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1981

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Bibelwissenschaft

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 2

ss

und das Bekenntnis zu Jesus von Nazarct als dem Christus
Gottes.

Die schwierige Aufgabe, einen dermaßen weitgespannten Bogen
auf knappem Raum verständlich darzustellen, ist in beiden
Teilen des Buchs in eindrucksvoller Weise gelöst. Zusätzliche
Erwartungen kann man an einen Text von 140 Seiten mit Fug
nicht herantragen. Dennoch scheint mir, daß die Frage, wie sich
das biblische Reden von Glauben zu den Problemen heutigen
Glaubensverständnisses verhält, doch expliziter hätte behandelt
werden sollen - unter Umständen um den Preis, daß der Übcr-
blickscharakter der Darstellung noch stärker in den Hintergrund
getreten wäre. Eine noch deutlichere Behandlung hätte
ich zum andern der Frage gewünscht, in welchem Verhältnis
ein Glauben, das sich nur auf die hebräische Bibel bezieht, zu
einem andern Glauben steht, für das Altes und Neues Testament
nebeneinanderstehen. Unsere eigene Geschichte nötigt
uns mit Nachdruck die Frage auf, ob es sich bei Judentum
und Christentum um „zwei Glaubensweisen" handelt, wie Martin
Buber sagte. Das vorliegende Buch deutet die Überzeugung
an, nur das Neue Testament enthalte ein explizites Verständnis
von Glauben; von ihm müsse man ausgehen; das Alte Testament
verhalte sich hierzu vor allem „illustrativ" (8). Diese
Auskunft aber wird dann doch durch den Aufbau des Buches
selbst korrigiert: die Darstellung des Alten Testaments geht
derjenigen des Neuen voran.

Heidelberg Wolfgang Huber

Agouridis, S.: The Biblical Vision of Orthodox Worship and
Spirituality (neugriech.) (DBM 8, 1979 S. 3-21).

Bonsen, Jan, und Tamis Wever: Materialistische exegese:
enkele antwoorden aan Bas van Iersel (TTh 19, 1979 S. 376
bis 391).

Lührmann, Dieter: Aber auch dem Arzt gib Raum (Sir 38,1-15)
(WuD 15, 1979 S. 55-78).

Lys, Daniel: Evenement, parole, tradition, ecriture. Une illu-
stration de la reflexion biblique par l'histoire de l'histoire
d'un martyr du Desert (EThR 54, 1979 S. 99-110).

Siegwalt, Gerard: La theologie biblique: Concept et realisation
(EThR 54, 1979 S. 397-409).

Stolz, Fritz: Erfahrungsdimensionen im Reden von der Herrschaft
Gottes (WuD 15, 1979 S. 9-32).

Altes Testament

Röttger, Hermann: Mal'ak Jahwe - Bote von Gott. Die Vorstellung
von Gottes Boten im hebräischen Alten Testament.
Frankfurt-Bern-Las Vegas: Peter Lang 1978. 294 S. 8° = Regensburger
Studien zur Theologie, 13. Kart, sfr 55,-.

Die Problematik des Mal'ak Jahwe ist deshalb von besonderer
Aktualität, weil sie in der Regel mit der dogmatischen
Frage nach Existenz und Funktion von Engeln verknüpft ist
und eine Antwort aus alttestamentlicher Sicht auf diese Frage
erwartet wird. Angesichts dessen ist dem Alttestamentler die
Aufgabe gestellt, die einschlägigen Texte exegetisch zu untersuchen
und aus deren Struktur und Zielstellung die Funktion
und Bedeutung der Ma2'afe-Vorstellung herauszuarbeiten. Dieser
Aufgabe sind in neuester Zeit gleich mehrere größere Untersuchungen
gewidmet worden. Zu nennen ist hier vor allem
die auch im Druck erschienene Leipziger Dissertation von
V. Hirth (Gottes Boten im Alten Testament. Berlin 1975). Der
Vf. der vorliegenden Arbeit - es handelt sich um die leicht
überarbeitete Druckfassung einer 1977 in Regensburg angenommenen
Dissertation - hält dennoch eine erneute Untersuchung
für nötig. Denn seiner Meinung nach liegen den bisherigen
Untersuchungen bestimmte Vorentscheidungen zugrunde,
die einer unvoreingenommenen Exegese der Texte im Wege
stehen. Er dagegen möchte streng vom exegetischen Befund
ausgehen und auf diese Weise zu einer sachgerechten Lösung
gelangen.

