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Ausgabe:

1981

Spalte:

689-691

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Titel/Untertitel:

Benedikt, Eschatologie - Tod und ewiges Leben 1981

Rezensent:

Petzoldt, Martin

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 9

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mehr auf den Einsegnungsritus eingeengt, sondern neu aus der Heilszuwendung
Gottes in Jesus Christus heraus symbolhaft erschlossen
werden. Gegen die reformatorische Einordnung der Ehe unter die
Schöpfung wird bewußt christozentrisch eingesetzt. Dies reibt sich
freilich mit dem Ausgang des grundlegenden Kapitels von der
„anthropologischen Basis". Das kirchliche Festhalten an der lebenslangen
Einehe wird behutsam mit der gegenwärtigen Wirklichkeit zu
vermitteln gesucht.

Das Opus führt auch einen evangelischen Leser hilfreich ein in die
katholische Theologie und Praxis nach dem II. Vatikanum. Die reformatorische
Position wird nur hier und da gestreift, aber auch kaum
verzeichnet; die gegenwärtige evangelische Theologie ist stärker präsent
. Unklar ist mir das systematische Gewicht des vor allem mit
Welte und Rahner vorgenommenen Rückgriffs auf die Identitätsphilosophie
geblieben. Die Versuche, das Solo sacramento mit einem
Solo verbo ins Gespräch zu bringen, schlagen nicht durch. Die viva
vox Evangelii klingt vor allem zur Buße und zur Ordination auf, wird
aber nicht eigens thematisiert. Hier hätte man sich an manchen
Punkten ein intensiveres Gespräch gewünscht. Dazu sei auf einige
Literatur verwiesen, die vielleicht in einer zweiten Auflage berücksichtigt
werden könnte. Zu Evangelium und Sakrament die systematischen
Besinnungen von G. Ebeling sowie die Ausführungen in dem
Sammelband Oecumenica 1970. Zur Taufe der Band V von Leiturgia
sowie die Arbeit von Carl Heinz Ratschow: Die eine christliche
Taufe, Gütersloh 1972. Zum Abendmahl die umfassenden Artikel in
Bd. I der Theologischen Realenzyklopädie (1977). Zur Beichte bes.
Laurentius Klein: Evangelisch-lutherische Beichte. Lehre und Praxis,
Paderborn 1961. Zum Gottesdienst, zu Taufe, Abendmahl, Ordination
und Ehe als sakramentalen Vollzug vor allem die Arbeiten von
Peter Brunner. Diese nur exemplarisch genannten Werke würden ein
Weiterdenken und ein intensiveres ökumenisches Gespräch ermöglichen
.

Heidelberg Albrecht Peters

I. Ratzinger, Joseph: Eschatologie - Tod und ewiges Leben. Regensburg
: Fr. Pustet 1977. 206 S. 8°= Kleine Kath. Dogmatik v. J. Auer
u. J. Ratzinger. IX. Kart. DM 16,80; Lw. DM 24,80.

II. Greshake, Gisbert, und Gerhard Lohfink: Naherwartung - Auferstehung
- Unsterblichkeit. Untersuchungen zur christlichen Eschatologie
. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1975. 160 S. 8' = Quaestio-
nes disputatae, 71. Kart. DM 26,-.

„Die Aufgabe heutiger Arbeit an der Eschatologie" zeigt sich „in
der Integrierung der Perspektiven, die Person und Gemeinschaft,
Gegenwart und Zukunft zusammenschaut" (1,26). Eine „künftige
Eschatologie... müßte eine Eschatologie sein, die man mit ehrlichem
Gewissen predigen kann" (11,5). Mit diesen Sätzen sind sowohl
Weg als auch Tendenz und Ziel dieser beiden Publikationen je
fiir sich im allgemeinen charakterisiert. Im besonderen liegt mit I ein
„Leitfaden" (1,15) vor, der aus der Vorlesungstätigkeit des Vf. hervorgegangen
ist; er hatte, wie er selbst feststellt, anfänglich versucht,
„eine .entplatonisierte' Eschatologie zu konstruieren", je länger je
mehr aber überzeugte ihn (durch Umgang mit den Quellen) „die innere
Logik der kirchlichen Überlieferung" (1,14). Demgegenüber
sucht man für II vergeblich nach einer solchen Festlegung; statt dessen
verstehen sich die Autoren eingebunden in „das Gespräch über
Eschatologie" (11,5), das zur Zeit geführt wird. Freilich wird im Laufe
ihrer Darlegungen auch ein bestimmter Standpunkt deutlich.

