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Ausgabe:

1982

Spalte:

265-267

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lugt, Pieter van der

Titel/Untertitel:

Strofische structuren in de Bijbels-hebreeuwse poëzie 1982

Rezensent:

Booij, Thijs

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 4

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müht, die Grundbedeutung zu finden, und zwar durch die Untersuchung
aller Stellen, wo die Wurzel und ihre Derivate im AT vorkommen
. Im letzten Abschnitt seiner Arbeit kommt der Autor zum
Resultat. Im 3. Kapitel kommt er zum Schluß, daß die Gruppe
P-Q-D zur Gerichtssituation gehört oder daß die Gerichtssituation
im Hintergrund steht. Der Richter, der durch P-Q-D eingreift, ist (in
Orakeln) J-H-W-H, der in erster Linie sein Volk anklagt und richtet,
- und dann auch alle Völker. Damit ist die Frage gestellt, wo solches
Gerichtsverfahren stattfindet. Der Autor findet den Sitz im Leben des
Volkes im Neujahrfest. Damit hängt dann die weitere Frage zusammen
: Wer trägt das Urteil J-H-W-Hs, - selbstverständlich im Kult des
Neujahrfestes? Die Antwort lautet: Es ist der König als Repräsentant,
als Vertreter des Volkes, - ähnlich wie beim Akitu-Fest in Babylo-
nien. Der König wird verurteilt, weil er die Sünde des Volkes, die im
vergangenen Jahr getan wurde, trägt. Er leidet und wird dann wieder
rehabilitiert. Beim Neujahrfest wird auch das Gericht (und die Verurteilung
) über alle Völker und ihre Könige, über alle Feinde Israels
proklamiert.

Als adäquateste Grundbedeutung schlägt der Vf. für P-Q-D vor:
das Schicksal, Geschick (des Volkes oder seines Repräsentanten oder
der Feinde, ihrer Repräsentanten - oder des einzelnen) bestimmen.
Und zwar nicht nur da, wo das handelnde Subjekt J-H-W-H ist, sondern
auch da, wo die Menschen handeln und durch ihr Handeln oder
Eingreifen das Geschick anderer bestimmen und beeinflussen.

Liberec Ladislav Horäk

Lugt, Pieter van der: Strofische structuren in de Bijbels-Hcbreeuwse
poezie. De geschiedenis van het onderzoek en een bijdrage tot de
theorievorming omtrent de strofenbouw van de Psalmen. With a
summary in English. Diss. Theologische Academie uitgaande van
de Johannes Calvijnstichting te Kampen. Kampen: Kok 1980.
XIV, 614 S. gr. 8' = Dissertationes Neerlandicae. Series Theologi-
ca. Kart, hfl 77.50.

Die Frage nach der strophischen Gliederung der biblischhebräischen
Poesie ist in den letzten Jahrzehnten verhältnismäßig
wenig beachtet worden. Es ist zu begrüßen, daß die Doktorarbeit von
Van der Lugt die Problematik aufs Neue zur Sprache bringt.

Der eingehende Überblick in Kap. I gibt ein Bild von der früheren
Forschung und bringt bemerkenswerte Ansichten ans Licht. Da hat
z. B. E. W. Hengstenberg gesagt, die strophische Anordnung werde
„beherrscht von den Zahlen, welche den Israeliten in irgend einer Beziehung
als heilig und bedeutsam galten". Nach der Meinung J. K.
Zenners wäre eine erhebliche Anzahl von Psalmen zusammengestellt
aus einer oder mehreren Strophen, Antistrophen und „Wechselstrophen
", zu singen von Chor und Gegenchor. Eine auffallende Ansicht
der neueren Zeit ist jene von D. N. Freedman, der zur Bestimmung
des Strophenbaus der Zahl der Silben eine wichtige Funktion
beimißt.

Die Forschung, welche im Jahre 1825 von J. L. Saalschütz angeregt
wurde, führte besonders im 19. Jh. zur „Entdeckung" barocker Strukturen
. Daß der „Geist" Hegels mitunter nicht unbeteiligt war, dürfte
hervorgehen aus der Erläuterung H. Ewalds bei seiner Ansicht, daß
das althebräische Gedicht vorzugsweise aus drei gleichen Strophen
zusammengestellt sei: „Denn dann löst sich der widerstreit der
Empfindungen nach saz und gegensaz leicht im Schlüsse in einen höhern
einklangauf. Hierbei sind im 19. Jh. Einsichten hervorgebracht
Worden, die lange Zeit, zuweilen bis heute, wirksam geblieben sind.
Das trifft zu für die Ansicht F. Kösters, der im Jahre 1831 gesagt hat,
daß es eine Analogie zwischen Parallelismus Membrorum und Stro-
Phenbau gebe. D. H. Müller machte 1896 aufmerksam auf die Erscheinungen
von „Responsio" (Parallelismus zwischen Zeilen aufeinanderfolgender
Strophen), „Concatenatio" (Entsprechung zwischen
dem Ende der einen Strophe und dem Anfang der folgenden) und
„Inclusio" (Entsprechung zwischen Anfang und Ende eines Abschnitts
). Als Kriterium zur Abgrenzung von Strophen hatte man von

