Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1981

Spalte:

764-765

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Valadier, Paul

Titel/Untertitel:

Agir en politique 1981

Rezensent:

Bassarak, Gerhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

763

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 10

764

ließe sich auch das von Wimmer beharrlich ins Fremde und Abständige
Hinausfixierte wie Gottes treue Alleinwirksamkeit oder unser
simul iustus ac peccator von innen heraus sinnvoll mitvollziehen. In
Wimmers dialogischer Freiheitsgeschichte zwischen Gott und
Mensch wird der springende Punkt ständig durch ein „freilich" nachgetragen
, freilich aus der göttlichen Gnade heraus. Würde dieses
„freilich" aus einem nach-sinnenden Mitvollziehen unserer Person
durchdrungen, so ließen sich die reformatorischen Kernaussagen,
denen Wimmer nichts abzugewinnen vermochte, mit lebendiger Erfahrung
füllen. An diesem Punkte ist der interkonfessionelle Dialog
durchaus schon angelangt, es wäre eine große Hilfe gewesen, wenn
der Vf. diesen Übersprung im Ansatz hätte von innen heraus aufnehmen
und eigenständig weiterdenken können. Dieses Desiderat
bleibt nun unerfüllt.

Heidelberg Albrecht Peters

Vischer, Lukas [Hrsg.]: Geist Gottes - Geist Christi. Ökumenische
Überlegungen zur Filioque-Kontroverse. Bericht und Vorträge
zweier Tagungen auf Schloß Klingenthal (Frankreich). Frankfurt
/M.: Lembeck 1981. 165 S. 8° = Beiheft zur Ökumenischen
Rundschau, 39.

Die Kommission für Glaube und Kirchenverfassung hat 1978
einen Arbeitskreis auf Schloß Klingenthal bei Straßburg zusammengerufen
zur Erörterung der Filioque-Problematik. 1979 wurde ein
Text verabschiedet, der an die Kirchen weitergeleitet werden soll.
Beiträge von 3 orthodoxen, 3 reformierten, 2 römisch-katholischen, 2
altkatholischen und einem anglikanischen Theologen liegen vor. L.
Vischer sagt zur Begründung: „Es ist in der ökumenischen Bewegung
oft vorausgesetzt worden, daß das Verständnis Gottes nicht zu
den strittigen Fragen gehöre und darum aus dem Dialog ausgeklammert
werden könne. Angesichts der großen und neuartigen Herausforderungen
unserer Zeit steht die Theologie neu vor der Frage, wie
von Gott aufgrund der Offenbarung in Christus zu reden sei. Die
Filioque-Kontroverse mag darum providentieller Anlaß sein, gemeinsam
in diese Debatte einzutreten" (8).

Einleitend nahm Dietrich Ritsehl (Mainz) Stellung „Zur Geschichte
der Kontroverse um das Filioque und ihrer theologischen
Implikationen" (25-42). Markos A. Orphanos (Athen) erörterte
das Thema „Der Ausgang des Heiligen Geistes bei einigen späteren
griechischen Kirchenvätern" (43-64). 5 Beiträge untersuchen Entwicklungen
in verschiedenen Traditionen: Andre de Halleux
(Löwen), Für einen ökumenischen Konsensus über das Hervorgehen
des Heiligen Geistes und die Zufügung des Filioque im Glaubensbekenntnis
(65-78); A. M. Allchin (Canterbury), Die Filioque-
Formel: Eine anglikanische Perspektive (79-88); Kurt Stalder
(Bern), Das Filioque in den altkatholischen Kirchen (89-99); Alas-
dair Heron (Edinburgh), Das Filioque in der neueren reformierten
Theologie (100-106); Boris Bobrinskoy (Paris), Das Filioque
gestern und heute (107-20). Die letzten 4 Beiträge wollen eine neue
Debatte des Problems eröffnen: Jean-Miguel Garrigues (Aix-en
Provence), Katholischer Standpunkt zur gegenwärtigen Situation des
Filioque-Problems (121-33); Herwig Aldenhoven (Bern), Der Zusammenhang
der Frage des Ausgangs des Heiligen Geistes mit dem
Leben der Kirche (134-43); Jürgen Moltmann (Tübingen), Dogmatische
Vorschläge zur Lösung des Filioque-Streites (144-52);
Dumitru Staniloae (Bukarest), Der Ausgang des Heiligen Geistes
vom Vater und seine Beziehung zum Sohn als Grundlage unserer
Vergöttlichung und Kindschaft (153-63).

