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Ausgabe:

1981

Spalte:

682-683

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Göttler, Hans

Titel/Untertitel:

Der Pfarrer im Werk Jeremias Gotthelfs 1981

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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681

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 9

682

Katalog der Manufakturen. - Aus Kostüm u. Trachlenkunde: die Feder
in der vielfachen Verwendung als Schmuck (J. Fehlmayer Brunswick
- E. v. Philippovich - A. Middeldorf-Kosegarten, 9160 und die
auf Leder geübte (z. B. Trachtengürtel) Federkielstickerei (F. Hermann
t, 967-970). - Aus der Graphik anschließend die Technik der
Federzeichnung {F. Harrath-Fr. Kobler, 970-1000).

Für den in dieser Zeitschrift angesprochenen Leserkreis seien noch
zwei Themen herausgehoben, zunächst: Feiertagschristus (R. Wildhaber
, 1002-1010), eine volkstümliche Verbildlichung des Gebots
der Sonntagsheiligung: Christus, meist nackt, umgeben von Arbeitsgerät
oder auch kleinen Arbeits-Szenen (dabei gelegentlich auch Spiel
und Unterhaltung!). Auf den Körper Christi zielend, oder ihn verletzend
, verdeutlichen die Geräte die schuldhafte Verbindung mit seinem
Leiden. Die kleine Gruppe derartiger Bilder, ca. 50, verteilt sich
auf Südengland einerseits, andererseits Oberdeutschland, Schweiz,
Oberitalien und Alpengebiete, im Osten bis nach Slowenien, zeitlich
begrenzt zwischen Mitte 14. bis Mitte 16. Jh. Den geistigen Hintergrund
bildet das von Kirche und Obrigkeit betonte, in Legende und
Brauchtum drastisch ausgemalte Sonntagsarbeit-Verbot sowie das
Meditieren spätmittelalterlicher Passionsfrömmigkeit über die
menschliche Schuld an Christi passio perpetua. Dies führt dazu, daß
in das Bild auch der drohende Höllcnrachcn des Weltgerichts einbezogen
wird (Fresko in der Wallfahrtskirche Ehrengruben/Slowenie
Abb. 4).

Durch reiches theologisches Quellenmaterial sowie methodische
Vorsicht ausgezeichnet ist Art. Feige. Feigenbaum (W. Prohaska,
1010-1056). Die vielseitigen botanischen Eigenschaften der Pflanze,
die schon frühe Autoren beschäftigten (z. B. Augustin, De civ.
XXI.5), führen in der Kunst zu reicher, gelegentlich auch ambivalenter
Symbolik. So kann die Süße der Feige einerseits erotische Conno-
tationen (Sp. 1023. 1034), anderseits Bezug auf den Hl. Geist bedingen
(Sp. 1042). Die Allegorik des 16./17. Jh. verbindet die in der
Reife sich schwarzfärbende Feige mit Christi Passion. Vorrangig ist
die Rolle der biblischen Darstellungen, wozu alle betreffenden Texte
aus AT und NT vorgeführt werden (Sp. 1035-1046). Vorab Gen 2,9
und 3,7, wo die Kunst seit frühchristlicher Zeit (Bassus Sarkophag,
359 n. Chr.) den Erkenntnisbaum als Feige darstellt (zum Thema
Leder, ZNW 52. 1961, 156-189), bis hin zu Blake's Titelblatt zu
.Paradise Lost'. Auch vereinzelte Stellen wie der Feigenbaum in
Ri 9,8-15; 2(4)Kön 20,7 u. Jes 38,21; Hhld 2,13; Jer 24 wurden bildlich
ausgedeutet (Bible moralisee, Toledo, 2. Viertel 13. Jh.,
Abb. 5a); Jo 1,7, Mi 4,4, Nah 3,12 werden anschaulich an der Westfassade
von Reims (zw. 1220 und 1235, Abb. 4). Bei Illustrationen
nt.licher Perikopen wird zu Mt 21,18-22, bzw. Mk 11,12-14 (häufig
verknüpft mit Lk 13,6-9) im Sinne der Väterexegese die Synagogendeutung
des Feigenbaums mitaufgenommen. Sie verbindet gedanklich
in der Bible moralisee den „sub fico" sitzenden Nathanael
(Joh 1,45-51) mit dem darunter dargestellten Adam mit dem F.-Blatt
(Abb. 5b). Auch die Emblematik des 16./17. Jh. greift vielfach auf
Bibelstellen zurück und bringt z. B. als eschatologische Warnung, daß
..Christ est ä noz portes" den grünenden F.baum mit dem Lemma
„Discite", nach Mk 13,28 resp. Mt 32 (Abb. 20). - Der anschließende
kleine Art. Feigenblatt (E. v. Schulz, 1056-1060) befaßt sich nicht
mit Gen 3,7 (hierzu Sp. 10380, sondern mit dem seit dem 16. Jh.
verbreiteten Motiv zur Bedeckung der „parti brutte"(L. Alberti,
1435).

Insgesamt ist dem Bearbeiterkreis, voran dem Herausgeber
K.-A. Wirth, zu danken für die umsichtige Wahl, sorgfältige Bearbeitung
und Einbeziehung aller Zweige der Wissenschaft, die dem RDK
den Charakter eines universalen Nachschlagewerkes geben über das
rein Kunstgeschichtliche hinaus. Erneut muß der Wert der sachlich
umfassenden Bibliographien sowie der vorzüglichen Abbildungen
betont werden, die ein sonst nur schwer zugängliches, oftmals durch
Kriegseinwirkung zerstörtes, Material vermitteln.

