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Ausgabe:

1982

Spalte:

179-181

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Bouman, Johan

Titel/Untertitel:

Das Wort vom Kreuz und das Bekenntnis zu Allah 1982

Rezensent:

Tröger, Karl-Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 3

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Karrer, Leo: Die BecJculung der Laientheologen für Kirche und Gesellschaft
(StZ 106, 1981 S. 268-277).

Le 25 anniversaire de l'Academie de Theologie Catholique de Varsovie
(1954-1979). redige par Antoni Lewek. Varsovie: L'Academie de Theologie
Catholique 1979. 201 S. m. 40 Taf. 8' = Bulletin d'lnformation de l'Academie
de Theologie C atholique (Edition speciale).

Ökumenisches Verzeichnis der biblischen Eigennamen nach den Loccumer
Richtlinien, hrsg. von den katholischen Bischöfen Deutschlands, dem Rat
der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bibelgesellschaft
- Evangelisches Bibelwerk, 2. Aull, neu bearb. v. J. Lange. Stuttgart:
Deutsche Bibelgesellschaft; Kath. Bibelanstalt 1981. 103 S. kl. 8". Kart.
DM 8.-.

Schiwy. Ciünthcr: Teilhard de Chardin als Zeuge seiner Zeit (StZ 106, 1981
S. 257-267).

Schniewind. Julius: Geistliche Erneuerung. Göttingen: Vandcnhoeck &

Ruprecht 1981. 161 S. 8" = Lese-Zeichen. Kart. DM 18,-.
Schultze, Harald: Johann Gotthold Ephraim Lessing (ZdZ 1981 S. 87-95).

Religionswissenschaft

Bouman, Julian: Das Wort vom Kreuz und das Bekenntnis zu Allah.

Die Grundlehren des Korans als nachbiblische Religion. Frankfurt
/M.: Lembeck 1980. 287 S. 8°. Lw. DM 36,-.

Für dieses Buch werden viele Leser dem Autor dankbar sein. Denn
er geht bei allem Respekt vor der Religion der Muslime den Dingen
auf den Grund. Er zeigt, wie die dem Judentum, Christentum und
Islam gemeinsamen Traditionen in der koranischen Grundkonzeption
eine andere Funktion und Bedeutung bekommen. Er läßt sich
nicht auf jenen billigen Synkretismus ein, der für das Gespräch zwischen
C hristen und Muslimen nichts austrägt und die Gesprächsbasis
letztlich zerstört. An anderer Stelle hat der Autor geäußert, daß eine
wissenschaftlich genaue und objektive Beschreibung der islamischen
Religion einerseits und die klare christlich-theologische Position
andererseits die Voraussetzungen sind, um mit Muslimen in ein Gespräch
zu kommen, in dem „nicht nur gegenseitige Freundlichkeiten
zwischen Personen gewechselt werden", sondern wo auch der
..grundlegende Ernst der letzten Wahrheitsmomentc" erörtert werden
kann. Wer sich mit dem Dialog zwischen Christen und Muslimen befaßt
, weiß, wie wichtig eine solche klare und saubere Herausarbeitung
der je spezifischen Glaubensgehalte gerade für die Begegnung mit
dem Islam ist.

Am Anfang des Buches stehen zwei kurze Kapitel: „Glaube und
Verkündigung" und „Innere Strukturen". Das letztere (zweite) Kapitel
enthält drei wichtige Bemerkungen. Erstens: es muß methodisch
davon ausgegangen werden, daß „beide Religionen . . . aufgrund ihrer
gemeinsamen Vorgeschichte zutiefst miteinander verwurzelt" sind;
daher kann man „sie nicht auseinanderreißen, ohne die Wurzeln zu
beschädigen". Zweitens: der Koran enthält „eine eigene, klar umris-
sene ( liristologie". Drittens: der Koran „versteht sich seiner Struktur
nach als Fortsetzung und Vollendung einer im Judentum und Christentum
begonnenen göttlichen Belehrung und prophetischen Mitteilung
..." (10). Vf. geht davon aus, daß alle Elemente der koranischen
Botschaft auf die shahada, das Bekenntnis zu dem einen und
einzigen Gott, dem „Urfundament allen Heils" (120), ausgerichtet
sind. Von diesem Mittelpunkt aus werden alle von Muhammad übernommenen
Vorstellungen und Begriffe interpretiert (vgl. 266).
Diesem „Hauptdogma" des Koran (134) entsprechen ab Kapitel 3
alle Kapitelüberschriften. Kap. 3: Der einzige Gott (die jüdische,
neutestamentliche und islamische Traditionskette); Kap. 4: Der einzige
Gott und die Offenbarung (Gott und Offenbarung im AT, NT
und Koran); Kap. 5: Der einzige Gott und das Heil (I—III: im AT,
NT, Islam; IV 1-17: Die koran. Aussagen über das Heil in Jesus,
S. 96-147); Kap. 6: Der einzige Gott und die Sünde (im AT, NT, Koran
); Kap. 7: Der einzige Gott und die Versöhnung (im AT, NT, Koran
; die koran. Neuinterpretation des Verhältnisses Gerechtigkeit -
Barmherzigkeit; Fürbitte im Koran); Kap. 8: Der einzige Gott und
sein heiliger Name (im AT, NT, Koran). Auf den „Epilog" in Kap. 9
folgen Stellen- und Stichwortregister.

