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Ausgabe:

1982

Spalte:

225-226

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Herausforderung: Religiöse Erfahrung 1982

Rezensent:

Heidrich, Peter

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Seite 1

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225

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 3

226

Willis, David: Contemporary Theology and Prayer (Interp. 34, 1980
S. 250-264).

Wo steht die Kirche heute? (Themenheft Concilium 17, 1981, Heft 6/7):

Feret, Henri-Marie: Das Wort Gottes und seine Souveränität in der Kirche
der Gegenwart (S. 443^452).

Chenu, Marie-Dominique: Die Neubelebung der trinitarischen Grundstruktur
der Kirche (S. 453^*60).

Ruggieri, Giuseppe: Die Wiederentdeckung der Kirche als evangelischer Gemeinschaft
der Brüderlichkeit (S.460-470).

Komonchak, Joseph: Die Kirche ist universal als Gemeinschaft von Ortskirchen
(S. 471-476).

Kretschmar, Georg: Die eschatologische Spannung im heutigen Leben der

Kirchen (S. 477-481).
Amalorpavadass, Duraisamy: Die Armen ohne Stimme und ohne Macht

(S. 482^t89).

Mushete. Ngindu: Das Verhältnis der Kirche der Christenheit zu den neuen

Kulturen der Dritten Welt (S. 489-496).
Borresen, Kari Elisabeth: Frauen und Männer in der Schöpfungserzählung

und in der Kirche (S. 497-503).
Christo, Carlos Alberto Libanio: Der Mensch in der Masse und das Gebet

(S. 504-509).

Acerbi, Antonio: 'Die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils in

einem veränderten historischen Kontext (S. 510-517).
Marc, Gabriel: Der quantitative Bestand der katholischen Kirche

(S. 518-522).

Dianich, Severino: Wo steht die Ekklesiologie? (S. 523-527).

Praktisch« Theologie: Allgemeines

Reller, Horst, u. Manfred Seite [Hrsg.]: Herausforderung: Religiöse
Erfahrung. Vom Verhältnis evangelischer Frömmigkeit zu Meditation
und Mystik. Oöttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1980.
212 S. 8 Kart. DM19,80.

Die Aufsätze dieses Buches sind durchweg Referate des 23. Pastoralkollegs
der VELKD, das im September 1976 in Bergkirchen-Lippe
stattfand. Drei Elemente, heißt es in der Einführung, seien für „Mystik
" herauszuheben: ein religiöses Weltverständnis, regelmäßige und
systematische Frömmigkeitsübungen, das Ziel eine'r unmittelbaren
..Gotteserfahrung" (Erfahrung der „Ganzheit"). Auf diesem Hintergrund
mache die religiöse Situation Westdeutschlands und Westeuro-
Pas das Thema Mystik hochaktuell. Albrecht Ritsehl und Adolf v.
Harnack werden mehrfach im Buch erwähnt, sie prägten bis heute
das Verständnis bzw. Unverständnis evang. Theologie Tür Mystik.

Karlmann Beyschlag ist mit zwei großen Beiträgen vertreten. Er
stellt Dag Hammarskjöld als Mystiker unserer Tage vor. Eindringlich
fragt er nach dem Sinn von Hammarskjölds innerem Auftrag. Bey-
schlags zweiter Aufsatz versucht mystische Erfahrung zu erhellen anhand
einer Deutung von Euagrios Pontikos und Symeon dem Neuen
Theologen. Mystik sei aus Nichtchristlichem importiert, dabei aber
doch christlich verwandelt worden. Moderne evang. Kritik an der
Mystik habe bei Paulus ihre Dominante gehabt (und die Evangelien
und Johannes übersehen), zudem sei dieser Paulinismus mindestens
latent auch Kantianismus gewesen. Die gegenwärtige Meditationswelle
sei zu befragen, ob sie nur eine Abwandlung grundsätzlicher
Machbarkeit aller Dinge sei.

Albrecht Peters versucht den Ort von Gebet und Meditation zwischen
prophetischer Gottesbegegnung und mystischer Gotteseignung
zu bestimmen. Im Bereich der Meditation, auch innerhalb christlicher
Überlieferung, sieht er den entscheidenden Unterschied zwischen
einer Einungsmeditation und einer Gebetsmeditation. Letztere
sei christlich, denn in ihr sei kein Sich-Verströmen ins weite Meer der
eigentlichen Gott-Wirklichkeit intendiert. Dennoch seien leiblicher
Vollzug, sei Besinnung auf unser Geschöpfsein im Kosmos allen
Weisen des Meditierens gemeinsam. Die Struktur des Kollektenge-
bets sei die Grundform christlicher Meditation. Franz von Sales'