Der gemeinsam verabschiedete Bericht (9-23) geht auf altkirchliche
und mittelalterliche Voraussetzungen ein (9-11). Die Reformatoren
haben „die Frage nach dem Filioque im 16. Jahrhundert nicht
ernsthaft aufgeworfen" (12). Erst neuere Kontakte zwischen den Kirchen
führten zu Gesprächen auch über dieses Thema. Von systematischen
Gesichtspunkten aus kommen Besonderheiten der östlichen
und westlichen Trinitätstheologie zur Sprache (16-20). Die alte Kontroverse
erwies sich als „unerwartet relevant" (21), da die übliche Trinitätstheologie
in den westlichen Kirchen oft nicht mehr voll verstanden
werde. „In der westlichen christlichen Welt wiederholen die Kirchen
zwar weiterhin die trinitarische Formel, aber die Erfahrung der
Trinität ist für viele Christen ungreifbar geworden. Wahrscheinlich
ruft das Wort ,Gott' in ihnen eher Gedanken an eine höchste Monade
hervor als an das dreieinige Sein des Vaters, des Sohnes und des Heiligen
Geistes" (21). Die Empfehlungen sind klar: Verstärkte Bemühungen
darum, „daß die Heilige Dreieinigkeit als Grundlage christlichen
Lebens und christlicher Erfahrung erkannt werden kann" (22). Konkret
wird empfohlen, „daß die ursprüngliche Form des 3. Artikels des
Glaubensbekenntnisses ohne das Filioque überall als normativ anerkannt
und wiederhergestellt werden sollte, so daß die gesamte Christenheit
mit dieser Formel ihren gemeinsamen Glauben an den Heiligen
Geist zu bekennen vermag: Und wir glauben an den Heiligen
Geist, den Herrn, der da lebendig macht, der vom Vater ausgeht, der
mit dem Vater und dem Sohn zugleich angebetet und zugleich verehrt
wird, der durch die Propheten geredet hat" (23). Die Kirchen sollen
auf diese Empfehlung antworten „in einer ihrer eigenen historischen
und theologischen Situation angemessenen Weise". Für einige Kirchen
sollte dies „ein ganz neues Verständnis des Wertes und des Sinnes
dieses alten ökumenischen Glaubensbekenntnisses bedeuten", für
andere Kirchen „wird es liturgische Änderungen bedeuten, die
Schritt für Schritt eingeführt werden müssen". Der Bericht schließt
mit der Hoffnung: „Auf alle diese verschiedenen Weisen kann eine
erneute Rezeption des Nizänischen Glaubensbekenntnisses eine
hochwichtige Rolle spielen beim Zusammenwachsen der getrennten
christlichen Traditionen in die Einheit des Glaubens" (23).

Rostock Gert Haendler

Systematische Theologie: Ethik

Valadier, Paul: Agir en politique. Decision morale et pluralisme
politique. Paris: Ed. du Cerf 1980. 189 S. 8' = Recherches mora-
les, 5.

Der Vf. wird auf dem Klappentext vorgestellt als „Jesuit, Studiendirektor
am Centre Sevres, Professor am katholischen Institut in
Paris ... bekannt geworden durch Nietzsche- und Marxstudien".

Seine vorzustellende Arbeit gliedert er in drei Hauptteile: 1. Auf
dem Wege zu einer politischen Ethik, 2. Eine politische Ethik in
einer pluralistischen Welt, 3. Wie entscheide ich mich als Christ in
einer pluralistischen Welt.

Der Vf. verfällt keinen Simplifikationen. Seine Analyse der politischen
Weltsituation - er meint die Frage nach einer möglichen politischen
Ethik so angehen zu sollen - ist weitläufig und intelligent.
Keinen Augenblick kann (und will) er sein Franzosentum leugnen.
Das ermöglicht ihm (wenn vielleicht auch nicht gleicherweise)
Distanz sowohl gegenüber den USA - die er vor allem im Zusammenhang
mit dem Vietnamkrieg (Trauma der Franzosen!) kritisiert - als
auch gegenüber der UdSSR. Eingangs sucht er unter der Fragestellung
, ob die Moral in der Politik fehle oder ob sie lästig sei, eine Formel
für diese bemerkenswerte Fragwürdigkeit und findet sie im Begriff
des Manichäismus. Manichäisch ist die Gespaltenheit der Welt
in zwei Teile, sei es unter dem Aspekt der mehr oder weniger anonymen
(transnationalen) oder der titanischen (Groß-) Mächte. Dieser
Manichäismus bringe das Übel und die Gewalt hervor, was er
zugleich denunziere. Dieser Teil über den Manichäismus ist der am
glänzendsten und überzeugendsten geschriebene - für den, der sich
auf den Pessimismus und Relativismus des Vf. einzulassen bereit finden
könnte.