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Ausgabe:

1981

Spalte:

836-838

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Andres, Melquiades

Titel/Untertitel:

La teología enspañola en el siglo XVI; I. 1981

Rezensent:

Nagel, Walter

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 11

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(Sp. 1670-1676). Im Anschluß an die Aufsätze von K. Aland und H.
Kraft erörtert H. Bacht die chronologischen Fragen und untersucht
mit Umsicht die Hauptpunkte ihrer Lehre: die Prophetie, die Escha-
tologie, den moralischen Rigorismus und die damit in Zusammenhang
stehende milde Handhabung der Schlüsselgewalt seitens der
Kirche. Der Montanismus wird grundsätzlich bewertet als ein Phänomen
de regression (Sp. 1670), aber nicht als eine fortschrittliche Bewegung
, wie man früher oft geurteilt hat.

Der Beitrag Macaire (Pseudo-Macaire, Macaire-Symeon) Sp.
20-43, enthält in einem ersten Teil eine gedrängte Übersicht über die
Quellen, Florilegien, Übersetzungen, Sammlungen des Werkes, über
seinen Autor und seine Beziehungen zu Basilius und Gregor von
Nyssa (Sp. 20-27). Daran schließt sich eine gut lesbare Zusammenfassung
der Lehre des Makarios an (Sp. 27-38), die besonders die
Notwendigkeit der experientia, des geistlichen Kampfes, der
Gegenwart des Geistes betont (Sp. 37), aber daneben eine Fülle feinsinniger
Beobachtungen enthält. Die Nachwirkungen des Makarios
werden dagegen nur recht summarisch behandelt (Sp. 39-41), zumal
hier vieles noch nicht genügend erforscht ist. Überall ist naturgemäß
der Einfluß der Werke von H. Dörries spürbar, dessen Thesen im allgemeinen
angenommen werden, obwohl es zuweilen nicht an berechtigtem
Widerspruch fehlt. So wird geurteilt, daß Diadochus sei plus
eloigne de Macaire, als es H. Dörries will (Sp. 39), was sicher zutrifft.

Der Artikel Maxime le Confesseur (Sp. 836-847) ist von I. H.
Dalmais, einem Kenner des Maximos, verfaßt. Man wird nicht
allem zustimmen können. So erhält das Leben des Maximos durch
die Verwendung einer syrischen Vita stark hypothetische Züge, nach
der Maximos in den palästinischen Klöstern aufgewachsen und somit
von vornherein mit bestimmten Anschauungen in Berührung gekommen
sei, ehe er unter dem Einfluß des Sophronios seine maßgeblichen
Gedanken ausgebildet habe (Sp. 839-840). Dalmais verkennt
nicht die Fragwürdigkeit dieses Fundamentes, aber diese Notiz paßt
gut in den Entwicklungsgang hinein, den er von der maximianischen
Gedankenwelt besitzt (Sp. 837). Verhältnismäßig kurz werden die
grands themes spirituels behandelt, die in drei Kapitel eingeteilt
werden: Adam, l'homme divise, Christus, der versöhnte Mensch,
divinisation (Sp. 842-846). Dabei werden die Fragen der Christologie
an Hand zweier neuerer Arbeiten dargestellt (A. Riou, 1973 und Gar-
rigues, 1976), während die Anthropologie im Anschluß an Thunbergs
Monographie behandelt wird (1965). Anregend wirken diese
Ausführungen, die in manchem Hinweise auf ein neues Maximos-
Bild bieten, auf jeden Fall, zumal sie von einem bedeutenden Sachkenner
geboten werden.

Der Buchstabe M bringt es mit sich, daß das Lexikon eine große
Anzahl von kleineren Artikeln über einzelne Persönlichkeiten enthält
- es mögen wohl einige Hundert sein -, die den größten Raum
beanspruchen. Sie sind alle nach dem gleichen Schema gearbeitet,
bringen eine Übersicht über das Leben, die einzelnen Schriften und
ihren Inhalt und fügen meist ausführliche Angaben über die neuere
Literatur bei. Für den jeweiligen Interessenten wird dies sicher eine
willkommene Arbeitshilfe bilden.

Dies kann nur eine kleine Auswahl aus einer großen Stoffülle sein.
Wie bei jedem Bande des Dictionnaire ist man lebhaft beeindruckt
von dem hohen Maß gediegener wissenschaftlicher Arbeit - ja ich
habe den Eindruck gewonnen, daß sie mit jedem Bande an Format
gewinnt -, von derAufgeschlossenheit mystischen Fragen gegenüber
und der Reife des Urteils. Man kann aus allen nur folgern, daß dieser
Band X sich würdig der Reihe seiner Vorgänger anschließt.

