Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1982

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

219

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 3

220

Der Antichrist und die Fünfzehn Zeichen vor dem Jüngsten Gericht.

Faksimile der ersten typographischen Ausgabe. Inkunabel der
Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, Inc. fol.
1 16. Faksimileband, 48 S. im Originalformat m. 62 Holzschnitten.
Kommentarband m. Beiträgen von K. Bovcland, Chr. P. Burger,
R. Steffen, 160 S. Hamburg: Wittig 1979. 4 2 Bde Lw. im Schuber
DM 220,-.

Im Friedrich-Wittig-Verlag ist 1979 das Faksimile des Wiegendruckes
„Der Antichrist" und „Die Fünfzehn Zeichen vor, dem
Jüngsten Gericht" in zwei Bänden veröffentlicht und kommentiert
worden, das sich im Besitz der Stadt- und Universitätsbibliothek
Frankfurt am Main befindet. Diese äußerlich und buchgestalterisch
sehr ansprechende Publikation macht damit nicht nur eine bibliophile
Kostbarkeit der Frankfurter Bibliothek einem größeren Publikum
zugänglich, sondern stellt gleichzeitig einen besonderen Zweig
der spätmittelalterlichen Andachtsliteratur in repräsentativer Weise
vor. Die Antichrist-Bücher sind in kunstgeschichtlicher wie auch
theologie- und kirchengeschichtlicher Hinsicht für die Erforschung
des Spätmittelalters eminent wichtig, geben sie doch ein eindrucksvolles
Zeugnis für die Frömmigkeit jener Epoche ab. Die künstlerisch
interessanten, sehr expressiv gestalteten Holzschnitte sind ein erneuter
Beleg dafür, daß man keineswegs berechtigt ist, die Zeit kurz vor
der Reformation der Andersartigkeit ihrer Frömmigkeit wegen als
religiöse Verfallszeit abzutun. Deshalb haben es die Herausgeber
auch nicht bei der Veröffentlichung des Faksimile belassen, sondern
eitlen Kommentarband zugefügt, in dem Karin Bovcland den Bildertext
/um Antichrist und den Fünfzehn /.eichen sehr gelungen in die
heutige Sprachform übertragen hat, C hristoph Peter Burger ausführlich
über die Endzeiterwartung im späten Mittelalter handelt und
Ruth Stellen die Druckgeschichtc des Antichrist untersucht und mit
anderen Buchillustrationen vergleicht.

Christoph Peter Burgers Untersuchung über die Endzeiterwartung
des späten Mittelalters differenziert den Frankfurter Bildertext von
somer wichtigsten theologischen Quelle, dem „Compcndium der
theologischen Wahrheit'* des Straßburger Dominikaners Hugo Ripe-
lin (gest. 1268) und der berühmten Legenda aurea des Jacobus a Vo-
ragine. Dadurch findet gleichzeitig eine Darstellung der Wirkungsgeschichte
mittelalterlicher Frömmigkeitsliteratur statt, die für die Erforschung
ma. Kunst und Theologie immer wieder fesselnd ist. So
äußert sieh /. B. in den Bildertexten eine Form der Sündenlehre, die
sowohl an scholastische Traditionen anknüpft als auch Aspekte zeigt,
die die spätere reformatorische Theologie aufgreifen kann. Wenn
auch die Aufarbeitung der Antichrist-Thematik durch Burger Wichtiges
und Neues exakt und gut lesbar darstellt, hätte sich die Rez.
doch noch ein paar Worte zur geschichtlichen Entwicklung der Antichrist
-Erwartung gewünscht, gerade weil dieses Thema auch von der
Theologiegeschichte des MA meist übergangen wird.

Ruth Steifen unternimmt in ihrem Kapitel zur Druckgeschichte
des Antichrist subtile Stilverglciche. die sich auch noch auf verschiedene
Handschriften beziehen. Dabei gelingt es ihr, noch weitere Werke
des Antichristmeisters zu bestimmen. Dadurch wird der unbekannte
/eichner als ein recht bedeutender Künstler erkennbar. Auch
von der stilkritischen Seite her kann damit das Genre eines Antichrist
-Zyklus in seiner Bedeutung für die vielgestaltige spätma. Frömmigkeit
erfaßt werden: Der Antichrist-Zyklus steht in Parallele zur
Biblia pauperum und dient so als Instrument der religiösen Erziehung
. Dürers Apokalypse und Cranachs Antichrist sind auf dem Hintergrund
solcher Traditionen wie der Frankfurter Inkunabel entstanden
und führen diese Tradition dann nicht nur zum Höhepunkt, sondern
auch zum Abschluß.

Berlin Gerlinde Wiederinden

Beckmann. Pctcr: Das Christusbild im Werk von Max Beckmann (KuKi 19X1
S. 16-22).

Biemel. Walter: Sartrcs Leben als sein Werk (ZW 52. 19X1 S. 65-XO).