Anfang an den Kehrvers betrachtet. Forscher des 20. Jh. fugten neue
Kriterien hinzu. Nach der Meinung E. Beaucamps könnten Wörter
wie hinneh und w 'attä, öfters auch der Wechsel von Tempus und
Personalform, wichtig sein für die Einteilung des Gedichts.
Th. P. Wahl nennt als Merkmale strophischen Zusammenhangs unter
anderem die syntaktische Verbindung und (in der Nachfolge anderer
) die Wiederholung: Wiederholung von Wörtern, syntaktische
Wiederholung, lautliche Wiederholung. Außer dem stilistischen Aufbau
ist in der Analyse selbstverständlich der logische Zusammenhang
wichtig; immer wieder wird in der Diskussion die Frage laut, ob einer
der beiden Aspekte - der formelle oder der inhaltliche - den Vorzug
habe. Allerdings ließ nicht jeder sich davon überzeugen, daß die althebräische
Poesie (oder vieles davon) im eigentlichen Sinne strophisch
gegliedert ist. Unter denjenigen die sich skeptisch oder reserviert
verhielten, waren Gelehrte wie K. Budde, E. Sievers,
G. B. Gray. In der zweiten Hälfte des 20. Jh. ist die skeptische Einstellung
ziemlich allgemein geworden.

Eine komplizierende Sache war das Problem der Verszeile. Dem ist
ein spezielles Kapitel (II) gewidmet, das wiederum einen historischen
Überblick umfaßt. Ausgehend von der heute landläufigen Auffassung
, daß das Distichon ein Grundelement althebräischer Poesie ist,
untersucht der Vf. die Struktur von distichischen Verszeilen, sowie
von Tristichen und Monostichen.

Schließlich bringt Vf. seine eigene Ansicht über den Strophenbau.
Dazu analysiert er in Kap. III 57 Psalmen auf Grund von (a) Inhalt;
(b) Wörtern und Formen die den Anfang oder den Schluß der Einheit
anzeigen möchten; und (c) „externen Parallelismus". Mit letzterem
ist die Wiederholung oder Korrelation von Elementen in aufeinanderfolgenden
oder entfernten Zeilen gemeint. Dieses Verfahren ergibt
für fast alle betreffenden Texte eine Gliederung in Strophen und in
die größeren Abschnitte von Stanzen und eventuellen Sub-Stanzen.

Außer den Texten, deren Analyse er in seiner Abhandlung vorlegt,
hat der Vf. auch die Mehrzahl der übrigen Psalmen analysiert. Ein
Gesamtüberblick der strophischen Strukturen wird in Kap. IV dargeboten
, zuerst in der Folge der Psalmen, dann in systematischer Anordnung
. Nach den strophischen Prinzipien wird die Funktion der
verschiedenen Versarten im Aufbau der einzelnen Strophen sowie
der tristichischen und stichometrisch gemischten Strophenarten im
Aufbau des Gedichtes behandelt.

Der Autor selbst deutet darauf hin, daß die Regelmäßigkeit des
Aufbaus zunächst auf der Ebene der Stanzen zu suchen sei (S. 478).
Sicherlich überzeugt eine Einteilung in diese größeren Einheiten oft
am meisten. Die im engeren Sinne strophische Struktur ist nicht immer
in gleichem Maße evident. Das Urteil Wahls, der von einer „be-
wildering variety" spricht, wird von Van der Lugt abgelehnt (S. 536).
Sieht man sich aber die Übersicht auf S. 480-482 an, so wird man den
Strophenbau, so wie ihn der Vf. sich vorstellt, doch immerhin sehr
variiert nennen müssen. Man fragt sich, ob diese variierte und dabei
einigermaßen komplizierte Struktur wirklich stets aus den Texten
herauszulesen ist.

In diesem Zusammenhang muß die Art und Weise-der Analysen
und ihre Beschreibung näher betrachtet werden. Hierbei sei vorausgesetzt
, daß das Prinzip der Analysen, nämlich das sorgfältige Abtasten
des Textes nach strukturellen Hinweisen, zweifellos richtig ist und
häufig zu überzeugenden Ergebnissen führt. Einige der herangezogenen
Indikationsarten sind aber m. E. nicht sehr stark: z. B. die Wiederholung
von Präpositionen oder Pronomina in verschiedenen semantischen
Funktionen oder in örtlicher Entfernung (z.B. S. 259:
ZO t in Ps44,18.22, hü in v. 5.22; S. 273: be in Ps 50,7.15; S.404:
be'n Ps 122,1.2); die Wiederholung von Elementen ohne entsprechende
Stellung oder erkennbares Schema in den gefundenen Einheiten
(siehe z. B. Analyse 4.3 auf S. 233); Arten von „Alliteration"
(S. 247: lyhwh 'itti I 'elä[yjw in Ps 34,4.6; S.402: 'kl / al in
Ps 121,1.3). Es ist zu bedauern, daß neben den zweifelhaften Fällen
die vielen vorzüglichen Beobachtungen bisweilen Gefahr laufen,
nicht genügend geschätzt zu werden.