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Ausgabe:

1981

Spalte:

919-920

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Gamber, Klaus

Titel/Untertitel:

Sacrificium missae 1981

Rezensent:

Hennig, John

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Seite 1

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919

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 12

920

dieser neuen Ethik immer wieder auf Ernst Troeltsch zurückverwie- trachteten Sinnbezirk (S. 40f z. B. auch das heute beliebte Wort „Zei-

sen wird. Man darf gespannt darauf sein, wie der Autor sich nun zu chen") gehören, und vermittelt ein eindrucksvolles Bild von dem Zu-

den Konkretionen der von ihm vertretenen ethischen Theologie sammenhang der frühpatristischen mit der biblischen Terminologie,
äußern wird.

Leipzig Joachim Wiebering

Basel John Hennig

Praktische Theologie:
Liturgiewissenschaft

Gamber, Klaus: Sacrificium Missae. Zum Opferverständnis und zur
Liturgie der Frühkirche. Regensburg: Pustet 1980. 115 S. = Studia
Patristica et Liturgica, 9.

Der Anhang zu diesem Büchlein bietet die Fortsetzung (bis einschl.
1978) von Gambers Bibliographia selecta, die nunmehr (seit 1941)
250 Nummern erreicht hat und ebenso wie das Büchlein selbst zeigt,
daß Leistungen auf dem Gebiet der Erforschung der Liturgie der
Frühkirche nur zu erbringen sind, wenn man minutiöse Detailarbeit
nicht scheut. Die zweite Hälfte des Büchleins wird eingenommen von
7 Miszellen, von denen die 1. Nr. 168, die 4. Nr. 119, die 5. Nr. 146,
die 6. Nr. 126 und die 7. Nr. 165 der Bibliographie in Überarbeitung
bieten. Das zweite allgemeine Kennzeichen, wodurch Gamber vorbildlicher
Liturgieforscher ist, ist die Bereitschaft zu solcher Überarbeitung
und zur Korrektur früherer eigener Ansichten (hier S. 51, 55,
105). Die 2. Miszelle behandelt das (möglicherweise Euchari-
stie-)Gebet im Clemensbrief, das einerseits die Verbindung mit jüdischen
Gebeten (Fürbitte für Kranke und Gefangene, Vielzahl der
Ausdrücke für Gotteslob), anderseits die eigentümliche Freiheit der
Liturgien im Zitieren ihrer Vorlagen illustriert. Die 3. Miszelle behandelt
eine Stelle bei Irenäus, die zeigt, daß die Frühkirche nicht
zwischen Eucharistiegebet und Epiklese unterschied, sondern dem
Eucharistiegebet als Ganzem konsekratorische Kraft zuschrieb und es
damit als Epiklese Gottes (erst später: des Heiligen Geistes) ansah.
Deutlicher noch wird im ersten Teil des Buches die aktuelle Bedeutung
für das Verhältnis der römischen Kirche zu den Ostkirchen,
auch z. B. im Verständnis der Eucharistie als Teilnahme an der
himmlischen Liturgie (35). Darüber hinaus aber ist natürlich das
Thema Opferverständnis brisant sowohl im Verhältnis zu den aus der
Reformation hervorgegangenen Kirchen als auch in bezug auf die
gegenwärtige Tendenz im römisch-katholischen Bereich, die Eucharistie
weit mehr als Mahl denn als Opfer zu verstehen. Ja, das Thema
ist auch von Interesse für das Verhältnis zum Judentum, indem sich
gerade da zeigt, daß das Opferverständnis der Frühkirche vor allem
durch seine Breite ausgezeichnet ist: Lobopfer, Gabenopfer und
Kreuzesopfer, das auf dem Altar gegenwärtig wird, sind weniger Unterscheidungen
(46) als Aspekte. Es führt zu Mißverständnissen,
wenn an die Terminologie der Frühkirche mit hochmittelalterlichem
oder gar modernem Begriffsverständnis herangegangen wird. Gerade
an Zentralem wie dem hier Betrachteten läßt sich zeigen, daß in der
Liturgie eine mit der Dogmatik nicht gleichlaufende Entwicklung, in
dem hier ins Auge gefaßten Zeitraum vor allem: Entfaltung, stattgefunden
hat. Es ist keine dogmatische Forderung, sondern eine historische
Feststellung, wenn Gamber sagt, daß man in der Meßopferfrage
„mehr als sonst auf die Überlieferung angewiesen ist" und hier
„die neutestamentliche Exegese allein sicher nicht ausreicht" (52),
schon weil vorpaulinische Texte in Betracht zu ziehen sind. An einer
Fülle von Stellen zeigt Gamber, daß „bisher der Wert der ältesten
liturgischen Denkmäler für das Verständnis der Opferanschauung
der Frühkirche oft zu wenig gesehen worden ist". Der ökumenische
Raum dieser Opferanschauung ist weiter, als es die Kirchengeschichte
vermuten läßt. In einer über den liturgiewissenschaftlichen
Bereich hinaus bedeutsamen Weise geht Gamber den Wörtern nach,
die im Hebräischen, Griechischen und Lateinischen zu dem hier be-

Lausberg, Heinrich: Der Hymnus „Veni Creator Spiritus". Opladen:
Westdeutscher Verlag 1979. 212 S. gr.8' = Abhandlungen der Rheinisch
-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, 64. Lw.
DM 65,-.

