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Ausgabe:

1981

Spalte:

691

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Titel/Untertitel:

Das heilige Essen 1981

Rezensent:

Petzoldt, Martin

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Seite 1

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691

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 9

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Momente in einer bestimmten Zeit nur schwer vermittelbar sind"
(36). Im Mittelpunkt steht der Beitrag Lohfinks zur Naherwartung.
Sein „Versuch geht dahin: die Naherwartung des historischen Jesus
so zu belassen, wie sie in Wahrheit ausgesehen hat - mit all ihrer Verflochtenheit
in das damalige Welt- und Geschichtsbild, zugleich aber
nach einer heute verantwortbaren theologisch-systematischen .Übersetzung
' dieser Naherwartung zu suchen" (40). Damit ist bereits das
Vorgehen beschrieben. „Die Interpretation der Naherwartung Jesu"
(50ff) setzt bei neutestamentlichen Mustern an: Paulus, 2 Petr, Lk.
Dann folgen weitere Modelle, die z. T. bis heute ihre Stellung behaupten
: Reduktion auf reine Ethik, Relativierung des Zeitfaktors,
Ansatz der Eschata im Tod. Unter dem letztgenannten Modell greift
Lohfink den aevum-BegrifF auf (dazu Kritik in [, 97 f), der für ihn den
Gedanken des „Zusammengefaßtsein(s) der gesamten Existenz in
einem einzigen, ,ewigen' Jetzt" (auch „verklärte Zeit", 67) beinhaltet.
Das aber ist weder Ewigkeit noch Zeit, nimmt aber sowohl den „vollendeten
Menschen vor Gott" als auch „die Geschichte und die Geschichtlichkeit
des Menschen ganz ernst" (70). Schließlich wird noch
ausdrücklich betont, daß dieser Entwurf ein Modell sei, das auf Verbesserung
angewiesen ist. Eines darf nicht vergessen werden: „es gibt
überhaupt keine E., die nicht Modellcharakter hätte" (79). - Von
dieser Position her versteht es sich, daß der Beitrag Greshakes zur
Endentscheidungshypothese äußerst kritisch ausfällt; für den Christen
liegt das eigentliche Gewicht nicht auf dem Augenblick des
Todes, sondern auf der Lebensgeschichte (130). - Die anschließend
abgedruckten Konkretionen bewahrheiten den eingangs erhobenen
Anspruch, daß es eine E. sein müßte, die man mit ehrlichem Gewissen
predigen kann.

Sympathisch ist die Offenheit der Vff., mit der sie ihr Unternehmen
zur Diskussion stellen. Ein prinzipieller Einspruch muß zur Debatte
gestellt werden, der freilich auch weitere Fragen in sich trägt: Mir
scheint es nicht möglich zu sein, die Naherwartung Jesu so konzentriert
auf einen Nenner bringen zu können, wie es hier geschieht. In
den Texten (vor allem der Erwartung Jesu selbst) gibt es keine sichtbare
Einlinigkeit. Die Naherwartungsaussagen Jesu haben an verschiedenen
Stellen einen Überschuß, der sich nicht systematisieren
läßt.

Leipzig Martin Petzoldt

Josuttis, Manfred, und Gerhard Marcel Martin [Hrsg.]: Das heilige
Essen. Kulturwissenschaftliche Beiträge zum Verständnis des
Abendmahls. Stuttgart-Berlin: Kreuz-Verlag 1980. 125 S. gr. 8".
Kart. DM 24,80.

In diesem Band sind „außertheologische" Perspektiven und Fragestellungen
ausgebreitet, die zum ganzheitlichen Verstehen des
Abendmahls beizutragen vermögen. Entstanden aus zwei Studienseminaren
der Evang. Akademie Arnoldshain, bietet sich nun ein Dialog
über Tradition, Interpretation und Praxis des Abendmahls zwischen
. Theologie und einigen Kulturwissenschaften dar. Wichtig erscheinen
die „Leitsätze zu den Chancen und Bedingungen" dieses
Dialogs, wie sie G. M. Martin im Vorwort (8) und M. Josuttis in seinem
abschließenden Beitrag (s. u.) formulieren und erläutern. Folgende
Beiträge sind enthalten: Manfred Josuttis, Abendmahl und
Kulturwissenschaften, S. 11-27; Hans-Jürgen Greschat, Essen und
Trinken: Religionsphänomenologisch, S. 29-39; Karlheinz Messelken
, Vergemeinschaftung durchs Essen. Religionssoziologische
Überlegungen zum Abendmahl, S. 41-57; Herbert Heckmann,
Zur Kulturgeschichte des Essens. Der gemeinschaftsbildende Aspekt,
S. 59-68; Christel Köhle-Hezinger, Abendmahl als Gesetz. Beiträge
aus der Volkskunde, S. 69-81; Johann Zauner, Einverleibung
und Individuation, S. 83-94; Viktor von Brasch, Abendmahl und
Opfer. Aus der Sicht analytischer Psychologie, S. 95-110; Manfred
Josuttis, Das Abendmahl als heiliges Essen, S. 111-124.

