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Ausgabe:

1981

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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106

Theologische Litcraturzcitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 2

io<;

Kirchengeschichte: Reformationszeit

auch sein Hauptzeuge (Cod. Laurent. V-35: B) enthält Fehler
und Lücken. Der Textwahl scheinen jeweils sehr gründliche
Überlegungen zugrunde zu liegen. So wird glücklicherweise

sehr oft die Handschriftengruppe MVC in den Apparat ver- Osiander, Andreas, d. Ä.: Gesamtausgabe. 3: Schriften und Briefe

wiesen Da M (Cod Monac. gr. 398) aber der Hauptzeuge des 1528 bis April 1530. Hrsg. v. G. Müller u. G. Seebär). Gütcrs-

von J. Aubert (Paris 1638) gebotenen und von Migne abge- >°h : C^slohei- Verlagshaus Gerd Mohn 1979. 735 S. gr.

druckten Textes ist, hat Vf. mit seiner ersten modernen, kriti- ' '

sehen Ansprüchen genügenden Ausgabe eine große Reihe In der ThLZ 102, 1977 Sp. 115-117 und 104, 1979 Sp. 199 bis

wesentlicher Textverbcsscrungen erreicht. Zudem bietet er zum 202 wurde über die beiden ersten Bände der Osianderausgabc

erstenmal einen textkritischen Apparat, der die wichtigen In- berichtet. Bd. 3 fügt sich als bisher umfangreichster von den

forniationcn aus allen Handschriften in zuverlässiger Weise - Inhalten her harmonisch Bd. 2 an. Die berühmte Nürnberger

soweit Rez. beurteilen kann - enthält. Etwas irritierend ist Kirchenordnung von 1533, die so viele Nachdrucke und Aus-

hicr, dafj bei der Angabe größerer Zusammenhänge die Bezugs- gaben hervorrief, bleibt dem folgenden Band vorbehalten.

Worte nicht sogleich hinter den Bezugszahlcn genannt sind. Bd. 3 enthält nur die Vorarbeiten. Von den Ereignissen her

Versehen, wie z. B., daß das Sigcl fehlt, habe ich nur Bd. II 382 ergibt sich mit dem Reichstag zu Augsburg (1530) ebenfalls

gefunden. Erschwerend für den Benutzer des textkritischen ein Einschnitt. Bd. 3 führt bis April 1530, kurz bevor Osiander

Apparates ist das Fehlen eines Sachapparates mit Parallel- am 28. Juni 1530 in Augsburg eintraf.

stellenangabcn, denn der textkritischc Apparat enthält viele Formal ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte. Die bishe-

informationen aus Lesungen der Parallelstcllen mit Sigelan- rige Ordnung wurde beibehalten. Nach wie vor wurden Quellen

3abe, die aber unter den jedem Band vorangestellten „Siglcs ermittelt, die als verloren gelten müssen (S. 11, 15 f, 697) bzw.

et Conventions" fehlen, sondern nur aus dem Überblick über nicht aufgefunden werden konnten. Möglicherweise befindet

die indirekte Überlieferung in Band I 98 ff erschlossen werden sich noch das eine oder andere Stück unentdeckt in Archiven

können. Die Bibelstellenangabcn, die dem Text jeweils beige- der Deutschen Demokratischen Republik (S. 363). Nachträge

geben sind, hat Vf. im Vergleich zu Aubert wesentlich vermehrt. und Ergänzungen zu den Bänden 1 und 2 lagen derzeit nicht

T , .... ,...„,-, an. Die im Werkverzeichnis (Gottfried Seebaß: Das reformato-

Jedem der Bande sind Notes et exphcat.ons beigegeben Osiander. Nürnberg 1967 = Einzcl-

(Bd. Ii 389-464; Bd III 231-282). Sie beschranken sich auf ^ ^ Kh.ch Mc Bayerns. Bd. 44. Nr. 68-101.

c<nc Auswahl und deshalb b eiben viele Wunsche offen. Es „ 1(. .m , r~l~t~. j__i __, ,

j " ... .1 S. 16-19) gebotene chronologische Reihenfolge wurde jetzt

werden auch nirgends die Grundsatze, nach denen die Auswahl ' ■ ,_T . „, .. ... .„ ,__

„„c . ... .. , . ^ . . . nur in zwei Fallen abgeändert. Der Kreis der Bearbeiter

ertolgte und nach denen die Bemerkungen gestaltet sind, dar- . . iT_r__... . , j ^

„., " " , . , . , .. _ ,, Zu i ist im wesentlichen gleich geblieben. Die Leitung des Gesamtgelegt
. Rez. gewann den Eindruck, daß die Probleme philolo- , , . 3 3 "

. .. • ...........M.« ——» i- werkes hat nach wie vor Prof. Gerhard Muller, Erlangen-Nurn-

gischer und vor allem theoloqischcr Art herausgegriffen sind, , , ... . . . "...

h;„ • . . . m . , , berg. Dr. habil. Gottfried Seebaß, inzwischen o. Prof. für Histo-

d«c m der Forschung eine Rolle sp.clen^ In komprimierter rische Thco, ic an der Univcrsität Heidelberg, hat die Last

F°>m umreißt und belegt Vf. hier velfach sehr uberzeugend der -r/agesarbeit getragen und inhaltlich zentrale Stücke selber

seine eigene Stellung und erweist sich als sehr belesen und t,carbeitct

kundig in den Quellen. Neuland darüber hinaus wird m. E. D . , . . . c . , _. .