In dieser Untersuchung liegt uns eine reife Arbeitsfrucht von Jahrzehnten
vor. Der Hymnus wurde dem Vf., nach zuerst nur praktischem
Umgang mit ihm, schon seit 1929 Gegenstand interpretato-
rischer Bemühungen. Er erwähnt gelegentlich (165), wie er dann 1938
den Texten zur Aachener Synode 809 begegnet ist und diese ihm zum
Schlüssel für sein Verständnis geworden sind. Die Konsequenzen daraus
sind in drei Jahrzehnten in der Stille herangereift, und Vf. konnte
seine Deutung zuerst 1969 der Akademie der Wissenschaften in Göttingen
vortragen. In der jetzt vorliegenden Form stellt sie einen Teil
der Arbeiten des Sonderforschungsgebietes 7 „Mittelalterforschung"
der Universität Münster und gleichzeitig einen Beitrag zur Einrichtung
des Faches „Griechische und lateinische Philologie" an der Universität
Paderborn dar.

Was in diesem Buch geboten wird, setzt einen Höchstmaßstab für
alle Interpretationskunst, indem eine fast unübersehbare Fülle theologischer
, historischer und philologischer Einzelkenntnisse ausgewertet
wird - ein Vorgang, den diese Besprechung auch nicht annähernd
nachzuzeichnen vermag. In seiner vom Vf. entdeckten und m. E.
überzeugend nachgewiesenen Ursprungssituation gewinnt der Hymnus
eine Situatiorisnähe, die ihm gegenüber dem zeitlos gültigen Charakter
anderer Hymnen ein hohes Eigenleben verleiht. Er erscheint so
als „brillant-preziöses Meisterwerk" (185) eines „Paul Valery des
9. Jh." (31 u. ö.), das von seinem „Erst-Publikum" der Aachener
Synodalen in seinem „pragmatischen" Sinn und seiner poetischen
„Verfremdung" unmittelbar verstanden werden mußte. Der Dichter
konnte ja das „hochintellektuelle" Niveau dieser Synode voraussetzen
.

Vf. entdeckt also über den „sensus largior" des Hymnus hinaus, der
ihm seine Wirkungsgeschichte in der Pfingstliturgie, in den Weiheliturgien
und bei Veranstaltungen lehramtlichen Charakters gab,
einen „sensus strictior". Er ergibt sich aus der Erkenntnis, es handele
sich hier um den Eröffnungshymnus der Aachener Synode des Jahres
809, der es um die kirchenamtliche Anerkennung und Aufnahme des
„filioque" in das Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum ging.
Erst die auf diese Synode bezüglichen Texte (Smaragdus, Pseudo-
Smaragdus, Theodulf von Orleans) konnten zusammen mit den entsprechenden
Zeugen der karolingischen Theologie (Libri Carolini,
Synoden von Frankfurt und Friaul, Schriften Alcuins) dem Vf. für
diese Beziehung die Augen öffnen. Wenn bisher die 6. Strophe insofern
eine crux interpretum bedeutete, als man in ihr nur eine Vorwegnahme
der im 7. Vers den Hymnus beschließenden Doxologie sehen
konnte, wird im „sensus strictior" gerade sie zur Zielstrophe des Ganzen
. Von ihr kann Vf., seine subtilen Nachweise zusammenfassend,
sagen: „Die Strophe 6 ist eine theologisch-kirchenpolitische ,Engführung
', die die auf den Stellen der Vulgata NT Joh. 16,13, Joh. 17,3,
I. Kor. 2,9-12 beruhende theologische These des Hymnus und der
Aachener Synode vertritt. Diese These hält die Einfügung des .filioque
' für ,heilsnotwendig"' (185). Die Wendung „Utriusque Spiritum"
formuliert hier „in zugespitzter und ebenso erwarteter wie überraschender
Form" das Thema des Hymnus wie das Anliegen der
Synode. Nur einer hochstehenden Intellektualität der Synodalen war
die „ebenso anspielende wie überraschende Technizität des Hymnus
" zuzumuten; nur sie konnte sie „goutieren" (159). Für die Nachwelt
konnte diese Strophe nur noch eine „verhältnismäßig interessant
ausgedrückte Doxologie" bedeuten. „Dadurch gerieten die vorberei-