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Ausgabe:

1981

Spalte:

926

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Riesner, Rainer

Titel/Untertitel:

Jesus als Lehrer 1981

Rezensent:

Riesner, Rainer

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Seite 1

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925

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 12

92

Biesenbach, Hans: Zur Logik der moralischen Argumentation. Die
Theorie Richard M. Hares. Diss. Tübingen 1981. 326 S.

Die Arbeit hat zum Ziel, die sog. Sprachanalytische Moralphilosophie
(Analytische Ehtik) kritisch daraufhin zu untersuchen, ob ihre
Fragestellungen und Ergebnisse für die theologische Ethik relevant
sind. Dabei steht die Theorie Richard Hares paradigmatisch im Mittelpunkt
.

Die Darstellung dieser Theorie und ihrer Diskussion gliedert sich
in fünf Teile. Zunächst sein Denkansatz bei einer möglichen Anwendung
der deduktiven Logik auf imperativische Syllogismen, womit er
die Unmöglichkeit des Sein-Sollen-Schlusses beweisen will und die
Ausklammerung imperativischer Schlußfolgerungen aus dem logischen
Sprachspiel überwindet. Es folgt dann in Anknüpfung an Moores
Frage nach der Definierbarkeit von ,gut' seine Theorie der prä-
skriptiven Bedeutung in der empfehlenden Funktion und der deskriptiven
Bedeutung in den Anwendungskriterien. Die Problematik des
Bedeutungsbegriffes bei Hare wird aufgezeigt. Um den subjektivisti-
schen Rest individueller Entscheidungen so gering wie möglich zu
halten, entwickelt Hare seine Theorie der Logik der Moralsprache zu
einer Theorie der moralischen Argumentation weiter, wozu er die
Notwendigkeit aufzeigt, daß Moralurteile universalisierbar sein müssen
. Dabei wird besonders die Frage diskutiert, ob Hares Universa-
lisierbarkeitsthese deskriptiv oder präskriptiv ist. Das leitet über zur
Frage nach der behaupteten Neutralität der Analytischen Ethik
gegenüber inhaltlichen moralischen Normen. Der vierte Teil befaßt
sich mit Hares Stellung zum Utilitarismus: gibt Hare hier seine
inhaltliche Neutralität auf? Der fünfte Teil setzt sich mit den Thesen
des Desprektivismus oder Neo-Naturalismus auseinander, die zum
Teil gerade als Kritik an Hares Thesen entwickelt werden.

Diese theologisch besonders interessante Fragestellung des
logischen Verhältnisses von Tatsachenfeststellungen zu darauf aufbauenden
Werturteilen durchzieht die gesamte Arbeit ebenso wie das
Interesse an einer Möglichkeit, moralische Meinungsverschiedenheiten
vernünftig zu überwinden.

Die letzten siebzig Seiten bieten eine ausführliche Bibliographie
der analytischen Ethik.

Christ, Franz: Das Problem des Anthropomorphismus bei Schleiermacher
. Diss. Tübingen 1981. 572 S.