V=„ . . . . ... ... j c ■ Im inhaltlichen Bereich lassen sich folgende Themen hervor-

M m C"chlosscn- uLf'cht kounnt' ubersehcn ***** a heben: Zunäch^ behandeln verschiedene Stücke die Vorgehens-

111 281 f noch bibliographische Notizen und Auseinander- ^ g£gen Täufer ^ % ^ Qg f 1Q6_n0 12g Q' Qsian.

etzungen mit Neuerscheinungen zugefügt sind, die Bd. 19-13 . ..... , . . '.. , „ ' .....

. . ,....."~, 3, °, , ' . _ der wurde wiederholt als Berater des Nürnberger Rates tatig.

ganzen, und daß ,n Bd. III 329 f noch Addcnda und Corngen- Das wicdcrtaufcl. haUe jm übH auch [uther und ^

*> Text und Kommentar der dro Bande notiert sind. ianchthon fast glcichzeitlg beschäftigt (S. 64 f). Osiander riet dem

Dem Bd. III sind Register für alle sieben Dialoge beigefügt. Rat von drakonischen Maßnahmen wie der Todesstrafe ab

Dabei stehen natürlich der Sachindex und der Wortindex (S. 312). Auch geistliche Zwangsmaßnahmen wie die erzwungene

(Bd. in 297-299. 301-326) als die notwendigsten Arbeitsinstru- Taufe von Täuferkindern lehnte er ab (S. 326). Immerhin waren,

mente im Mittelpunkt des Interesses eines Benutzers. Beide wie sich in den Quellen widerspiegelt. Verhöre und zeitweilige

geben nur eine knappe Auswahl. Im Wortindex werden z. B. Haft gängig. Osiander setzte sich in seiner Schrift „Gründliche

^'■'undbegriffe Kyrills wie ousia und physis gut aufgeschlüsselt, Unterrichtung" (1528, Nr 94) auch theologisch mit den Scktie-

j c" fehlen andererseits wichtige Begriffe wie z. B. logos oder rern auseinander.

'yios völlig. Die aufgenommenen Stichworte wurden also ge- Eine weitere Thematik stellen verschiedene Probleme des

fugend gründlich bearbeitet, doch aufs Ganze gesehen sind reformatorischen Alltags dar. Umstritten war beispielsweise

ac"- und Wortindex leider etwas zu mager. die Wiederheirat von Priestern. Osiander - selbst dreimal ver-

Fazit: Vf. hat mit Textkonstituierung und inhaltlichen Bc- ***** " 'sie <V9L Seeba*' aaCV S' 197,ff: Aus9abe
"**ungcn einen wirklich brauchbaren Beitrag zur weiteren *r; ?5< 102' We'^ *agen, Was sollte mit den Frauen-

Erschl.eßung theologischer Positionen Kyrills geleistet. klostcr" 9«dichcn Nr 112 131; vgl. Bd. 2 Nr 54)? Gab es

nunmehr ein generelles Widerstandsrecht gegen die vielleicht
andersgläubige Obrigkeit (S. 453)? Osiander schien der Widcr-
BcrIin Fricdhclm winkelmann stand des Einzelnen undenkbar; nur eine niedere Obrigkeit

sollte in ihrer Verantwortung gegen die höhere Widerstand
leisten dürfen. Der Nürnberger Ratsschreiber Spengler hegte
- ähnliche Bedenken angesichts mancher Auffassung von „christlicher
Freiheit", deren mögliche Mißbräuchc er wie der Nürnberger
Rat fürchtete (S. 499 ff). Von allgemeiner Kultfrciheit
Chadwick, Henry: Mcssalianernc - cn cvangelisk bcvcgclsc konnte und sollte keine Rede sein (Nr 132). Die „freie Reli-
1 det 4. ärhundre (TTK 50, 1979 S. 161-172). gionsausübung" (S. 630) ist ein moderner Begriff, der für die

Hoffm.,„ „ T , .„ . • . . ■ «u.U.« i.u t it....!..» damalige Zeit nicht anwendbar ist, zumal die Evangelischen

■'man, r Joseph: Mcmcristai ho Christos? Anü-Enthusiast „„,.. .... ^ .. , . . , . . . _ ,

Memlc from Paul to Augustine (StTh 33. 1979 S. 149-164). **?b?' /u dlcsem Zeitpunkt noch keine anerkannte Bekcnntms-

Lar schrift vorlegen konnten. Es gab noch keine Konfession. .Ret-

entzakis, Gregor: Das Ostcrfcstdatum nach dem I. Okume- ten und Sekten" wie die Wiedertäufer, ja auch die Zwingliancr

und^ RCömK°znKThVlSlNS79%(36275-78I)iC R0"C AleXandnCn tru9e" ™ allgemeinen Verwirrung bei. Um so wichtiger war

Lei

ein eindeutiges Vertreten der eigenen Sache gegenüber den

°lr- Louis: Les Peres du Descrt et saint Bcnoit. Un apo- Altgläubigen. Osiander erarbeitete eine Richtlinie für das Auf-

Pntegmc d'Antoine (NRTh 102, 1980 S. 197-226). treten der Nürnberger auf dem Speyerer Reichstag von 1529

°gt, Hermann Josef: Die Geltung des Alten Testaments bei (Nr H2), bei dem die Evangelischen ihre „Protestation

Irenäus von Lyon (ThQ 160, 1980 S. 17-28). legten.

ein-