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Ausgabe:

1981

Spalte:

826-827

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Wolf, Herbert

Titel/Untertitel:

Martin Luther 1981

Rezensent:

Bräuer, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 11 826

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niazenserklöstern im Königreich Jerusalem stellt M. noch ein weiteres
in Akkon vor (403-405). Schließlich konnte die Laura des
hl. Sabas und die orthodoxe Klerikergemeinschaft am heiligen Grabe
südöstlich von Jerusalem weiterbestehen (406^409).

Das Stichwort „Kreuzzüge" ist für den Theologen gewiß kein Anlaß
zur Freude. Die hier vorgelegte Fülle von internen Problemen,
Streitigkeiten, Besitzansprüchen und Fälschungen zwischen Christen
werden einen erst recht bedrückt stimmen. Die Gelehrsamkeit des Vf.
freilich verdient hohen Respekt. Die hier so umfassend aufgearbeiteten
Detailfragen werden für die weitere Erforschung der Geschichte
der Kreuzzüge sicher förderlich sein.

Rostock Gert Haendler

Dicsner, Hans-Joachim: Fragen der Macht- und Herrschaftsstruktur
bei Beda. Mainz: Akademie der Wissenschaften und der Literatur;
Wiesbaden: Steiner 1981. 38 S. gr. 8* = Akademie der Wissenschaften
und der Literatur. Abhandlgn. der Geistes- und sozialwissen-
schaftl. Klasse, Jg. 1980,8. Kart. DM 11,20.

Der Hallenser Althistoriker geht von der Voraussetzung aus, „daß
Beda Venerabiiis als Profanhistoriker der frühenglischen Zeit und des
frühen Mittelalters überhaupt kaum geringere Beachtung zu finden
hat denn als Kirchenhistoriker" (3). Zwar rührte Beda die Zählung
nach Inkarnationsjahren als Novum in die Geschichtsschreibung ein,
dies tat er künftig in Verbindung mit den Herrscherjahren. Beda war
angelsächsischer Patriot, würdigte aber auch Leistungen der Römer
„bei jeder sich bietenden Gelegenheit" (9). Er wendete für die Institutionen
und Machtsysteme seiner Zeit lateinische Termini an und vermied
angelsächsische Begriffe (20). Karitative Tätigkeit angelsächsischer
Könige spielt eine wichtige Rolle; der Bericht in KG 111,6 wird
von D. ausführlich beachtet (27-30). Andererseits war jedoch Beda
„von Zügen einer Erfolgsethik nicht frei" (37). Die Fülle von Einzelbeobachtungen
bei Beda läßt sich nur schwer systematisieren.
Diesners Studie bietet durchgehend Einblick in Quellen und führt
auch einschlägige Literatur an. So kann die Arbeit sowohl als Einstieg
in die Arbeit Bedas wie auch als nützlicher Forschungsbericht effektiv
werden.

G. H.

Thomas, Rudolf [Hrsg.]: Petrus Abaelard (1079-1142). Person, Werk
und Wirkung, hrsg. in Verb. m. J. Jolivet, D. E. Luscombe,
L. M. de Rijk. Trier: Paulinus-Verlag 1980. 339 S. gr. 8' = Trierer
Theologische Studien, 38.

Zum 900. Geburtstag Abaelards (1079-1979) fand in Trier eine
Konferenz statt, die unsere Kenntnis von Abaelard bereichert. Die
Paläographie eröffnete Zugang zu bisher unbekanntem Schrifttum.
Man machte A. bisher oft „die Dominanz der rationes humanae zum
Vorwurf (9). Demgegenüber stellt das Programm am Schluß fest:
„Es ist die Theologie, die Abaelards Leben am tiefsten geprägt hat.
Als Theologe ist er zweimal verurteilt worden, und seine dauerhaftesten
Einwirkungen hat er im theologischen Bereich ausgeübt" (13).
Von den 21 Beiträgen betreffen die ersten 4 den Briefwechsel mit He-
loise. Die folgenden 6 Beiträge haben den Philosophen und Logiker
Abaelard im Blick. Die letzten 11 Beiträge beleuchten Abaelards
Stellung in der Geschichte der Theologie und Liturgie: Constant
Mcws. The development ofthe Theologia of Peter Abelard; Eileen
F. Kearney, Peter Abelard as Biblical Commentator: A Study of
the Expositio in Hexaemeron; Heinz-Robert Schlette, Aspiratio.
Präreformatorische Akzente in Abälards Erklärung der vierten Vaterunser
-Bitte; Rolf Peppermüller, Zu Abaelards Paulusexegese und
ihrem Nachwirken: Thaddeus Kucia, Die Anthropologie bei Peter
Abaelard; Elisabeth Gössmann, Zur Auseinandersetzung zwischen

Abaelard und Bernhard von Clairvaux um die Gotteserkenntnis im
Glauben; Maurice de Gandillac, Notes preparatoires ä un debat
sur le „Dialogus"; Lothar Steiger , Hermeneutische Erwägungen zu
Abaelards Dialogus; Chrysogonus Waddell, Peter Abelard as Creator
of liturgical texts; Rudolf H a übst, Marginalien des Nikolaus von
Kues zu Abaelard; Ernst Volk , Das Gewissen bei Petrus Abaelar-
dus, Petrus Lombardus und Martin Luther.

