnis S. 658 f weist aus, daß neben
den Mitarbeitern aus dem deutschsprachigen Raum Gelehrte aus den
USA, Italien, Spanien, den Niederlanden und Großbritannien, aber
auch aus Griechenland, Belgien, Canada und den Philippinen vertreten
sind. Von den 52 in dem Band enthaltenen Beiträgen sind 9 in
Englisch, 3 in Spanisch, je 1 in Italienisch und Französisch abgefaßt.
Vom Umfang her überwiegen verständlicherweise die Untersuchungen
zur Kirchengeschichte (29 Titel); der Systematischen Theologie
sind 10. der Praktischen Theologie 6, der Biblischen Theologie 2, der
Kunst und Musik sind 5 Beiträge gewidmet. Persönliche Gruß- und
Dankesworte der Herausgeber, von kirchlichen Amtsträgern - unter
ihnen der evangelische Bischof von Kurhessen-Waldeck und der
katholische Bischof von Fulda - und ein Glückwunschschreiben
Rudolf Bultmanns leiten den Band, dem ein Porträt des Jubilars beigegeben
ist, ein.

Auf die biblische Thematik bezogen sind die Beiträge von A. H. J.
(iunneweg (Heil im Gericht. Zur Interpretation von Jeremias später
Verkündigung) und von O. Hagemeyer OSB, deren Exegese von
Mt 5,39, mit dem Untertitel: Beispiele heutiger Interpretation der
Bergpredigt, der Spezifik der Botschaft Jesu im Kontext christlicher
Weltverantwortung Ausdruck gibt.

Ein besonderes Gewicht im Rahmen der Gesamtkonzeption
haben, zusammen mit den tiefschürfenden „Gedanken zur Bewältigung
der gegenwärtigen Krise" von O. Kaiser, die den kirchen-
geschichtlichcn Teil einleitenden grundsätzlichen Ausführungen von
B. Jaspert „.Krise' als kirchengeschichtliche Kategorie", die mit

Bezug auf W. Zellers Analyse der Frömmigkeitskrise in der dritten
nachreformatorischen Generation, J. Burckhardt und J. Ortega y
Gassets Sicht der ,Krise' eine beachtenswerte, K. Barth und R. Bultmann
verpflichtete theologische Krisis-Definition gewinnen. Die kirchengeschichtlichen
Aspekte des Themas kommen zum Ausdruck in
den Beiträgen zur Geschichte der Alten Kirche von L. S widler (Gre-
co-Roman Feminism and the Reception of the Gospel)7 und
A. Niebergall (Tertullians Auffassung von Ehe und Eheschließung
) und zur mitlelalterlichen Kirchengeschichte von W. J. Goch
ee (A Textual View of the Struggle of the Early Medieval Church
in the West), D. Baker (Patronage in the Early Twelfth-Century
Church), W. Ulimann (Dante's "Monarchia" as an Illustration of a
Politico-Religious "Renovatio") und W. Hage (Christentum und
Schamanismus. Zur Krise des Nestorianertums in Zentralasien). Eine
thematisch breit gefächerte Phänomenologie des Problems vermitteln
die Beiträge zur neueren Kirchengeschichte seit der Reformation.
Diese Festschrift dürfte für Arbeiten zur neueren Kirchengeschichte
künftig unentbehrlich sein. P. F. Barton behandelt „Variationen
zum Thema: Bauernkriege und Reformation". Den Forschungen des
Jubilars besonders nahe stehen die Untersuchungen zur Frömmigkeitsgeschichte
, zur Geschichte der Hymnologie und zum Spiritualismus
und Pietismus: von R. Mohr über die Krise des Amtsverständnisses
im Spiritualismus und Pietismus (mit Bezugnahme u. a. auf
Karlstadt, Seb. Franck, V. Weigel, G. Arnold), von C. P. van Andel
über P. Gerhardt (P. G., ein Mystiker zur Zeit des Barock), von H. W.
Surkau („Zeugnisse der Liebe zur Gottseligkeit") über die Lieder
des Weilburger Superintendenten J. A. Hasslocher (1645-1726), von
M. Schmidt zur Andachtsschrift des - als Jansenisten befehdeten -
französischen Oratorianers P. Quesnel „Le Bonheur de la Mort
chretienne" (1686), einem bedeutenden Zeugnis der christlichen Meditationsliteratur
, dessen Eigenart und Bedeutung eingehend dargestellt
werden. H. Weigel t berichtet aufgrund einer in der Schwenck-
felder Library, Pennsburg, Pa., vorhandenen Quelle über den apokalyptischen
Publizisten und Streiter für Pazifismus und soziale Gerechtigkeit
L. F. Gifftheil (1595-1661) und dessen Besuch in Schlesien
1626 (L. F. G. und die Schwenckfelder in Schlesien). Der Pietismus
-Forschung gewidmet sind die Beiträge von E. Peschke über
Speners Wiedergeburtslehre und deren Verhältnis zu Franckes Lehre
von der Bekehrung8, eine für die frömmigkeits- und theologiegeschichtliche
.Ortsbestimmung' beider prägenden Gestalten des Pietismus
grundlegende Studie, von J. F. G. Goeters über G. Arnolds Anschauung
von der Kirchengeschichte, eine Zusammenschau der Entwicklung
Arnolds und seines Werkes, unter bes. Berücksichtigung der
Genesis und Ausprägung seiner Kirchengeschichtsanschauung,
schließlich die Untersuchung von Dietrich Meyer zum Verhältnis
von Natur und Gnade bei Zinzendorf (Z.s Sehnsucht nach der „naturellen
Heiligkeit"), die wesentliche Einsichten in Zinzendorfs Anthropologie
vermittelt. In diesen Zusammenhang gehören auch die
für das Gesamtverständnis J. Wesleys instruktiven Ausführungen von
F. E. Stoeffler (Tradition and Renewal in the Ecclesiology of John
Wesley) und die Abhandlung von R. Breymayer (Pietistische Rhetorik
als eloquentia nov-antiqua), der mit bes. Berücksichtigung von
Gottfried Polykarp Müller (1684-1747) das wichtige Forschungsgebiet
der pietistischen Rhetorik absteckt; auf diesen Beitrag als einem
Musterbeispiel forschungsfördernder interdisziplinärer Zusammenarbeit
zwischen Germanistik und Theologie möchte besonders nachdrücklich
hingewiesen werden. Die Verbindung zu einem der weiteren
Forschungsgebiete des Jubilars, der hessischen Kirchenge-
schichtc, stellt der Beitrag von Gerhard Müller zum Verhältnis der
Brüder August und Wilhelm Vilmar her. Ausgehend vom Reformationsjubiläum
von 1817 erörtert A. Lind t die Ursachen für das Ende
des ..Tauwetters" zwischen Protestanten und Katholiken im frühen
19. Jh.: einer weiteren Entfaltung der „ökumenischen" Motive entgegen
standen die Folgen des „Traumas der Revolution" (S. 354).
Dem Lebenswerk J. H. Wicherns sind die Beiträge von E. Beyreuthcr
und E. Schering gewidmet: E. Beyreuthcr (Traditio und Renova-