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Ausgabe:

1981

Spalte:

839-841

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Jansen, Reiner

Titel/Untertitel:

Studien zu Luthers Trinitätslehre 1981

Rezensent:

Brosché, Fredrik

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 11

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Nachweis der vermutlichen Quellen (der Form nach in 9 Kategorien
aufgeschlüsselt) und die Verweise auf die Sekundärliteratur. Durch
reichhaltige Register (Schriftstellen, nichtbiblische Zitate, Quellen,
Sachen und Begriffe, Personen und Orte) ist dafür gesorgt, daß die
Unsumme der Nachweise und Erkenntnisse nicht in den Anmerkungen
eingesargt bleiben müssen.

Der Erkenntniszuwachs, den diese Ausgabe eines der Grundbücher
der Kontroverstheologie im 16. Jahrhundert bringt, kann durch die
vorstehende knappe Inhaltsangabe nicht im entferntesten angedeutet
werden. Hier ist ein gängiger Herausgebertraum, eine möglichst lük-
kenlose Überlieferungsgeschichte zu bieten, die Quellen zu verifizieren
und den Text ausreichend zu kommentieren, weitgehend in Erfüllung
gegangen. Die Forschung erhält neben einem zuverlässigen
Text zugleich einen exemplarischen Einblick in die Arbeitsweise der
theologischen Gegner der Reformation, in die weitgespannte theologische
Bildung von Luthers Kontrahenten bei der Leipziger Disputation
, aber auch in die Andersartigkeit des Ansatzes und der Struktur
der Argumentation zwischen den katholischen und reformatorischen
Spitzentheologen.

Dem Hrsg. und seinen Mitarbeitern gebühren Dank und Respekt
für ihre Leistung. Gegen Korrekturen und Ergänzungen ist auch eine
solche Ausgabe selbstverständlich nicht gefeit. Möglicherweise ist
z. B. die Druckgeschichte der Fassung F verwickelter, als es sich in
Fraenkels Bibliographie darstellt. Ein Exemplar des Enchiridions in
der Bibliothek der Katharinenkirche Salzwedel, das Fraenkel unbekannt
geblieben ist, scheint nach den Katalogangaben von Fraenkels
Beschreibung abzuweichen (Titel: ... sexto recognitum, & prioribus
locis ...; Tübingen 1529. 109 S.). Bei dem ebenfalls von Fraenkel
nicht erwähnten Exemplar der Marienbibliothek Halle (Sign.: Hof 9
Duod.) handelt es sich um den Druck F5.

Einzelheiten zum Anmerkungsteil: 1 Anm. 6: Gemeint ist Herzog
Georg von Sachsen. 80 Anm. 29: Mit „Schumacher" wird der Eilen-
burger Schumacher Georg Schönichcn gemeint sein, der mit seiner
Flugschriftenattacke gegen die Leipziger und Dresdner Theologen
1523 viel Aufmerksamkeit auf sich zog. 299 Anm. 111: Eck weist auf
den gefürchteten Henker des Schwäbischen Bundes, Berthold Aiche-
lin, hin. 307 Anm. 49: Das nicht aufgefundene „Prurain" ist die
oberrheinische Landschaft Bruhrain. Die beiden großen Lutherausgaben
sollten mit ihren gängigen Siglen (WA und EA) zitiert werden.

Es war ein guter Einfall, der lateinischen Ausgabe die deutsche als
Faksimiledruck folgen zu lassen. Auf Grund der Einleitung von
Fraenkel braucht Iserloh nur kurz die Entstehung (Zusammenhang
mit dem Augsburger Reichstag) und Bedeutung der deutschen Übersetzung
zu skizzieren. An Einfluß standen die insgesamt 5 deutschen
Ausgaben (3 davon postume Bearbeitungen) den französischen und
erst recht den lateinischen, bei weitem nach. Druckvorlage ist die
zweite von Eck veranstaltete Ausgabe von 1533, die auch das zeitweilig
eingefügte Kapitel gegen die Wiedertäufer enthält. Die Sorgfältigkeit
des Drucks verdient auch bei dieser Ausgabe genannt zu werden
. Schwer lesbare Textstellen sind in einem Anhang noch einmal
wiedergegeben worden.

Berlin Siegfried Bräuer

Jansen, Reiner: Studien zu Luthers Trinitätslehre. Bern-Frankfurt
/M.: Lang 1976. 232 S. 8" = Baseler und Berner Studien
zur historischen und systematischen Theologie, 26. Kart, sfr 44,-.

Es ist außerordentlich erfreulich, daß hier Luthers Trinitätslehre
Gegenstand einer gründlichen Untersuchung wurde. Denn bei früheren
Forschern wie Karl Holl, Emanuel Hirsch und Carl Stange bleibt
sie in hohem Grade unbeachtet. Freilich hat die neuere Forschung,
z. B. Paul Althaus, bemerkt, daß Luther die orthodoxe Lehre von der
Trinität als schriftgemäß bejaht. Aber man hat nicht näher analysiert,
inwiefern der Reformator hier scholastische Ausdrucksweisen gebraucht
und inwiefern sein trinitarisches Denken ein eigenes charakteristisches
Profil hat. Statt dessen hat man sich manchmal damit
begnügt, geringeres Material aufzunehmen und daraus Schlüsse gezogen
, die natürlich bisweilen ziemlich irreführend waren. Es war daher
eine wichtige - aber auch aufwendige - Aufgabe, eine „Darstellung
wesentlicher Grundzüge der Trinitätslehre Luthers und ihres Stellenwertes
innerhalb seiner Theologie" vorzulegen (5).