Biser, Eugen: Das Bild in der Stunde des Bildersturmes (KuKi 1981 S. 4-9).

- : Dichterisches Auferstehungszeugnis. Zur Frage der theologischen Relevanz
von Novalis'Hymnen an die Nacht (ZW 52, 1981 S. 92-106).

- : Grenzerfahrungen der Liebe. Gertrud von le Fort zur Frage der religiösen
Erfahrung(WuA[M] 22, 1981 S. 57-59).

Blankenburg, Walter: Zum Telemann-Jahr(MuK 51, 1981 S. 54-58).
Dorfmüller, Joachim: Orgelsonate zwischen Historismus und Avantgarde

(MuK51, 1981 S. 82-90).
Gewalt, Dietfried: Ecce homines(KuKi 1981 S. 30-33).
Hasenhüttl, Gotthold: Die Gottesfrage im Werk Jean-Paul Sartres (ZW 52,

1981 S.Jil-91).

Kappner, Gerhard: Hugo Distler und der Aulbruch der Kirchenmusik (MuK
51, 1981 S. 58-66).

Kuschel, Karl-Josef: Christus inkognito. Zum Jesusbild deutschsprachiger

Gegenwartsliteratur (KuKi 1981 S. 10-15).
Mai, Hartmut: Probleme des sächsischen Kirchenbaus des 19. Jahrhunderts

(HerChr 12.1979/80 S. 113-124).
Meißner, Karl-Heinz: Christliche Bildthemen in der Kunst der DDR (KuKi

1981 S. 34-37).
Norn.Otto: Et ridderkors (KHS I980S. 11-30).

Pedersen, Jorgen: Vera Minerva: om Anders Sunesons praesentation auf
Hcxaemeron som kristent digterv<erk (KHS 1980 S. 31-73).

Poos. Heinrich: Ernst Peppings Liedmotetten nach Weisen der Böhmischen
Brüder (MuKi 51, 1981 S. 67-82).

Rüsch, Ernst Gerhard: Die Bedeutung der Glocken im Werk Jeremias Gott-
helfs (Zwing. XV, 1980 S. 173-214).

Schwebel. Horst: Gibt es ein abstraktes Christusbild? (KuKi 1981 S. 23-26).

Volp, Rainer: Christusbilder von Arnulf Rainer(KuKi 1981 S. 27-29).

Systematische Theologie: Allgemeines

Eicher, Peter: Offenbarung. Prinzip neuzeitlicher Theologie.
München: Kösel-Verlag 1977. 600 S. 8

In der neuzeitlichen Theologie ist dem Offenbarungsbegriff eine
zentrale Funktion zugewachsen. Über die Konfessionsgrenzen hinweg
versteht sich Theologie in der Neuzeit als Offenbarungstheologie.
„Alle Differenzen der gegenwärtigen Theologien untereinander sind
zu bloßen Differenzen innerhalb des Offenbarungsdenkens geworden
" (17). Das ist die Hauptthese dieser ungewöhnlich interessanten
und gründlichen Studie P. Eichers. Der Vf. spricht damit einen
keineswegs selbstverständlichen Sachverhalt an, vielmehr entzündet
sich das Interesse dieser katholisch-theologischen Habilitationsschrift
gerade an dem eigentümlichen Umstand, daß mit dem Offenbarungs-
begriff „in der Neuzeit ein Terminus zur obersten Kategorie des reflektierten
christlichen Selbstverständnisses gelangt ist, welchem kein
wirkliches Äquivalent in der Bibel und in der Theologie der Väter
entspricht" (18). Es müssen also besondere Gründe vorliegen, die die
katholische wie die evangelische Theologie veranlaßt haben, ihrer
methodischen und kritischen Selbstreflexion gerade diese (iestalt zu
geben. Diese Gründe, das ist die zweite gewichtige These der Arbeit,
liegen in der Aufklärung. In der Auseinandersetzung mit der natürlichen
Religionsphilosophie, der auf ihr begründeten Rcligionskritik
und dem Autonomieprinzip der Aufklärung des 17. und IX. Jahrhunderts
konstituiert sich die Theologie als Offenbarungstheologic. Während
die katholische Theologie diese Systematisierung unter Rückgriff
auf die Scholastik vollzieht, bleibt die evangelische Theologie
nach dem Urteil des Vf. „zumindest formal mehr dem aufklärungskritischen
Denken der SelbslolTenbarung Gottes durch den deutschen
Idealismus verpflichtet" (48). Diesen Prozeß will die Arbeit rekonstruieren
.

In einem einleitenden Teil über „Das Prinzip der Offenbarung"
(15-69) tastet sich der Vf. unter Berücksichtigung des biblischen Befundes
, der patristischen Tradition und der neuzeitlichen Verwendung
zu einer vorläufigen Bestimmung des Begriffs „Offenbarung
" vor und spricht sich über die nähere Aufgabe seiner Arbeit
aus. Im Anschluß daran wird in 6 breit angelegten und tiefschürfen-