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Ausgabe:

1981

Spalte:

694-696

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Sprache, Dialekt und Theologie 1981

Rezensent:

Homuth, Karl

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 9

694

gen des Status quo die Einflußnahme auf die weitere Entwicklung des
Pfarramtsbewerbers.

Das Buch enthält 87 Tafeln, auf denen Problemkreise verzeichnet
und zahlenmäßig ausgewertet sind, m. E. ein sehr schwieriges und
auch fragwürdiges Verfahren. Durchsichtiger sind auf alle Fälle die
elf Themen, die sich aus dem Kriterienbündel herausschälen und die
für die Eignung zum geistlichen Dienst wichtig sind. Zu nennen sind
hier 1. Ausübung des geistlichen Amtes im Hinblick auf die Kirchengemeinde
und die Welt - 2. Der Geistliche und seine spirituelle Hinwendung
- 3. Fehlende Eignung aufgrund von Persönlichkeits- und
Verhaltenscharakteristika - 4. Offene, überzeugende, flexible Ausübung
des Amtes - 5. Entwicklung von Kanon und Liturgie - 6.
Streng nach Richtlinien orientierte Ausübung des Amtes - 7. Priesterlich
-sakramentale Amtsausübung - 8. Leitung der Kirchgemeinde
durch den Geistlichen -9. Umgang mit Personen, die schweren
Belastungen ausgesetzt sind - 10. Theologe im Leben und
Denken - 11. Konfessionsbewußtsein und Loyalität.

Diese elf Themen bieten jedenfalls den Rahmen für die Beurteilung
von angehenden Geistlichen. Dabei sind auch Laien zu beteiligen
und zu befragen. Da sich die Anforderungen an den Träger eines
geistlichen Amtes ständig ändern können, sollen die Bewertungsinstrumentarien
einer ständigen Prüfung unterzogen werden.

Leipzig Gottfried Kretzschmar

Dirschauer, Klaus: Leben aus dem Tode. Grundlegung christlicher
Frömmigkeit. München: Kaiser 1979. 167 S. 8'. Kart. DM 18,-.

Dieses Buch tritt für eine christliche Frömmigkeit ein, welche sich
nicht scheut, auch Religion zu sein - und dies im Gegenzug zur theologisch
wie außertheologisch geführten Religionskritik und zugleich
als Antwort auf die Herausforderung durch das mannigfach sich darstellende
Phänomen der nachsäkularen Religiosität. Diese führt erneut
in die Auseinandersetzung mit der Frage, was Frömmigkeit ist
(90). Eine theologische Abstinenz in dieser Sache verbietet sich, ganz
zu schweigen von dem Unternehmen, ein religionsloses Christentum
zu wollen. Den Schaden hätte die christliche Frömmigkeit, diese verstanden
als umfassende Gestaltung des Lebens aus dem Glauben heraus
. Man würde damit nicht nur zur weiteren Desintegration der Religiosität
des Menschen beitragen, sondern das persönliche Glaubensleben
sowie der Gottesdienst würden noch mehr entleert, als es ohnehin
schon der Fall ist. Gerade dieser Dimension nimmt sich der Vf.
an im Rückgriff auf den Dreischritt von oratio, meditatio und tentatio
als den Weisen des rechten Umgangs mit der Bibel. „Er (der Dreischritt
) könnte der religiösen Seite der Frömmigkeit... die Impulse
geben, die zu einer neuen Gestalthqftigkeit im Leben des Christen wie
in der Wirklichkeit der Kirche führen könnten" (110).

Der religiöse Aspekt der Frömmigkeit ist nur einer. Der andere ist
der sittliche. Beide Aspekte finden sich in der Geschichte der Religionen
und lassen verschiedene Frömmigkeitswirklichkeiten je nach der
Beziehung zueinander erkennen. Im Einklang mit vorgeschichtlichen
Stammesreligionen und mit Sokrates zeigt die biblische Überlieferung
die Konvergenz von Religion und Sittlichkeit als Frömmigkeits-
struklur. welche allein in der Lage ist, Leben und Tod des Menschen
gestalthaft zu durchdringen und in einer umfassenden Sinngebung zu
tragen (81). Inhaltlich ist die biblische Frömmigkeit bestimmt durch
die Agape: die Agape Gottes als die religiöse Dimension und das aga-
pische Tun des Menschen als die ethische Dimension (99). Das Verhältnis
der beiden zueinander könnte man vielleicht mit der chalce-
donensischen Formel .unvermischt und ungetrennt' wiedergeben.
Die solchermaßen bestimmte Einheit muß stets neu (wie etwa in Luthers
Ringen um die Unterscheidung von Glaube und Liebe, Person
und Werk) gegen allerhand Versuchungen, die Sache Gottes und die
des Menschen voneinander zu trennen (oder auch zu vermischen), gewonnen
werden. Nicht zuletzt in der heutigen kirchlichen Praxis und
Theologie ist die Tendenz vorherrschend, das christliche Leben ausschließlich
ethisch und d. h. aktionistisch zu verstehen und es damit
letztlich aus sich selbst heraus zu begründen, wohingegen es doch der
von Gott gewirkte Glaube ist, der das ethische Handeln definiert
(1080- Um so mehr verwundert dann und läßt eine gewisse Ratlosigkeit
zurück, wenn verneint wird, das Evangelium als .richtiges Verhaltensmuster
' anzusehen (107). Das hat seine Berechtigung im Blick
auf eine vergesetzlichte biblische Ethik, aber so grundsätzlich vorgetragen
, läßt es doch anfragen, woran denn das ethische Sein des Christen
sein Maß finden soll wenn nicht an biblischen Verhaltensmustern
. Hier bestehen Unklarheiten, die nicht mit dem Hinweis auf die
Agape allein ausgeräumt werden können.