Im Vorwort weist der Autor daraufhin, daß sein Buch „die Form
einer Fuge" angenommen hat, was er hinsichtlich der drei Religionen
so verstanden wissen will: „Die chronologische Folge Judentum,
Christentum, Islam ist kein dreistimmiger Kanon, denn diese drei
Religionen wiederholen ihre Themen nicht unverändert. Vielmehr
gleicht sie einer dreistimmigen Fuge, in der das Judentum als Grundlage
, gleichsam dem Dux, die Glaubensaussagen hervorbringt. Das
Neue Testament übernimmt dieses Thema und steigert es zu einer
nicht mehr zu übertreffenden Höhe, indem in Jesu Kreuz und Auferstehung
die Vollheit der Zeiten erschienen ist.... Eine weitere Nachfolge
, Comes, ist der Koran ..." (266f). Das erklärt die Anlage der
Kapitel, die Handhabung des Stoffes und den Charakter des Buches
überhaupt.

Verglichen werden Bibel und Koran, also nicht Christentum und
Islam in ihrer nachkanonischen Vielfalt und Komplexität. Das ist insofern
zu betonen, als manche VorsteJIungen, die heute im Gespräch
mit Muslimen begegnen, nicht unbedingt den herausgearbeiteten
Grundpositionen des Koran in der vorliegenden Interpretation entsprechen
müssen (vgl. Mystik - Tariqa; Schia). Zu fragen wäre, ob
zum Verständnis der koranischen Aussagen nicht die Einbeziehung
der Variationsbreite des frühen Christentums (im Sinne Walter
Bauers) von der christlichen Gnosis bis hin zu den christlichen Richtungen
zur Zeit Muhammads vonnöten ist. Der Autor klammert das
zwar nicht aus. Er verweist sowohl auf die Gnosis (bei Muhammads
Ablehnung der Kreuzigung Jesu) als auch auf außerbiblische Bezugsquellen
koranischer Vorstellungen. Aber er räumt diesen nachbiblischen
Traditionen - das gilt auch für das Judentum - nicht die grundlegende
Bedeutung ein, die ihnen m. E. für das Verslehen der historischen
Bedingungen von Muhammads genuiner Botschaft zukommt.
Er mißt den Koran durchweg mit der Elle des Alten und Neuen
Testaments, die Muhammad als literarische (!) Quellen (so wie wir
heute) gar nicht benutzte. Dieser Maßstab ist richtig und notwendig
für den christlich-muslimischen Dialog, verstellt aber mitunter den
Blick auf die spezifische historische Situation in Arabien am Beginn
des 7. Jh.

Gelegentlich versteht man nicht, warum Vf. zusammengehörige
Dinge an verschiedenen Stellen verhandelt, wenn es dafür auch chronologische
Gründe geben mag. Manches ist ihm auch sehr breit geraten
, z. B. Kapitel 7. Bisweilen hat man den Eindruck, daß das Ordnungssystem
stärker ist als die im einzelnen notwendigen Differenzierungen
, wie z. B. in dem Abschnitt über die Umwertung der Jesus-
Traditionen im koranischen Koordinatensystem. Andererseits liegt
gerade hier der nervus rerum. nicht nur des Buches, sondern auch des
Dialogs mit den Muslimen. Was von manchen nicht gesehen oder bewußt
heruntergespielt wird, hat der Autor klar herausgestellt, nämlich
: daß sich biblische und koranische Christologie im Ansatz und
d. h. wesentlich voneinander unterscheiden. Das Evangelium vom gekreuzigten
und auferstandenen Christus ist eben nicht dasselbe wie
die Vorstellung vom Propheten Jesus als Zeugen der Heilsverkündigung
Muhammads (vgl. 103), die Botschaft von der Rechtfertigung
des Sünders etwas anderes als die Barmherzigkeit Allahs mit seinen
sündigen „Dienern" (vgl. 2460- Was Vf. zu Sure 19, 37-40 schreibt,
gilt daher grundsätzlich: „Das mit dieser Verkündigung nicht zu Vereinbarende
wird (sc. von Muhammad) zurückgewiesen und auf die -
nutzlosen - Streitigkeiten der christlichen Sekten zurückgeführt"
(106). Es wäre schon viel für das gegenseitige Verständnis gewonnen,
wenn sich nicht nur wenige Kenner, sondern alle Dialogpartner auf
beiden Seiten auf das einlassen würden, was der andere wirklich
glaubt und denkt. Sonst bleibt es weiterhin bei der Vereinnahmung
des anderen. So hat der Autor auf dem m. E. richtigen Weg
einen weiteren wichtigen Beitrag geleistet, der zweifellos auch für jene