Auf eine verdienstvolle Weise nimmt der Vf. relevantes Material
von 1520 bis zum Tode Luthers auf. Vielmals in effektvollem Kontrast
zur schmalen Basis früherer Forscher, läßt er uns ein sehr reiches
Material überblicken, das viele interessante Aspekte bietet und auch
den Blick auf Einzelheiten ermöglicht. Es zeigt sich, daß die Aussagen
des Reformators auf eine natürliche Weise in drei Abteilungen gruppiert
werden können: (1) „Die Trinität in Luthers Auslegung des
Apostolicum 1520-29", (2) „Die Trinität in Luthers Bekenntnissen",
(3) „Die Trinität in Luthers Predigten und Schriftauslegungen".

In einem abschließenden Kapitel stellt der Vf. seine Beobachtungen
und Ergebnisse zusammen: „Die theologische und theologiegeschichtliche
Bedeutung von Luthers Trinitätslehre". Es bietet
wertvolle Belege von vielerlei Texten gerichtet sowohl an das Kirchenvolk
als auch gelehrte Theologen. Wir können sehen, wie die
Akzente und die Ausdrucksweisen wechseln können, aber wie die
Haupteinstellung bei Luther immer dieselbe ist.

Von neuem werden wir daran erinnert, welchen Reichtum von Gesichtspunkten
der Reformator vorführt. Das Bild seiner Auffassung
der Dreieinigkeit, das durch geduldig durchgeführte Detailanalysen
entsteht, wird wechselvoll. Die Bedeutung der trinitarischen Reflexion
für Luther zeigt sich nicht zuletzt in der Tatsache, daß er - anstatt
wie die mittelalterliche Kirche das Apostolikum in 12 Artikel zu
teilen - die Dreiteilung des Symbols markiert. Dies kann man als
„seinen besonderen Beitrag innerhalb dieser Auslegungsgeschichte"
bezeichnen (35).

Zu den allerwichtigsten Schlüssen in dieser Abhandlung gehört die
Beobachtung, daß der Reformator die immanente Trinität zwar nicht
vernachlässigt, aber mehr als die frühere Tradition die ökonomische
Trinität hervorhebt, d. h. das Wirken des Vaters, des Sohnes und des
heiligen Geistes in der Welt. „Wenn er sich immer wieder gegen die
Trinitätslehre der Scholastiker gewandt hat, so hat er damit weniger
einzelne' Aussagen der Scholastiker kritisieren wollen als vielmehr
ihre weitgehende Trinitätsspekulation. Demgegenüber hat Luther die
Trinitätslehre herausgeholt aus der Isolation, in der sie sich in der
Scholastik befand, und sie neu belebt" (221). Man kann nicht von
einem subordinatorischen Zug reden, wie Holl und Aulen es getan
haben. Und Luther des Modalismus zu zeihen, scheint auch ziemlich
verfehlt. Auch nicht der Tritheismus, den Karl Thieme (und schon
Martin Butzer) meint wiederzufinden, ist im Material begründet.

Wenn der Vf. das theopaschitische Problem in der altkirchlichen
Theologie (im Anschluß an Werner Eiert) und bei Luther ausführlich
behandelt, erläutert er damit auf eine interessante Weise Fragen, die
in den spätesten Jahren erneuerte Aktualität erhalten haben, z. B.
durch Moltmanns Versuch, auf eine konsequente Weise den leidenden
, gekreuzigten Gott in die Theologie einzudenken. Es zeigt sich,
daß eine „theopaschitische Tendenz" sich in Luthers Reflexion wirklich
findet (120). Dies hängt damit zusammen, daß er Ernst mit dem
Umstand machen will, daß „Menschwerdung und Leiden, Tod und
Auferstehung Jesu Christi im Sein Gottes" begründet sind (ebd.).

Der, welcher sich mit Luther beschäftigt und an einer Frage zu arbeiten
beginnt, entdeckt wie bekannt allmählich Luthers Herzensangelegenheit
: die radikale Rechtfertigungsbotschaft. Jeder Abschnitt
der Theologie wirft auf diese Weise Licht auf das ganze theologische
Denken Luthers. Das ist auch mit der Trinitätslehre der Fall. Die
Rechtfertigung hängt mit der Christologie zusammen und damit auch
mit der Trinitätslehre. Das zeigt sich sowohl in volkstümlichen Predigten
als auch in den theologischen Unterredungen über das Abendmahl
mit Zwingli. Aus diesem Grunde kann Luther auf eine Weise,
die vielleicht für einige Leute erstaunlich ist, behaupten, daß die Tri-