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Ausgabe:

1982

Spalte:

186-189

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Oesch, Josef M.

Titel/Untertitel:

Petucha und Setuma 1982

Rezensent:

Conrad, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 3

Bochum Henning Graf Reventlow

dem jetzt allgemein vertretenen individuellen Verständnis. Gänzlich doch gewünscht, daß die Untersuchung sich auf die Fälle beschränkt

unberücksichtigt geblieben ist die neueste kritische Sekundär- hätte, die einigermaßen erkennbare Spuren prophetischen Wrkens

literatur; im allgemeinen hören die Belege mit dem Ende der sechzi- aufweisen. Die Ausweitung auf die Rolle des Vorbeters in den Indivi-

ger Jahre auf. dualpsalmen überschreitet eindeutig die hier zu ziehenden Grenzen.

Im ersten Teil werden behandelt: Ps 81; 95; 50; das Mirjam-Lied Im übrigen verrät der Band einen lebenslangen vertrauten Umgang
Ex 15 (alle bereits aus vormonarchischer Zeit), in denen jeweils ein des Vf. mit den Psalmen, liebevolle Einführung in ihre Aussagen,
kultprophetisches Orakel auftritt. In Ps 78, aus der Zeit Salomos (65), aber auch einen Standpunkt, der in mancher Hinsicht auffallend altsucht
ein Kultprophet Lehren aus der Geschichte zu ziehen und be- modisch erscheint. Manche der extravaganten Übersetzungsvor-
tont die Davids-Erwählung; ähnlich Ps 132 und Ps 89, dessen ent- Schläge zu einzelnen Wendungen dürften kaum Zustimmung linden,
sprechendes Orakel auf eine seit Beginn der Monarchie ununter- aber auf jeden Fall enthält der Band viele Anregungen, die das Verbrochene
Tradition von Kultprophetie in Form von Psalmodie hin- ständnis des Psalters bereichern,
weist (76). Auch Ps 110 gehört in die gleiche Gruppe der kultprophetischen
Königspsalmen. Ps 15 und 24 zeigen kultprophetische Bemühung
auch um sozialethische Lehre, wobei Ps 15 („heiliger Berg" =

nicht Zion, sondern Kanaan [?!]) sogar in die früheste Zeit nach der , , ,

. „, , _ Insbesondere: The Cultic Prophet in Ancient Israel. CardifT 1944 (I9622);

Landnahme zurückfuhrt. Sacra, Kjngshjp m ^ Cardifm55 m?y

Der zwc.te Te.l geht mit Ri 5 von e.nem Stück aus, in dem eindeu- . Psa|menstudien ,„. Kristiania (Oslo) 1923 (Nachdruck Amsterdam 1961).

tig (kult-)prophetische Mitwirkung an militärisch-politischem Han- > E. Balla, Das Ich der Psalmen. Göttingen 1912.

dein der Stämme feststeht. Außer diesem singulären Danklied ist 4 Johnson weist hier, wie wiederholt (u. a. 374), die Ansicht zurück, Berüh-

(nach IChron 20 [!]) das Mitwirken von Kultpropheten jedoch in der rungen zu Gedanken der klassischen Propheten und der deuteronomischen

Regel bei der Bitte um Jahwes Hilfe in nationalen Notlagen anzu- Schule wiesen auf Abhängigkeit von diesen; vielmehr habe frühe kultpropheti-

nehmen. Als Beispiele dafür werden behandelt: Ps 74; 80 (2. Hälfte sehe kreative Aktivität das Wirken dieser erst möglich gemacht,

des 11. Jh., 148); Dtn 32, in eine typisch prophetische „Heils"- ' H Birkeland. Di<= Feinde des Individuums in der israelitischen Psalmen-

V„u„:n ■• j . . r ii j i j u rÄu „ literatur. Oslo 1933; ders., The Evildoers in the Book of Psalms. Oslo 1955.

Verheißung ausmundend, ebenfa ls aus der Landnahmezeit (64) ;Ps 6 „ , , ' , * . ' ' „

An/ . ^ , •> ™ „™ , •, . . . ,. Das Gebet des Kranken im Alten Testament. BWANT 99. Stuttgart 1973.

60 (mit Orake ); 20; 9 . Ps 90 und 85 beschäftigen sich nicht mit po i- „ ,., ... „ ,. „D . D , .. . ... . . ,

. " ' 6 K Die These von W. Beyerlin, Die Rettung der Bedrängten in den Feindpsalmen

tischen, sondern naturhaften Nöten. der Einzelnen auf institutionelle Zusammenhänge untersucht. FRLANT 99.

Die meisten Psalmen werden in Teil 3 besprochen. Hier finden wir Göttingen 1970, wird ohne Begründung zurückgewiesen (243f).

eine ganze Reihe von individuellen Liedern: Ps 28; 86; 6; 5; 143; 63; ' Sie taucht ähnlich allerdings auch bei J H. Eaton, Kingship and the

30; 32; 31; 130; 75; lSam 2; Ps 56; 27; 61; 54; 116; 22; 69; 40; 51. Psalms. SBT 2. ser. 32. London 1976, wieder auf.