Die von ihm erzielte Lösung ist nun sehr klar und unkompliziert
. Es kann hier nur das Folgende hervorgehoben werden.
Der Vf. glaubt nachweisen zu können, dafj sämtliche Zeugnisse
für die Afa/'afe-Vorstellung innerhalb des Pentateuch elohistisch
sind. Die herkömmliche Auffassung, dafj ein Teil dieser Zeugnisse
dem Jahwistcn zuzusprechen oder dcutcronomistischcr
Herkunft ist, muß korrigiert werden. Der Elohist, als Bearbeiter
des jahwistischen Werkes verstanden, ist demnach der
Schöpfer der Afa/'afe-Vorstcllung. Er hat den Begriff Mal'ak
Jahwe allerdings nicht selbst geschaffen, sondern übernommen.
So erklärt es sich, daß er den Jahwe-Namen in dieser Verbindung
teilweise schon für die Zeit vor der Berufung des Mose
gebraucht (vgl. 42. 67.83). Aber die Vorstellung, wie sie die
Texte in ihrer jetzt vorliegenden Gestalt bezeugen, ist auf ihn
zurückzuführen. Denn ein wichtiger Grundzug seiner Theologie
besteht darin, daß Jahwe seine eigentliche Wohnung am
Horeb hat und man ihm nur dort direkt begegnen kann. Sonst
wird er durch einen Mittler, eben einen Mal'ak Jahwe, vertreten
. Ein solcher ist auch der unmittelbare Führer Israels bei
Exodus und Landnahme. Dieser elohistischen Grundauffassung
entsprechen die Zeugnisse in den Büchern Richter, Samuclis
und Könige. Wie der Elohist selbst sind sie im Nordreich beheimatet
, u. zw. in Kreisen des frühen Prophetentums. Nicht
zufällig findet sich die Vorstellung auch bei Hosea (Hos 12,5).
In der deuteronomisch-deutcronomistischcn Theologie wird
sie nicht übernommen (hier ist vorausgesetzt, daß Jahwe inmitten
seines Volkes wohnt), sie begegnet aber erneut in exi-
lisch-nachcxilischer Zeit und ist nun ein Ausdruck für die zunehmende
Transzcndierung Jahwes. Auch die übrigen Belege
innerhalb des Alten Testaments fügen sich weitgehend in dieses
Gesamtbild ein. Grundsätzlich davon zu trennen ist allerdings
die Vorstellung von einem Hofstaat Jahwes mit einer
Vielzahl von Mal'akim sowie die eines Deuteengels. Für beide
fordert der Vf. eine gesonderte Untersuchung.

Angesichts dieses imponierend geschlossenen Gesamtbildes
erhebt sich natürlich die Frage, ob der Vf. denn tatsächlich so
vorurteilslos Exegese betrieben hat, wie er es am Anfang seiner
Arbeit in Aussicht stellt: Dazu können hier nur zwei Bemerkungen
gemacht werden:

1. Der Vf. geht, wie schon erwähnt, nicht näher auf die Vorstellung
von einer Mehrzahl von Mal'akim, wie sie in Gen
28,12; 32,2 bezeugt ist, ein. Er stellt lediglich fest, daß es sich
um eine andere Vorstellung als die von einem einzelnen Mal'ak
handele, betont aber zugleich, daß die Texte, die sie bezeugen,
auch keine Aussagen enthalten, die mit der letzteren unvereinbar
wären (vgl. 74. 82 f. 276). Diese Auskünfte befriedigen
nicht recht. Es handelt sich doch offensichtlich um alte Überlieferungen
. Könnte hier nicht eine (vorisraclitische) Vorstufe
zu der im Alten Testament ausgeprägten Mal afc-Vorstcllung
vorliegen und könnte diese nicht in Auseinandersetzung mit
der ersteren entstanden sein? Der Vf. setzt ja ohnehin voraus,
daß der Begriff Mal'ak Jahioe bereits vor dem Elohisten geprägt
wurde (s.o.). M. a. W., die Frage nach dem Aufkommen
der Afa/'a7i-Vorstellung müßte gründlicher behandelt werden.
Erst dann wäre zu entscheiden, wieweit der Elohist für deren
Ausformung verantwortlich zu machen ist (vgl. schon die Anfrage
von W. H. Schmidt an die Arbeit von V. Hirth in ThLZ
102, 1977 Sp. 726).

2. Nach Meinung des Vf. wird die AfaJ'afe-Vorstellung innerhalb
des Pentateuch ausschließlich in elohistischen Texten bezeugt
. So sucht er auch nachzuweisen, daß das Auftreten des
Mal'ak Jahwe in Gen 16 zu einer elohistischen Schicht gehöre
(34-43). Jahwistisch seien nur die Verse 1.2.4-6. Diese jah-
wistischc Geschichte sei vom Elohisten durch die Verse 7-11 a«
mit alten ismaelitischcn Ätiologien (V. 11 a/J.b-14) verbunden
worden. Der Vf. rechnet allerdings damit, daß die Ätiologien
dem Jahwisten bereits bekannt waren und daß auch sie die
Hagar als Stammutter voraussetzen (41). Ist diese Analyse
überlieferungsgeschichtlich gesehen überzeugend? Viel näher
liegt doch die Annahme, daß die Ätiologien den Grundstock
der jetzigen Erzählung bilden und daß sie sekundär, sei es
durch den Jahwisten, sei es in einer Vorstufe zu seinem Werk,
mit der Gestalt Abrahams verbunden wurden. D. h., daß der