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Ausgabe:

1981

Spalte:

799-800

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Gottesvorstellung und Gesellschaftsentwicklung 1981

Rezensent:

Lohmann, Theodor

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799

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 11

800

RIC - Repertoire Bibliographique des Institutions Chretiennes - ist
ein Unternehmen des Centre de Recherches et de Documentation des
Institutions Chretiennes (Cerdic), das 1968 in Strasbourg gegründet
wurde. Der erste Band (RIC 69) erschien 1970 und wurde in ThLZ
96, 1971 Sp. 416-418 vorgestellt. Die ersten Supplementbände - Spe-
zialbibliögraphien zu diversen Themen aus Theologie und Kirche -
wurden in dieser Zeitschrift 100, 1975 Sp. 493^496 angezeigt, und im
gleichen Jahrgang, Sp. 815-817, wurden unsere Leser mit der Einführung
in das RIC-Unternehmen bekanntgemacht (M. Zimmermann:
Documentation, Computer and Christian Communities).

Der Redaktion liegen nun die Bände RIC 79/1-2 vor (seit 1977 erscheinen
für jedes Berichtsjahr zwei Teilbände). Am Aufbau dieser
durch einen Computer erstellten Bibliographie hat sich grundsätzlich
nichts geändert; Formatangaben fallen nun weg, was kaum einen
Mangel darstellt, andererseits sind die Vornamen der Autoren nun,
soweit bekannt, ausgeschrieben, was sicher als hilfreich empfunden
wird. Pro Jahr werden etwa 1400 Zeitschriften und 3000 Monographien
ausgewertet; tür RIC 79 wurden daraus knapp 3800 Titel ausgewählt
.

In der Reihe RIC Supplements erscheinen jährlich etwa 8-10 Bibliographien
zu Einzelthemen. Maria Zimmermann (Bd. 45-46)
legt eine Bibliographie zum Verhältnis von Staat und Kirche in
Frankreich vor, die Titel von 1801-1979 darbietet. Von den 880
Nummern sind 17 Textausgaben, 49 Handbücher und umfassende
Lehrbücher, die übrigen Nummern sind thematisch geordnete Monographien
. - In der Pariser Nationalbibliothek vorhandene Titel sind
mit der entsprechenden Signatur versehen. Autorenverzeichnis und
Systematische Gliederung beschließen den Band, dem bald ein weiterer
folgen soll, der die Zeitschriftenliteratur zum gleichen Thema
erschließt. - Noch in diesem Jahr will Cerdic eine Zeitschrift „Etat et
R jligion" starten, die zweimal jährlich erscheinen soll.

Band 47-49 von Andrea Gianni ist eine internationale Bibliographie
zum Thema „Religionsfreiheit" für den Zeitraum 1918-1978,
die sowohl Monographien als auch Zeitschriftenaufsätze berücksichtigt
. Zum gleichen Thema Tür die Jahre 1968-1975 erschien als RIC
Supplement 28 bereits 1976 eine per Computer zusammengestellte
Literaturübersicht, auf die im Vorwort allerdings nicht eingegangen
wird. Weitere - z. T. versteckte - Bibliographien zum Thema werden
S. 112-114 angeführt.

Der Band 50-52 schließlich ist ein internationales Verlagsadressbuch
, das die Anschriften von rund 2,500 Verlagen nennt, die christliche
, religiöse und theologische Literatur publizieren. Die Ordnung
erfolgt unterschiedlich nach Ländern, Undergruppen bzw. Kontinenten
. - Ein hilfreiches Nachschlagewerk für Verlage, Buchhandel,
Redaktionen und Bibliotheken!

U.C.

Religionswissenschaft

Eichen Peter [Hrsg.]: Gottesvorstellung und Gesellschaftsentwick-

iung. München: Kösel 1979. 158 S. 8' = Forum Religionswissenschaft
, l. Kart. DM28,-.

Mit der vorliegenden Studie wird eine neue Reihe von Abhandlungen
eröffnet, über deren Ziele und Absichten P. Eicher in einem
Vorwort (S. 7-13) informiert. Ausgehend von der Ansicht, daß die
Religionswissenschaft im deutschsprachigen Raum gegenüber den
holländischen, skandinavischen, angelsächsischen, französischen und
italienischen Forschungen eine Unterentwicklung aufweist und lediglich
eine „Bindestrich-Wissenschaft" darstellt (z. B. Religions-
Soziologie, Religions-Psychoiogie, Religions-Geschichte usw.), so
daß weder von einer Blüte noch von einer Krise der deutschen Religionswissenschaft
gesprochen werden kann, wollen die Herausgeber
dieser Reihe - H. Cancik, P. Eicher, B. Gladigow, G. Kehrer,

