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1981

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 10

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erscheint. Die Studien basieren auf der Untersuchung des Vf. „Die
Redaktionsgeschichte der Wallfahrtspsalmen", die nach dem Vorwort
1978 in der ZAW erscheinen sollten, was aber erst 1979 geschehen
ist. Es geht um das Verhältnis von Volksfrömmigkeit und offizieller
Theologie, um das Problem, „daß durch das Aufeinandertreffen
von Zeugnissen des Volksglaubens und freier Laienpoesie und der
traditionellen Normen des Zionheiligtums entsteht" (5). Nach einem
kurzen Überblick über die Forschungsgeschichte deutet der Vf. seinen
eigenen Standpunkt in der Frage an, ob Ps 120-134 als „Wallfahrtspsalmen
" angesehen werden können: „Nicht die Wallfahrt als
solche, sondern Teilphasen oder besonders typische Situationen der
Reise hatten offenbar sprachschöpferisch und sprachprägend gewirkt
und sind als Sitz im Leben für Entstehung von Psalmen vorstellbar"
(19). Für die Zusammengehörigkeit dieser Psalmen sprechen ihre
Kürze, formelhafte Wendungen etc.. Textschichtungen seien nicht zu
übersehen, so daß auf eine „zweiphasige Entstehung" (34) geschlossen
werden könne. Die ursprünglichen Texte seien Zeugnisse der
Volksfrömmigkeit, Laiengedichte, die als Votivgaben im Tempel niedergelegt
wurden. „Aus den Archiven des Jerusalemer Tempels
wurden diese Texte ausgesucht und für neue Verwendungsmöglichkeiten
bearbeitet" (61). Ein einheitliches Konzept der Bearbeitung
und die dahinterstehende Zion-Segen-Theologie werde sichtbar, eine
Theologie, die im aaronitischen Segen wohl ihre reinste und wirkungsvollste
Ausgestaltung gefunden hat" (67). Die Sammlung der
Wallfahrtslieder zeige eine Art Stationenfolge und dürfte nach der
Restitution des Tempels entstanden sein.

Die Untersuchung von S. entwirft ein in sich abgerundetes Bild der
Entstehungsgeschichte der Ps 120-134 und scheint ein überzeugendes
Modell für die Auslegung der in dieser Sammlung enthaltenen
Einzelpsalmen anzubieten. Ob man diesem Modell folgen kann,
hängt aber weitgehend davon ab, ob man die Voraussetzungen des Vf.
teilt und aus seinen Beobachtungen die gleichen Schlußfolgerungen
zieht. Hier müßte man den in ZAW 1979,2 publizierten Aufsatz mit
in die Betrachtung einbeziehen.

Man wird wie S. von der allgemein anerkannten Tatsache ausgehen
können, daß die Ps 120-134 sprachlich und inhaltlich vielartiges
Material enthalten. So werden z.B. in Ps 133 ein Weisheitswort, Vergleiche
und eine theologische Zusammenfassung benutzt. Es ist nur
die Frage, ob diese Vielgestaltigkeit beabsichtigtes Gestaltungsmittel
eines Verfassers oder Zeichen für die Redaktionsarbeit mehrerer Verfasser
ist. Wiederholungen, Explikationen oder das Stilmittel der Stufung
lassen sich ebensogut - oder besser - aus dem Gestaltungswillen
eines Autors, als aus redaktioneller Arbeit herleiten. Dazu kommt,
daß S. einige Psalmen (120, 126,131, 134) von der redaktionellen Bearbeitung
ausnimmt. Warum haben hier die Redaktoren ihr einheitliches
Konzept nicht angewandt? Der Vf. weist vielfach auf die kunstvolle
Sprachgestalt einiger Psalmen hin. Kann diese bei Laiendichtung
so angenommen werden? Ist es wahrscheinlich, daß priesterliche
Kreise (Hinweis des Vf. auf Num 6) sich mit der Umarbeitung der
Gedichte von Frauen, Bauern, Handwerkern u.a. beschäftigen und
Interesse an der Fertigung von Liedern für die Wallfahrt haben? Das
Modell von S. bringt eine Fülle neuer Probleme.

Der Vf. betont die Ähnlichkeit der Wallfahrtslieder mit einem
Text, der wahrscheinlich aus dem Grab einer levitischen Sängerfamilie
(Ritzzeichnung Mann mit Leier) stammt. Sollten die sehr oft
kunstvoll gebauten Texte der Wallfahrtslieder nicht gleicherweise im
Kreis der Landleviten entstanden sein, die nach der Errichtung des
zweiten Tempels bei der Betreuung der in Jerusalem eintreffenden
Wallfahrer tätig waren? (vgl. Seidel, Wallfahrtslieder, in : Das lebendige
Wort, Festschrift f. G. Voigt, Berlin, in Vorb.). Hier würde sich
auch die Auslegung des 126. Psalms von Beyerlin gut einfügen, während
sie bei S., der sie kennt und zitiert, keinen rechten Platz findet.
Am Rand sei vermerkt, daß es im Illustrationsnachweis S.59 statt
S.60 heißen muß.

Trotz der kritischen Einwände, die sich aus der Position des Rez.
ergeben, wird man die Untersuchungen von S. dankbar begrüßen und

benutzen, weil sie methodisch und inhaltlich neue Einsichten und
Anstöße für die Psalmenexegese vermitteln.

Leipzig Hans Seidel

Ahlström, Gösta: The House of Wisdom (SEÄ 44,1979 S. 74-76).
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Mabee, Charles: David's Judicial Exoneration (ZAW 92, 1980

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Merendino, Rosario Pius: Jes 49,1-6: ein Gottesknechtslied?

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