G. H.

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Wolf, Herbert: Martin Luther. Eine Einführung in germanistische
Luther-Studien. Stuttgart: Metzler 1980. XII, 178 S. 8° = Sammlung
Metzler, M 193: Abt. D, Literaturgeschichte. Kart.
DM 15,80.

Der Anteil der Germanistik an der neueren Lutherforschung ist beträchtlich
. Vor allem Luthers Sprache ist immer wieder Gegenstand
philologischer Spezialuntersuchungen gewesen. Dennoch existiert
bislang nicht einmal eine germanistische Bibliographie der Lutherliteratur
, geschweige denn eine forschungsgeschichtliche Aufarbeitung
oder gar eine Art Vademekum für die germanistische Beschäftigung
mit Luthers Werk. Letzteres legt Herbert Wolf jetzt vor. Er war
gezwungen, Pionierarbeit zu leisten und die uferlose Literatur weitgehend
selbst zu sammeln, zu sichten und aufzuarbeiten. Diese aufwendigen
Arbeitsgänge erweisen sich als sehr vorteilhaft. An W. s Buch
ist immer wieder erkennbar, daß der Vf. seine Informationen nicht
aus zweiter Hand hat. W. verfügt außerdem über eine erstaunlich
große Lutherkenntnis und versteht es, komplizierte Sachverhalte
übersichtlich, gut lesbar und dazu noch knapp darzustellen. Die Un-
ausgewogenheit in der Berücksichtigung der einzelnen Themen entspricht
dem Forschungsstand: Zwei Drittel des Buches sind den philologischen
, nicht einmal ein Drittel den literaturwissenschaftlichen
Aspekten gewidmet. Kap. 1 informiert über die Arbeitsgrundlagen,
d. h. u. a. Luthers Werke, die bibliographische Erfassung der Literatur
über Luther und die Forschungsinstitutionen. Im 2. Kap. gibt W.
einen Abriß von Luthers Lebensgang. Das Schwergewicht liegt auf
dem 3. Kap., das nahezu die Hälfte des Buches umfaßt und Luthers
Sprache gewidmet ist. Im einzelnen wird Luthers Verhältnis zur
Sprache dargestellt, über die Erforschung der strukturellen Erscheinungsformen
und Anwendungsweisen berichtet, die Einflüsse und
Wandlungen aufgezeigt sowie die Nachwirkungen und die sprachgeschichtliche
Bedeutung skizziert. Es ist deutlich erkennbar, daß die
Position A. Schirokauers, der Luther z. B. einen Sinn für formale Einzelheiten
des Sprachlichen absprach, durch die neuere Forschung
überholt ist. Zu den neueren Forschungsergebnissen gehört auch, daß
Luthers geschriebene und gedruckte Sprache in der langen Zeit seines
literarischen Schaffens eine tiefgreifende Entwicklung durchlaufen
hat (bis 1520/24 starke Schwankungen im formalen Bereich und Abhängigkeit
von der regionalen mitteldeutschen Schreibtradition; bis
1531/32 u. a. wachsender Einfluß der oberdeutschen Schreibtradition
und der überregionalen Druckersprache; nach 1531/32 Stabilisierung
vorausgegangener Ansätze, größere Konsequenz). Eine einheitliche
Sicht von Luthers Einordnung in die Entwicklung des Neuhochdeutschen
existiert gegenwärtig noch nicht. Die eine Forschungsrichtung
betont den maßgeblichen Anteil des Reformators „des im Ostmdt.
vorbereiteten Sprachausgleichs", eine andere „mißt den in der (ost)
oberdt. Schreibsprache sichtbaren Ausgleichstcndenzen größere Bedeutung
zu" (91). Im 4. Kap. informiert Wolf über Luthers Sprachgestaltung
(Sprachstil, Rhetorik, Übersetzungstechnik), bevor er sich in
dem für die Lutherforschung besonders wichtigen letzten Kapitel
dem literarischen Werk Luthers zuwendet. In den knappen Ausführungen
zur Arbeitstechnik wird der Anteil der rhetorischen Elemente
bei den Flugschriften und Briefen durch Wolf vermutlich immer noch