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Ausgabe:

1981

Spalte:

98-99

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Solages, Bruno de

Titel/Untertitel:

Jean et les synoptiques 1981

Rezensent:

Kümmel, Werner Georg

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Theologische Litcraturzcitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 2

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sigkcit der Evangelien zu verteidigen Das geschah dadurch, daft man Petrus Mt hat - die Markushypothese vorausgesetzt und darum dreht es sich - die Er-

als Gewährsmann für Mk betrachtete und die Logicnquellc auf Mt zurück- Zählung Mk 6.17-29 von der Enthauptung des Täufers stark verkürzt, Lk hat

führte (214). sie ganz ausgelassen. Beides muf) man, wenn man sich nicht mit dem Prinzip

zufrieden gibt, das St. nach Griesbach S. 101 zitiert: ob ein Verfasser etwas

So schlußfolgert Stoldt: „Die Markushypothese ... ist erwach zufügt oder herausläfjt .ab autoris consilio unice pendet", motivieren können.

_ . , , _. . „ Aber man braucht nicht jede einzelne Auslassung des Mt zu begründen. Noch

SCn aus theologischem Engagement. SIC ISt Cin TnCOlogumenon deutlicher, ist daft man bei Lk nur eine Auslassung begründ cn muft - wenn das

(214). Das kann man als die zweite Hauptthese des Buches nötig wäre.

betrachten. Von acht separaten, nicht zusammenhängenden Auslassungen

Aber wie konnte diese Hypothese „eine so weltweite Ancr- kann man also nicht einmal bei Mt, und schon gar nicht bei Lk

kennung" erreichen „bis auf den heutigen Tag" (215)? Diese reden. Warum hat St. die im voraus gewiß große Beweisbürde

Frage wird in dem vorletzten Abschnitt aufgegriffen: „Die jn dieser Weise vergrößern wollen? Sie ist ja im voraus groß.

Weiterwirkung der Markushypothese" (215-231). und die Extrabürde, die St. darauf legt, ist überdies fiktiv.

h.„, u . . c. ■. j i ,v n • - - - ■■» ■ St. hat also die Polemik manchmal zu weit getrieben. Das ist

mer betont St. besonders zweierlei. 1) Es gibt viele Forscher - besonders 0

früher in England - welche die Markushypothese bestreiten und die Priorität zu beklagen. Denn es kann kein Zweifel darüber bestehen, dar)

des Mt anerkennen. 2) Die Vertreter der Markushypothesc sind zurückhalten- sdnc Krjtjk weithin berechtigt und stichhaltig ist. Die Markus-

uer geworden: Diese Hypothese sei nur die verhältnismäßig beste Losung. . . .

9ibt noch viele ungelöste Probleme Auch .Q" ist mehr und mehr problematisch hypotllCSC hat ihre Wurzeln in der Situation um D. F. StratlSS.

geworden, so meinen viele, man tue gut daran, .er nur als Symbol zu behal- Abc,. wic schon st bemerkt: Diese Situation besteht nicht mehr.

Ien, für das Material, das Mt und I.k gegenüber Mk qememsam haben , , ,

Deshalb fragt man sich doch i Ist die Markushypothese ;?i<r

Dann folgt noch das »Fazit" (232-236). Hier wird zunächst ein „Theologumenon"?
wiederholt: Die Markushypothese ist unter der Einwirkung

des Anti-Strauss-Affektcs geboren (232). Aber: .Die heutige Kopenhagen oiof Union
Theologie steht nicht mehr unter diesem Bann" (233). So treten

Jier neue Gesichtspunkte hervor. Es wird gefragt: Hat Gries So,ages „,„ (Bruno) de; Jcgn ^ ^ s H Leidcn m

fach recht behalten? Die Antwort ist nicht ganz eindeutig. 1979. IV, 270 S. gr. 8°. Lw. hfl 84,-.
Zwar: „An der zeitlichen Posteriorität des Markusevangeliums

■st nicht zu zweifeln" (234). Aber das Mk-Ev ist „weder ein Bruno de Solages (der Vorname begegnet in dem hier anzu-

Exzcrpt noch eine Kompilation" sondern „eine geistige Neu zeigenden Band nicht) hat 1959 eine umfangreiche „Synopse

Schöpfung von selbständigem Charakter" (ebd.). Und zwar Grecquc des Evangilcs" veröffentlicht, die mit kompliziert«

heif)t es noch: „wir wissen jetzt, woher Markus seinen Stoff Wortstatistik und sonstigen Tabellen die Zweiquellentheorie

"at" (235). Aber dann entsteht eine neue noch größere und zu sichern suchte (das auch in englischer Sprache erschienene,

schwierigere Frage: „Woher haben denn Matthäus und Lukas m. E. beachtliche Buch ist in der ThLZ nicht besprochen wor-

ihren Stoff" (ebd.)? Auch hier wird festgehalten: „Auf jeden den). Derselbe Verfasser wendet sich nun mit ähnlichen stati-

Fall nicht von Markus und 'Q'! Aber in positiver Hinsicht stischen Methoden dem Verhältnis von Johannes und den

bildet es bislang ein noch ungelöstes Rätsel" (235). Und St. Synoptikern zu, um dieses „Problem mit der selben Absicht

schliefjt ab mit folgenden Worten: „Wir stehen - so meine ich - so wissenschaftlich wie möglich anzugreifen" (Vorwort). Ein

an einer Wende". l.Teil „Johannes gebraucht die Synoptiker nicht als Quellen"

Mit diesen letzten Worten hat St einen beträchtlichen Teil der Kritik vor verzeichnet zunächst (mit viel PlatZVCrschwendung Und recht

w«ggcnommen Zwar meint er noch, daft das innersynoptischc Problem gelöst „großzügig") die relativ wenigen johanneischen Texte, ZU denen

TrLd% Reihenfolge Mt - ^k- Mk slchc fest Aber die Vorgeschichte des die Synoptiker eine mehr oder weniger nahe Parallele bieten,

ersten Evangeliums bleibe im Dunkeln Aber kann man wirklich das innersyn * m 1 . . .

