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Ausgabe:

1981

Spalte:

856-857

Kategorie:

Kirchenrecht

Titel/Untertitel:

Zakon sudnyj ljudem 1981

Rezensent:

Onasch, Konrad

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 11

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ihrer Geschichte liturgischen Gestaltungen zugewachsene Eigenverständnis
hier unterschätzt wird. Leider gestattet mir der Raum keine
angemessene inhaltliche Darstellung, zumal dabei auch auf die vom
Vf. gebrauchte Terminologie einer (an der strukturalen Linguistik
orientierten) Semiotik eingegangen werden müßte. Ich muß mich
darauf beschränken, die Einzelabschnitte zu nennen, die Hinweise
auf den Inhalt des Ganzen geben können: 1. Reproduktion, nicht
Produktion von Zeichenfolgen: Agenden und Meßbücher als Kodes
mit starrer Syntax. 2. Bedarf an Zeichen Vorräten und Verknüpfungsregeln
: Chancen für neue liturgische Bücher. 3. Die Entdeckung eines
Begriffs: Identitätssicherung durch Rückführung auf gemeinsame
Grundstrukturen. 4. Strukturierung im Vollzug: Strukturen als Elemente
des Zeichenprozesses Gottesdienst. 5. Interpunktion von Ereignisfolgen
und Struktur als „codifizierendes System": Strukturierung
als kommunikative Notwendigkeit. 6. Konvergenz der Strukturen
oder strukturierender Deutungen? 7. Der Einwand der Liturgiegeschichte
: Die zweiteilige Grundstruktur der Messe - organisch gewachsenes
Unterpfand gottesdienstlicher Kontinuität und Identität.
8. Nicht „strukturgerechte Ausformung" eines vorgegebenen Grundmusters
, sondern regelgerechte, situationsgemäße Strukturierung gottesdienstlicher
Kommunikation. 9. Vom Funktionswechsel überlieferter
liturgischer Elemente: Keine Rückschlüsse aus „Ursprungsfunktionen
" auf gegenwärtige Bedeutungen. 10. Auch eine
Strukturierung des Gottesdienstes als „Lernprozeß" impliziert eine
bestimmte Deutung. 11. Die Bedeutung der semantischen und pragmatischen
Zeichendimension: „Einheit" des Gottesdienstes kann
nicht allein auf der syntaktischen Ebene gesichert werden. 12. Die
semantische Dimension: Globale Deutungen gottesdienstlicher
Kommunikation. 13. Von der Möglichkeit, Kodes zu erlernen und zu
erweitern: Künftige liturgische Bücher und die Notwendigkeit gruppenüberschreitender
Partizipation. Rez. meint dazu, hier könne sich
ein Weg zeigen, das weithin fehlende Interesse der jungen Generation
am Aufgabenfeld der Luturgik zu wecken.

Im hymnologischen Teil geht Andreas Wittenberg unter der
Überschrift „Allmächtiger Herr der Heere ..." auf „Krieg und Frieden
im Kirchenlied des 20. Jh." ein (53-94). Die Arbeit zeigt an instruktiven
Beispielen, welcher Wandel sich hier vollzogen hat. Für
dessen Ergebnis ist kennzeichnend: „Die Lieder der letzten zwei Jahrzehnte
stellen fest, daß Krieg nicht sein soll und Friede nur
werden kann, wenn der einzelne Mensch Frieden gefunden hat. Dann
aber ergeben sich ernsthafte Konsequenzen für das Verhalten dem
Mitmenschen gegenüber. Friedenswille muß sich in der Ökumene
und in der Bewältigung des Nord-Süd-Konflikts beweisen." (88)

Die „Kleinen Beiträge und Miszellen" bringen zur Liturgik fünf
Aufsätze: Der Knabe auf dem Diskos. Die Proskomidie der orthodoxen
Liturgie (K. Ch. Felmy); Symbol und Ritual. Erfahrungen mit
einem Buch von Werner Jetter (J. Kleemann); Das Amelungsbor-
ner Brevier (H. Chr. Drömann); für den Gottesdienst. Aus der Arbeit
der Luth. Liturgischen Konferenz (A. Völker) und ein Bericht
„Zum Gottesdienst in den ev.-reformierten Kirchen der Schweiz" (E.
H. Zellweger), der überregional zur Kenntnis genommen werden
sollte. Im hymnologischen Teil stellt K. Ameln „Johann Gottfried
Herder als Gesangbuch-Herausgeber" vor. „Die Morgenröte. Eine
Naturerscheinung in Literatur und Kirchenlied" ist das Thema, dem
H.-B. Schönborn nachgeht. Von Chr.-E. Schott stammt eine
Untersuchung „Der Glaube an die Führung Gottes im Ev. Kirchengesangbuch
", der ähnliche folgen sollten. Der Literaturbericht von
W. I. Sauer-Geppert „Ev. Gesang- und Gebetbuch für Soldaten"
stößt zu tiefdringenden kritischen Erkenntnissen vor, um derentwillen
man ihn allen Gesangbuchkommissionen zur Pflichtlektüre
machen sollte. Ein Bericht über „Einige Neudrucke alter Quellen zur
Hymnologie und zur Musiktheorie" (K. Ameln), „Antwort auf
eine Rezension" (K. Ameln), sowie ein ausführlicher, auch zu
grundsätzlichen Fragen vordringender Bericht über die „Zehnte Arbeitstagung
der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Hymnologie,
30. 7.-4. 8. 79 in Regensburg" (W. I. Sauer-Geppert) beschließen

den hymnologischen Teil.