M. P.

Praktische Theologie: Allgemeines

Lück, Wolfgang: Die Volkskirche. Kirchenverständnis als Norm
kirchlichen Handelns. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz: Kohlhammer
1980. 164 S. 8° = Urban-Taschenbücher, 653: T-Reihe. Kart. DM
16,-.

Der Vf., bereits bekannt durch sein Buch „Praxis: Kirchengemeinde
" (ThLZ 105, 1980 Sp. 2370, will in seiner neuesten Veröffentlichung
das „Kirchenverständnis als Norm kirchlichen Handelns
" - so lautet der Untertitel -, wie es in einer evang. Volkskirche
vorhanden ist, untersuchen und einer Lösung entgegenführen.

Der Wiesbadener Pfarrer, geb. 1938, geht dabei von Fragen aus, die
im Horizont seines Dienstes liegen. Er weiß, daß unterschiedliche
Kirchenverständnisse Spannungen und Konflikte im Kirchenvorstand
, unter Theologen oder gar mit der Kirchenleitung auslösen
können.

Nach einem biblisch-kirchengeschichtlichen Rückblick auf Wesen
und Gestalt von Gemeinde, Volkskirche und Reich Gottes entwirft L.
für die Gegenwart eine Typologie des Kirchenverständnisses mit den
Begriffen Asyl, Anstalt und Jüngergemeinde, die er an anderer Stelle
auch königlich, priesterlich und prophetisch nennt. Das Verhältnis
dieser drei Grundtypen möchte er dabei positiv im Sinne einer Aufgabenstellung
bewertet wissen, selbst wenn oft die Erfahrung von Einheit
vermißt wird.

In diesem Zusammenhang stetzt sich der Vf. kritisch mit der vom
Theologischen Ausschuß der VELKD veröffentlichten Studie
„Volkskirche - Kirche der Zukunft? Leitlinien der Augsburgischen
Konfession für das Kirchenverständnis heute" auseinander. In dieser
Publikation geht es wesentlich um die Identifizierbarkeit von Volkskirche
als Kirche, wobei der ekklesiologische Ansatz weniger aus dem
NT, als vielmehr aus der CA gewonnen wird.

L. plädiert schließlich für eine „Einheit in der Vielfalt", die sich als
„offene Kirche" (116) zu zeigen habe. Dabei wird diese Offenheit
„durch das Wissen um die eigene Begrenztheit möglich" (118). Von
sich bekennt der Vf.: „Ich habe in jedem dieser Typen Positives erfahren
, das ich so in dem jeweils anderen nicht gefunden habe und
habe finden können" (135).

Dieses Buch zeigt einmal mehr, welche Probleme innerhalb einer
Volkskirche bestehen und wie versucht wird, einer gesunden Vielfalt
in praxi Raum zu geben. Obwohl die „kirchliche Landschaft" bei uns
erheblich anders aussieht als im Bereich der EKD, kennen auch wir
unterschiedliche Kirchenverständnisse und Gemeindegruppierungen
. Insofern ist das Buch für unsere Situation erhellend und zum
weiteren Nachdenken anregend.

Leipzig Gottfried Kretzschmar

Schuller, David S.; Milo L. Brekks, and Merton P. Strommen: Readi-
ness for Ministry. I: Criteria. Vandalia, Ohio: The Association of
Theological Schools in the United States and Canada 1975. XII,
140 S. 4

Dieses für unsere Verhältnisse ungewöhnliche und auch kaum
brauchbare Buch befaßt sich mit Kriterien für die „Eignung für das
geistliche Amt". Es ist die Veröffentlichung des ersten Teils eines
Forschungsprojekts, das von der „Association of Theological Schools
in the United States and Canada" durchgeführt wurde. Dieser Vereinigung
gehören 47 Konfessionen an. Das Projekt wurde im Mai 1973
begonnen und sollte sich über einen Zeitraum von 36 Monaten erstrecken
.

Ziel des Projekts ist die Erarbeitung eines Bewertungsinstrumentariums
, mit dessen Hilfe präzis der Zeitpunkt ermittelt werden kann,
wann ein Anwärter auf ein geistliches Amt fähig ist, dieses in der Praxis
auszuüben. Dieser Zeitpunkt wird nun nicht mehr, wie bisher,
aufgrund von Zeugnissen und Beurteilungen fixiert, sondern die zu
entwickelnde Methode ermöglicht durch empirische Untersuchun-