°Ptische Problem separat lösen? Können wir ohne die Annahme von Faktoren, mit dem Resultat, dar) nur 17,6 % der johanneischen Verse

*f noch angreifbarer sind als .Mk" und .er weiterkommen? Auf diese weit- cjnc paraiiele in den Synoptikern haben. Was die Reihenfolge

■eichenden Fragen kann ich hier nicht näher eingehen , , , , ...

der parallelen Verse anbetrifft, so zeigt sich, dar) mit Aus-
Damit komme ich zu einigen konkreten Bemerkungen. Die nähme der 1. Brotvermehrung, dem Sccwandel und der Salbung
erste betrifft den Stil. Ich kann zwar verstehen, dar) die Selbst- in Bethanien „die Reihenfolge der Verse bei Johannes und
Sicherheit der Vertreter der Markushypothesc, ihre Abfertigung Markus sich kaum entspricht" (27). An komplizierten und für
^cr Einwände, ihre ungenauen Angaben („fast ohne Aus- den Leser kaum erläuterten Tabellen wird weiter nachgewiesen,
nahmc", „fast allgemeine Zustimmung" etc.) ebenso wic ihre da/) beim Vergleich der Paralleltextc der Prozentsatz der über-
■ zügellosc" Bekämpfung von Griesbach u.a.m. St. irritiert einstimmenden Wörter erheblich geringer ist als beim Verhältnaben
. Aber das berechtigt ihn nicht dazu, seinerseits sich einen nis der Synoptiker zueinander. Andererseits zeigt der 2. Teil
Ziemlich irritierenden Stil anzueignen, der voll von Insinua- „Johannes kennt die synoptische Tradition" nicht nur, daf) die
'•onen und stark affektbetont ist: „raffinierter Kunstgriff" Ähnlichkeiten (in Prozenten) „zwischen Johannes/Markus fast
™). „taktischer Vorteil" (69), „Gcfühlsakzcnt" etc. etc. immer höher sind als für Johannes'Lukas und ein bifjehen
Gewifj mufs man auch anerkennen, daft die Anhänger der höher als für Johannes Matthäus" (67), doch zeigt ein Vergleich
Markushypothesc sich erlaubt haben, allzu summarische und der Paralleltexte in der Leidensgeschichte, daß „irgend eine
schlecht fundierte Urteile zu bringen. Mitunter aber hat sich Abhängigkeit zwischen Johannes und Markus besteht: Johan-
St. die Aufgabe doch allzu leicht gemacht, indem er seinerseits nes muß den Text des Markus gekannt haben" (98), der Vf.
eine summarische Darstellung noch summarischer macht. Ich ist sogar der Meinung, daß Johannes höchstwahrscheinlich auch
flfeifc nur cin einzelnes Beispiel heraus. Wcrnlc hat (Die „den Text der Quelle (Q) in Aramäisch gekannt hat" (168).
synoptische Frage, S. 40 und 177) von Lk wie Mt gesagt, daß Aus dem allen ergibt sich nach der Meinung des Vf. unter der
Slc das Mk-Ev gekannt und zur Grundlage ihrer Geschichtser Voraussetzung, daß Johannes wenigstens Markus kannte, die
Zahlung genommen haben. Das ist gewiß eine gewaltsame „Folgerung, daß Johannes, wo er keinen besonderen Grund
ereinfachung. Aber St. macht sie noch schlimmer, wenn er hat, eine Episode der Synoptiker aufzunehmen, bewußt ver-
*°nimcnticrt (105): „Wenn dem so ist, wie Wcrnlc hier sagt, meidet, sie zu wiederholen" (170), wobei der Vf. meint, für die
ann müßten doch bei Matthäus und Lukas zwei einander wenigen Wiederholungen gute (aber in Wirklichkeit sehr will
»Big gleiche Evangelien herausgekommen sein!" (Intcrpunk kürlichc) Gründe angeben zu können.

"on vom Vf.). Beruhen die Ausführungen des Vf. insoweit auf mehr oder

Abschließend komme ich zu den Listen (16-25) und ganz weniger objektiven Beobachtungen (die freilich auch ohne seine

c'sonders zur ersten Liste: „Kleinere Überhänge des Markus Statistik schon häufig gemacht worden sind!), so verlassen die

den Text des Matthäus und Lukas", die bei St. ganz unge weiteren Ausführungen (ab S. 172) diesen Boden völlig. Zum

s°hnlich umfangreich ist. Er zählt nämlich nicht weniger als Abschluß des 2. Teiles dienen nämlich Aufzählungen und Ta-

Nummern. Das kommt daher, weil St. nicht nur die Stellen bellen dem Nachweis folgender Thesen: Johannes bestätigt,

auf9efüh rt hat, wo Mt und Lk in gleicher Weise von Mk ab- ergänzt, berichtigt die synoptische Tradition („d'autoritc,

^eichen, sondern auch viele Stellen, wo cin Stück bei LK - pourrait-on dire", 182), und der 3. Teil „Johannes Augenzeuge"

I 'r Mt - ganz fehlt, bei dem anderen nur teilweise. Nur cin weist zunächst nach, daß „es kaum möglich sei, Johannes 21

Cs°ndcrs auffallendes Beispiel i einem anderen Verfasser als das übrige Johanncsevangelium