Grundgedanke ihrer Einordnung unter das Gesamtthema ist, daß " Auch über die „Feinde" gibt es neuere unerwähnte Arbeiten, z. B.O. Keel,

auch in den individuellen Psalmen der Kultprophet eine entscheiden- Feinde und Gottesleugner. SBM 7. Stuttgart 1969; L. Ruppert, Der leidende

de Rolle spielt: er ist der Mittler zwischen dem Beter und seinem Gott Gerech,e und seine Feindc- FzB 5- Würzburg-Stuttgart 1972; vgl. auch H.-J.

ai. j„ c. . „. . ,. , , ' , Kraus, Exkurs: Die Feinde, in: Psalmen (BK xv/1 ). Neukirchen 1978,

a der Sprecher für die Klagen w,e auch für die ge obte oder bereits J ™ | ^ Thcologie ^ psa,men K XV/J) Neukjrchen ,9?9 § 5

ausgeführte Danksagung. In e.n.gen Fallen enthalten die Psalmen , 56_, 70 Am wichtigsten scneinl es> die Bildhaftigkeit aller Schilderungen der
auch eine, ebenfalls vom Kultpropheten gesprochene, Heilsankündi- Feinde" zu betonen,
gung aus dem Munde Gottes. Eine weitere These ist, daß es sich bei
dem klagenden oder dankenden Individuum regelmäßig um den König
handelt, wir es also mit Königspsalmen zu tun haben. Ausschlag- „ „ _ . ,

p»up„j .. n . ■ . «• • uii- n ii j r- ■ Oesch, Josef M.: Petucha und Setuma. Untersuchungen zu einer

gebend tur diese Behauptung ist offensichtlich die Rolle der „Fein- ... .. - . , , .__„. . _ . ° _

j „ . , , . , , ,5 ,. „ „ . uberlielerten Gliederung im hebräischen Text des Alten Testade
, in denen Johnson (mit Birkeland ) die äußeren Gegner des Herr- ments Freiburg/SchweiZ: Universitätsverlag; Göttingen: Vanden-
schers sieht (vgl. bes. 220 u. Anm. 2). Wenn auch die Existenz von noeck & Ruprecht 1979. XX, 394 S., 37 S. Tabellen gr. 8' = Orbis
„nationalen Psalmen in Ich-Form" (Mowinckel) nicht ganz geleugnet Biblicus et Orientalis, 27.
werden kann, muß doch gesagt werden, daß der Vf. hier seine These

bei weitem überzieht, denn bei den meisten der behandelten Indivi- Bei den nach dem zweiten Weltkrieg in der Nähe des Toten Meeres

dualpsalmen sind die Anzeichen, daß ein König gemeint ist, sehr in Palästina gefundenen hebräischen Bibelhandschriften aus frühjüdi-

spärlich, wenn nicht überhaupt fehlend. Aber selbst dann beharrt der scher Zeit konnte man die überraschende Beobachtung machen, daß

Vf., wenn auch gelegentlich (z. B. 287.349) nicht mit letzter Sicher- sie eine Abschnittsgliederung aufweisen, die der für die mittelalter-

heit, durch bloßen Analogieschluß (z. B. 379) auf dieser Ansicht. liehen Bibelhandschriften charakteristischen Einteilung in die sog.

Wenn wichtige Arbeiten wie etwa die von K. Seybold6 berücksichtigt kleinen Paraschen eng verwandt ist. Auch die Unterscheidung zwi-

worden wären, die den eindeutig privaten Charakter der meisten Indi- sehen offenen und geschlossenen Paraschen (Petuchot und Setumot)

vidualpsalmen unterstreichen, wäre die Königspsalm-These in die- ist hier schon deutlich erkennbar. Angesichts dessen gewann die in

sem Umfang7 wohl kaum zu halten gewesen8. der vorhergehenden Forschung nur sporadisch behandelte Frage nach

Auffallend ist das Interesse des Vf. an der Datierung und gelegent- Herkunft und Bedeutung dieser Abschnittsgliederung sowie auch die

l»ch Verfasserschaft der Psalmen. Das eklatanteste Beispiel dafür ist nach einem möglichen Nutzen für die exegetische Arbeit erhöhtes

die Behandlung von Ps 51, wo der Vf. (im Gegensatz zu der heute fast Gewicht. Es fehlte jedoch bislang eine umfassende monographische

al'gemeingültigen Erkenntnis, daß die Überschriften der Psalmen Untersuchung. Die hier anzuzeigende Arbeit soll diese Lücke schlie-

»achtrgglich hinzugefügt wurden) die Überschrift insoweit ernst- Ben. Es handelt sich um die überarbeitete Druckfassung einer 1977 in

nimmt, als er David als Verfasser anerkennt. Allerdings ersetzt er den Innsbruck vorgelegten theologischen Dissertation,

m der Überschrift angegebenen Anlaß des Psalms („als Nathan der In einem ersten einleitenden Hauptteil (S. 4-36) bestimmt der Vf.

Prophet zu ihm kam, nachdem er zu Bathseba hineingegangen war") Gegenstand, Ziel und Methode der Arbeit. Dabei betont er mehrfach,

durch eine eigene Vermutung: er sei aus Anlaß des Absalom- daß es sein eigentliches Anliegen ist, „die mögliche Relevanz der

Aufstandes entstanden (421). überlieferten PetuchoWSetumotgliederung für den Betrieb der atl.

D'e Annahme, es habe so etwas wie eine im Rahmen des Kultes Exegese zu prüfen" (so S. 15). Im zweiten Hauptteil (S. 37-103) beeine
Aufgabe erfüllende prophetische Institution gegeben, hat nach handelt er dann zunächst die Bestimmungen über Gestalt, Verteilung
wie vor vieles lür sich. Vor allem der Psalter liefert einige deutliche und Verbindlichkeit der Paraschen innerhalb der jüdischen Literatur
Hinweise auf das Auftreten solcher Kultpropheten. Man hätte sich je- von der Mischna bis zum Beginn der Neuzeit. In einem Exkurs geht