Mainz-Wiesbaden Walther Völker

Andres, Melquiades: La teologi'a espaiiola en ei siglo XVI, I. Madrid:
Biblioteca de Autores Cristianos 1976. XIII, 426 S. gr. 8° = Biblio-
teca de Autores Cristianos Declarada de interes nacional, 13.
ptas. 690.-.

Die Geschichte der spanischen Theologie im 16. Jh. erschien mit
kirchlicher Druckerlaubnis, - eine Ausnahme in der heutigen Literatur
Spaniens. Der Vf. will dabei die Jahre 1470 bis 1570 als Zeitraum
einer spanischen „Reform" (reforma), wohl als Gegenstück zur sonstigen
Reformationsgeschichte, genau darstellen. Aber diese Begrenzung
ist nicht eng. Er greift gelegentlich weit in das Mittelalter zurück
, wie er auch bis in die Zeit der mit Napoleon gekommenen Veränderungen
hinausblickt (S. XIII). Dieses umfangreiche, mit äußerster
Exaktheit gearbeitete und bis ins subtile Detail fesselnde Buch
kann mit Recht als Gegenstück zur protestantischen Geschichtsschreibung
jedweder Couleur wie auch der humanistischen Darstellung
der Renaissance aller Spielarten, auch des offiziellen Rom, gelten
.

Es überrascht ungemein, daß unser übliches Schema von Kirchengeschichte
grundsätzlich und völlig aufgelöst wird. Politische, dynastische
oder auch soziale Spannungen und Veränderungen, herkömmlich
als Motor, mindestens aber als dominierende Macht bei
uns beschrieben, werden kaum erwähnt. Uns bewegende Ereignisse
wie die Gegenreformation oder die Vernichtung der Armada (1588)
werden nicht einmal genannt. Wenn überhaupt Menschen als Diener
ihrer Kirche oder als Wegbereiter einer geistigen Entwicklung genannt
werden, so genügt es dem Vf., die „katholischen Majestäten"
Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragonien anzudeuten,
und das auch nur in einem Nebensatz.

Unverkennbar ist der Vf. in die Rolle eines Verteidigers der Vergangenheit
seines Volkes gedrängt (S. XI Prologo). Die überwiegend
negative Beurteilung Spaniens zum Ende des 16. Jh. geht nicht auf
bloße Böswilligkeit oder auf glattes Unverständnis besonders der Protestanten
zurück (S. 328, 336). Der überaus gelehrte, mit mehr als
fünfzig Veröffentlichungen zum Thema bestens ausgewiesene Vf.
muß sich vielfachen Belastungen - nach seinem eigenen Urteil bis
heute spürbar - seiner Heimat und ihrer Geschichte stellen. Gewiß ist
die nachreformatorische Geschichte des zentralen Europa kein Ruhmesblatt
der Dynasten und Völker. Aber, ohne vollständig sein zu
wollen, die Vertreibung der Mauren nach 1492, die Zwangstaufen der
Juden oder ihre gewaltsame Aussiedlung, die infolge der Untätigkeit
der Hierarchie entstandene und immer mächtiger werdende Inquisition
(S. 85, 116, 362), der Index des Valdes von 1559 und der damit
verbundene Rückfall Spaniens in ein die Schemata des Mittelalters
nicht verlassendes Christentum unter Negierung der andernorts um
1500 allseitig einsetzenden Reformbestrebungen haben insgesamt bittere
Konsequenzen nach sich gezogen (S. XII), denen das zentrale
Europa am Ende eben doch nicht erlegen ist.

Indes hat Spanien nach der Darstellung des Vf. seinen für die Geschichte
der katholischen Kirche nicht wegzudenkenden Beitrag zur
Reform im 15. Jh. geleistet, also hundert Jahre eher, als man in Zürich
, Wittenberg und Genf mit der Kritik an der Kirche begann. Er
wertet dabei Archive aus den Klöstern und Universitäten seiner Heimat
in einem kaum übersehbaren Ausmaß aus. Aber wichtiger als die
einfache Behauptung ist dem Vf. der Nachweis der getanen Reform.
Dieser Nachweis ist im wesentlichen auf die Tätigkeiten der geistlichen
Orden der Franziskaner und Dominikaner sowie die Gründung
von Universitäten bzw. deren Leistung bezogen. Andere Orden,
andere Teile der Volksmenge oder sonstige Beziehungen bleiben gemäß
dem Aufriß des Vf. außer Betracht. Das Zeitalter der Entdeckungen
, die entscheidende Rolle des Jesuitenordens in der Schlußphase
des Konzils von Trient wie auch die für Spanien unwidersprochen
repräsentative Rolle von Christen wie Ignatius und Teresa de
Jesus spielen keine Rolle (S. 359, 360).

Die vom Vf. als eigentliche Reform, bereits hundert Jahre vor Luther
, verstandene Summe von geistigen Strömungen (espiritualidad)