Die Untersuchung hat zwei Brennpunkte. Der eine ist die theologische
Frage des Anthropomorphismus, der andere die Theologie
Schleiermachers. Im 1. Teil macht eine Erörterung des Begriffs
„Anthropomorphismus", seines Ursprungs und besonders seines
lexikalischen Gebrauchs im 18. Jh., das Problem des Anthropomorphismus
bewußt. Hierauf wird die Tradition der Anthropomorphis-
mus-Kritik dargestellt. Die Auswahl ist so getroffen, daß Schleiermachers
Problemlösung besser verstanden werden kann. Darum
kommen Piaton und Spinoza und von den älteren Zeitgenossen Kant,
Jacobi und Fichte besonders zu Worte. Der 2. Teil der Arbeit ermittelt
den Stellenwert der Anthropomorphismus-Frage bei Schleiermacher
und kommt aufgrund einer ersten Text-Analyse zu der Hypothese
, daß Schleiermacher nicht bloß nebenbei die „leere Mythologie
" verwirft, sondern das Anthropomorphismus-Problem verantwortet
, indem er sich um eine grundsätzliche Präzisierung bemüht,
dort wo die Mitte seiner Theologie mißverstanden zu werden droht.
Er führt es immer wieder neu einer Lösung zu, ohne dabei seiner ursprünglichen
Antwort untreu zu werden. Im 3. Teil wird die Hypothese
verifiziert und die Bewegung in Interpretationen der einschlägigen
Texte nachgezeichnet. In chronologischer Reihenfolge werden
zuerst die Reden über die Religion untersucht, dann als Beispiel der
ethischen Theorie die „Weihnachtsfeier", hierauf die Dialektik mit
dem ihr entsprechenden Brief an Jacobi und zuletzt die Glaubenslehre
. Der 4. Teil faßt das Ergebnis der Auslegungen im Rückgriff auf
ein frühes Wort Schleiermachers zusammen: „Liebenswürdig ist, wer
liebt, d. h. wer überall im Endlichen das Unendliche findet. Groß,
wer das Endliche um des Undendlichen willen wegwirft. Vollendet,
wer beides vereinigt." Die „kindliche Form" des Anthropomorphismus
ist der Frömmigkeit ursprünglicher Ausdruck. Doch sie wird unhaltbar
und kann um der Erfahrung von Gottes In-uns-Sein willen
nur „vernichtet" werden. Zwischen diesen beiden Polen wird das
Problem bewegt und der Anthropomorphismus stetig gereinigt. Kriterium
der Reinigung ist die erlebte Einheit, die über allen Gegensätzen
des endlichen Daseins steht: Gott ist die Liebe. Der Anthropomorphismus
soll und kann dieser Liebe entsprechen.

Riesner, Rainer: Jesus als Lehrer. Eine Untersuchung zum Ursprung
der Evangelien-Überlieferung. Diss. Tübingen 1980. IV, 491 S.

Neuere Entwicklungen in der neutestamentlichen Wissenschaft
haben wesentliche Thesen der .klassischen Formgeschichte' in Zweifel
gezogen. Die vorliegende Arbeit fragt nach möglichen vorösterlichen
Anfängen der synoptischen Jesus-Überlieferung.

Obwohl Jesus kein .akademisch' ausgebildeter Schriftgelehrter war,
besaß er gute Voraussetzungen, um als volkstümlicher Lehrer zu wirken
. Die drei jüdischen Volksbildungsinstitutionen Elternhaus,
Synagoge und Elementarschule förderten nämlich die Fähigkeit,
große Stoffmassen gedächtnismäßig zu tradieren.

Jesus trat mit dem Anspruch auf, messianischer Lehrer der Weisheit
zu sein. Seinen eigenen Worten schrieb er eschatologische Qualität
zu. Für alle, die Jesu Vollmachtsanspruch ernstnahmen, bedeutete
dieser ein überaus starkes Tradierungsmotiv.

Um den häufig ungebildeten Zuhörern seine oftmals neuartige und
provozierende Botschaft unverlierbar einzuprägen, faßte Jesus ähnlich
wie die alttestamentlichen Profeten Grundgedanken in kurzen,
mnemonisch geformten Lehrsummarien zusammen, die er im Verlauf
seiner Reden zum Zweck des Memorierens wiederholte.

Wie andere jüdische Lehrer sammelte Jesus einen Schülerkreis, den
er allerdings völlig an seine Person band. Als ständige Begleiter Jesu
vermochten sich die Jünger seine Lehrsummarien genau einzuprägen
. Der Jüngerkreis erhielt auch gesonderten Unterricht, der weitere
Erläuterungen sowie Regeln für das Gemeinschaftslebens umfaßte.
Jesus sandte Jünger zu eigener Verkündigung aus und übergab ihnen
als Hilfe dafür geformte Überlieferungen. Der engste Jüngerkreis, der
auch esoterische Unterweisung empfing, wurde zum wichtigsten
Garanten vor- und nachösterlicher Traditionskontinuität. Die ortsfesten
Anhänger Jesu waren ebenfalls Träger mündlicher und vielleicht
schon erster schriftlicher Traditionen. Man muß die Jesus-
Überlieferung von Anfang an nicht als freie folkloristische, sondern
als gepflegte Tradition werten.

Berichte und Mitteilungen

Gesellschaft der Freunde der Augustana-Hochschule e. V.

Durch den Rektor der Augustana-Hochschule, Neuendettelsau,
wird die Redaktion der Theologischen Literaturzeitung gebeten, ihre
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