Einige Mühe muß aufgewendet werden, um den roten Faden in
allen Teilen des Buches festzuhalten und sie in eine sinnvolle Beziehung
zum Titel des Buches zu bringen. Man versteht das im Titel angezeigte
Anliegen wohl am besten, wenn man in den heute aufbrechenden
Fragen um Sterben und Tod die religiöse Dimension von
Leben und Tod, die weithin durch eine aufgeklärte Rationalität als
Scheinproblem abgetan worden ist, auf den Menschen zurückkommen
sieht - und zwar in Gestalt der ethischen Frage (vgl. S. 90).
Immer mehr zeigt sich die objektive Haltlosigkeit der These vom natürlichen
Tod (Unmißverständlicher wäre es wohl, vom naturhaften
Tod zu sprechen!) und in eins damit vom naturhaften Leben, einst als
Befreiung von aller religiös-metaphysischen Begründung der Wirklichkeit
gefeiert und von Medizin und Soziologie favorisiert. Jedoch
gerade die Medizin wird heute sehr konkret mit der geschichtlichen
Dimension des Lebens (in der psychosomatischen Medizin) und der
ethischen Frage (z. B. in der Todeszeitbestimmung) konfrontiert. Und
in der Soziologie hat das Zauberwort,Natur' längst seinen Glanz verloren
. Der deshumanisierende Charakter der nur biologischen Deutung
des Todes tritt offen zutage, wenn beispielsweise die Frage sich
stellt: „... welchen Sinn wird das Sterben haben, wenn das Leben
alles ist" (41). Das alles bestätigt, „daß die Destruktion der religiösen
Todesbewältigung... noch einmal zurückschlägt, indem es nun die
bisher darin enthaltenen Fragen in ihrem ganzen Ausmaß freisetzt
"^).

Somit erscheint die am Tod des Menschen aufgebrochene ethische
Frage als Symptom für die Unausweichlichkeit, mit der die
Sinnfrage als Baustein des Humanum das Menschsein begleitet und
auf einen religiösen Begründungszusammenhang orientiert. Vf. zeigt
dann in einiger Ausführlichkeit die biblische Antwort auf die Frage
des Todes auf. Die biblische Deutung und Bewältigung des Todes
hat in aller Verschiedenheit darin ihren gleichbleibenden Grundton,
daß der Mensch sich in seinem Leben und Sterben auf Gott verwiesen
weiß (53).

Eine Vielzahl verschiedenster Fragen bis hin zur Gottesdienstgestaltung
wird in diesem Buch angeschnitten. Das Stichwort .Frömmigkeit
' gibt dem Ganzen ein einheitliches Gerüst. Daß dieses nicht
immer leicht zu erkennen ist, ist offensichtlich durch die Fragestellung
, die hier nachzuzeichnen versucht worden ist, bedingt. Die Probleme
als solche aber sind wichtig und dringend genug, so daß jeder
Versuch, sie einer Lösung entgegenzuführen, nur begrüßt werden
kann und geziemende Beachtung verdient.

Greifswald Bernd Hildebrandt

Bellmann, Johann D., u. Heinrich Kröger [Hrsg.]: Sprache, Dialekt
und Theologie. Beiträge zur plattdeutschen Verkündigung heute.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1979. 204 S. gr. 8'.

Seit dem grundlegenden Aufsatz von Gottfried Holtz „Niederdeutsch
als Kirchensprache" sind 25 Jahre vergangen. In der Zwischenzeit
hat es an Bemühungen um eine Neubelebung der pld. Gottesdienste
nicht gefehlt. Wie wir aus dem Vorwort von Joh. D. Bellmann
erfahren, sind gegenwärtig in der Bundesrepublik etwa 300
Pastoren und Laien am Werk, um die christliche Botschaft in Rundfunkandachten
und auf der Kanzel in nd. Sprache zu verkündigen. So
kann in der Tat von einer „Renaissance der pld. Gottesdienste" ge-