Es folgen Literaturberichte zur Liturgik (Gesamtredaktion: A.
Völker), die diesmal dem Spätmittelalter und der Reformationszeit
sowie dem Gottesdienst und der Gegenwart gelten und denen sich
solche aus Norwegen und den Niederlanden anschließen. Der Bericht
zur Hymnologie und Kirchenmusik wird zum überwiegenden Teil
von K. Ameln erstattet (I. Theologie und Musik, II. Hymnologie.
III. Kirchenmusik. IV. Allgemeine Musikgeschichte). Es folgen
solche aus Dänemark, Frankreich, Niederlande, Polen, CSSR und
England.-

Der neue Band des schon unentbehrlich gewordenen Jahrbuchs
kann einer Gegenwartsaufgaben zugewandten Arbeit wichtige Impulse
vermitteln.

Bad Homburg-Dornholzhauscn William Nagel

Kirchenrecht

Dewcy, H. W„ and A. M. Kleimola |Eds.|: Zakon Sudnyj Ljudem

(Court Law for the People), translated with Commentaries and In-
troduction. Ann Arbor: Dept. of Slavic Languages and Literatures
1977. XXIV, 54 S., 39 Faks. S. 4° = Michigan Slavic Materials, 14.

Der Zakon sudnyj ljudem (ZSL) stellt ein Zivilgesetzbuch für die
Hand der mittelalterlichen Herrscher und ihrer Behörden dar, das im
Rahmen der byzantinischen Slavenmission und unter Heranziehung
der Ekloge und des Nomokanons mit hoher Wahrscheinlichkeit von
Method (nach anderen in Zusammenarbeit mit seinem sprachbegabten
Bruder Konstantin-Kirill) in Mähren im 9. Jh. zusammengestellt
wurde (Zur Einführung s. F. Grivec, Konstantin und Method. Lehrer
der Slaven, Wiesbaden 1960, Reg.: Zakon sudnyj). D. und K. führen
die drei Theorien über die Herkunft des ZSL, die bulgarische
(866-868 unter dem Zaren Boris I., Einfluß westlicher Quellen
[Responsa des Papstes Nikolaus]), die mährische (Arbeit des Method
und Konstantins, s. o.) und die makedonische (ebenfalls Arbeit des
Method während der Zeit seines Dienstes als Militärgouverneur in
Strimon zwischen 830 und 840) vor, indem sie sie einer kritischen
Würdigung unterziehen. Auf Grund nicht zuletzt auch linguistischer
Erwägungen entscheiden sich beide Forscher für folgende Position:
"... the most probable hypothesis is that Methodius compiled the
code in reponse to Prince Rastislav's request for a 'good law' as a
model for duly promulgated 'official' legislation" (XIV), Schüler
Methods brachten dann den ZSL nach Bulgarien, von wo er schließlich
nach Rußland bald nach der Taufe Vladimirs gelangt sein muß.
Der älteste erhaltene Text befindet sich in der Novgorodskaja Korm-
caja aus dem späten 13. Jh. In ihr spiegelt sich die spezifische Situation
einer Kirche wider, die sich noch lange Zeit nach der Christianisierung
mit den überlebenden Erscheinungen des Dvoeverie, des alt-
slavischen Synkretismus auseinandersetzen mußte. In der weiteren
Geschichte des ZSL in Rußland sind u. a. die Anordnungen über die
öffentliche Buße interessant, denen sich in der Geschichte Rußlands
auch so bekannte Persönlichkeiten wie der d'jak Viskovatij oder Ivan
Groznyj unterziehen mußten. Ein anderer Gegenstand sind die Bestimmungen
gegen die Häretiker, wie sie sich in der Novgoroder
„Kormcaja" finden, die auf eine gewisse Toleranz gegenüber "unorthodox
views" schließen lassen, "such as those associated first with
the Strigol'niki and then with the Judaizers, in early fourteenth-cen-
tury Novgorod society" (XXII). Es folgen: 1. im Faksimiledruck die
Kurzredaktion des ZSL im Novgorodskij spisok von 1280, 2. der Pus-
kinskij spisok im diplomatisch getreuen Abdruck der Ausgabe von
M. N. Tichomirov, d. h. die ausführliche Version des ZSL, der ein
Faksimiledruck folgt. Die Texte sind von einer englischen Übersetzung
begleitet und ausführlich kommentiert. Diese Ausgabe ist zu be-