Heidelberg Erika Dinkler-von Schubert

Beck, Jonathan: Le Concil de Bazle (1434). Les origines du theatre
reformiste et partisan en France. Edition, Introduction, Glossaire
et Notes critiques. Leiden: Brill 1979. XIV, 166 S. gr. 8' = Studies
in the History of Christian Thought, XVII. Lw. hfl 56.-.

Die vorliegende Edition macht einen merkwürdigen gereimten altfranzösischen
theatralischen Dialog von etwa 1260 Zeilen bekannt;
er ist am Schluß etwas verstümmelt. Die Überlieferung besteht aus einer
einzigen Handschrift von Miscellanea eines Prokurators von
Sens, Nicolas du Plessy, dessen Sekretär sie geschrieben haben wird;
über Straßburg, wo sie im 16. Jh. im Besitz von Jacques Bongars war,
der dort die Interessen des französischen Königs gegen die deutschen
Fürsten vertrat, ist sie 1632 mit dessen Nachlaß nach Bern ge'langt,
wo sie bis heute liegt (Bürgerbibliothek, Cod. Bongarsiani, 205, fol.
551-570). 1838 wurde das Stück von A. Jubinal ans Licht gezogen,
1864 von Kervyn de Lettenhove unter den Werken von Chastellais
fehlerhaft ediert. Die Romanisten haben gezeigt, daß Chastellais
nicht der Autor sein kann, sonst aber nicht viel Interesse gezeigt;
kirchenhistorische Aufmerksamkeit scheint das Stück nicht gefunden
zu haben. Der jetzige Editor ist offenbar auch durch eine romanistische
Arbeit darauf gestoßen; seine ungedruckte Dissertation (Harvard
1974) hat sich mit dem Text befaßt und in ihm das erste Stück der
französischen dramatischen Literatur vorzuführen gesucht, das die
Mittel des Theaters in den Dienst parteilicher Propaganda stelle. -

Es handelt sich, wie der Vf. einleuchtend zeigt, um einen 1434 bis
Januar 1435 auf dem Basler Konzil verfaßten Text. Seine Personen
sind: das Konzil, die Kirche, der Friede, die Reformatio oder Justitia,
die Häresie, Frankreich. Offensichtlich ist es Klerikerpoesie; es fehlt
im Text nicht an lateinischen Bibel- und Kirchenväterpassagen, die
freilich anschließend meist frei übersetzt werden. Der Text hat sein
Interesse als ein französisch-konziliaristisches Stimmungsbild in
einem bestimmten Moment des Basler Konzils, dem Untätigkeit in
der Sache der Kirchenreform vorgeworfen wird, einer Reform, die
zwar bei jedem einzelnen Christen jeden Standes beginnen muß (moralischer
Appell), die aber vom Konzil an der Gesamtkirche bis zum
Papst durchgeführt werden soll (politischer Appell). Das Konzil ist
schon dabei, seine Leistungsfähigkeit durcli Verhandlungslösung der
Frage der böhmischen Häresie zu beweisen; man kann von ihm auch
die Heilung der Schäden der Kirche und Frankreichs erwarten, die
sich ihm in dem Dialog klagend nahen. - Eine eingehendere Präsentation
der schönen Edition, die immerhin der Kirchengeschichte
einen versteckten Text neu zur Verfügung stellt, dürfte hier nicht am
Platz sein; die Texterklärungen und Nachweise scheinen ausreichend
; in der kritischen Einleitung ist für den Kirchenhistoriker u. a.
hilfreich der Überblick über die französischsprachigen Vorläufer
moralisierend-zeitgeschichtlicher Literatur seit dem 12./13. Jh., während
der zusammenfassende Überblick über Ursprung und Entwicklung
des Konziliarismus bis Basel mehr für den Romanisten von Nutzen
sein wird.

Berlin (West) Kurt-Victor Selge

Göttler, Hans: Der Pfarrer im Werk Jeremias Gotthelfs. Ein Beitrag
zur Stellung des Geistlichen in der Literatur der Biedermeierzeit.
Bern - Frankfurt/M. - Las Vegas: Lang 1979. 261 S. 8" = Europäische
Hochschulschriftcn. Reihe 1: Deutsche Sprache und
Literatur, 309. Kart. sfr43.-.

Das Buch setzt ein mit dem Goethezitat aus dem 10. Buch von
„Dichtung und Wahrheit" über das Leben eines protestantischen
Landgeistlichen als dem „unschuldigsten Zustand, der sich auf Erden
denken läßt". Göttler ist bei Gotthelf auf der Suche nach solcher biedermeierlichen
Idylle. Das Resultat: sie ist nicht zu finden! Schon die
Pietistenfeindschaft des Dichters wehrt der Idylle. Die pfarrherrlichen
Respektspersonen besonders im Anfang der großen Romanperiode
lassen die Lehrer und auch gewöhnliche Gemeindeglieder erzittern.
Der Gang ins Pfarrhaus wird gefürchtet. Nie sind Gotthelfs Landpfar-