Anweisungen zum Meditieren folgten der im Kollektengebet vorgezeichneten
Ordnung. Des weiteren stellt Peters verschiedene Formen
des Meditierens vor, die Meditation der Gebärde, des Zeichens, der
Ikone, ferner wiederholende Gebete wie das des Rosenkranzes. Ignatius
von Loyolas Exerzitienbuch ist ihm der Höhepunkt abendländischer
Betrachtung. In der Gegenwart meint Vf. zu beobachten, daß
von den Bildern der Natur in den Übungswegen bei Happich oder
Jung eine Transposition auf die Technopolis hin erfolge, er möchte
das in den Zeichnungen in Kinderbüchern belegt sehen. Peters' Aufsatz
bietet anregendes Material, die Auseinandersetzung um die Wertung
von Einungs- und Gebetsmeditation, die er beide innerhalb der
christlichen Tradition sieht, wünscht man sich ausführlicher.

Johannes Viebig beschreibt evang. Meditation als „Übung des
Wortes Gottes". Seinem Referat spürt man ab, wie darin Erfahrungen
mit Meditationstagungen verarbeitet worden sind. Winfried Zeller
legt eine reiche Studie über Luthertum und Mystik vor, von Johann
Tauler bis Matthias Claudius, Horst Reller macht auf einen lutherischen
Mystiker aufmerksam, der zugleich ein Sozialkritiker gewesen
ist, auf Joachim Lütkemann. Dem Vorurteil, das Luthertum sei
traditionsgemäß unpolitisch, wehrt dieser Aufsatz. Eine Bibelarbeit
von Jürgen Roloff geht der religiösen Erfahrung des Paulus 2Kor
12,1-10 nach; er führt die Widerspiegelung dieser Erfahrung auf dem
Hintergrund jeweils vorherrschender Theologumena vor und ordnet
dann diese Erfahrung so ein, daß sie nicht den Apostolat begründe.

Eine Frau ist unter den Autoren des Bandes, sie ist als einzige keine
Theologin, sondern Ärztin. Ihr Thema heißt: Mystik und Meditation
in der Orthodoxie, und das meint hier die Ostkirche. In diesem Aufsatz
wird nicht reflektiert, hier stellt sich ostkirchliche Frömmigkeit
dar. Vfn. veröffentlicht nicht zum ersten Mal etwas zur Frömmigkeit
der Ostkirche, Kenntnis und innere Nähe sind unverkennbar. Die
Frage nach evang. Frömmigkeit wird hier nicht gestellt, das Vorwort
des einen Herausgebers sieht die Rolle des Aufsatzes von Alla
Selawry darin, Vergleichsmaterial zu bieten: eine fachtheologische
Interpretation dieses schönen Aufsatzes hätte zum Verständnis spezifisch
evangelischer Frömmigkeit viel beitragen können.

Rostock Peter Heidrich

SchOrmann, Heinz: Die Mitte des Lehens linden. Orientierung für
geistliche Berufe. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1979. 144 S. 8'.
Kart. DM 18,50.

Wer an dem Buch Geschmack finden will, muß sich einlesen. Dabei
ist es mir so ergangen, daß ich diese „Meditationen" ihrer Reihenfolge
nach mit steigender Bewegung gelesen habe. Besonders gelungen
wirkt der letzte Beitrag: „Der Presbyter von morgen". Besonders hier,
aber auch sonst wird die Anfechtung laut, die den katholischen Priester
von neute erschüttert. Und dem evangelischen Pfarrer geht es damit
gewiß nicht anders. „Die gesellschaftliche ,Ortlosigkeit' ist es
doch g;wiß letztlich nicht, welche Priester heute rollenunsicher und
müde macht... Am Ende ist es immer eine geistliche Desorientiertheit
, die verunsichert und lähmt" (S. 5). Zugleich werden Töne der
Zuversicht laut. Denn der Titel des Buches will Gott als „Mitte des
Lebens" bezeugen; und zwar für Priester und für alle, „die in einem
geistlichen Dienst gerufen sind ..., ihren je eigenen Ruf zu hören und
die Mitte ihres Lebens zu finden" (S. 5). Die vier meditativ gehaltenen
Vorträge sind aus Anlaß von „Jubiläumsfeierlichkeiten von Priesterausbildungsstätten
oder von Priestern nach 25 Jahren . . . vorgetragen
" (S. 50-

Der erste Vortrag, „Die zwei unterschiedlichen Berufungen,
Dienste und Lebensweisen im einen Presbyterium" (S. 11-40), ist
exegetisch dicht angelegt und will „die eigene Berufung deutlicher in
den Blick heben" (S. 5). Über der Betonung des sakramentalen Wesens
des Priestertums kommt leicht die pastorale Gemeindeleitung
sowie die Wortverkündigung zu kurz. Dem will Vf. wehren, indem er
von der Berufung des Christen zum „Sklaven Christi" ausgeht. Von