H. G. Kippenberg, M. Laubscher - dazu beitragen, „die Religionswissenschaft
aus vielen Verschüttungen wieder an die Öffentlichkeit
eines ursprünglichen Forums zu bringen: an den Ort, wo - zwischen
vielen Tempeln - eine Sache öffentlich bekanntgegeben, verhandelt
und beurteilt wird" (S. 9). Bei der Wahl der Bezeichnung für diese
neue Reihe - „Forum Religionswissenschaft" - hat der Name des mit
prächtigen Bauwerken ausgeschmückten altröm. Marktes, Gerichtsund
Versammlungsplatzes, „Forum Romanum", Pate gestanden. Es
wird darauf hingewiesen, daß dieses z. Zt. Goethes Campo Vaccino
hieß, „eine Kuhweide, unter deren Schutt die Trümmer des einstigen
politischen Mittelpunktes von Rom verschüttet lagen" (S. 9). Das angekündigte
Vorhaben ist also kein geringes, so daß der Leser von
vornherein gespannt ist, was „Forum Religionswissenschaft" zu bieten
hat und zu leisten imstande ist.

Ziel der Studien des vorliegenden 1. Bandes ist es, die religionswissenschaftlichen
Grundbegriffe des Verhältnisses von Gottesvorstellung
und Gesellschaftsentwicklung im Rahmen einer allgemeinen
Kulturtheorie zu klären, aktuelle religionswissenschaftliche Bezüge
herzustellen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern
(S. 9). Die veröffentlichten Aufsätze sind das Ergebnis eines Religionswissenschaftlichen
Kolloquiums im Jahre 1978 an der Gesamthochschule
Paderborn. Sie werden jeweils ergänzt und erweitert
durch „Statements" (!) genannte Diskussionsbeiträge unter Mitarbeit
von G. J. Baudy, H. Cancik-Lindemaier, J. Ebach, H. G. Kippenberg
, B. Lang, R. Piepmeier, H. v. Stietencron und U. Tworuschka.
Da in dem eng begrenzten Rahmen dieser Rezension auf die einzelnen
Beiträge nicht eingegangen werden kann, sollen wenigstens die
Hauptautoren und deren Aufsätze vorgestellt werden. Ernst To-
pitsch (o. Prof. für Philosophie an der Univ. Graz) referiert über
„Strukturwandel der Weltauffassung im wissenschaftlich-industriellen
Zeitalter" (S. 15-35), Burkhard Gladigow (Prof. an der Fakultät
für Kulturwissenschaften an der Univ. Tübingen) über „Der
Sinn der Götter. Zum kognitiven Potential der persönlichen Gottesvorstellung
" (S. 41-62), Hubert Cancik (o. Prof. für Altertumsund
Religionswissenschaft an der Univ. Tübingen) über „Römische
Rationalität. Religions- und kulturgeschichtliche Bemerkungen zu
einer Frühform des technischen Bewußtseins" (S. 67-92), Peter Eich
e r (o. Prof. für Systematische Theologie an der Gesamthochschule
Paderborn) über ,,,Offenbarungsreligion'. Zum soziokulturellen Stellenwert
eines theologischen Grundkonzepts" (S. 109-126) und
Matthias Laubscher (wiss. Assistent am Völkerkundlichen Institut
der Univ. Tübingen) über „Krise und Evolution. Eine kulturwissenschaftliche
Theorie zum Begriff,Krisenkult'" (S. 131-147).

Wer von den auf S. 8 erwähnten „vereinzelten großen Leistungen"
der deutschen Religionswissenschaft ausgeht, - Rezensent denkt dabei
an die vorbildlichen Arbeiten von Baetke, Benz, Dammann,
v. Glasenapp, Goldammer, Heiler, Mensching, Rosenkranz u. a. -,
wird die vorliegenden Beiträge wohl kaum als einen besonders großen
Gewinn für die Religionswissenschaft betrachten können. Dafür sorgt
allein schon die mit einer Überfülle von Fremdworten durchsetzte,
aufgeblähte und eigenwillige Sprache einiger Verfasser (insbes. Gladigow
, Piepmeier, Eicher, Laubscher). Hier steht man vor dem Problem
: Warum sind gerade jüngere Autoren heute vielfach nicht mehr
in der Lage, mit wenigen Worten klipp und klar zu sagen, was sie zum
Ausdruck bringen wollen? Und so drängt sich dem Rezensenten
schließlich die Frage auf: Quo vadis, „Forum Religionswissenschaft
"? Zumindest hinterlassen die Beiträge des 1. Bandes nach den
im Vorwort geweckten Erwartungen nicht den Eindruck, als würden
sie die deutsche Religionswissenschaft von den angeblichen Verschüttungen
befreien und einer Zeit der Blüte entgegenfuhren. Möge
der letzte Beitrag zum Begriff „Krisenkult" kein böses Omen für die
nächsten Bände sein!

Jena Theodor Lohmann