I: J. Ratzinger stellt in drei Kapiteln das für ihn wichtige Umfeld
der Thematik dar: 1. Das eschatologische Problem als Frage nach
dem Wesen des Christlichen überhaupt (29-64); 2. Tod und Unsterblichkeit
. Die individuelle Dimension des Eschatologischen (65-135);
3. Das kommende Leben (136-193). Vorgeschaltet ist eine Einleitung
(17-28), in der die gegenwärtige Situation der Frage nach der
Eschatologie und deren geschichtliche Voraussetzungen im Blick stehen
. Mit diversen Registern (Namen, Sachen, Stellen sowie einer Vergleichstabelle
Denzinger-Neuner/Roos) schließt der Band. Bereits
terminologisch zeigt sich in der Einleitung, daß Vf. eine platonisierte
Eschatologie (=E.) bieten will, was dann im Zusammenhang mit der
„Theologie des Todes" (Kap. 2, § 4) präzisiert wird: „Die wahre
Zielrichtung von Piatons Denken wird völlig verkannt, wo er als
individualistischer und dualistischer Denker eingestuft wird, der das
Irdische verneint und die Menschen zur Flucht ins Jenseits anleitet
. Sein eigentümlicher Kristallisationspunkt ist in Wirklichkeit gerade
die Wiederermöglichung der Polis, die Neugründung der Politik
" (73). Dieser Ansatz erscheint unter dem auch im evangelischtheologischen
Bereich neu erwachten Nachdenken über die sog. Unsterblichkeitsproblematik
sehr wertvoll, entbehrt aber - wegen des
Lehrbuchcharakters - hier der Begründung durch Texte aus Piaton
und dem Piatonismus. Auch der Verweis darauf, daß es bei Piaton
keine ,,,substanzialistische' Unsterblichkeitsbegründung" (127) gibt,
muß so mehr als Postulat aufgefaßt werden. Dennoch ist gerade diese
Grundthese für das Buch bezeichnend, was sich etwa an der kritischen
Aufnahme von II zeigen läßt, wo sich der Vf. eine Auseinandersetzung
nicht gespart hat. Sicher ist, daß die Vff. von II von vornherein
auf ein Gespräch tendieren, während I das Gespräch verweigert
, trotz des Eingeständnisses der nicht weiter interpretierbaren
Spannung von „Schema und Wirklichkeit" (46ff). Das führt dann
u. a. zu hermeneutischen Aussagen, die die gegenwärtige Lage sowohl
der katholischen wie auch der evangelischen Bibelwissenschaft für
irrelevant erklärt: „Die nachfolgende Geschichte gehört, in die Spannung
des Textes selbst hinein. Sie liefert nicht nur nachträgliche
Kommentare, sondern in ihr erschließt sich mit dem Hervortreten
der vorher ausständigen Wirklichkeit die Weite des Wortes selbst" -
so weit, so gut, doch u. a. nun: „Deshalb ist... die Rekonstruktion,
die den Text in-seine früheste Gestalt einschließt und nur von daher
Auslegung zuläßt, hier von der Sache selbst aus fehl am Platz" (47).
Man muß schon fragen, wer wohl so Bibelauslegung betreibt? -
Diese Kritik soll daraufhinweisen, zu welchen Konsequenzen es führen
kann, wenn die Ausschließlichkeit von hermeneutischen Grundeinsichten
zum Unverständnis anderer Wege des Verstehens führt.
Hinsichtlich der Auseinandersetzung mit II werden dann ebenfalls
alle dort vorhandenen Ansätze zum Gespräch storniert, u. a. mit der
Feststellung, daß es sich um philosophisch abenteuerliche Voraussetzungen
handele (96). Oder mit der Bescheinigung, daß „mit einem so
vertrackten hermeneutischen Flickwerk, das voller logischer Risse
und Sprünge ist,... Theologie und Verkündigung auf Dauer nicht arbeiten
" könnten (98 f). So interessant I im Ganzen ist, so wenig-überzeugt
ein Entwurf für eine E„ der sich so exklusiv auf den platonisti-
schen Ansatz einläßt. An verschiedenen Stellen wird eine Tendenz
deutlich, die die Probleme terminologisch verschiebt, anstatt deren
biblische Vielschichtigkeit zu belassen (etwa im Zusammenhang der
Erörterung des Problems „Auferstehungsleib": „Dem physizistischen
Realismus wird nicht ein Spiritualismus, sondern ein pneumatischer
Realismus entgegengestellt", 141). Insgesamt am überzeugendsten ist
die „Theologie des Todes" (65-91). - Das Buch vermag deutlich zu
machen (was II eingesteht!), wie sehr sich E. heute im Gespräch und
auf dem Wege befindet.

II. Im ersten Teil sind vier Untersuchungen zu finden: G. Greshake
, Endzeit und Geschichte. Zur eschatologischen Dimension in
der heutigen Theologie (11-37); G. Lohfink, Zur Möglichkeit
christlicher Naherwartung (38-81); G. Greshake, Das Verhältnis
„Unsterblichkeit der Seele" und „Auferstehung des Leibes" in problemgeschichtlicher
Sicht (82-120); ders. Bemerkungen zur Endentscheidungshypothese
(121-130). Es schließt sich ein zweiter Teil,
Konkretionen, an: G. Lohfink, Was kommt nach dem Tod?
(133-148); G. Greshake, Jesus und die Zukunft (149-154). Register
über Namen und Stellen beschließen den Band. Die Vff. wollen
nicht „modische Trends" verfolgen, sondern haben ein Interesse daran
, „die Vielschichtigkeit der christlichen E. und Geschichtstheologie
auch dann durch-zuhalten, wenn bestimmte Dimensionen und